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OGH vom 29.01.2019, 4Ob118/18h

OGH vom 29.01.2019, 4Ob118/18h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin A***** F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Clemens Völkl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagten 1. A***** T***** GmbH, *****, 2. M***** H*****, beide vertreten durch Graff Nestl Partner Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 43.200 EUR), Rechnungslegung und Zahlung (Stufenklage) (Streitwert 7.270 EUR), angemessenes Entgelt und Schadenersatz nach UrhG (Streitwert 11.072 EUR), Feststellung (Streitwert 30.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.001 EUR), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 181/17f22, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Handelsgericht vom , GZ 4 Cg 40/17y18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

1. Die angefochtene Entscheidung wird in ihrem Punkt 2.c) dahin abgeändert, dass insoweit das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird, wonach den Beklagten aufgetragen wurde, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, den Wortlaut „A*****“ mit einem ® zu versehen, wenn es sich nicht um die eingetragene Wortbildmarke handelt.

2. Die angefochtene Entscheidung wird in ihrem Punkt 3. dahin abgeändert, dass sie insoweit als Teilurteil zu lauten hat:

„Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin über sämtliche Geschäfte mit jenen Kunden, die von ihnen abgeworben wurden, Rechnung zu legen.

Das Begehren, der Klägerin auch Bucheinsicht zu gewähren, wird abgewiesen.“

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Jahr 1983 meldete ein Erfinder in Deutschland ein Patent zur „Vorrichtung zur Hochdruckinjektion in Mauerwerksbohrungen“ an. Dieses Patent wurde 1987 erteilt und erlosch 1988 wegen Nichtzahlung. Zwei weitere Deutsche gründeten im Jahr 1992 in Deutschland das erste „A*****“-Unternehmen, das ua nachträgliche Horizontal-isolierungen herstellte und deren Geschäftsführer bis 1995 der Erfinder war. Dieser räumte der Gesellschaft am die von ihm im Jahr 1983 zum Patent angemeldete Verfahrenstechnik unwiderruflich und uneingeschränkt zur Nutzung in den neuen Bundesländern ein.

Die Klägerin ist ein seit dem im Firmenbuch eingetragenes österreichisches Unternehmen mit dem Geschäftszweig der „Herstellung von nachträglichen Horizontalsperren im Injektionsverfahren“. Sie ist Teil der A*****-Gruppe, bestehend aus neun Gesellschaften, darunter das oben erwähnte deutsche Unternehmen sowie ein Unternehmen mit Sitz in Rostock. Der Erfinder war lange Zeit als freier Berater entgeltlich für die A*****-Gruppe tätig und leitete Schulungsveranstaltungen über das für die A*****-Gruppe entwickelte Kundengespräch. Diese – aber auch andere – Unternehmen wenden zur Mauertrocknung ein Bohrlochverfahren, ein Niederdruckinjektionsverfahren an, bei dem Injektionskanäle versetzt in das Mauerwerk gebohrt werden. Unter Niederdruck wird anschließend ein Silikonmikroemulsionskonzentrat in das Kapillarsystem der Mauer eingebracht, ohne dass dies mit mehreren Zweigleitungen, Einzelregelventilen, Einzelmanometern oder Rückschlagsventilen erfolgt. Zum Unterschied von anderen Unternehmen verwendeten nur Unternehmen der A*****-Gruppe den Stoff „Super ...“, und zwar bis ; seither verwenden sie ein Ersatzprodukt. Die deutsche A*****-Gruppe finanzierte der Klägerin bis Mitte 2016 Werbemaßnahmen, seither finanziert die Klägerin diese selbst.

Der Zweitbeklagte war vom bis zum als Handelsvertreter für die Klägerin tätig. Er nahm Erstkontakt mit Kunden auf, führte Erstbegutachtungen und Verkaufsgespräche und schloss gegebenenfalls Verträge ab. Er und andere Handelsvertreter der A*****-Gruppe wurden teilweise unter der Leitung des Erfinders speziell für die Präsentation des Niederdruck-Injektionsverfahrens sowie den Abschluss von Verträgen mit Kunden geschult. Nach solchen Schulungen verpflichteten sich die Teilnehmer, so auch der Zweitbeklagte, deren Inhalte und die zur Verfügung gestellten Arbeitsunterlagen (selbst nach Ausscheiden aus der Firma) keinem Dritten weiterzugeben. Weiters erhielten sie Schulungen über den Fachbereich Injektionstechnik durch den deutschen TÜV.

