OGH vom 07.10.1997, 4Ob210/97d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) registrierte Genossenschaft mbH, Wien 3, Baumannstraße 10, vertreten durch Dr. Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M*****, Gesellschaft mbH , vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 3 R 66/97s-12, mit dem der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 38 Cg 112/96y-8, bestätigt wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, daß sie wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des behaupteten Anspruches der Klägerin auf Unterlassung der öffentlichen Aufführung geschützter Werke ihres Werkbestandes wird der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreites verboten, Werke der Tonkunst, welche durch die Zugehörigkeit des Textdichters, Komponisten oder Musikverlegers zur Klägerin oder zu einer dieser durch Gegenseitigkeitsvertrag angeschlossenen ausländischen Urhebergesellschaft dem Werkbestand der Klägerin angehören, dadurch öffentlich aufzuführen, daß die Tonträgerabteilung mit Hilfe von Lautsprecherboxen beschallt wird, ohne daß ein Zusammenhang mit einem konkreten Schallträger hergestellt wird oder ein Kundenwunsch vorliegt, oder dem Werkbestand der Klägerin angehörende Werke sonst in einem über das Ausmaß der freien Werknutzung nach § 56 Abs 1 UrhG hinausgehenden Maß öffentlich aufzuführen.
Die Beklagte hat ihre Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."
Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Klägerin nimmt als Verwertungsgesellschaft ausschließlich die "kleinen" Sende- und Aufführungsrechte einschließlich des Rechtes der öffentlichen Wiedergabe von Werken der Tonkunst wahr. Etwa 99 % der österreichischen Komponisten, Textdichter und Musikverleger haben der Klägerin alleinige und ausschließliche Werknutzungsrechte an bisher geschaffenen und künftigen Werken eingeräumt. Die Klägerin hat mit über 55 ausländischen Verwertungsgesellschaften, darunter jenen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Deutschlands, Vertretungs- und Gegenseitigkeitsverträge abgeschlossen. Insbesondere im Bereich der modernen Tanz- und Unterhaltsmusik verfügt die Klägerin über die Rechte an nahezu dem gesamten Weltrepertoire.
Die Beklagte vertreibt in W***** *****, Elektrogeräte verschiedener Art. Das Geschäft besteht aus mehreren Abteilungen, die nicht durch Zwischenwände abgegrenzt sind. In der Tonträgerabteilung werden vor allem CDs feilgeboten. Es stehen sechs Kopfhörerstationen zur Verfügung, in denen sich Kunden von ihnen ausgewählte CDs vorspielen lassen können. Darüber hinaus beschallt die Beklagte die gesamte Tonträgerabteilung mit Hilfe von sieben Lautsprecherboxen, wobei die Musik auch in der angrenzenden Weißwarenabteilung zu hören ist. Gespielt werden aktuelle Musikstücke, um das Publikum damit bekanntzumachen.
Am schrieb die M***** GmbH der Klägerin wie folgt:
"Namens aller M*****Gesellschaften in Österreich sowie der S*****HandelsgmbH in W***** N***** teilen wir Ihnen mit, daß wir ab sofort, wie in § 56 (1) und (2) UrhG geregelt, keine AKM-Abgaben aus dem in diesem Gesetzestext geregelten Titel begleichen werden. Allfällig geschlossene Verträge in diesem Zusammenhang verlieren daher ihre Gültigkeit.
Wir behalten uns vor, die bisher von Ihnen vereinnahmten Abgaben aus diesem Titel zurückzufordern..."
Die Klägerin beantragt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten zu verbieten, wann und auf welche Art immer, sei es durch lebende oder durch mechanische Musik, auch nur ein einziges Werk der Tonkunst öffentlich aufzuführen oder aufführen zu lassen, welches durch die Zugehörigkeit des Textdichters, Komponisten oder Musikverlegers zur Klägerin oder zu einer dieser durch Gegenseitigkeitsvertrag angeschlossenen ausländischen Urhebergesellschaft dem Werkbestand der Klägerin angehört.
