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OGH vom 11.07.2001, 7Ob134/01h

OGH vom 11.07.2001, 7Ob134/01h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr. Werner Weidinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Josef Z*****, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen (restlich) S 227.287 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 112/00d-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom , GZ 2 Cg 182/98k-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

11.430 (darin S 1.905 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Beklagte war Halter und Versicherungsnehmer eines bei der Klägerin haftpflicht- und kaskoversicherten LKW Chrysler Jeep Cherokee, der am als gestohlen gemeldet wurde. Bei Abschluss der Kraftfahrzeugversicherung vereinbarten die Parteien die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (AKHB 1988) sowie die Allgemeinen Bedingungen für die Fahrzeug-Kaskoversicherung und die Fahrzeuginsassen-Unfallversicherung (AFIB 1993) und die Allgemeinen Bedingungen für die Fahrzeug-Kollisionskaskoversicherung (KKB 1993).

Aufgrund der Angaben des Beklagten erbrachte die Klägerin eine Versicherungsleistung, die mit der vorliegenden Klage zurückgefordert wird. Die Höhe des restlichen Klagebegehrens (S 227.287) steht außer Streit (AS 66).

Die Klägerin brachte vor, der Beklagte habe den Diebstahl vorgetäuscht bzw vorsätzlich herbeigeführt, um die Versicherungsleistung zu erlangen. Er habe verschiedenen Personen völlig unterschiedliche und miteinander unvereinbare Sachverhalte mitgeteilt. Den Gendarmeriebeamten habe er erzählt, das Fahrzeug sei von Herrn F***** in die Tschechei gebracht und dort gestohlen worden. Der Angestellten D***** habe er mitgeteilt, er habe das Fahrzeug verkauft. In der Schadensmeldung habe er einen Diebstahl des Fahrzeuges in der Brandmayergasse (in Wien) behauptet (ON 12).

Der Beklagte wendete ein, die Versicherungsmeldung sei "völlig tatsachengerecht". Er habe den Wagen am in 1050 Wien, Brandmayergasse geparkt. Als er "zu seinem Fahrzeug zurückkehrte", habe er feststellen müssen, dass es gestohlen worden war. Die abweichenden Darstellungen gegenüber der Gendarmerie und der Zeugin D***** beruhten auf einer "Notsituation, da der Beklagte die in Aussicht gestellte Haft bzw Gerüchte im Umfeld der Ermittlungen habe vermeiden müssen und daher beträchtliche Nachteile, teilweise existenzbedrohender Art habe abwenden müssen" (AS 49 unten). Gegen den ehemaligen Angestellten bzw Geschäftspartner des Beklagten, Herrn Goran O*****, sowie gegen Herrn Konrad F***** seien nämlich umfangreiche Erhebungen wegen des Verdachtes des Versicherungsbetruges bzw der Beteiligung an Einbruchsdiebstählen und Autoschiebereien geführt worden. Bei einer langen und intensiven Einvernahme habe sich der Beklagte unter dem drohenden Eindruck, er könnte (ohne die Ablegung eines tatsachenwidrigen Geständnisses, an Malversationen des F***** beteiligt zu sein) in Untersuchungshaft genommen werden, tatsachenwidrig eines Versicherungsbetruges bezichtigt (ON 6).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Eine objektive Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten sei in seinen widersprüchlichen Angaben über den Verbleib des Fahrzeuges zu erblicken, die er nicht glaubhaft begründet habe. Der Beweis, die Aufklärungspflicht nicht vorsätzlich verletzt zu haben, sei ihm nicht gelungen. Außerdem sei der bloße Anschein eines Diebstahls schon dann widerlegt, wenn Umstände nachgewiesen würden, die ernsthaft für die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes sprächen. Als solche Umstände seien die einander widersprechenden Darstellungen des Beklagten betreffend den Verbleib des Fahrzeuges anzusehen. Die Klägerin sei daher leistungsfrei.

Das Berufungsgericht schloß sich der erstgerichtichen Beurteilung insoweit an, als der Klägerin der Beweis gelungen sei, dass sie - soweit ihre Leistungen der Höhe nach außer Streit stünden - infolge der Obliegenheitsverletzung durch den Beklagten irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt habe, die sie in diesem Umfang (S 227.287 sA) zurückverlangen könne. Die ordentliche Revision ließ es mit der Begründung zu, dass zur Frage der Möglichkeit der (nachträglichen) Geltendmachung einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers im Prozess über den Kondiktionsanspruch nach Leistung des Versicherers eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.

Der Revisionswerber vertritt dazu den Standpunkt, dass in einem derartigen Fall die Beweislast anders zu verteilen sei, als bei der Klage des Versicherungsnehmers auf Erbringung der Versicherungsleistung. Außerdem rügt er das Unterlassen von Feststellungen zum behaupteten Diebstahl.

