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OGH vom 28.09.2006, 4Ob120/06k

OGH vom 28.09.2006, 4Ob120/06k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 72.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 4 R 34/06h-9, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 17 Cg 41/05v-4, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

II. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreits aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) für ihre Arzneimittel mit dem Namen „Blopress", welche den Wirkstoff Candesartan beinhalten, unter Bezugnahme auf den Wirkstoff Valsartan mit irreführenden Angaben, insbesondere in Form von Gegenüberstellungen wie in Anlage 1 abgebildet oder mit sinngemäßen Behauptungen bzw Gegenüberstellungen zu werben, und zwar insbesondere unter Hinweis auf unterschiedliche Studien, wie beispielsweise auf die Studie von Noda et al (= Noda M, Shibouta Y, Inada Y et al. Inhibition of rabbit aortic angiotensin II (All) receptor by CV-11974, a new non-peptide All antagonist. Biochem Pharmacol. 1993; 46: 311-8) und die Studie von De Gasparo et al (= De Gasparo M, Whitebread S. Binding of valsartan to mammalian angiotensin ATI receptors. Regul Pept. 1995; 59: 303-11.), wenn die Richtigkeit derartiger Angaben nicht durch eine direkte Vergleichsstudie oder zumindest durch miteinander vergleichbare wissenschaftliche Studien nachgewiesen ist;

b) zu behaupten, es gäbe nichts Besseres für Hypertoniepatienten als ihre Arzneimittel mit dem Namen „Blopress", oder sinngemäße Behauptungen aufzustellen.

Das Mehrbegehren, der beklagten Partei aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

c) Zwischenergebnisse wissenschaftlicher Studien, und zwar insbesondere die 1-Jahres-Werte der CHARM-Added & CHARM-Alternative (= Young JB, Dunlap ME, Pfeffer MA et al. Mortality and Morbidity Reduction with Candesartan in Patients With Chronic Heart Failure and Left Ventricular Systolic Dysfunction: Results of the CHARM Low-Left Ventricular Ejection Fraction Trials. Circulation. 2004; 110:

2618-26) betreffend die Reduktion der kardiovaskulären Mortalität oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (30 %) sowie die Reduktion der Gesamtmortalität (33 %) gemäß Abbildung in Anlage 2 zu verwenden, wenn die Zwischenergebnisse mit den Endergebnissen der entsprechenden Studien nicht identisch sind und die Beklagte nicht deutlich auf die Gesamt-Studiendauer hinweist, wird abgewiesen."

