OGH 26.06.2002, 7Ob132/02s
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am geborenen Minderjährigen Mathias M*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Martin H*****, vertreten durch Dr. Günther Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 236/02t-34, womit über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom , GZ 2 P 1837/95k-29, zum Teil bestätigt, zum Teil abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom , 6 Ob 243/01f, § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF BGBl 1977/646, als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.
Text
Begründung:
Der Vater wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom (ON 16), teilweise abgeändert mit Beschluss des Rekursgerichtes vom (ON 20), zu folgenden monatlichen Unterhaltsleistungen für den Minderjährigen verpflichtet:
vom bis 5.800S,
vom bis 6.300S,
vom bis 6.000S,
vom bis 6.300S,
vom bis 5.100S,
vom bis 5.900S
und ab 7.500S.
Dieser Bemessung lag ein monatliches Durchschnittseinkommen des Vaters in Höhe von S 36.380,48 für 1997, S 39.792,59 für 1998, S 42.019,05 für 1999 und S 53.543,68 für 2000 zugrunde sowie weitere Sorgepflichten des Vaters für seinen am geborenen Sohn und die geschiedene Ehegattin.
Am beantragte der Vater unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1285/00, seine Unterhaltsverpflichtung im Sinne einer von ihm angestellten Berechnung rückwirkend ab bis auf 4.990S,
vom bis auf 5.390S,
vom bis auf 5.150S,
vom bis auf 5.390S,
vom bis auf 4.430 S,
vom bis 31.121999 auf 5.070S,
vom bis auf 6.350 S und
ab laufend auf 5.530 S herabzusetzen.
Mit Beschluss vom (ON 29) hat das Erstgericht den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters vom hinsichtlich des Zeitraums vom bis zurückgewiesen und ab abgewiesen. Dazu traf es folgende weitere Feststellungen:
Der einkommens- und vermögenslose Minderjährige befinde sich im Haushalt seiner Mutter. Lediglich das Einkommen des Vaters für die Jahre 2000 und 2001 sei zu hoch bzw noch gar nicht bestimmt worden. Aufgrund der vorliegenden Gehaltsauskunft stehe nunmehr fest, dass der Vater im Jahr 2000 ein monatliches Durchschnittseinkommen von S 52.384,43 (unter Abzug der Nachzahlung an den Wohlfahrtsfonds) und im Jahr 2001 ein solches von S 51.355,69 ins Verdienen gebracht habe. Rechtlich ging das Erstgericht im Wesentlichen davon aus, dass nach dem Wortlaut des § 12a FLAG die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes zu berücksichtigen sei und daher auch nicht dessen Unterhalt mindern könnte. Es könne nicht Aufgabe des Gerichtes sein, auf diesem Weg eine Umverteilung steuerlicher Lasten zum Nachteil des unterhaltsberechtigten Kindes vorzunehmen. Für den Zeitraum bis sei der Antrag als verjährt zurückzuweisen.
Das Rekursgericht bestätigte die Antragszurückweisung für die Zeit vom bis mit der Maßgabe, dass das Unterhaltsherabsetzungsbegehren für diesen Zeitraum abgewiesen wurde. Es bestätigte auch die Antragsabweisung für die Zeit vom bis und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses zugelassen werde. Hinsichtlich der Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsbegehrens ab hob es den erstgerichtlichen Beschluss zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rekurs sei dahin beizupflichten, dass im Hinblick auf die Bestimmung des § 1501 ABGB auf die Verjährung ohne Einwendung der Parteien nicht Bedacht zu nehmen sei. Dennoch sei das Unterhaltsherabsetzungsbegehren des Vaters sowohl für den Zeitraum bis als auch für den Zeitraum bis zu Recht abgewiesen worden. Dem Vorbringen, dass aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1285/00, der Geldunterhaltsanspruch des Minderjährigen zu kürzen wäre, weil die Mutter Familienbeihilfe beziehe, sei entgegenzuhalten, dass eine Bindung der ordentlichen Gerichte an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht bestehe und der von diesem vorgeschlagenen teleologischen Reduktion des § 12a FLAG nicht beigetreten werden könne. Sowohl aus dem Wortlaut der zitierten Bestimmung