Für die Kunden sei nicht ersichtlich, welches Werk gerade abgespielt werde. Das Programm erscheine gezielt zusammengestellt. Es handle sich um eine auch in anderen Einkaufszentren übliche reine Musikberieselung zur Hebung der allgemeinen Stimmung und Einkaufslust von Kunden. In der Kopfhörerabteilung sei ständig Musik aus den Kopfhörern zu hören, in der Hifi- und Stereogeräteabteilung werde über einzelne Geräte ständig Musik abgespielt, ohne daß es sich dabei um eine an einen bestimmten Kunden gerichtete Vorführung durch einen Verkaufsberater handle. Das gleiche gelte für die Autoradioabteilung und die "Studio I" genannte Abteilung, in der Unterhaltungsmusik und mittels Großfernseher Filmmusik dargeboten werde.
Am habe die Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten der Klägerin mitgeteilt, den am geschlossenen Vertrag über die Einräumung von Werknutzungsbewilligungen an Werken aus dem Repertoire der Klägerin mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Seither habe die Beklagte keine Abgaben mehr gezahlt; sie sei demnach auch nicht berechtigt, Werke des Repertoires der Klägerin öffentlich aufzuführen.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.
Nur jene Abteilungen, in denen Tonträger oder Abspielgeräte verkauft werden, würden deutlich hörbar mit Unterhaltungsmusik beschallt. Welche CDs jeweils abgespielt werden, ersehe der Kunde aus der auf dem CD-Player befindlichen CD-Hülle. Das öffentliche Abspielen von Tonträgern in Schallplattengeschäften und Musikabteilungen sei allgemein üblich und werde vom Kunden verlangt. Dieses Verlangen mache es für den Geschäftsinhaber notwendig, die Tonträger über Lautsprecher vorzuspielen. Zweck des § 56 UrhG sei es, den Urhebern höhere Einnahmen zu verschaffen, indem durch das Abspielen für den Absatz geworben werde. Das "Abstrahlen" der Musik in andere Abteilungen sei nicht zu verhindern. Dort sei die Musik sogar störend.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung.
Es stellte fest, daß es bei der Beklagten üblich sei, die Hülle der gerade gespielten CD auf dem allgemein sichtbaren CD-Player auszustellen. Die freie Werknutzung nach § 56 Abs 2 UrhG decke das Vorführen zu Demonstrationszwecken gegenüber einzelnen, konkreten Kunden und nicht die von der Beklagten vorgenommene Animation durch ständige Musikberieselung. Dies sei, auch wenn heute allgemein üblich, eine ganz normale Werbemaßnahme zur Steigerung des Tonträgerumsatzes, die unter die allgemeine Entgeltspflicht des Urheberrechtsgesetzes falle.
Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es der Beklagten verbot, Werke der Tonkunst, welche durch die Zugehörigkeit des Textdichters, Komponisten oder Musikverlegers zur Klägerin oder zu einer dieser durch Gegenseitigkeitsvertrag angeschlossenen ausländischen Urhebergesellschaft dem Werkbestand der Klägerin angehören, auf welche Art immer öffentlich aufzuführen, soweit dies nicht zur Bekanntmachung von Kunden, die sich für konkrete Schallträger oder für konkrete Vorrichtungen zu ihrem Gebrauch interessieren, mit diesen Schallträgern oder Vorrichtungen notwendig ist. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht übernahm die Feststellung des Erstgerichtes, wonach die Hülle der jeweils abgespielten CD auf den CD-Player gestellt werde, mangels Bescheinigung nicht. Ausnahmebestimmungen seien eng auszulegen. Die freie Werknutzung nach § 56 UrhG decke nur die öffentliche Vorführung gegenüber konkreten Interessenten. Es müsse ein Interesse einzelner (oder mehrerer) Kunden an einem bestimmten Werk oder an einem bestimmten Gerät bestehen, welches durch die Vorführung bis zum Kaufentschluß verstärkt werden soll. Das Wecken von Interesse sei entgeltpflichtige Werbung. Die privilegierte öffentliche Wiedergabe müsse ausschließlich Vorführzwecken dienen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil zum Umfang der freien Werknutzung nach § 56 UrhG keine jüngere höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß freie Werknutzungen nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen seien. Kunde sei jeder, der durch Betreten des Geschäftslokales sein Interesse bekunde. Das Abspielen von Tonträgern in der Tonträgerabteilung habe nicht den Zweck, die Weißwarenabteilung zu beschallen. Die Vorführungen seien darauf gerichtet, in den jeweiligen Abteilungen gehört zu werden. Werde die Musik auch in anderen Abteilungen gehört, so liege keine Aufführung vor. Der durchschnittliche Kunde wisse bei Betreten des Geschäftes nicht, welches Gerät er erwerben wolle. Es sei daher notwendig, die Kunden durch Vorführungen mit den Geräten bekanntzumachen. Auch diejenigen, die sich in der Tonträgerabteilung aufhalten, würden mit den aktuellen Neuerscheinungen bekanntgemacht, indem sie ihnen vorgespielt werden. Einziger Zweck der Vorführungen sei es, den Umsatz an Tonträgern und Abspielgeräten zu heben.
