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OGH vom 18.07.2013, 1Ob133/13k

OGH vom 18.07.2013, 1Ob133/13k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****verein, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 16.214,80 EUR sA über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 77/13p 12, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Leoben vom , GZ 26 Cg 106/12z 8, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der klagende Verein begehrte zunächst 14.000 EUR sA. Er sei fischereiberechtigt an einem Flussabschnitt. In der zwischen den Streitteilen am 5./ geschlossenen Vereinbarung habe sich die beklagte Kraftwerksbetreiberin verpflichtet, ihm durch Stauraumspülungen entstehende Schäden je pauschal mit 14.000 EUR abzugelten. Für die Spülung am habe die Beklagte den vereinbarten Betrag nicht bezahlt. Im Februar 2013 dehnte er das Klagebegehren um die vereinbarte Wertsicherung von 2.216,80 EUR aus. Zur Zuständigkeit berief er sich auf § 92a JN. Durch die Stauraumspülung seien Fische getötet worden, die eine körperliche Sache seien. Der Geschädigte müsse nicht Eigentümer der beschädigten körperlichen Sache sein. Der Kläger sei Eigentümer des Fischereirechts. Der betroffene Flussabschnitt liege im Sprengel des Erstgerichts.

Die Beklagte erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit. Der Kläger mache einen vertraglichen Anspruch geltend. Selbst wenn § 92a JN für derartige Ansprüche einschlägig wäre, fehle es an der Voraussetzung der Beschädigung einer körperlichen Sache. Die durch Stauraumspülungen beschädigten Fische seien nicht Eigentum des Klägers. Es handle sich um einen reinen Vermögensschaden. Die Schädigung der Fischbestände stelle allenfalls einen Eingriff in das Fischereirecht dar, das eine unkörperliche Sache sei.

Nach Durchführung einer auf die Zuständigkeitsfrage eingeschränkten mündlichen Verhandlung sprach das Erstgericht nach § 40a JN aus, dass das Rechtsschutzbegehren des Klägers im außerstreitigen Verfahren zu behandeln sei, erklärte das vorangegangene Verfahren mit Ausnahme der Verfahrenseinleitung für nichtig, überwies die in einen Antrag umgedeutete Klage an die für außerstreitige Entschädigungsverfahren zuständige Gerichtsabteilung und behielt sich die Entscheidung über die Kosten bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vor. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, dass die hier geltend gemachten Ersatzansprüche § 117 WRG unterlägen. Nach dieser Bestimmung wäre die Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung über die Leistung von Entschädigungen an den Kläger berufen gewesen. Es stehe den Beteiligten aber frei, anstelle einer solchen behördlichen Entscheidung ein entsprechendes Übereinkommen zu treffen (§ 117 Abs 7 iVm § 111 Abs 3 WRG). Ein solches Übereinkommen hätten die Parteien geschlossen. Über die Auslegung und Rechtswirkungen eines derartigen Übereinkommens habe das Gericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge. Es sprach nach § 40a JN aus, dass das Rechtsschutzbegehren des Klägers im streitigen Verfahren zu behandeln sei, gab der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit statt und wies die Klage zurück. Soweit im Zug eines wasserrechtlichen Verfahrens Leistungen vereinbart würden, die als Entschädigungsleistungen oder Ersatz oder Beitragsleistungen iSv § 117 WRG zu deuten seien, entscheide im Streitfall über die Auslegung oder die Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens nach § 117 Abs 7 WRG ausschließlich das Gericht im außerstreitigen Verfahren ohne vorherige Befassung der Wasserrechtsbehörde. Hier liege mangels Beurkundung durch einen wasserrechtlichen Bescheid keine derartige, § 111 Abs 3 WRG unterliegende Vereinbarung vor, weshalb die Rechtssache in das streitige Verfahren gehöre. Damit komme auch der Zuständigkeitstatbestand des § 117 Abs 6 WRG nicht in Betracht. Für die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts im streitigen Verfahren sei zu prüfen, ob § 92a JN anzuwenden sei. Dieser erfasse aber nicht Schadenersatzansprüche wegen Verletzung unkörperlicher Sachen wie des Fischereirechts. Der Kläger mache bestimmte, aus einem privatrechtlichen Übereinkommen über die Entschädigung der fischereiwirtschaftlichen Schäden und Nachteile resultierende Ansprüche geltend, somit den Ersatz von Schäden und Nachteilen aus der Beeinträchtigung seines Fischereirechts. Für den Kläger sei nichts gewonnen, würde man die beeinträchtigten Fische als körperliche Sachen ansehen. Sein geltend gemachter Anspruch beruhe nicht unmittelbar auf der Tötung oder Verletzung der Fische, sondern auf der abgeschlossenen Vereinbarung, deren Einhaltung begehrt werde. Die Beklagte weise zudem richtig darauf hin, dass der Kläger noch nicht Eigentümer der getöteten oder geschädigten Fische gewesen sei. Die Stauraumspülung habe keine körperlichen Sachen des Klägers beschädigt, weshalb ein reiner Vermögensschaden eingetreten sei. Der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten sei in Wien gelegen, das Erstgericht sei örtlich unzuständig. Ein Überweisungsantrag sei nach Erörterung nicht gestellt worden, weshalb die Klage zurückzuweisen sei.