Die klagende Partei hat zwei Drittel ihrer Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz und die Hälfte ihrer Kosten des Verfahrens dritter Instanz vorläufig selbst zu tragen; ihre übrigen Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.819,38 EUR (darin 303,23 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster bis dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin vertreibt das Arzneimittel „Diovan" mit dem Wirkstoff Valsartan, die Beklagte die Arzneimittel „Blopress" und „Blopress 16 Plus" mit dem Wirkstoff Candesartan. Die genannten Medikamente dienen der Behandlung von Bluthochdruck (Hypertonie) und von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die Beklagte hat im Sommer 2005 einen Werbeprospekt (Beil ./D) an österreichische Ärzte verteilt, der das als Anlage 1 wiedergegebene Schaubild enthält. Die in der Grafik genannte Studie „Noda et al. 1993" vergleicht das Arzneimittel der Beklagten mit einem Arzneimittel eines dritten Herstellers mit dem Wirkstoff Losartan, die Studie „De Gasparo et al. 1995" vergleicht das Arzneimittel der Klägerin mit jenem des dritten Herstellers. Aus der De Gasparo-Studie ergibt sich, dass der Rezeptor-Affinitäts-Wert von Valsartan um ein Fünffaches höher als derjenige von Losartan ist. Die genannten Studien unterscheiden sich in ihrem Aufbau und Studiendesign, insbesondere hinsichtlich der Studiendauer, der Dosierungen und des untersuchten Patientengutes (Noda: Hasen; DE Gasparo: Ratten, Affen und Hunde). Die angesprochenen Ärzte verstehen den Hinweis auf den Wirkstoff Valsartan als eindeutige Bezugnahme auf das Arzneimittel der Klägerin. Der Werbefolder der Beklagten enthält weiters den Slogan „Blopress 16 Plus: Es gibt nichts Besseres für Ihre Hypertonie-Patienten", wobei die Wortfolge „Es gibt nichts Besseres" in roter Schrift gegenüber dem restlichen blauen Text blickfangartig hervorsticht. Auch ein im Herbst 2005 verteilter weiterer Werbeprospekt der Beklagten (Beil ./E) enthält den genannten Slogan und darüber hinaus das als Anlage 2 wiedergegebene Schaubild über die positiven Effekte ihres Arzneimittels bei Herzinsuffizienz. Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es für die Dauer dieses Rechtsstreits zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) für ihre Arzneimittel mit dem Namen „Blopress", welche den Wirkstoff Candesartan beinhalten, unter Bezugnahme auf den Wirkstoff Valsartan mit irreführenden Angaben, insbesondere in Form von Gegenüberstellungen wie in Anlage 1 abgebildet oder mit sinngemäßen Behauptungen bzw Gegenüberstellungen zu werben, und zwar insbesondere unter Hinweis auf unterschiedliche Studien, wie beispielsweise auf die Studie von Noda et al (= Noda M, Shibouta Y, Inada Y et al. Inhibition of rabbit aortic angiotensin II (All) receptor by CV-11974, a new non-peptide All antagonist. Biochem Pharmacol. 1993; 46: 311-8) und die Studie von De Gasparo et al (= De Gasparo M, Whitebread S. Binding of valsartan to mammalian angiotensin ATI receptors. Regul Pept. 1995; 59: 303-11.), wenn die Richtigkeit derartiger Angaben nicht durch eine direkte Vergleichsstudie oder zumindest durch miteinander vergleichbare wissenschaftliche Studien nachgewiesen ist;

b) zu behaupten, es gäbe nichts Besseres für Hypertoniepatienten als ihre Arzneimittel mit dem Namen „Blopress", oder sinngemäße Behauptungen aufzustellen;

c) Zwischenergebnisse wissenschaftlicher Studien, und zwar insbesondere die 1-Jahres-Werte der CHARM-Added & CHARM-Alternative (= Young JB, Dunlap ME, Pfeffer MA et al. Mortality and Morbidity Reduction with Candesartan in Patients With Chronic Heart Failure and Left Ventricular Systolic Dysfunction: Results of the CHARM Low-Left Ventricular Ejection Fraction Trials. Circulation. 2004; 110:

2618-26) betreffend die Reduktion der kardiovaskulären Mortalität oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (30 %) sowie die Reduktion der Gesamtmortalität (33 %) gemäß Abbildung in Anlage 2 zu verwenden, wenn die Zwischenergebnisse mit den Endergebnissen der entsprechenden Studien nicht identisch sind und die Beklagte nicht deutlich auf die Gesamt-Studiendauer hinweist.

