OGH vom 08.08.2012, 3Ob126/12v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A***** K*****, vertreten durch Gheneff Rami Sommer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die verpflichtete Partei Dr. E***** K*****, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 11.941,16 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 17 R 83/11v 55, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 5 E 174/09v 41, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom bewilligte das Erstgericht der Betreibenden zur Hereinbringung von 11.941,16 EUR sA die Zwangsversteigerung der im Alleineigentum des Verpflichteten stehenden Liegenschaft. Zugunsten der identen vollstreckbaren Forderung bewilligte es mit weiterem Beschluss vom gleichen Tag der Betreibenden wider den Verpflichteten die Fahrnisexekution (AZ 12 E 6272/09k).
Nach Erlag des aufgetragenen Kostenvorschusses durch die Betreibende ordnete das Erstgericht mit Beschluss vom die Schätzung der Liegenschaft des Verpflichteten an.
Am wies das Erstgericht den Antrag des Verpflichteten auf Aufschiebung des Versteigerungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von ihm gegen den der Exekution zugrundeliegenden Exekutionstitel eingebrachten Oppositionsklage (rechtskräftig) ab. Hingegen bewilligte das Erstgericht die Aufschiebung der seinerzeit bewilligten Fahrnisexekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des Oppositionsverfahrens, falls der Verpflichtete eine Sicherheitsleistung von 12.700 EUR erlegt. Der Verpflichtete überwies den geforderten Sicherungsbetrag, die Fahrnisexekution ist somit aufgeschoben.
Mit Beschluss vom wies das Erstgericht die Anträge des Verpflichteten auf Aufschiebung, Einschränkung und Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens ab. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss, weil dem Verpflichteten (einstweilen) aus der Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens kein unwiederbringlicher Schaden drohe und eine Einschränkung der Exekution durch Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht in Betracht komme, weil die im Zusammenhang mit der Aufschiebung der Fahrnisexekution erlegte Sicherheitsleistung nicht zur Befriedigung der betriebenen Forderung zur Verfügung stehe, sondern nur Sicherheit für jene Nachteile biete, die dem betreibenden Gläubiger als Folge der Aufschiebung entstehen könnten.
Am ordnete das Erstgericht die Schätzung der Liegenschaft des Verpflichteten an. Da die Liegenschaft zum genannten Termin nicht begehbar war, weshalb die Schätzung unterbleiben musste, forderte das Erstgericht die Betreibende mit Beschluss vom auf, binnen 14 Tagen entsprechende Anträge zu stellen, widrigenfalls das Versteigerungsverfahren eingestellt werde.
Mangels Antragstellung der Betreibenden stellte das Erstgericht die bewilligte Zwangsversteigerung gemäß § 200 Z 3 EO ein.
Das Rekursgericht änderte den Einstellungsbeschluss über Rekurs der Betreibenden dahin ab, dass der Einstellungsbeschluss ersatzlos behoben und dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung aufgetragen wurde. Es sprach nach Abänderungsantrag des Verpflichteten aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs (doch) zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Aufschiebung der Zwangsversteigerung nach § 203 EO nur dann zu bewilligen sei, wenn im Zug der parallel geführten Fahrnisexekution bereits Sachen gepfändet worden seien. Ausgehend vom Rekursvorbringen der Betreibenden nahm das Rekursgericht nach Stellungnahme des Verpflichteten und Erhebungen zum Zustellvorgang als bescheinigt an, dass die Aufforderung an die Betreibende vom , bei sonstiger Verfahrenseinstellung weitere Anträge zu stellen, der Betreibenden nicht zugestellt wurde. Irrtümlich oder aufgrund eines technischen Fehlers erfolgte bloß die neuerliche Zustellung eines früher gefassten anderen Beschlusses. Damit die Versäumung der Frist zur schriftlichen Erklärung oder Äußerung die im § 56 Abs 2 und 3 EO normierte Fiktion der Zustimmung zur Folge habe, müsse aber der Partei einerseits der wesentliche Inhalt des Antrags oder des von Amts wegen in Aussicht genommenen Vorgehens mit der Ladung oder mit der Aufforderung zur Stellungnahme bekannt gegeben worden sein, andererseits müsse sie auf die Säumnisfolge hingewiesen werden. Hier scheitere die Zustimmungsfiktion an der unterlassenen Zustellung des Beschlusses vom . Die Einstellung des Versteigerungsverfahrens sei daher zu Unrecht erfolgt.