Der Kläger bekämpft in seinem Rechtsmittel ausschließlich die Entscheidung über die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und die Zurückweisung der Klage.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Das Erstgericht hat zwar über die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit verhandelt, darüber aber nicht entschieden, sondern die Klage in das außerstreitige Verfahren überwiesen. Das Rekursgericht bejahte hingegen die Zulässigkeit des streitigen Verfahrens, gab der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit statt und wies die Klage zurück. In einem solchen Fall unterliegt sein Beschluss nicht den Anfechtungsbeschränkungen des § 528 Abs 2 ZPO (vgl RIS Justiz RS0043861 [T2]), er ist vielmehr analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls anfechtbar (vgl RIS Justiz RS0116348 [T1, T 5]; RS0043891).

2. Thema in dritter Instanz ist nur die Auslegung des § 92a JN. Diese Bestimmung regelt den Gerichtsstand der Schadenszufügung: Streitigkeiten über den Ersatz des Schadens, der aus der Tötung oder Verletzung einer oder mehrerer Personen, aus einer Freiheitsberaubung oder aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden ist, können auch bei dem Gericht angebracht werden, in dessen Sprengel das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist.

Nach überwiegender Ansicht steht dieser Gerichtsstand auch für Schadenersatzansprüche aus Vertragsverletzungen zur Verfügung (RIS-Justiz RS0046693 [T2]; RS0046705 [T1]; Mayr in Rechberger 3 § 92a JN Rz 1; Simotta in Fasching 2 I § 92a JN Rz 1 je mwN). Die Anwendung der zitierten Bestimmung scheitert im konkreten Fall aber daran, dass der Kläger (Fischereiberechtigter) nach seinem für die Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Vorbringen inhaltlich gar keinen Schadenersatzanspruch geltend macht. Er begehrt ja die Zahlung der pauschalen Entschädigungssumme, zu der sich die beklagte Kraftwerksbetreiberin als Ausgleich für eine Schädigung des Fischbestands durch Stauraumspülungen in der Vereinbarung vom 5./ verpflichtete. Es handelt sich daher um einen reinen Erfüllungsanspruch, der nicht § 92a JN unterliegt (vgl 2 Ob 72/95 = RIS Justiz RS0046714 [T1] = RS0046693 [T3]), wie schon das Rekursgericht richtig erkannt hat. Mit seinen Argumenten zur Beschädigung von Fischen als körperliche Sachen übersieht der Kläger, dass die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung nicht in dieser Schädigung, sondern in der Nichterfüllung der vertraglich festgelegten Zahlungspflicht liegt.

3. Eine Kostenentscheidung entfällt gemäß § 52 Abs 3 Satz 1 ZPO.