Beim Werbevergleich laut Begehren a) täusche die Beklagte eine in Wahrheit nicht gegebene Vergleichbarkeit von Studienergebnissen und Studien vor. Mit dem nach Begehren b) beanstandeten Werbeslogan behaupte die Beklagte eine Spitzenstellung ihres Arzneimittels, obwohl ein beachtlicher und dauerhafter Vorsprung gegenüber anderen Produkten nicht vorliege. So ergebe sich aus der Studie „Fünfstück et al.", dass bei denjenigen Patienten, deren Bluthochdruck mit Hilfe des Medikaments Blopress 16 Plus nach Ablauf eines vierwöchigen Behandlungszeitraums nicht gesenkt worden sei, ein eindeutig besserer Erfolg mit Hilfe des Arzneimittels Co-Diovan fortissimum erzielt worden sei. Im Schaubild laut Begehren c) lasse sich zwar aus einer Fußnote erschließen, dass zwei der drei angeführten Reduktionsergebnisse nach einer Studienlaufzeit von einem Jahr ermittelt worden seien; die Beklagte verschweige allerdings, dass die Patienten bei zwei genannten Studien insgesamt über zwei bis vier Jahre - im statistischen Durchschnitt sogar über 40 Monate hinweg - beobachtet worden seien und die Endresultate die wiedergegebenen Werte nicht widerspiegelten. Nur beim dritten Wert (Reduktion der Inzidenz an Diabetes-Neuerkrankungen) werde der am Studienende ermittelte Wert angeführt, wodurch Zwischenergebnisse von Studien mit einem Endergebnis vermengt würden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Die im Teilbegehren a) mit angegriffene Aussage „Candesartan: Der AIIA mit der überlegenen Rezeptor-Affinität" entspreche dem durch eine Vielzahl von Studien gesicherten Stand der Wissenschaft und sei richtig; die Graphik illustriere nur diese Kernaussage. Dass die in den Werbeprospekten angegebenen Werte für Candesartan und Valsartan in einer unmittelbaren Vergleichsstudie ermittelt worden seien, werde nicht behauptet. Der mit dem Begehren b) beanstandete Werbeslogan lasse die Möglichkeit offen, dass andere Arzneimittel genauso wirksam und gut verträglich seien wie jene der Beklagten. Die Studie „Fünfstück et al." sei unwissenschaftlich, weil die Patienten nicht in Parallelgruppen behandelt worden seien; nachdem die Patienten zunächst mit Candesartan oder Telmisartan durch vier Wochen lang behandelt worden seien, habe erst danach die Behandlung mit Co-Diovan begonnen, wobei nur diejenigen Patienten behandelt worden seien, die in den ersten vier Wochen noch nicht den Zielwert erreicht gehabt hätten. Diese Studie lasse nicht erkennen, wie viele Patienten mit Candesartan und wie viele mit Telmisartan innerhalb von vier Wochen erfolgreich behandelt worden seien und wie die Patienten für die jeweiligen Gruppen ausgewählt worden seien. Das Schaubild zu Begehren

c) verschweige nichts und führe nicht zu unrichtigen Vorstellungen. In der Kardiologie werde die Ein-Jahres-Mortalität als bedeutender Vergleichsparameter herangezogen. Die angeführten Werte seien keine Zwischenergebnisse, sondern wesentliche Ergebnisse der zitierten Studien. Keiner der angesprochenen Ärzte könne annehmen, der hohe Standard der Lebensverlängerung könne nach einem Jahr ungeschmälert durch eine beliebige Anzahl weiterer Jahre fortgesetzt werden. Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die Beklagte nehme nach dem Gesamteindruck ihrer Werbeprospekte eine Spitzenstellung in Anspruch. Sie stütze ihre Werbung auf wissenschaftliche Studien, wobei sie sich aber nicht etwa darauf beschränke, daraus die - offenbar unstrittige - überlegene Rezeptor-Affinität ihres Medikaments abzuleiten, sondern aus den Untersuchungen auch Zahlenmaterial herleite, das angreifbar sei. Es enstamme verschiedenen Studien, die miteinander nicht vergleichbar seien. Irreführend sei die „Schlusslichtrolle" von Valsartan hinsichtlich der Rezeptoraffinität oder die Angabe einer Mortalitäts- und Hospitalisierungsrate, abgestellt nur auf den für die Beklagte günstigsten Zeitraum von einem Jahr. Dazu komme, dass bezüglich der Mortalitäts- und Hospitalisierungsrate Vergleichsuntersuchungen mit anderen Medikamenten fehlten, sodass die aus der Werbung der Beklagten hervorgehende Spitzenstellung in diesem Punkt nicht nachgewiesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss in seinem Ausspruch über das Teilbegehren a) und änderte ihn im übrigen dahin ab, dass es die Teilbegehren b) und c) abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zum Teilbegehren a) habe die Beklagte zwar behauptet, dass die Studien vergleichbar seien, sie habe aber sämtliche Tatsachen, die die Klägerin für die mangelnde Vergleichbarkeit ins Treffen geführt habe, unbestritten gelassen, nämlich vor allem, dass sich die Studien in Aufbau und Studiendauer, der Dosierungen und des untersuchten Patientenguts, unterschieden. Der Slogan laut Teilbegehren b) bringe für sich allein gesehen keine offenkundige und beträchtliche Sonderstellung zum Ausdruck, müsse aber im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt des Werbemittels gesehen werden; danach nehme die Beklagte eine Spitzenstellung für ihr Medikament in Anspruch. Die Klägerin bekämpfe die Spitzenstellung allein mit dem Hinweis auf die Studie „Fünfstück et al." Diese zeige, wieviele Personen einer bestimmten Personengruppe durch Gabe von Candesartan bzw Telmisartan durch vier Wochen hinurch den Zielwert nicht erreicht hätten und bei wievielen Personen, die nach Ablauf von Phase 1 nicht kontrolliert hätte werden können, durch die Gabe von Valsartan der Zielwert erreicht worden sei. Ein Vergleich der Arzneimittel sei nicht Gegenstand der Studie, weshalb damit auch nicht ein Vorteil des Präparats der Klägerin gegenüber jenem der Beklagten bescheinigt werden könne. Beweis- und bescheinigungspflichtig sei bei der Alleinstellungswerbung der Werbende. Da die Alleinstellung von der Klägerin aber nur unter Hinweis auf eine - dafür ungeeignete - Studie bekämpft worden sei und sämtliche anderen Bescheinigungsergebnisse von einem offenkundigen und beträchtlichen Vorsprung des Präparats der Beklagten ausgingen, sei das Begehren insoweit unberechtigt. Dem Schaubild zum Teilbegehren c) seien die Studienergebnisse nach einem Jahr zu entnehmen; die Klägerin behaupte nicht, dass diese falsch seien. Durch das Nichtnennen der Studiendauer werde kein unrichtiger Gesamteindruck hervorgerufen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist unzulässig; der Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs der Beklagten