Die Revision ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass der einen Bereicherungsanspruch nach § 1431 ABGB geltend machende Kläger - abgesehen von der Erbringung der Leistung - zu beweisen hat, a) dass die Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Schuld erfolgte, die in Wirklichkeit nicht bestand, und b) dass er sich bei der Leistung in einem Irrtum befand (RIS-Justiz RS0033566).

Nach Rsp und Lehre hat daher der klagende Versicherer bei einem auf

irrtümliche Zahlung gegründeten Rückforderungsanspruch (im Gegensatz

zur Klage des Versicherungsnehmers auf Erbringung der

Versicherungsleistung) den Nachweis zu erbringen, dass das

Schadensereignis nicht von der primären Risikoabgrenzung umfasst ist

und daher kein Versicherungsschutz bestand (RIS-Justiz RS0078874 =

VersE 1656 = VR 1996/412 mwN), dass die Voraussetzungen für eine

Entschädigungsleistung also nicht gegeben waren (Prölss/Martin, VersVG26, 477, RN 72 f zu § 55 VersVG).

Für den Standpunkt des Beklagten ist daraus aber nichts zu gewinnen, weil der gerügte "subsidiäre" (richtig: rechtliche) Feststellungsmangel (vgl Kodek in Rechberger**2 Rz 4 zu § 496 ZPO) nicht vorliegt:

Dass die Vorinstanzen "weder positive noch negative Feststellungen" darüber getroffen hätten, "ob bzw dass das gegenständliche Fahrzeug wie vom Beklagten dargestellt in Wien 5., Brandmayergasse gestohlen wurde" (S 2 der Revision), trifft nämlich nicht zu. Angesichts der widersprüchlichen Angaben des Beklagten hat das Erstgericht vielmehr festgestellt, dass "keine Feststellungen über den Verbleib des Jeep Cherokee getroffen werden können" (S 5 des Ersturteils). Das Berufungsgericht hat sämtliche Feststellungen übernommen und festgehalten, es könne "eben nicht festgestellt werden, der Jeep Cherokee sei in Wien 5., Brandmayergasse 18, abgestellt und am gestohlen worden" (S 14 der Berufungsentscheidung). In tatsächlicher Hinsicht ist daher davon auszugehen, dass der vom Beklagten behauptete Diebstahl nicht erwiesen ist, weil es der Klägerin gelungen ist, Umstände nachzuweisen, die ernsthaft für die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes sprechen (S 8 des Ersturteils).

Den Überlegungen der Revision zur Beweislastverteilung ist daher nur zuzugestehen, dass ein diesbezüglicher Fehler als error in iudicando, also unrichtige rechtliche Beurteilung, revisibel (RIS-Justiz RS0039939; zuletzt: 2 Ob 296/00v mwN) wäre; die Frage ob einer beweispflichtigen Partei auch der Nachweis einer bestimmten Tatsache gelungen ist (oder nicht) ist hingegen eine solche der Beweiswürdigung und im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar (RIS-Justiz RS0112242). Bei Vorliegen entsprechender (positiver) Sachverhaltsfeststellungen bedarf es somit nicht des Rückgriffs auf die Anwendung von Beweislastregeln, weil es dann ja keine Rolle mehr spielt, wen die Beweislast trifft, wenn die zu beweisende Tatsache ohnehin feststeht (ZVR 2001/39 = EvBl 2001/91 mwN).

Bei Rückforderung einer Entschädigungsleistung muss der Versicherer nachweisen, dass entweder der Vertrag nicht zustande gekommen ist oder dass - wie bereits ausgeführt - die Voraussetzung für eine Entschädigungsleistung nicht gegeben waren. Hiezu gehört auch das Fehlen von Tatsachen, die den Anspruch begründen (primäre Risikoabgrenzung; Prölss/Martin aaO). Da der Klägerin hier der Nachweis des Fehlens derartiger Tatsachen (hier: des behaupteten Diebstahls) gelungen ist und schon aus diesem Grund kein Versicherungsschutz bestand, gehen die Revisionsausführungen ins Leere: Geht man mit den Tatsacheninstanzen davon aus, dass die Klägerin Umstände nachgewiesen hat, die ernsthaft für die Möglichkeit eines "anderen Geschehensablaufes" und damit für das Fehlen des behaupteten, aber "eben nicht" festgestellten Diebstahls sprechen, kommt nämlich weder dem Umstand, ob dem Beklagten (auch noch) eine Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalls anzulasten ist, noch der Frage, wie die Beweislast für eine derartige Obliegenheitsverletzung im Prozess über den Kodiktionsanspruch nach Leistung des Versicherers zu verteilen ist (S 3 f der Revision) eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

In der Revision wird daher keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb das Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend geltend gemacht, dass sich die (als erheblich erachtete) Rechtsfrage (Obliegenheitsverletzung) nicht mehr stelle, und damit inhaltlich auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.