Gemäß § 56 Abs 1 UrhG dürfen in Geschäftsbetrieben, die die Herstellung, den Vertrieb oder die Instandsetzung von Bild- oder Schallträgern oder von Vorrichtungen zu ihrer Herstellung oder zu ihrem Gebrauch zum Gegenstand haben, Vorträge, Aufführungen und Vorführungen von Werken auf Bild- oder Schallträgern festgehalten und Bild- oder Schallträger zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen der darauf festgehaltenen Werke benutzt werden, soweit es notwendig ist, um die Kunden mit den Bild- oder Schallträgern oder mit Vorrichtungen zu ihrer Herstellung oder zu ihrem Gebrauch bekanntzumachen oder die Brauchbarkeit zu prüfen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung gilt dasselbe für die Benutzung von Rundfunksendungen zur öffentlichen Wiedergabe eines Werkes durch Lautsprecher oder eine andere technische Einrichtung in Geschäftsbetrieben, die die Herstellung, den Vertrieb oder die Instandsetzung von Rundfunkgeräten zum Gegenstand haben.
Die Erläuternden Bemerkungen zum Urheberrechtsgesetz 1936 begründen die Einräumung dieser freien Werknutzung damit, daß es offenbar zu weit ginge, die Zulässigkeit der Benutzung von Bild- oder Schallträgern sowie von Rundfunksendungen zur öffentlichen Wiedergabe geschützter Werke auch in diesen Fällen von der Einwilligung des Berechtigten abhängig zu machen und die Inhaber der Geschäftsbetriebe zur Zahlung eines urheberrechtlichen Entgeltes zu verpflichten. § 56 gebe daher die öffentliche Wiedergabe von Werken auf diese Art und zu dem genannten Zwecke frei. Die Freigabe erstrecke sich aber nicht auf Aufführungen, Vorträge und Vorführungen, die nicht nur für die Kunden, sondern für jedermann veranstaltet werden, um Kunden anzulocken, also namentlich nicht für Straßenkonzerte, die von Ladeninhabern veranstaltet werden. Den Urhebern der benutzten Werke könne wohl nicht zugemutet werden, durch den Verlust des ihnen gebührenden Entgeltes die Kosten einer solchen Reklame zu verbilligen (Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht, 132).
Der Oberste Gerichtshof hatte sich bisher in zwei Entscheidungen mit dem Umfang der freien Werknutzung nach § 56 UrhG zu befassen; in beiden Fällen wurde eine freie Werknutzung verneint.
Nach der Entscheidung JBl 1963, 155 = ÖBl 1963, 35 - Schallplattenbar begründet öffentliches Abspielen von Schallplatten mit geschützten Musikwerken über den Lautsprecher einer "Schallplattenbar" eines Kaufhauses eine Urheberrechtsverletzung, sofern diese Aufführung nicht bloß dazu dient, einzelne Kunden mit den Schallplatten oder mit Vorrichtungen zu deren Gebrauch bekanntzumachen. Die Entscheidung 3 Ob 241/50 betrifft das Senden geschützter Musik auf einer Messe, die nicht nur von Kunden der Beklagten besucht wurde.
Auch das deutsche Recht räumt für die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe durch Geschäftsbetriebe eine freie Werknutzung ein. Nach § 56 dUrhG dürfen in Geschäftsbetrieben, die Bild- oder Tonträger, Geräte zu deren Herstellung oder Wiedergabe oder zum Empfang von Funksendungen vertreiben oder instand setzen, Werke auf Bild- oder Tonträger übertragen und mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wiedergegeben sowie Funksendungen von Werken öffentlich wahrnehmbar gemacht werden, soweit dies notwendig ist, um Kunden diese Geräte und Vorrichtungen vorzuführen oder um die Geräte instandzusetzen.