1. Das Unterlassungsgebot umfasst näher beschriebene Werbung mit irreführenden Angaben für Medikamente der Beklagten „unter Bezugnahme auf den Wirkstoff Valsartan"; nicht umfasst vom Verbot ist hingegen - wie die Zulassungsbeschwerde unzutreffend befürchtet - die bloße Werbung mit einer „überlegenen Rezeptor-Affinität" ihres Medikaments. Der Titel ist damit weder zu unbestimmt noch zu weit.

2. Das Rekursgericht hat die im Teilbegehren zu a) näher beschriebene Werbung als irreführend beurteilt, weil einerseits der beanstandeten Grafik keine direkten Vergleichsstudien zugrundeliegen (es bestehen Unterschiede in Studiendauer, Dosierungen und Patientengut), und weil andererseits die von der Beklagten in ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag vorgelegte Grafik den Wirkstoff Valsartan - anders als die beanstandete Grafik - nicht auf dem letzten Platz sieht. Es folgt damit Rechtsprechung zu § 2 UWG, wonach ein Werbevergleich nicht zur Irreführung geeignet sein darf, was etwa dann der Fall ist, wenn nicht Vergleichbares miteinander verglichen wird (vgl RIS-Justiz RS0078196 [T4, T 5]. Wird im Werbevergleich mit Studienergebnissen (deren Vergleichbarkeit die Werbeaussage nahelegt) geworben, kann mangels Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden Studien eine Irreführung über die Wirksamkeit der Medikamente hervorgerufen werden (4 Ob 20/05b). Den der werbenden Beklagten obliegenden (vgl 4 Ob 20/05b; RIS-Justiz RS0116971) Beweis für die Vergleichbarkeit der Studien und deren Ergebnisse hat diese nicht erbracht. Darauf, ob sämtliche Studien „die gleiche Tendenz" (überlegene Rezeptor-Affinität des von der Beklagten verwendeten Wirkstoffs) zeigen und allfällige marginale Verschiebungen wettbewerbsrechtlich nicht relevant sind, kommt es nicht an, wenn - wie hier - in der Grafik den drei miteinander verglichenen Wirkstoffen bestimmte Kennzahlen (80:8:5) zugeordnet sind und danach eine Reihung vorgenommen wird.

II. Zum Revisionsrekurs der Klägerin

1.1. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte behaupte mit dem Slogan „Blopress 16 Plus: Es gibt nichts Besseres für Ihre Hypertonie-Patienten" eine Spitzenstellung ihres Produkts, die jedoch nicht bescheinigt sei.

