OGH vom 17.09.2015, 1Ob131/15v

OGH vom 17.09.2015, 1Ob131/15v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Mag. E***** G*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 19, wegen 125.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 134/14z, 135/14x 31, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 32 Cg 14/13h 15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger bewarb sich für die im Mai 2005 ausgeschriebene Position des Schulleiters einer HTL und wurde unter fünf Bewerbern im Bewerbungsverfahren im Dreiervorschlag an zweiter Stelle gereiht. Der Erstgereihte wurde provisorisch mit der Leitung der Schule betraut. Eine Ernennung erfolgte nicht. Nach Pensionierung des provisorischen Leiters mit Jahresende 2008 bewarb sich der Kläger aufgrund der Ausschreibung der Stelle im September 2010 erneut, er wurde jedoch nicht gereiht; eine andere Bewerberin wurde ernannt.

Das Erstgericht wies sein auf das Amtshaftungsgesetz (AHG) gestütztes Begehren auf Ersatz von Verdienstentgang und Feststellung der Haftung wegen Verjährung ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erläuterte in seiner Begründung, der Kläger habe keinen Rechtsanspruch auf eine Besetzungsentscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Der Kläger räumt in seiner Revision selbst ein, dass er keinen Rechtsanspruch auf eine ungesäumte Entscheidung über die Bewerbung hatte; Gegenteiliges habe er auch nicht behauptet.

Wenngleich kein Rechtsanspruch auf die Ernennung auf einen bestimmten Dienstposten besteht, wird ein Ersatzanspruch nach dem AHG begründet, wenn das zur Ernennung berufene Organ das ihm eingeräumte Ermessen missbraucht und gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung verstößt (RIS Justiz RS0102403; vgl auch RS0112461).

Darauf zielt das Vorbringen des Klägers ab, wenn er zu den von ihm geschilderten Vorgängen bis zur provisorischen Betrauung des Erstgereihten mit der Leitung der Schule im Jahr 2006 ausführt, diese ließen erkennen, dass von Beginn an im Ausschreibungsverfahren Vorschriften missachtet worden seien, um den von bestimmten Personen gewünschten Bewerber mit der zu vergebenden Planstelle zu betrauen. Damit ist erkennbar der Erstgereihte gemeint, der nach seiner Ansicht nicht alle Kriterien erfüllt habe und dessen Bewerbung wegen einer Versäumung der Ausschreibungsfrist schon formell nicht hätte berücksichtigt werden dürfen.

Selbst wenn dies zuträfe, wäre ein darauf gegründeter Anspruch bei Einbringung der Klage am verjährt, hat der Kläger doch ein vorsätzliches Vorgehen dazu im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Die Vorwürfe zu Strafanzeigen seitens des Landesschulrats für Niederösterreich (im Zusammenhang mit der Neuausschreibung und um ihn zu verhindern) ließen sich nicht erweisen. Vielmehr stellte das Erstgericht fest, dass derartige Vorwürfe aus dem Kollegen- und Mitarbeiterkreis untereinander herrührten und nicht mit dem Ernennungsverfahren befasste Organe betrafen. Es ist daher die in § 6 Abs 1 AHG genannte dreijährige Frist wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat anzuwenden, die bei Einbringung der Klage bereits abgelaufen war.

2. Zu der nach Pensionierung des (erstgereihten) provisorischen Leiters erfolgten Ausschreibung 2010 gelang dem Kläger der Nachweis rechtswidrigen und schuldhaften Vorgehens der Behörden nicht. Da jene Person, auf die das Vorbringen des Klägers über eine angebliche Missachtung von Vorschriften abzielte, pensioniert worden war, konnte diese Ausschreibung auch nicht mehr dem von ihm behaupteten Zweck dienen. Die im Jänner 2010 durchgeführte (externe) Begutachtung des Klägers und des Drittgereihten ergab für den Kläger, dass er zwei der sieben Anforderungen teilweise, jedoch die weiteren fünf nicht erfüllte. Es entspräche nicht den mit den Vorschriften zur Ausschreibung und Besetzung von Planstellen für leitende Funktionen in den §§ 207 ff BDG verfolgten Zwecken und dem in § 4 Abs 3 BDG allgemein aufgestellten Erfordernis der Ernennung des Bestgeeigneten im (Allgemein )Interesse der Aufgabenerfüllung, wenn die Konkretisierung der Anforderungen zu der zu besetzenden Position, der Bewerberkreis und deren Eignungsüberprüfung nicht zumindest annähernd aktuell und zeitnah zur Ernennung erfolgte.