Der Erfinder ließ sich für „A*****“ folgende Wort- bzw Wortbildmarken insbesondere für den Raum der EU-Mitgliedsstaaten eintragen:

- A

- A

GEPRÜFTE QUALITÄT (Wortbildmarke)

- A

- A

- A

- SUPER

- Super

- A

- A

- A

(Wortbildmarke).

Er erwarb mit Kaufvertrag vom vom Vorberechtigten die „Copyright-Rechte“ an einer 148-seitigen Dokumentation über „Das A*****-Kundengespräch“ und drei PowerPoint-Präsentationen zu diesem Thema. Mit Vereinbarung vom gestattete er einer Trademark Ltd bis auf Widerruf, für ihn geschützte Wortmarken und Wortbildmarken als Lizenzgeber zu vermarkten. Diese räumte dem Rostocker A*****-Unternehmen mit Vertrag vom die Nutzung dieser Marken für Deutschland ein, mit Vertrag vom auch für Österreich und Tschechien. Die Klägerin leitete ihre Markennutzungsrechte vom Rostocker A*****-Unternehmen ab.

Der Erfinder erlitt im Juni 2016 einen Schlaganfall. In der Folge bezahlte das Rostocker A*****-Unternehmen die vereinbarten Lizenzgebühren nicht mehr. Daraufhin kündigte die Ltd am den Lizenzvertrag und gestattete eine einmonatige Aufbrauchsfrist, was von der Gegenseite akzeptiert wurde.

Am gründete der Zweitbeklagte als alleiniger Gesellschafter die Erstbeklagte mit Sitz am selben Ort wie die Klägerin, die im selben Geschäftszweig wie die Klägerin tätig ist.

Der Erfinder übertrug mit Notariatsakt vom seine Markenrechte unentgeltlich an seine Ehefrau. Diese Übertragung wurde im Markenregister im Mai 2017 vollzogen. Die Ehefrau des Erfinders räumte der Erstbeklagten mit Lizenzvereinbarung vom rückwirkend zum die ausschließliche Nutzung in Österreich für die oben angeführten Marken sowie der von ihr am angemeldeten Wortmarke A***** gegen Zahlung einer Lizenzgebühr ein. Sie nahm die Anmeldung letzterer Wortmarke aber zurück. Weder sie noch ihr Mann waren oder sind Inhaber dieser Wortmarke.

Der Erfinder entwickelte in den 90er-Jahren als Geschäftsführer eines A*****-Unternehmens Formulare für einen Werkvertrag bzw Arbeitsauftrag und für Rechnungen. Diese wurden in der Folge von allen Firmen der A*****-Gruppe verwendet und laufend an deren Bedürfnisse angepasst. Vor drei Jahren wurden das Formular des Werkvertrags um Hinweise zu flankierenden Maßnahmen ergänzt (um den Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass zur endgültigen Trockenlegung weitere nicht vertragsgegenständliche Maßnahmen nötig sind). Die Erstbeklagte verwendet nunmehr auch diese Formulare, wobei sie den Werkvertrag um einen Satz am Ende ergänzte.

Am 22. 2. sowie am schaltete die Erstbeklagte in einem Bezirksblatt Werbung und richtete unter der Domain http://www.a*****-austria.at/ eine Website ein. Sie warb in den Werbeanzeigen mit folgenden Aussagen

- „Die Original A

- „Wir erstellen Ihnen kurzfristig ein kostenloses, optimales Sanierungspaket nach der original A

- „Ihr einziger Mauertrockenleger in Austria mit der Original A

In einem als Werbung gekennzeichneten Artikel ist ua zu lesen:

In einem Bezirksblatt vom verwendete die Erstbeklagte in der Werbung ohne Zustimmung ein Foto, dessen Werknutzungsrechte vom Urheber dem Rostocker A*****-Unternehmen übertragen worden war. Auf ihrer Website wirbt die Erstbeklagte ua mit der Wortbildmarke „A*****®“, mit der „original A*****® [als Wortmarke] Methode“ und dem „hochwertigen Super ...®“, mit der „original A*****® [als Wortmarke] 10 Jahresgarantie“, bezeichnet sich als „original A*****® [als Wortmarke] in Austria“ und gibt an, jahrzehntelange Erfahrung in dieser Methode der Mauertrockenlegung zu haben.