als auch aus der gleichzeitig geschaffenen Bestimmung des § 2 Abs 2 FLAG ergebe sich nämlich eindeutig, dass der Bundesgesetzgeber sehr wohl auch an den Fall gedacht habe, dass der geldunterhaltspflichtige Elternteil nicht mit dem die Familienbeihilfe beziehenden anderen Elternteil und dem gemeinsamen Kind im selben Haushalt lebe. Gerade dieser Fall habe dahingehend gelöst werden sollen, dass die Familienbeihilfe den Unterhaltsanspruch des Kindes in keiner Weise mindere. Aus den Gesetzesmaterialien sei zu entnehmen, dass die Familienbeihilfe überhaupt keine Entlastung jener Person herbeiführen solle, die zwar für das Kind sorgepflichtig sei, mit diesem jedoch nicht im selben Haushalt lebe. Es sei damit klargestellt worden, dass die Familienbeihilfe seit den Charakter einer Betreuungshilfe habe und in diesem Sinn ein Einkommen derjenigen Person bilde, die diese Betreuung tatsächlich leiste, ohne dass der Betrag der Familienbeihilfe unmittelbar dem Kind zuzuwenden sei. Da der - allenfalls verfassungswidrige - Willen des einfachen Bundesgesetzgebers klar sei, erscheine eine verfassungskonforme Auslegung durch teleologische Reduktion problematisch. Dabei sei nämlich zu beachten, dass der Verfassungsgerichtshof verfassungswidrige Gesetze nur aufheben, nicht aber unter dem Titel einer verfassungskonformen Interpretation umdeuten könne. Nach Meinung des Rekursgerichtes könne daher ein allenfalls erforderlicher Ausgleich zwischen den Eltern hinsichtlich der ihnen gewährten Familienförderungen nicht im Wege der Unterhaltsbemessung erfolgen. Auch wenn der Oberste Gerichtshof an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt habe, § 12a FLAG als verfassungswidrig aufzuheben, sehe sich das Rekursgericht vor einer diesbezüglichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Mangels wesentlicher Änderung der Verhältnisse seit der letzten Beschlussfassung über die Unterhaltsverpflichtung des Vaters (ON 16 und 20) seien daher die Voraussetzungen für die beantragte Herabsetzung nicht gegeben, weshalb das Erstgericht das Unterhaltsherabsetzungsbegehren des Vaters bis zutreffend abgewiesen habe. Die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, dass der Frage der Berücksichtigung der steuerlichen Belastung bei der Unterhaltsbemessung im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 1285/00 wesentliche Bedeutung zukomme.
Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, in eventu dahin abzuändern, dass dem Unterhaltsherabsetzungsantrag stattgegeben werde.
Der Revisionsrekurswerber wendet sich gegen die Rechtsauffassung, dass die Auslegung des § 12a FLAG durch den Verfassungsgerichtshof abzulehnen sei. Er macht geltend, dessen Ausführungen ließen keinen Interpretationsspielraum in dem Sinn, dass man (wieder) zur gänzlichen Nichtanrechnung der Familienbeihilfe komme. Die frühere Judikatur sei nicht mehr aufrecht zu erhalten. Sollte sich der Oberste Gerichtshof der Meinung des Rekursgerichtes anschließen, dass § 12a FLAG die Auslegung durch den Verfassungsgerichtshof nicht trage, regt der Revisionsrekurswerber an, der Oberste Gerichtshof möge einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof stellen, § 12a FLAG als verfassungswidrig aufzuheben, bzw das Revisionsrekursverfahren unterbrechen.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mit Beschluss vom , 6 Ob 243/01f, aus Anlass des Revisionsrekurses eines anderen geldunterhaltspflichtigen Vaters an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Diesem Antrag sind weitere Anträge des Obersten Gerichtshofs gefolgt, sodass derzeit bereits zahlreiche idente Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind (weitgehend zusammengefasst in RIS-Justiz RS0115895). Es ist anzunehmen, dass sich die Frage der Verfassungsgemäßheit des § 12a FLAG noch in vielen Verfahren stellen wird, weil sich die in dieser Bestimmung verfügte Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Bemessung des Geldunterhalts in einer großen Zahl der Unterhaltsbemessungsverfahren auswirkt.
