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OGH vom 17.07.2013, 3Ob127/13t

OGH vom 17.07.2013, 3Ob127/13t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U*****, Pryvatne akcionerne tovarystvo, *****, Ukraine, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Lansky, Ganzger + partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts (34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 13 R 100/13s 12, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 22 Cg 26/13z 3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

Text

Begründung:

Die beklagte Partei ist bücherliche Eigentümerin einer Liegenschaft in Wien. Die klagende Partei, eine offene Aktiengesellschaft mit dem Sitz in der Ukraine, behauptet in ihrer Klage, bereits im Jahr 1974 außerbücherlich Eigentum an der Liegenschaft erworben zu haben; die Verbücherung des Eigentumsrechts sei aber damals nicht möglich gewesen, weil sie damals nach dem in der Sowjetunion geltenden Recht - nicht über Rechtspersönlichkeit verfügt habe, weshalb die Rechtsvorgängerin der nun beklagten Partei als Eigentümerin einverleibt worden sei. Spätestens durch Bauführung auf dem Grundstück mit Wissen und Willen der formellen bücherlichen Eigentümerin habe die klagende Partei, die im Jahr 1991 Rechtspersönlichkeit erlangt habe, außerbücherliches Eigentum erworben und daher Anspruch auf Verbücherung des Eigentumsrechts. Schließlich werde auch noch Ersitzung geltend gemacht.

Das Erstgericht lehnte die begehrte Anmerkung des Streits ab. Die Anmerkung einer Klage, mit der ein anderer außerbücherlicher Eigentumserwerb als der durch Ersitzung geltend gemacht werde, sei unzulässig. Eigentumserwerb durch Ersitzung komme aber nach den Behauptungen in der Klage nicht in Betracht, weil sie erst 1991 Rechtspersönlichkeit erlangt habe.

Die Entscheidung des Erstgerichts wurde der Vertreterin der klagenden Partei laut Rückschein am Freitag, zugestellt; der Rekurs der klagenden Partei wurde mittels ERV am Freitag, eingebracht.

Ausgehend davon, dass die Zustellung an die Vertreterin der klagenden Partei bereits am erfolgt sei, wies das Rekursgericht den Rekurs als verspätet zurück. In der Begründung führte das Rekursgericht zusätzlich aus, dass dem Rekurs nicht Folge zu geben wäre, wenn er nicht verspätet wäre. Nur Klagen, in denen die Verletzung der klagenden Partei in einem bücherlichen Recht behauptet werde, könnten angemerkt werden, nicht aber solche, mit denen ein obligatorischer Anspruch geltend gemacht werde. Im vorliegenden Fall seien die Klagebehauptungen so zu verstehen, dass die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei treuhändig Eigentum für die „Rechtsvorgängerin der klagenden Partei“ erworben habe. Die Anmerkung von Klagen auf Einverleibung des Eigentums gegen den Treuhänder sei aber ebenso unzulässig wie überhaupt Klagen auf Übertragung des Eigentumsrechts, ohne davor grundbücherlicher Eigentümer gewesen zu sein. § 70 GBG lasse die Streitanmerkung nur zu, wenn die Ersitzung eines dinglichen Rechts geltend gemacht werde, nicht aber bei einem außerbücherlichen Erwerb durch Bauführung gemäß § 418 ABGB.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionrekurs , in dem die klagende Partei in erster Linie die vom Rekursgericht angenommene Verspätung des Rekurses bekämpft, ist mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

1. Zu Unrecht ist das Rekursgericht von einer Verspätung des Rekurses ausgegangen. Abgesehen davon, dass aus dem Rückschein erkennbar das Zustelldatum hervorgeht, ist die Rekursfrist gegen eine Streitanmerkung auch dann, wenn die Anmerkung durch das Prozessgericht bewilligt oder verweigert wurde, nach § 123 GBG zu berechnen (RIS Justiz RS0017265; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 1.01 § 61 GBG Rz 87 mwN). Der Rekurs ist daher jedenfalls rechtzeitig eingebracht worden.

2. Hat das Gericht zweiter Instanz einen Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen, dann kann der Oberste Gerichtshof infolge eines dagegen erhobenen Rechtsmittels im Hinblick auf § 3 JN an sich nicht in der Sache selbst entscheiden (RIS Justiz RS0007037). In Fällen, in denen die Begründung des Zurückweisungsbeschlusses inhaltlich die sachlichen Abweisungsgründe erfasst, wird jedoch davon aus Gründen der Prozessökonomie dann eine Ausnahme gemacht, wenn das unbillige Ergebnis vermieden werden kann, dem Rekursgericht die Fassung des abweisenden Beschlusses auch im Spruch seiner Entscheidung aufzutragen (RIS Justiz RS0007037 [T8]), also dann, wenn der Oberste Gerichtshof der von der zweiten Instanz bereits zur Sache geäußerten Rechtsansicht beitritt (RIS Justiz RS0007037 [T4]).

3. Die Voraussetzungen liegen hier vor.

3.1. Die Frage, ob eine Streitanmerkung zu bewilligen ist, ist aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden (RIS Justiz RS0074232). Dabei hat auch eine Prüfung der Klage auf ihre Schlüssigkeit zu erfolgen, ob nämlich im Falle des Zutreffens des Klagevorbringens eine stattgebende Entscheidung ergehen kann; dies ist Voraussetzung für die Streitanmerkung (RIS Justiz RS0074232 [T2]).

3.2. Eine Streitanmerkung nach § 61 GBG scheitert daran, dass die klagende Partei, deren Eigentum nicht grundbücherlich einverleibt ist, nicht in einem bücherlichen Recht verletzt ist (RIS Justiz RS0060512).

3.3. Der Streit wegen eines behaupteten Eigentumserwerbs nach § 418 ABGB könnte nur dann angemerkt werden, wenn § 70 GBG (Anmerkung der Ersitzungsklage) analog angewendet würde. Die Analogie würde eine planwidrige Lücke voraussetzen, die aber nicht erkennbar ist (und auch im bisherigen Verfahren nicht behauptet wurde).

3.4. Eine Streitanmerkung wegen Ersitzung (§ 70) ist im Hinblick auf die unter 3.1. angeführte Schlüssigkeitsprüfung ausgeschlossen. Wenn die klagende Partei nach ihrem eigenen Vorbringen erst 1991 Rechtspersönlichkeit erlangt hat und sich auch nicht auf redlichen Besitz eines Rechtsvorgängers berufen kann, kann die erforderliche, zumindest dreißigjährige Ersitzungszeit (§ 1470 ABGB) noch nicht abgelaufen sein.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage ist der außerordentliche Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.