Der Zweitbeklagte erweckte bei Kunden der Klägerin nach seinem Ausscheiden den unrichtigen Eindruck einer Unternehmensfortführung. Er wendet weiterhin die Verkaufsmethoden, die er bei der Klägerin als Handelsvertreter erlernte, beispielsweise die Vorführung mit Mustersteinen, auch bei Verkaufsgesprächen namens der Erstbeklagten an. Gegenüber Kunden behauptet er, der Erfinder sei der „Altchef“ gewesen, dieser habe das Injektionsverfahren erfunden und patentieren lassen. Er habe sich in der Folge um das Patent nicht mehr gekümmert, sodass es nach 10 Jahren ausgelaufen sei; daher könnten es auch andere Firmen anwenden. Der Erfinder habe die Rechte für den Injektionsstoff.

Die Klägerin macht geltend, der Zweitbeklagte verletze seine Verschwiegenheitsverpflichtung aus seiner Handelsvertretertätigkeit für die Klägerin. Er habe Zugriff auf die Daten der Kunden der Klägerin gehabt und versuche nunmehr, diese Kunden abzuwerben. Die Erstbeklagte verbreite in ihren Werbeanzeigen unwahre, irreführende und damit unlautere Behauptungen, verwende Fotos, deren Werknutzungsrecht der Klägerin zukomme, das technische Know-how der Klägerin und das von ihr entwickelte Material „Super ...“, das ein besonderes Kennzeichen der Klägerin sei. Sie verwende die von der Klägerin erstellten Formulare und verletze damit ihre Werknutzungsrechte. Die Erstbeklagte verwende die Wortmarke „A*****“ mit der Kennzeichnung ®, obwohl es dafür keine Markeneintragung gebe. Die Beklagten verstießen daher gegen § 2, 9, 11 und 12 UWG,§ 3 UrhG und § 18 und 29 UGB. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Unterlassung, Zahlung nach Rechnungslegung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung.

Die Beklagten bestritten und brachten vor, das „A*****-Verfahren“ sei vor Jahrzehnten in Deutschland entwickelt worden. Der Erfinder und sein Rechtsnachfolger hätten auch sämtliche Formulare entwickelt. Die Lizenzgeberin habe die mit der Klägerin früher bestandene Lizenzvereinbarung aufgelöst und die Rechte nunmehr der Erstbeklagten exklusiv für Österreich eingeräumt. Die Klägerin habe in den Schulungen nicht ihr eigenes Know-how, sondern jenes des Lizenzgebers vermittelt. Die von den Beklagten mit Copyright-Vermerken verwendeten Unterlagen seien alle zugunsten der Lizenzgeberin geschützt. Die Beklagten hätten Kunden der Klägerin nicht gezielt abgeworben, diese hätten sich von sich aus an die Beklagten gewendet.

Das Erstgericht erkannte auf Basis des oben wiedergegebenen Sachverhalts die Beklagten für schuldig,

1.) es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen

a) unrichtige geschäftsschädigende Be

b) geistiges Eigentum, insbesondere Vertragsmuster, das „Werkvertrag-Antragsformular“, das „Arbeitsauftragsformular“ und das „Rechnungsformular“, an denen de

c) den Wortlaut „A

d) Termine mit Kunden der

e) das gezielte Abwerben von Kunden der

f) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse insbesondere solche betreffend Verkaufstechnik für eigene Zwecke zu nutzen oder an Dritte weiter zu geben;

und wies das Mehrbegehren

2.)

a) unrichtige geschäftsschädigende Be

b) mit Kunden der

c) Kundenadressen der

d) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Fachschulungen für eigene Zwecke zu nutzen oder an Dritte weiter zu geben;

ab. Weiters erkannte es die Beklagten für schuldig,

3.) der

4.) der

5.) Die

6.) Die

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es die Klage auch zu den Punkten 1.)b), 1.)c) und 3.) abwies. Es sprach zudem aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich der einzelnen Begehren jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und dass die Revision hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens und der darauf entfallenden Teile des Feststellungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehrens betreffend Kundentermine und Kundenabwerbung sowie des damit zusammenhängenden Rechnungslegungsbegehrens zulässig sei und hinsichtlich der drei weiteren nicht in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstände nicht zulässig und hinsichtlich des Zahlungsbegehrens jedenfalls unzulässig sei.

Auf Antrag der Klägerin ließ das Berufungsgericht die Revision betreffend das Unterlassungsbegehren und der darauf entfallenden Teile des Feststellungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehrens betreffend die Verwendung des ®-Zeichens nachträglich zu.