Der Verfassungsgerichtshof hat in ähnlich gelagerten Fällen gemäß § 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG ausgesprochen, dass die angefochtene und von ihm aufgehobene Gesetzesbestimmung nicht mehr anzuwenden sei (s ). Es wäre eine unsachliche Verschiedenbehandlung, würde der Verfassungsgerichtshof - sollte er § 12a FLAG aufheben - nicht auch in den bereits anhängigen Verfahren aussprechen, dass die Bestimmung nicht bloß im jeweiligen Anlassfall, sondern auch in allen übrigen Fällen nicht mehr anzuwenden sei. Mit Beschluss vom , G 7/02-6, hat der Verfassungsgerichtshof für den Fall einer Aufhebung des § 12a FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, die Anlassfallwirkung auf die rechtlich gleichgelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken. Ist nun davon auszugehen, dass der Verfassungsgerichtshof im Fall der Aufhebung des § 12a FLAG die Anlassfallwirkung auf die anderen Verfahren erstrecken wird, sind die beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs eine Berücksichtigung der Familienbeihilfe an § 12a FLAG scheitern muss (6 Ob 243/01f; 6 Ob 262/01z ua) und eine Unterhaltsbemessung im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs nur nach Aufhebung dieser Norm möglich erscheint (7 Ob 71/02w; 7 Ob 77/02b). Gemäß § 190 Abs 1 ZPO kann ein Rechtsstreit unterbrochen werden, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits ist, oder welches in einem anhängigen Verwaltungsverfahren festzustellen ist. Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist zwar weder bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren noch für das Außerstreitverfahren vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist jedoch durch analoge Anwendung des § 190 ZPO zu schließen (RIS-Justiz RS0116157), weil der Zweck der Bestimmung - widersprechende Entscheidungen im Sinne der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern - auch im vorliegenden Fall zutrifft (2 Ob 63/02g; 3 Ob 64/02m; 4 Ob 86/02d; 7 Ob 71/02w; 7 Ob 77/02w mwN). Das Verfahren war daher bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Anfechtung des § 12a FLAG zu unterbrechen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am geborenen Minderjährigen Mathias M*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Martin H*****, vertreten durch Dr. Günther Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 236/02t-34, womit über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom , GZ 2 P 1837/95k-29, zum Teil bestätigt, zum Teil aufgehoben wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Beschluss wird im Umfang der Anfechtung, sohin in seinem bestätigenden Teil aufgehoben; zugleich wird auch der Beschluss des Erstgerichtes in diesem Umfang aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Der Vater wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom (ON 16), teilweise abgeändert mit Beschluss des Rekursgerichtes vom (ON 20), zu folgenden monatlichen Unterhaltsleistungen für den Minderjährigen verpflichtet:
vom bis 5.800S,
vom bis 6.300S,
vom bis 6.000S,
vom bis 6.300S,
vom bis 5.100S,
vom bis 5.900S
und ab 7.500S.
Dieser Bemessung lag ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters in Höhe von S 36.380,48 für 1997, S 39.792,59 für 1998, S 42.019,05 für 1999 und S 53.543,68 für 2000 zugrunde sowie weitere Sorgepflichten des Vaters für seinen am geborenen Sohn und die geschiedene Ehegattin.
Am beantragte der Vater unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1285/00, seine Unterhaltsverpflichtung im Sinne einer von ihm angestellten Berechnung rückwirkend ab bis auf 4.990S,
vom bis auf 5.390S,
vom bis auf 5.150S,
vom bis auf 5.390S,
vom bis auf 4.430 S,
vom bis 31.121999 auf 5.070S,
vom bis auf 6.350 S und
ab laufend auf 5.530 S herabzusetzen.
