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OGH vom 15.07.2015, 3Ob128/15t

OGH vom 15.07.2015, 3Ob128/15t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. G*****, 2. C*****, vertreten durch Benedikt Wallner Rechtsanwalt Gesellschaft mbH in Wien, wider die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Neumayer Walter Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei C***** GmbH *****, vertreten durch Dr. Georg Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 36.623,06 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 13 R 201/14w 37, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 27 Cg 28/13f 32, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die beiden Kläger bezeichnen sich selbst als formelle Streitgenossen, behaupten getrennte und zu verschiedenen Zeitpunkten erfolgte Investments von jeweils 15.000 EUR zuzüglich 5 % Agio in ein Anlagemodell und begehren von der Beklagten als Prospektkontrollorin jeweils die Zahlung von 18.311,53 EUR sA Zug um Zug gegen Rückstellung von treuhändigen Komanditbeteiligungen aus dem Titel des Schadenersatzes. In eventu streben sie jeweils die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden aus dem Erwerb der Komanditbeteiligungen an; ihre Eventualbegehren bewerteten die Kläger jeweils mit dem Betrag ihres Leistungsbegehrens.

Das Erstgericht wies sowohl die Haupt- als auch die Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche Revision“ der beiden Kläger legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Die Kläger sind als formelle Streitgenossen zu qualifizieren, weshalb die von ihnen erhobenen Ansprüche für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zusammenzurechnen sind (RIS Justiz RS0035710; RS0035615). Sie haben bei der Bewertung ihrer jeweiligen Eventualbegehren auf den Betrag ihres jeweiligen Zahlungsbegehrens von 18.311,53 EUR verwiesen und so klargestellt, dass ihr Interesse an dessen Durchsetzung jeweils gleich ist (vgl 4 Ob 192/11f). Somit übersteigt der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht zu jedem der beiden Kläger entschieden hat, jeweils 30.000 EUR nicht.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS Justiz RS0109623).

Das Rechtsmittel wäre demnach auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach die Revision zulässig sei, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS Justiz RS0109623 [T5], RS0109501 [T12]).

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00128.15T.0715.000

Fundstelle(n):
NAAAD-37194