Der Rekurs des Verpflichteten, mit dem er die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Verfahrenseinstellung anstrebt, ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Die vom Verpflichteten gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die vom Verpflichteten vermisste schriftliche Stellungnahme des Bundesrechenzentrums zum fehlerhaften Zustellvorgang zu anderen Ergebnissen geführt hätte, als die eingeholte telefonische Auskunft, die im Einklang mit den übrigen Bescheinigungsergebnissen steht.
2. Sowohl zur vom Verpflichteten in seinem Revisionsrekurs neuerlich angesprochenen Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens im Hinblick auf die von ihm eingebrachte Oppositionsklage als auch zur Einschränkung nach § 41 Abs 2 EO liegen bereits rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vor. Da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt (Zwangsversteigerungsverfahren im Stadium vor Schätzung der Liegenschaft und Aufschiebung des parallelen Fahrnisexekutionsverfahrens gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 12.700 EUR) nicht geändert hat, ist der Verpflichtete auf die rechtskräftige Abweisung dieser Anträge zu verweisen.
3. Gemäß § 203 EO ist das Versteigerungsverfahren vorbehaltlich der Anwendung des § 14 Abs 1, §§ 27 Abs 1 und 41 Abs 2 EO aufzuschieben, wenn zur Hereinbringung derselben Forderung die Exekution auf wiederkehrende Geldforderungen geführt wird und der pfändbare Betrag voraussichtlich ausreichen wird, die hereinzubringende Forderung samt Nebengebühren im Laufe eines Jahres zu tilgen oder Exekution auf bewegliche körperliche Sachen geführt wird und die gepfändeten Sachen die hereinzubringende Forderung voraussichtlich decken werden.
Die vom Verpflichteten angestrebte Anwendung dieser besonderen Aufschiebungsbestimmung setzt aber nach ihrer eindeutigen Formulierung („die gepfändeten Sachen“) voraus, dass im parallel geführten Fahrnisexekutionsverfahren bereits Sachen gepfändet wurden ( Angst , EO 2 , § 203 Rz 3; Breinl in Burgstaller/Deixler Hübner , EO,§ 203 Rz 5). Da hier im vom Verpflichteten ins Treffen geführten Fahrnisexekutionsverfahren noch keine Pfändung stattgefunden hat, kommt die gewünschte Aufschiebung nach § 203 EO nicht in Betracht.
Soweit der Verpflichtete die Absicherung der Vollbefriedigung der Betreibenden aufgrund der zwecks Aufschiebung des Fahrnisexekutionsverfahrens erlegten Sicherheit von 12.700 EUR sieht, ist er darauf zu verweisen, dass der betreibende Gläubiger an der erlegten Sicherheit ein Pfandrecht für seinen Anspruch auf Ersatz des durch die Aufschiebung verursachten Schadens erwirbt; die Sicherheit jedoch nicht für die betriebene Forderung selbst haftet. Der betreibende Gläubiger kann daher insoweit nicht Befriedigung seiner betriebenen Forderung aus der Sicherheit fordern, als die Erfolglosigkeit der Exekution nicht durch die Aufschiebung verursacht wurde (3 Ob 93/01z mwN). So wie bereits bei der Entscheidung über den Einschränkungsantrag wegen Überdeckung gemäß § 41 Abs 2 EO ist daher für den Verpflichteten aus der im Zusammenhang mit der Aufschiebung der Fahrnisexekution erlegten Sicherheit auch unter den von ihm angestellten Schuldnerschutzüberlegungen im Zusammenhang mit § 203 EO nichts zu gewinnen.
Da auch die von Amts wegen zu prüfende Aufschiebung nach § 203 EO hier nicht in Betracht kommt, musste der insgesamt unberechtigte Revisionsrekurs des Verpflichteten scheitern.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO iVm § 78 EO.