Der Kläger geht auf die Begründung des Berufungsgerichts, das unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH erläuterte, die Behörde sei bereits an den Besetzungsvorschlag gebunden gewesen, weil er bereits an die zuständige Bundesministerin weitergeleitet worden war, nicht ein, sondern behauptet weiterhin, die Ausschreibung 2010 sei rechtswidrig gewesen, weil die „alte“ Ausschreibung 2005 noch offen gewesen sei und mit den bisherigen Kandidaten hätte weitergeführt werden müssen. Dabei ignoriert er auch das Ergebnis der Begutachtung im Jänner 2010. Gemäß § 207g BDG kann die Planstelle bei weniger als drei geeigneten Bewerbern neuerlich ausgeschrieben werden. Wird die ausgeschriebene Planstelle für eine leitende Funktion nicht verliehen, so ist sie bis zur ordnungsgemäßen Besetzung im Bewerbungsverfahren weiterhin auszuschreiben. Wenn auf Grundlage dieser Bestimmung eine Neuausschreibung erfolgte, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, darin liege jedenfalls eine vertretbare Vorgehensweise der Behörde, keinesfalls eine zu korrigierende Fehlbeurteilung.

Liegt in der Ausschreibung 2010 aber kein neues schädigendes Ereignis im Sinne der vom Rechtsmittelwerber zitierten Rechtsprechung (7 Ob 69/74 = SZ 47/61, in welcher Entscheidung eine „fortgesetzte schädigende Handlung“ bei Säumigkeit des Verkäufers mit der Mängelbeseitigung gerade verneint wurde, und VwGH 93/09/0367 ua zum Beginn der Verjährungsfrist im mit dem Schadenersatzrecht insoweit schon grundsätzlich nicht vergleichbaren Disziplinarrecht erst mit der Beendigung der Dienstpflichtverletzung), dann durfte der Kläger mit der Klage nicht zuwarten. Der von ihm behauptete Primärschaden trat - auch für ihn erkennbar weit mehr als drei Jahre vor Einbringung der Klage im September 2013 ein. Dies macht er mit seinem Begehren auf Ersatz des Verdienstentgangs ab und dem (auch in der Revision aufrecht erhaltenen Vorwurf), es sei ganz gewiss von einem schuldhaftem Verzug zumindest ab dem Zeitraum seit auszugehen, selbst deutlich. Insoweit musste ihm auch bewusst sein, dass sich der von ihm auf die unterlassene Ernennung gestützte Verdienstentgang fortlaufend vergrößerte (vgl dazu iSd gemäßigten Einheitstheorie RIS-Justiz RS0050338; RS0087613; RS0083144 [T2, T 6, T 9, T 15, T 20, T 27, T 39]; RS0097976; RS0087615; RS0034511; Schragel , AHG³ Rz 222; M. Bydlinski in Rummel , ABGB³ § 1489 Rz 3; Mader in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.01 § 1489 Rz 9; Dehn in KBB 4 § 1489 Rz 4).

3. Daran ändern auch die von ihm angestrengten Verwaltungsverfahren, mit denen er die bescheidmäßige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Neuausschreibung und den Abschluss der ursprünglichen Ausschreibung anstrebte, nichts. Der VfGH lehnte die Behandlung der Beschwerde ab; der VwGH wies sie als unbegründet ab. Der im Verdienstentgang liegende behauptete Primärschaden war schon vor deren Anbringung eingetreten und konnte durch die Einbringung solcher Verfahrensmaßnahmen auch nicht mehr abgewendet werden, weswegen diese Verfahren den Weiterlauf der Verjährung nicht verhinderten (vgl 1 Ob 63/09k; RIS Justiz RS0114221).

4. Dass er an Stelle des ursprünglich Erstgereihten mit der provisorischen Leitung betraut hätte werden müssen und er dadurch um die Leistungszulage gebracht worden sei, behauptet der Kläger erstmals in der Revision und verstößt damit gegen das Neuerungsverbot (§ 504 ZPO).

Dass eine Rechtsfrage vorläge, die in ihrer Erheblichkeit über die Lösung dieses von den Besonderheiten der Fallgestaltung abhängigen Einzelfalls (vgl dazu RIS Justiz RS0102181) hinausginge, zeigt der Revisionswerber nicht auf, weswegen die Revision zurückzuweisen ist.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00131.15V.0917.000