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OGH vom 11.10.2010, 6Ob190/10z

OGH vom 11.10.2010, 6Ob190/10z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** K*****, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, gegen die beklagte Partei F***** O***** reg. Gen.m.b.H, *****, vertreten durch Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OG in Mattersburg, wegen 12.320,93 EUR sA sowie Entfernung und Wiederherstellung (Streitwert 1.000 EUR, Gesamtstreitwert 13.320,93 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 150/09f 24, womit das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 4 Cg 316/07f 20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger unterzeichnete eine schriftliche „Absichtserklärung“ vom über den Bezug von Fernwärme von der beklagten Partei. Die Regelung über die Wertsicherung des Wärmepreises bzw die Allgemeinen Lieferbedingungen sollte in einem gesonderten Wärmelieferungsvertrag festgelegt werden. Weiters verpflichtete sich der Kläger, der Beklagten beizutreten und einen Genossenschaftsanteil von 5.000 S zu zeichnen. Der Kläger entrichtete den Baukostenzuschuss von 120.000 S, wobei die Kalkulation auf Grundlage von Eigenangaben des Klägers erfolgte. Das Haus des Klägers wurde an das Fernwärmeversorgungsnetz angeschlossen; eine Übergabe und Messstation wurde errichtet. In weiterer Folge verweigerte der Kläger die Unterfertigung des ihm vorgelegten Entwurfs des Bezugsvertrags und konsumierte keinerlei Fernwärme, weil er eine eigene Heizungsanlage installierte. Dadurch entgingen der beklagten Partei von 1998 bis 2006 16.322 EUR an Einnahmen. Die beklagte Partei nahm Gegenverrechnungen mit Hackgutlieferungen des Klägers vor.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 12.320,93 EUR sA sowie die Entfernung der von der beklagten Partei angebrachten Anschlussinstallationen einschließlich der Mess und Übergabestation bis zur Grundgrenze und die Wiederherstellung des früheren Zustands.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwischen den Streitteilen sei ein rechtsgültiger Wärmebezugsvertrag zustande gekommen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Dem Kläger habe klar sein müssen, dass es der beklagten Partei bei Abschluss der Absichtserklärungen darum gegangen sei, verbindliche Zusagen über den Bezug von Fernwärme zu erhalten, bevor sie das Projekt durch Errichtung der Anlage in Angriff nimmt. In der Vereinbarung seien schon detailliert und ziffernmäßig der zur Anwendung kommende Tarif und die Anschlusskosten festgehalten worden, sohin die essentialia negotii geregelt worden. Dass die Wertsicherung bzw die Allgemeinen Wärmelieferbedingungen in einem Wärmelieferungsvertrag festgelegt werden sollten, bedeute nur, dass diese Nebenpunkte des Vertrags in einem erst zu erstellenden Vertragswerk geregelt werden sollten. Da die letzte Rechnung über Hackgutlieferungen vom stamme, seien allfällige Restforderungen aus den Rechnungen des Klägers verjährt, weil die Klage erst am eingebracht worden sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Dauer der Vertragsbindung zu den essentialia negotii eines Wärmelieferungs und Bezugsvertrags gehört.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

1. Ob rechtsgeschäftliche Erklärungen im Einzelfall richtig ausgelegt wurden, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS Justiz RS0042936, RS0044298, RS0044358). Ob auch eine andere Auslegung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien bzw der beteiligten Personen denkbar wäre, ist keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 198/07x).

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Stromlieferungsvertrag ein Dauerschuldverhältnis ist und auf befristete Bezugsverträge die für Dauerschuldverhältnisse geltenden Vorschriften anzuwenden sind (RIS Justiz RS0019996, RS0119443). Der Energielieferungsvertrag ist ein Kaufvertrag in Form eines Sukzessivlieferungsvertrags (2 Ob 74/07g).

3. Trotz unvollständiger Vereinbarung kommt ein Vertrag dann zustande, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass sich die Parteien ohne Rücksicht auf die offengebliebene Frage endgültig binden wollen (vgl RIS Justiz RS0013972, RS0013981, RS0013973, RS0013984). Diese Absicht der Parteien muss allerdings deutlich erkennbar sein ( Dullinger , ZAS 1987/12, 93 f [Entscheidungsanmerkung]). Anzeichen für den endgültigen Bindungswillen der Parteien ist insbesondere der Beginn mit der Erfüllung ( F. Bydlinski in Klang 2 IV/2 471 f FN 295 f, 9 ObA 30/09x).

4. Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht bei der Auslegung der hier zu beurteilenden Vereinbarung nicht abgewichen, indem es die „Absichtserklärung“ als verbindliches Anbot des Klägers zum Bezug von Fernwärme qualifizierte, welches die beklagte Partei durch Entgegennahme der vom Kläger entrichteten Anschlusskosten und Anschluss des Hauses schlüssig angenommen habe. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen fand eine Einigung zwischen den Streitteilen über Ware und Preis (Tarif, Anschlusskosten) statt. Der Umstand, dass nach der Absichtserklärung bestimmte Nebenpunkte, nämlich die Wertsicherung des Wärmepreises und die Allgemeinen Wärmelieferbedingungen, einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten wurden, steht der Annahme eines endgültigen Bindungswillens nicht entgegen, hat doch der Kläger vereinbarungsgemäß den Baukostenzuschuss von 120.000 S zur Gänze entrichtet und die Errichtung des Hausanschlusses samt Übergabe und Messstation durch die beklagte Partei widerspruchsfrei geduldet, was auf den Geltungswillen der vertragsschließenden Parteien hinweist (RIS Justiz RS0013974). Die Vertragsdauer stellt demgegenüber einen bloßen Nebenpunkt dar. Diese Lücke wäre gegebenenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bzw Anwendung dispositiven Rechts zu schließen, sodass ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis zustande gekommen ist.

5. Auf den Unterschied zwischen Hauptvertrag und Punktaktion braucht im vorliegenden Fall nicht näher eingegangen zu werden, weil in den weiteren Rechtsfolgen praktisch kein Unterschied besteht ( Rummel in Rummel ABGB 3 § 885 Rz 4).

6. Damit bringt die Revision aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen war.

7. Kostenersatz für die Revisionsbeantwortung war nicht zuzusprechen, weil die beklagte Partei nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hinwies.