Der Wegfall der Urhebervergütung wird in der deutschen Rechtsprechung und Lehre damit begründet, daß das betroffene Werk nicht um seiner selbst willen, sondern nur als Demonstrationsobjekt, zudem meist nur bruchstückhaft vorgeführt werde. Letztlich diene der dadurch geförderte Geräteverkauf auch den Interessen des betroffenen Urhebers. Damit sei die Regelung des § 56 dUrhG, die diese Veräußerungsgeschäfte erleichtert, weniger aus der sozialen Bindung des Urheberrechts als vielmehr aus der mittelbaren Förderung der eigenen Urheberinteressen zu verstehen. Die Bestimmung sei eng auszulegen. Die allgemeine Kundenwerbung werde grundsätzlich nicht durch § 56 dUrhG privilegiert. Nur soweit diese allgemeine Werbung nach den ganzen Begleitumständen üblicherweise in eine konkrete Kundenvorführung und -beratung übergeht, sei sie nach § 56 dUrhG zulässig (von Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 56 dUrhG Rz 1, 5 mwN; s auch Mestmäcker/Schulze, Kommentar zum deutschen Urheberrecht, § 56 dUrhG Anm 1f; Nordemann/Vinck/Hertin, Urheberrecht, § 56 dUrhG Rz 1f; Loewenheim, Die Benutzung urheberrechtlich geschützter Werke auf Messen und Ausstellungen, GRUR 1987, 659 [662]).
Nach in Österreich herrschender Lehre und Rechtsprechung sind Ausnahmevorschriften nicht stets eng auszulegen. Sie sind im Rahmen ihres engeren Zwecks ausdehnender Auslegung zugänglich (Bydlinski in Rummel, ABGB**2 § 6 Rz 25; Posch in Schwimann, ABGB**2 I § 6 Rz 30, jeweils mwN). Bei der Auslegung ist auf den sozialen Wandel im methodisch zulässigen Rahmen Bedacht zu nehmen; ein Gesetz ist nach den Verhältnissen auszulegen, wie sie im Zeitpunkt seiner Anwendung bestehen (Bydlinski aaO § 6 Rz 15; Posch aaO § 6 Rz 23).
In diesem Sinn vertritt Hoyer (Empfiehlt es sich, die freie Werknutzung gegenüber der derzeitigen Rechtslage einzuschränken?, ÖBl 1971, 62 [64f]; s auch Dittrich, Zur urheberrechtlichen Beurteilung von Münzkopierautomaten nach österreichischem Recht, GRURInt 1973, 257 [259]; ders., Zum Umfang der freien Werknutzung nach § 56 UrhG, ÖBl 1997, 211[211f]) die Auffassung, daß die Bestimmungen über die freie Werknutzung nicht immer restriktiv auszulegen seien. Notwendig sei eine am Zweck der einzelnen Ausnahme orientierte Auslegung. Eine verständige Auslegung der einzelnen Normen über die freie Werknutzung dürfe aber nicht dazu führen, daß die Grundstruktur des Gesetzes außer acht bleibe.
Die Entscheidung SZ 66/6 = ecolex 1993, 396 = MR 1993, 65 = ÖBl 1993, 136 = WBl 1993, 233 - Null-Nummer II folgt Hoyer (aaO). Unter Zitierung älterer Entscheidungen vertritt die Entscheidung SZ 68/26 = ÖBl 1996, 99 - Friedrich Heer II demgegenüber die Auffassung, daß die freien Werknutzungen als Ausnahmen vom ausschließlichen Recht des Urhebers eng auszulegen seien.
Die zuletzt zitierte Entscheidung betraf das "wissenschaftliche Großzitat" nach § 46 Z 2 UrhG. Auch wenn diese Bestimmung ihrem Zweck nach eng auszulegen sein mag, so kann dies jedenfalls für jene freien Werknutzungen nicht gelten, die das Gesetz auch im Interesse des Urhebers einräumt.