1.2. Der negative Komparativ besagt seinem Wortlaut nach, dass die angepriesene Ware zur Spitzengruppe gehört; das Vorhandensein gleichwertiger Erzeugnisse wird nicht verneint (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht24 § 5 UWG Rz 2.143 mit Beispielen). Mit dem negativen Komparativ kann aber im Einzelfall auch eine Alleinstellung zum Ausdruck gebracht werden, insbesondere wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang eine Übersteigerung ergibt (vgl Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Rz 2.144 mit Beispielen). Ob dies der Fall ist, hängt von der Verkehrsauffassung ab: Im geschäftlichen Wettbewerb ist der Inhalt einer Ankündigung stets am Gesamteindruck zu messen, den die angesprochenen Verkehrskreise gewinnen (4 Ob 56/97g = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN; RIS-Justiz RS0043590).

1.3. Der Senat teilt die Auffassung des Rekursgerichts, dass der Slogan „Es gibt nichts Besseres für Ihre Hypertonie-Patienten" im Zusammenhang beider Werbeprospekte als Alleinstellung verstanden werden kann. Bezieht man zur Ermittlung seines Sinngehalts sämtliche Grafiken und die Texte der Werbemittel ein („höchste Responderraten"; „überlegene Rezeptor-Affinität"; „Bei Hypertonie sind Höchstleistungen erforderlich", „Die Erfolgsformel bei Hypertonie-Patienten"), kann dem beanstandeten Spruch die Sachaussage entnommen werden, die Beklagte sei mit ihrem Angebot allen ihren Mitbewerbern überlegen, und ihr Medikament besitze eine unerreichte Spitzenstellung.

1.4. Bei einer Alleinstellungswerbung trägt - sofern der klagende

Mitbewerber wie hier die Unrichtigkeit der in Anspruch genommenen

Alleinstellung behauptet (4 Ob 117/91) - der werbende Beklagte die

Beweis- bzw Bescheinigungslast für die Richtigkeit der verwendeten

Aussagen (vgl RIS-Justiz RS0005394, RS0078519). Das Verbot ist schon

dann zu erlassen, wenn der Beklagte die Richtigkeit seiner

Behauptungen nicht beweisen kann (4 Ob 173/02y = wbl 2002, 584 - Emmi

Vollmilch; 4 Ob 34/03h = ÖBl-LS 2003/116 - Preiswertester Baumarkt; 4

Ob 75/04i = ÖBl-LS 2004/142 - Regionalmarkt; 4 Ob 94/05k = wbl

2005,538 - Regioprint; vgl RIS-Justiz RS0078519). Dieser Beweis muss durch „objektiv nachprüfbare Tatsachen" erbracht werden. Die Unmöglichkeit eines solchen Nachweises - etwa wegen des Fehlens von Studien, die alle Konkurrenzprodukte erfassen - geht zu Lasten des Beklagten (4 Ob 94/05k = wbl 2005, 538 - Regioprint; 4 Ob 11/06f; RIS-Justiz RS0116971[T4]).

1.5. Dass das Arzneimittel der Beklagten den mit einer Alleinstellung behaupteten deutlichen und stetigen Vorsprung (vgl RIS-Justiz RS0078557 [T5]) gegenüber gleichartigen Produkten der Mitbewerber besitze, ist nicht bescheinigt. So führt etwa die Beklagte in ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag (S. 14 erster Absatz) aus, dass nach dem Ergebnis von vier Studien der Wirkstoff Amlodipin 5-10 mg den Blutdruck gleich stark senke wie der Wirkstoff Candesartan. Dass Amlodipin häufig gravierende Nebenwirkungen zur Folge habe (Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten S. 7 zweiter Absatz), hat die beweispflichtige Beklagte in erster Instanz ebenso wenig behauptet wie das Bestehen einer Studie, die sämtliche Konkurrenzprodukte zum beworbenen Medikament der Beklagten erfasse und Candesartan als überlegenen Wirkstoff ausweise. Das übersieht das Rekursgericht, wenn es meint, nur die - seiner Meinung nach dafür nicht geeignete - Fünfstück-Studie stütze den Standpunkt der Klägerin, während sämtliche anderen Bescheinigungsergebnisse von einem offenkundigen und beträchtlichen Vorsprung des Präperats der Beklagten ausgingen.

