OGH vom 12.07.2017, 1Ob134/17p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. HoferZeniRennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** D*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 27.187,72 EUR sA, Rentenzahlung (Streitwert 36.000 EUR) und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 22/17h12, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 33 Cg 12/16a8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin macht im Wege der Amtshaftung einen Vermögensschaden geltend und beruft sich dabei insbesondere auf eine ihrer Ansicht nach schuldhafte und rechtswidrige Unterlassung von Organen eines Bezirksgerichts, das wenige Tage vor Ablauf der Verjährungsfrist der von ihr behaupteten ursprünglichen Forderung einen Verfahrenshilfeantrag zu Protokoll genommen hat.
Eine Amtshaftungsklage ist nur dann schlüssig, wenn der Kläger nicht nur ein rechtswidriges (schuldhaftes) Organverhalten behauptet und darlegt, wie das Organ richtigerweise zu handeln gehabt hätte, sondern darüber hinaus auch ausführt, inwiefern das gebotene Verhalten den eingetretenen Schaden – hier die Verjährung von Schadenersatzansprüchen – verhindert hätte. Er hat also den hypothetischen Kausalverlauf, bei dem eine Schädigung unterblieben wäre, kurz aber nachvollziehbar vorzutragen (§ 226 ZPO).
2. Im Verfahren erster Instanz hat die Klägerin vorerst nur vorgebracht, sie sei von der anleitenden Richterin nicht auf die Notwendigkeit der „richtigen Gestaltung des Verfahrenshilfeantrags“ hingewiesen worden, obwohl klar gewesen sei, dass eine Verjährung der Ansprüche in Kürze eintreten würde. Sie sei nicht zum „ordnungsgemäßen Antrag“ auf Verfahrenshilfe angeleitet worden. Mangels entsprechender Belehrung über die zwingende Geltendmachung sämtlicher Ansprüche „in bereits Klagsform“ habe sie davon ausgehen können, dass bereits durch die Erhebung des Verfahrenshilfeantrags die Verjährung unterbrochen bzw gehemmt werde; wäre sie auf die „richtige Einbringung des Antrags“ hingewiesen worden, wären ihre Ansprüche als zu Recht bestehend festgestellt worden. In ihrer Berufung konkretisierte sie ihre Vorwürfe dahin, sie wäre dazu anzuleiten gewesen, sofort eine Schadenersatzklage zu gerichtlichem Protokoll zu geben. In ihrer Revision vertritt sie die Auffassung, sie wäre „zur Einbringung einer Klage“ anzuleiten gewesen.
Wollte man die in den verschiedenen Instanzen unterschiedlich formulierten Vorwürfe dahin verstehen, dass die Revisionswerberin das gebotene Verhalten der Gerichtsorgane darin sehen will, dass diese verpflichtet gewesen wären, sie unter den gegebenen Umständen auf die Möglichkeit einer Protokollarklage hinzuweisen (und diese auch gleich aufzunehmen), unterläge die Klägerin einem grundsätzlichen Rechtsirrtum. Wie sich sowohl aus ihrem Begehren im Amtshaftungsprozess als auch dem von ihrem Verfahrenshelfer (wegen der Verjährung erfolglos) geführten Schadenersatzprozess klar ergibt, beabsichtigte sie, Ersatzansprüche zu erheben, die in einem Verfahren mit Anwaltspflicht (vor dem Handelsgericht Wien) geltend zu machen waren. Eine Klage kann allerdings gemäß § 434 Abs 1 ZPO nur im Verfahren vor den Bezirksgerichten zu Protokoll gegeben werden; bei Anwaltspflicht besteht die Möglichkeit, die Klage zu Protokoll zu geben, nicht (vgl nur Kodek in Fasching/Konecny III2§ 434 ZPO Rz 4). Auch wenn nach der Judikatur (1 Ob 589/95) bei einer unter Missachtung der Anwaltspflicht irrtümlich aufgenommenen Protokollarklage ein Verbesserungsverfahren stattzufinden hat, folgt daraus keineswegs, dass das Bezirksgericht die Verpflichtung hätte, unzulässigerweise eine solche Klage aufzunehmen, um es dem Kläger zu erleichtern, die Verjährungsfrist zu wahren. Die unterlassene Aufnahme einer Protokollarklage war daher entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht rechtswidrig.
3. Aber auch wenn man die anspruchsbegründenden Vorwürfe der Klägerin dahin verstehen wollte, die bezirksgerichtlichen Organe hätten sie darüber belehren müssen, dass der bloße Verfahrenshilfeantrag nach herrschender Rechtsprechung die Verjährungsfrist nicht unterbricht, wäre für sie nichts gewonnen, fehlte doch (auch) in diesem Zusammenhang jegliche Behauptung zum hypothetischen Geschehnisverlauf. Sie vermag auch im Rechtsmittelverfahren nicht darzulegen, wie sie bei entsprechender Belehrung vorgegangen wäre und dass sie gegebenenfalls die Klage noch vor Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht hätte.
4. Da es somit schon wegen der aufgezeigten Defizite des Vorbringens an der Schlüssigkeit der Klagebehauptungen mangelt, kommt es auf die in der Revision erörterten Rechtsfragen nicht entscheidend an, womit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO fehlen.
5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00134.17P.0712.000 |
Schlagworte: | Gruppe: Amtshaftungsrecht,Zivilverfahrensrecht |
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