Das trifft für die freie Werknutzung nach § 56 UrhG zu: Darf der Geschäftsinhaber Abspielgeräte oder Tonträger durch Abspielen geschützter Musikwerke vorführen, so fördert dies seinen Absatz an Abspielgeräten und Tonträgern, was durch die im Kaufpreis enthaltenen Vergütungen (auch) dem Urheber zugute kommt. Die freie Werknutzung deckt daher jene Vorführungen, die notwendig sind, um den Absatz von Abspielgeräten und Tonträgern zu steigern. Eine allgemeine Kundenwerbung, die durch "Musikberieselung" ein angenehmes Kaufklima schaffen und die Kauflust der Kunden ganz allgemein anregen will, wird hingegen vom Zweck der Bestimmung nicht erfaßt (Dittrich aaO ÖBl 1997, 217, 219). Insoweit zieht der Urheber aus der Vorführung keinen (mittelbaren) Nutzen; die Vorführung muß ihm daher unmittelbar abgegolten werden.
Ob, wie die Beklagte meint, eine Warenpräsentation bloß auf Anfrage bei einem durch Selbstbedienung und allfällige Beratung durch Verkaufsberater bestimmten Geschäftsbetrieb nicht ausreicht, muß im vorliegenden Fall nicht abschließend geklärt werden. Nach ganz herrschender Meinung muß immer der Zusammenhang mit dem Zweck der Vorführung gewahrt sein, der darin besteht, den Absatz des vorgeführten Tonträgers oder Abspielgerätes zu fördern (s Dittrich aaO ÖBl 1997, 217). Nur dann besteht die Möglichkeit, daß die Wiedergabe in eine konkrete Kundenvorführung und -beratung übergeht (s von Gamm aaO § 56 dUrhG Rz 5; Loewenheim aaO GRUR 1987, 662). Allein die durch konkrete Kundenvorführung und -beratung eröffnete Absatzmöglichkeit rechtfertigt aber die freie Werknutzung.
Die Beklagte stellt ihren Kunden nicht nur CD-Player mit Kopfhörern zur Verfügung, mit denen sie sich von ihnen ausgewählte CDs vorspielen lassen können, sondern sie beschallt die gesamte Tonträgerabteilung mit Hilfe von sieben Lautsprecherboxen mit Unterhaltungsmusik, ohne daß ein Zusammenhang mit einem konkreten Schallträger hergestellt wird oder ein Kundenwunsch vorliegt, wobei die Musik auch noch in der angrenzenden Weißwarenabteilung zu hören ist. Nach dem festgestellten Sachverhalt fördert das Abspielen von Unterhaltungsmusik demnach nicht den Absatz konkreter Schallträger und Abspielgeräte, sondern wirkt allenfalls ganz allgemein absatzsteigernd.
Mit dieser Aufführungspraxis greift die Beklagte jedenfalls in die Ausschließlichkeitsrechte der Urheber ein. Das gleiche gilt, wenn und soweit Musik auch in anderen Abteilungen zu hören ist. Ob die Musik in diesen anderen Abteilungen erwünscht oder nicht erwünscht ist und allenfalls sogar als störend empfunden wird, spielt keine Rolle. Es ist Sache der Beklagten, geeignete Vorkehrungen (so zB durch entsprechende Positionierung der Lautsprecher, s Dittrich aaO ÖBl 1997, 218) zu treffen, um eine "Musikberieselung" anderer Abteilungen zu verhindern. Die freie Werknutzung ist nur gerechtfertigt, wenn die Vorführung (nur) in der jeweiligen Abteilung und damit in einem Bereich erfolgt, der von Kunden betreten wird, die sich für Schallträger und/oder Vorrichtungen zu ihrem Gebrauch interessieren.
Daß nur an einer Musikrichtung interessierte Kunden auch mit Musik anderer Richtungen konfrontiert werden, hindert die freie Werknutzung hingegen nicht. Es genügt, daß die Vorführung notwendig ist, um den Absatz des jeweiligen Tonträgers und/oder Abspielgerätes zu steigern. Dies trifft bereits dann zu, wenn sich im Aufführungsbereich Kunden aufhalten, die sich für Schallträger und/oder Abspielgeräte interessieren.
Die Vorinstanzen haben den Urheberrechtsverstoß der Beklagten zu Recht bejaht; der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben. Die angefochtene Entscheidung war mit der Maßgabe zu bestätigen, daß sich der Spruch, wenn auch in einer gewissen allgemeinen Fassung, am konkreten Verstoß zu orientieren hat.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.