Die Klägerin bekämpft in ihrer Revision

1. die Abweisung des Begehrens, den Beklagen möge die Unterlassung aufgetragen werden, den Wortlaut „A*****“ mit einem ® zu versehen, wenn es sich nicht um die eingetragene Wortbildmarke handelt (Pkt 1.)c) des Ersturteils bzw 2.)c) des Berufungsurteils), sowie

2. die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens (jeweils Pkt 3.) der Urteile der Vorinstanzen).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

1. Zum Registrierungshinweis ®

1.1.1. Beim Irreführungstatbestand ist zu prüfen, (a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt, der eine dem Erwerb solcher Produkte angemessene Aufmerksamkeit aufwendet (vgl RIS-Justiz RS0114366 [T1]; RS0043590 [T48]), die strittige Ankündigung versteht, (b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und (c) ob eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (RIS-Justiz RS0123292). Dabei kommt es immer auf den Gesamteindruck an (RIS-Justiz RS0078352).

1.1.2. Ein „R im Kreis“ wird allgemein als Hinweis auf eine registrierte Marke verstanden. Ein derartiger Schutzrechtshinweis richtet sich sowohl an Mitbewerber, um sie auf das Bestehen des Markenrechts aufmerksam zu machen als auch an die potentiellen Kunden des Werbenden (RIS-Justiz RS0066584).

1.1.3. Noch vor dem Hintergrund eines älteren Verbraucherleitbildes bejahte die Entscheidung 4 Ob 158/93 die Irreführungseignung eines Registrierungshinweises, der dem rein beschreibenden Wortbestandteil („ART-DECO“) einer Wort-Bildmarke beigefügt war. Da der markenrechtliche Schutz eines einzelnen Bestandteils eines Kombinationszeichens dessen Kennzeichnungskraft voraussetze, erwecke die Beklagte den unrichtigen Eindruck das Markenwort für sich monopolisiert zu haben und täusche damit über den Schutzumfang ihres Zeichens (idS auch Sosnitza in Ohly/Sosnitza7, § 5 dUWG Rz 574; Ebert-Weidenfeller/Schmüser, Werbung mit Rechten des geistigen Eigentums – „ges. gesch.“, „Pat.“, ®, TM, © & Co., GRUR-Prax 2011, 74 [76]). Dadurch könne ein nicht unwesentlicher Teil des Publikums, an dessen Kenntnisse und Fähigkeiten kein hoher Maßstab anzulegen sei, den Eindruck erlangen, Modeschmuck im Art-deco Stil nur bei der Beklagten zu bekommen.

Die nachfolgende Entscheidung 4 Ob 12/94 verneinte dementsprechend eine relevante Irreführung dann, wenn auch der mit einem ® versehene Markenbestandteil Schutz gegen unbefugte Verwendung genießt, weil er auch für sich alleine unterscheidungskräftig ist und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen besteht (diesen Unterschied übergehen Anderl/Appl in Wiebe/Kodek², § 2 UWG Rz 411). Zuletzt nahm der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 17 Ob 19/11k zu einem unrichtigen Registrierungshinweis Stellung, der einem Werbeslogan angefügt war. Ein dem neuen Verbraucherleitbild entsprechender Adressat werde nur annehmen, dass sich die Beklagte diesen Slogan irgendwie gesichert habe; dies bleibe jedoch ohne Auswirkung auf seine geschäftliche Entscheidung. Woller (ecolex 2012, 240) merkt dazu unter Verweis auf ältere Rechtsprechung zu irreführenden Patentrechtshinweisen (4 Ob 348/70 = SZ 43/195; 4 Ob 121/91 = ÖBl 1992, 126 [Sonn]) an, auch nach dem neuen Verbraucherleitbild könne ein unrichtiger Schutzrechtshinweis wohl weiterhin zu einer irrigen Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise über die Güte der Ware führen.

1.1.4. Thiele (Rechtssichere Verwendung von Schutzzeichen, RdW 2010, 557 [558]) meint im Anschluss an die Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH), die angesprochenen Verkehrskreise erwarteten bei Verwendung des ®-Zeichens, dass es eine exakt so registrierte Marke gebe. Er bezieht sich dabei auf die Entscheidung I ZR 219/06, Thermoroll (= GRUR 2009, 888). Darin nahm der BGH in der Werbung mit „Thermoroll®“ gegenüber dem tatsächlich registrierten Zeichen „Termorol“ deswegen eine lauterkeitsrechtlich relevante Irreführung an, weil gerade zwischen den Streitteilen dieser Unterschied für die Abgrenzung zum Wettbewerber eine erhebliche Rolle gespielt hatte.

