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OGH vom 11.07.2008, 3Ob128/08g

OGH vom 11.07.2008, 3Ob128/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Gertraud S*****, Sachwalter Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Genehmigung eines Übergabsvertrags, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Sohnes der Betroffenen, Prof. Dr. Klaus S*****, vertreten durch Mag. Gerd Pichler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 52 R 38/08g-80, womit der Rekurs des Sohnes der Betroffenen gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 36 P 13/07w-66, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In dem über Anregung einer Tochter der Betroffenen eingeleiteten Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters wurde zunächst der Sohn der Betroffenen zum Verfahrenssachwalter bestellt. Dieser beantragte am unter Vorlage eines zwischen ihm und der Betroffenen abgeschlossenen Übergabsvertrags vom , womit ihm eine Liegenschaft der Betroffenen ins Eigentum übertragen wird, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrags (ON 19). Am wurde ein Rechtsanwalt gemäß § 268 ABGB zum Sachwalter für die finanziellen Angelegenheiten sowie zur Vertretung vor Ämtern und Behörden und für rechtliche Angelegenheiten bestellt (ON 42).

Das Erstgericht versagte „die sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung der Unterfertigung des Übergabsvertrags vom ". Nach den getroffenen Feststellungen haben sowohl die Betroffene als auch ihr antragstellender Sohn erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Die Übergabe des einzigen Vermögenswerts an den Sohn sei für die Mutter nachteilig.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Sohnes der Betroffenen als unzulässig zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach einhelliger Rechtsprechung zur alten Rechtslage sei der Vertragspartner im Genehmigungsverfahren des Pflegebefohlenen kein Beteiligter und habe keine Rechtsmittellegitimation. Die Parteistellung sei nun in § 2 AußStrG geregelt. Partei im materiellen Sinn sei nur eine in ihrer rechtlich geschützten Stellung durch die Entscheidung berührte Person. Der Schutz der rechtlichen Stellung Dritter sei im Genehmigungsverfahren gerade nicht Verfahrenszweck des Pflegschaftsverfahrens. Vertragspartner einer betroffenen Person hätten auch nach der geltenden Rechtslage keine Parteistellung. Diese könne auch nicht aus der Zustellung des angefochtenen Beschlusses abgeleitet werden.

Dagegen richtet sich der rechtzeitige Revisionsrekurs des Sohnes mit dem Antrag, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Übergabsvertrags zu erteilen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

I. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ausschließlich die Rechtsfrage der Parteistellung und Rechtsmittellegitimation des Vertragspartners einer geschäftsunfähigen Person im Verfahren über die gerichtliche Genehmigung des zwischen diesen Personen abgeschlossenen Vertrags. Auf die im Revisionsrekurs für eine Genehmigung des Übergabsvertrags ins Treffen geführten Gründe und auf die Rüge von Verfahrensmängeln ist daher nicht einzugehen.

II. Zur Verneinung der materiellrechtlichen Parteistellung:

Gemäß § 2 Abs 2 Z 3 AußStrG ist im außerstreitigen Verfahren jede Person Partei, soweit ihre rechtliche geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde. Mit dieser Formulierung wollte der Gesetzgeber den in der Rechtsprechung zur alten Rechtslage (§ 9 AußStrG alt) entwickelten materiellen Parteibegriff nicht ändern, sondern vielmehr fortschreiben (RV, 224 Blg XXII. GP, 23). Danach war ein Vertragspartner nicht berechtigt, gegen die Verweigerung der Genehmigung des mit dem Pflegebefohlenen abgeschlossenen Vertrags ein Rechtsmittel zu ergreifen (RIS-Justiz RS0006225), weil das Genehmigungsverfahren nur im Interesse des Pflegebefohlenen geführt wird und nur dieses Interesse zu prüfen ist und nicht auch (zusätzlich) die Interessen Dritter zu schützen wären. Diese auch verfassungsrechtlich unbedenkliche Auslegung des Verfahrenszwecks des Genehmigungsverfahrens (dazu 6 Ob 286/05k mwN; RV aaO) lässt klar erkennen, dass der Vertragspartner des Pflegebefohlenen durch die Verweigerung der gerichtlichen Genehmigung des Vertrags in seiner eigenen rechtlich geschützten Stellung nicht unmittelbar berührt wird, er also nicht Partei im materiellen Sinn ist. Dies wurde vom Obersten Gerichtshof zur geltenden Rechtslage auch bereits ausgesprochen (6 Ob 173/07w).