Mit Beschluss vom (ON 29) hat das Erstgericht den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters vom hinsichtlich des Zeitraums vom bis zurückgewiesen und ab abgewiesen. Dazu traf es folgende weitere Feststellungen:
Der einkommens- und vermögenslose Minderjährige befindet sich im Haushalt seiner Mutter. Lediglich das Einkommen des Vaters für die Jahre 2000 und 2001 ist zu hoch bzw noch gar nicht bestimmt worden. Aufgrund der vorliegenden Gehaltsauskunft steht nunmehr fest, dass der Vater im Jahr 2000 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 52.384,43 (unter Abzug der Nachzahlung an den Wohlfahrtsfonds) und im Jahr 2001 ein solches von S 51.355,69 ins Verdienen gebracht hat.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, der Minderjährige habe nach der Prozentkomponente Anspruch auf einen Anteil des Durchschnittsnettoeinkommens von 15 % ( bis ), 12 % ( bis ) bzw 14 % (seit ). Das bedeute, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters aufgrund der Prozentkomponente noch nicht ausgeschöpft sei. Schon allein deswegen seien die Voraussetzungen für eine Kürzung der Unterhaltspflicht wegen teilweiser Anrechnung von Transferleistungen nicht gegeben. Außerdem sei nach dem Wortlaut des § 12a FLAG die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes zu berücksichtigen und könne daher auch nicht dessen Unterhalt mindern. Es könne nicht Aufgabe des Gerichtes sein, auf diesem Weg eine Umverteilung steuerlicher Lasten zum Nachteil des unterhaltsberechtigten Kindes vorzunehmen. Für den Zeitraum bis sei der Antrag als verjährt zurückzuweisen. Das Rekursgericht bestätigte die Antragszurückweisung für die Zeit vom bis mit der Maßgabe, dass das Unterhaltsherabsetzungsbegehren für diesen Zeitraum abgewiesen wurde. Es bestätigte auch die Antragsabweisung für die Zeit vom bis und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses zugelassen werde. Hinsichtlich der Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsbegehrens ab hob es den erstgerichtlichen Beschluss zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Dem Rekurs sei zwar dahin beizupflichten, dass im Hinblick auf die Bestimmung des § 1501 ABGB auf die Verjährung ohne Einwendung der Parteien nicht Bedacht zu nehmen sei. Auch das Rekursgericht vertrete jedoch die Ansicht, der allenfalls erforderliche Ausgleich zwischen den Eltern hinsichtlich der ihnen gewährten Familienförderung könne nicht im Wege der Unterhaltsbemessung erfolgen.
Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil der Frage der Berücksichtigung der steuerlichen Belastung bei der Unterhaltsbemessung im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 1285/00 wesentliche Bedeutung zukomme. Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses (Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsantrages für die Zeit vom bis ) richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die Entscheidung im angefochtenen Umfang aufzuheben, in eventu dahin abzuändern, dass dem Unterhaltsherabsetzungsantrag stattgegeben werde.
Das Amt für Jugend und Familie Rechtsführsorge Bezirke 12, 13 hat als Vetreter des Kindes zum Revisionsrekurs Stellungnahme erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Vaters nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Nach stRsp wird Unterhalt bestimmt und nicht berechnet (RIS-Justiz RS0047388; RS0047419). Dementsprechend werden dabei Auf- und Abrundungen vorgenommen. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Prozentkomponente im Zeitraum ab nicht voll ausgeschöpft worden sei, trifft daher nicht zu.
Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach der Aufhebung der in § 12a FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19 .6 .2002, G 7/02) zu erfolgen hat, nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d uva). Auf eine Formel gebracht lässt sich diese Berechnung wie folgt darstellen:
Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (es macht dabei keinen Unterschied, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird). Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jeweils um ca 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem solchen von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d).
Im vorliegenden Fall erzielte der Vater ein Nettoeinkommen von S 36.380,48 (für 1997), S 39.792,59 (für 1998), S 42.019,05 (für 1999) und S 53.543,68 (für 2000); sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14. Gehalt; siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 1289 [1294]) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn, aaO, 1294), muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächste niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (4 Ob 46/02x).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Festsetzung des Unterhaltes im Wege einer (teilweisen) Anrechnung der Familienbeihilfe zu erfolgen. In welchem Ausmaß dies zu geschehen hat, kann aufgrund der Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, weil lediglich das monatliche Nettoeinkommen festgestellt wurde. Nur in den Fällen, in denen schon aufgrund der bekannten Höhe des Nettoeinkommens die Höhe des Grenzsteuersatzes des Unterhaltspflichtigen und der Umstand, dass der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet, evident sind, kann eine ausdrückliche Feststellung betreffend die Tatsache des anzuwendenden Grenzsteuersatzes entbehrlich sein; ansonsten ist es dem Obersten Gerichtshof aber verwehrt, diesen Umstand zu erforschen und dementsprechende Feststellungen zu treffen. Dies ist dem Erstgericht aufzutragen, welches das Verfahren durch Feststellung des Jahresbruttoeinkommens des Vaters ohne 13. und 14. Gehalt zu ergänzen und die allfällige Steuerentlastung nach den wiedergegebenen Grundsätzen zu berechnen haben wird; auf die Verjährungsfrage (vgl zur stRsp, wonach der gesetzliche Unterhalt im Rahmen der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB auch rückwirkend herabgesetzt werden kann: EvBl 1999/167 mwN) wird jedoch nur im Fall einer diesbezüglichen Einrede im zweiten Rechtsgang einzugehen sein (M. Bydlinski in Rummel II³ Rz 1 zu § 1501 ABGB).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00132.02S.0626.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAD-36658