Damit erweist sich das Sicherungsbegehren in seinem Teilbegehren zu

b) berechtigt.

2.1. Nach Auffassung der Klägerin führe das zu Teilbegehren c) beanstandete Schaubild deshalb zu unrichtigen Vorstellungen, weil es zwar die Reduktionsergebnisse nach einem Jahr Studiendauer richtig wiedergebe, in den beiden ersten angeführten Fällen jedoch die Gesamtdauer sowie die - deutlich schlechteren - Endergebnisse der zitierten Studien verschweige; die Beklagte wähle für sie günstige Zwischenergebnisse und stelle diese als maßgeblich dar.

2.2. Eine allgemeine Pflicht zur Vollständigkeit von Werbeaussagen besteht nicht (RIS-Justiz RS0078579 [T2, T 16, T 20]). Unvollständige Angaben verstoßen nur dann gegen § 2 UWG, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, so dass die Unvollständigkeit geeignet ist, das Publikum in für den Kaufentschluss erheblicher Weise irrezuführen (4 Ob 151/93 = ÖBl

1993, 237 - Reichweitenvergleich; 4 Ob 43/02f = wbl 2002/261 -

BESTsale; 4 Ob 285/02v = MR 2003, 119 - Steiermark-Woche neu).

Entscheidend ist, ob durch das Weglassen bestimmter Umstände der Sachverhalt so entstellt wurde, dass der Empfänger der Erklärung in einem wichtigen Punkt irregeführt werden konnte (RIS-Justiz RS0078615 [T6]). Das Verschweigen eines ohnedies bekannten Umstandes schadet nicht (RIS-Justiz RS0078579 [T16]).

2.3. Vorauszuschicken ist, dass der Sternchenhinweis auf die Fußnote („nach 1 Jahr") bei den beiden ersten Reduktionsergebnissen im Schaubild die ausreichende Information über den Beobachtungszeitraum enthält, auf den sich die angegebenen Werte beziehen. Auch handelt es sich insoweit nicht um bloße „Zwischenergebnisse", sondern um die korrekt wiedergegebenen Ergebnisse nach einem Jahr Studiendauer, die für die Entscheidung, welches Medikament verschrieben werden soll, von wesentlicher Bedeutung sind.

Die Beklagte weist in der Revisionsrekursbeantwortung darauf hin, dass in der Kardiologie die Ein-Jahres-Mortalität ein bedeutender Vergleichsparameter sei. Ob dies zutrifft, kann offen bleiben, weil das beanstandete Schaubild davon unabhängig nicht zur Irreführung der angesprochenen Ärzte geeignet ist. Gerade aus dem Umstand, dass beim dritten Reduktionsergebnis ein gleichartiger Hinweis fehlt, kann nur der Schluss gezogen werden, dass die beiden ersten Studien länger gelaufen sind als ein Jahr (weil der Hinweis andernfalls entbehrlich wäre). Dazu kommt die allgemeine Erfahrung, dass gerade im biologischen Bereich linear darstellbare Entwicklungsverläufe mit gleichbleibenden Werten pro beobachteter Zeiteinheit nahezu ausgeschlossen sind. Es ist deshalb nicht zu befürchten, dass die angesprochenen Fachkreise das beanstandete Schaubild dahin verstehen, die darin angegebenen - auf biologischen Vorgängen beruhenden - Reduktionsraten blieben auch bei einer längeren als der angegebenen Studiendauer stets unverändert. Dem Revisionsrekurs kann deshalb in diesem Punkt kein Erfolg beschieden sein.

3. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 393 Abs 1 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin hat im Sicherungsverfahren erster und zweiter Instanz (Bemessungsgrundlage 72.000 EUR) mit zwei Drittel ihres Begehrens, im Verfahren dritter Instanz (Bemessungsgrundlage 48.000 EUR) mit der Hälfte obsiegt.