III. Zur Verneinung auch der formellen Parteistellung:

Zu diesem Thema verweist der Revisionsrekurswerber nur auf die Tatsache seiner Antragstellung und den Umstand, dass ihm die erstinstanzliche Entscheidung zugestellt wurde. Mit diesem kursorischen Vorbringen wird jedoch nicht ausreichend eine erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung gebracht:

1. Die Zustellung eines Beschlusses begründet nach ständiger Rechtsprechung für den Empfänger noch kein Recht und verschafft weder Parteistellung noch Rechtsmittellegitimation (RIS-Justiz RS0006882).

2.a) Wohl spricht der reine Wortlaut des Gesetzes für die Bejahung einer Parteistellung des Rekurswerbers. Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AußStrG ist jeder Antragsteller Partei. Dieser formelle Parteibegriff führte ohne einschränkende Auslegung zu einer vom Gesetzgeber offenkundig aber nicht gewünschten uferlosen Anerkennung von Verfahrensparteien. § 2 Abs 1 Z 1 AußStrG muss im Zusammenhang mit § 2 Abs 2 gelesen werden. Danach ist derjenige nicht Partei, der eine Tätigkeit des Gerichts offensichtlich nur anregt. Zu diesem Thema verweist die Regierungsvorlage auf die in der Praxis häufig vorkommenden formell als Antrag bezeichneten Begehren an das Gericht, eine Entscheidung vorzunehmen, zu der dem „Antragsteller" schon abstrakt kein Recht zukommt. Solche Eingaben seien nicht als Anträge, sondern als bloße Anregungen zu werten. In der Regierungsvorlage heißt es wörtlich: „Wer also nach dem gesamten Inhalt seiner Eingabe nichts behauptet, aus dem sich bei verständiger Betrachtung sein subjektives Recht auf meritorische Entscheidung - und sei sie auch im konkreten Fall abweisend - ableiten lässt, sondern nur eine Anregung macht, der soll insoweit nicht als Antragsteller im Sinne des Abs 1 Z 1 behandelt werden".

b) Die Parteistellung des Vertragspartners hängt also von der Begründung des förmlich gestellten Antrags auf Genehmigung des Vertrags ab. Hier hatte der Revisionsrekurswerber in seinem Antrag vom zunächst auf seine Stellung als Verfahrenssachwalter der betroffenen Person verwiesen und einen Sachverhalt über den Abschluss des Übergabsvertrags sowie die finanziell besonders schlechte Lage der Betroffenen (Existenzminimum) geschildert, der es nicht möglich sei, die laufenden Zahlungen für das auf der zu übertragenden Liegenschaft befindliche Pachtobjekt (ein an einen Dritten verpachtetes Gastwirtschaftsunternehmen) zu leisten. Es bestehe die akute Gefahr, dass Forderungen von Gläubigern der Betroffenen nicht befriedigt werden könnten. Mit diesem Vorbringen relevierte der formelle Antragsteller ausschließlich das Interesse der Betroffenen an der Vertragsgenehmigung, sodass sich sogar die Frage stellt, ob nicht der Antrag schlüssig namens der Betroffenen gestellt wurde, war doch der Rekurswerber damals noch Verfahrenssachwalter. Jedenfalls ist dem Antrag ein Vorbringen, dass der Einschreiter auch ein eigenes subjektives Recht auf Genehmigung des Vertrags geltend machen wollte, nicht ausreichend deutlich zu entnehmen. In einem solchen Fall ist in einem reinen Rechtsfürsorgeverfahren, in dem es nur um die Interessen des geschäftsunfähigen Betroffenen geht, trotz formeller Antragstellung die Parteistellung und Rechtsmittelbefugnis des Einschreiters zu verneinen (vgl 1 Ob 173/07h mwN). Sein Einschreiten ist vielmehr nur als Ausübung seines Anregungsrechts zu werten.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).