1.2. Im vorliegenden Fall setzen die Beklagten
– die zwar über Markenlizenzrechte im oben beschriebenen Umfang, aber nicht über Rechte an der Wortmarke A***** verfügen – den Registrierungshinweis ® derart ein, dass sie ihre „A*****® Methode“ im Vergleich zur Tätigkeit der Klägerin bewerben. Dem fügten sie weitere Begriffe wie „original“ und „patentiert“ bei, was ihnen bereits rechtskräftig verboten wurde, weil es insoweit nicht den Tatsachen entspricht, als die Firmengruppe der Klägerin dieselbe Methode (für die der Patentschutz mittlerweile erloschen ist) weit länger auf dem Markt angeboten hat als die Erstbeklagte. Aus diesem Zusammenhang erschließt sich aber, dass auch der Registrierungshinweis den selben verpönten Zweck verfolgt: Die Beklagten setzen ihn nämlich bewusst wahrheitswidrig ein, um eine Exklusivität ihrer Leistungen anzudeuten, die ihnen jedoch nicht zukommt. Die Verwendung von „A*****®“ suggeriert im vorliegenden Kontext, die Erstbeklagte sei die einzige autorisierte Anbieterin der konkreten Methode, was nicht den Tatsachen entspricht. Dieser unrichtig erweckte Eindruck von Exklusivität kann einen Verbraucher jedenfalls dazu bewegen, sich näher mit dem Angebot der Beklagten zu befassen (vgl 4 Ob 127/12y, Exklusiv für Club-Mitglieder; 4 Ob 107/15m, Pauschalreisen). Die Relevanz der Irreführungshandlung ist daher zu bejahen.

Das Begehren der Klägerin, den Beklagten die Unterlassung aufzutragen, den Wortlaut „A*****“ mit einem ® zu versehen, wenn es sich nicht um die eingetragene Wortbildmarke handelt, besteht somit zu Recht. Der Revision der Klägerin ist insoweit Folge zu geben.

2. Zum Rechnungslegungsbegehren

2.1. Voranzustellen ist, dass die Beklagten die Stattgabe des Feststellungsbegehrens durch das Erstgericht nicht bekämpft haben. Es steht daher rechtskräftig fest, dass sie der Klägerin für alle Schäden zu haften haben, die dieser aus dem unlauteren Abwerben von Kunden unter Zuhilfenahme ihrer Kundenlisten (nämlich der dort genannten Besuchstermine) und aus der Verwertung weiterer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, insbesondere Verkaufstechniken, entstehen. Davon ist im Weiteren auszugehen.

2.2.1. Zutreffend ist, dass – mit Ausnahme von § 9 Abs 4 UWG – im UWG kein Anspruch auf Rechnungslegung normiert ist. Der Oberste Gerichtshof bejaht aber in ständiger Rechtsprechung einen solchen Anspruch in Analogie zu verwandten Vorschriften des Immaterialgüterrechts, wenn dies dem Verletzten aufgrund eines Eingriffs in seine geschützte Rechtsposition die Verfolgung seines Anspruchs auf Herausgabe der Bereicherung erleichtert (RIS-Justiz RS0076504).

2.2.2. Diese Rechtsprechung betraf zunächst die sittenwidrige Nachahmung fremder Arbeitserzeugnisse (4 Ob 78/94, Schuldrucksorten; 4 Ob 285/97h, Rahmenschalungselemente; vgl auch 4 Ob 198/06f) oder das sittenwidrige Einschieben eigener Erzeugnisse in eine fremde Produktlinie (4 Ob 309/98i). In der Entscheidung 17 Ob 21/09a, Manpower VIII, welche die sittenwidrige Umgehung eines Schiedsspruchs betraf, wurde jedoch klargestellt, dass die genannte Rechtsprechung nicht auf diese Fälle beschränkt ist. Die Entscheidung hebt im Zusammenhang mit dem Erfordernis einer „geschützten Rechtsposition“ auch die Rechtsprechung hervor, die dem Gläubiger eines Verwendungsanspruchs einen Rechnungslegungsanspruch zubilligt (vgl RIS-Justiz RS0120589).

Diese Erstreckung auf alle Fälle der Verletzung einer geschützten Rechtsposition wird auch von Kletzer (ÖBl 2010, 275) vertreten. In seiner Anmerkung zu 17 Ob 21/09a weist er zunächst zutreffend darauf hin, dass sich Ansprüche nach UWG und solche nach ABGB, etwa aufgrund eines Verwendungsanspruchs, nicht gegenseitig ausschließen (vgl RIS-Justiz RS0008888). Ein Rechnungslegungsanspruch stehe immer dann zu, wenn eine einem bestimmten Berechtigten ausschließlich zugewiesene „Sache“ zum Nutzen eines anderen rechtsgrundlos verwendet worden sei. Dann sei – was freilich nicht bei sämtlichen Fällen nach § 1 UWG angenommen werden dürfe – eine geschützte Rechtsposition gegeben, die Rechnungslegungsansprüche rechtfertige.

2.3. Die von 17 Ob 21/09a weiterentwickelte und in der Lehre gebilligte Rechtsprechung führt zur Berechtigung des hier geltend gemachten Rechnungslegungsanspruchs.

2.3.1. Bereits zu 4 Ob 217/13k sprach der Senat zu Kundenlisten aus, dass diese – im Sinne eines weiten Sachbegriffs – dem Geschäftsherrn „gehören“ und dem Machtgeber ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich nach § 1041 ABGB gebührt, wenn ein anderer solche Geschäftsgeheimnisse rechtswidrig verwertet und daraus einen Vorteil zieht. Diese Erwägungen wurden zu 4 Ob 78/17z, Kundendaten (= ÖBl 2018, 28 [Bammer] = ecolex 2017, 1091 [Hofmarcher] = jusIT 2018, 11 [Staudegger]) umfassend begründet weitergeführt.

2.3.2. Im Sinne dieser Entscheidungen ist daher auch hier ein Eingriff der Beklagten in eine geschützte Rechtsposition der Klägerin zu bejahen. Die Kundenlisten und Verkaufstechniken sind zu Gunsten der Klägerin rechtlich geschützte Betriebsgeheimnisse. Die Beklagte hat darin
– wovon in dritter Instanz auszugehen ist – in unlauterer Weise eingegriffen und auf diese Weise Kunden der Klägerin abgeworben. Damit besteht das Rechnungslegungsbegehren im Sinne der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0076504) grundsätzlich zu Recht (vgl nunmehr auch ErläutRV 375 BlgNR 26. GP 4 zu § 26e UWG).

2.3.3. Auch gegen dessen begehrten Umfang im Personenkreis (vgl RIS-Justiz RS0019529) ist nichts einzuwenden. Es beschränkt sich auf die mit rechtswidrig abgeworbenen Kunden erzielten Umsätze; diese sind geeignet, entsprechende Bereicherungs- bzw Schadenersatzansprüche zu beziffern. Dass sich daraus, wie die Beklagten meinen, ein Auskundschaften „sämtlicher“ ihrer Kundendaten ergebe, ist nicht nachvollziehbar.

2.3.4. Allerdings geht das mit dem Rechnungslegungsbegehren verbundene Begehren auf Bucheinsicht dem Inhalt nach zu weit. Eine ordentliche Rechnungslegung umfasst zwar auch Angaben, die eine Überprüfung der Rechnung ermöglichen (RIS-Justiz RS0035039). Es reicht jedoch aus, entsprechende Belege zur Einsicht vorzulegen oder in Kopie zu übermitteln (vgl 17 Ob 21/09a mwN), zumal die Geheimhaltungsinteressen der Beklagten angemessen zu berücksichtigen sind (vgl RIS-Justiz RS0120237). Eine Einsicht in (sämtliche) Geschäftsbücher der Beklagten wäre überschießend.

2.3.5. Unzulässig ist auch der Zuspruch eines unbestimmten Zahlungsbegehrens vor erfolgter Rechnungslegung. Die Klägerin hat sich die Bezifferung des Zahlungsbegehrens bis zur Rechnungslegung vorbehalten, somit einen Anspruch im Sinn einer Stufenklage erhoben.

Bei einer Stufenklage ist zuerst das Verfahren über das Rechnungslegungsbegehren durchzuführen und darüber mit Teilurteil zu entscheiden. Ist nicht die gesamte Stufenklage abzuweisen, hat das Gericht das Verfahren über den Rechnungslegungsanspruch vom Verfahren über den Leistungsanspruch getrennt zu führen und ein Teilurteil über den erstgenannten Anspruch zu fällen (1 Ob 54/18z mwN).

Dem insoweit modifizierten Rechnungslegungs-begehren ist daher im Sinn eines Teilurteils stattzugeben, sodass der Revision der Klägerin auch in diesem Umfang Folge zu geben ist.

3. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00118.18H.0129.000

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