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OGH 11.08.2015, 4Ob118/15d

OGH 11.08.2015, 4Ob118/15d

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** e.U., *****, vertreten durch Deschka Klein Daum Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei X***** GmbH, *****, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei D***** GmbH, *****, beide vertreten durch Charim Rechtsanwälte GesbR in Wien, wegen 30.000 EUR sA und Unterlassung (Streitwert 6.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei und der Nebenintervenientin auf ihrer Seite gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 159/14k-161, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 53 Cg 80/12d-151, (in der Hauptsache) bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte und die Nebenintervenientin auf ihrer Seite vermögen in ihrer außerordentlichen Revision, mit der sie die Abweisung sämtlicher Klagebegehren anstreben, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

1. Für die Beurteilung, ob eine eigentümliche geistige Schöpfung vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung allein die individuelle Eigenart maßgebend. Eine Leistung ist individuell eigenartig, wenn sie sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt (RIS-Justiz RS0115496). Ob dies für den Werbefilm der Klägerin bzw bestimmte Sequenzen daraus zutrifft, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und wirft daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage auf (4 Ob 85/06p). Die Bejahung des Werkcharakters durch die Vorinstanzen ist im Hinblick auf die eigenartige konkrete Umsetzung der zeichnerischen Vorgabe der Nebenintervenientin jedenfalls vertretbar. Ob eine freie Benützung der Vorlage oder aber eine Bearbeitung vorliegt, ist insoweit ohne Relevanz, als auch die Bearbeitung, ihren eigentümlichen Charakter vorausgesetzt, selbst urheberrechtlich geschützt ist (RIS-Justiz RS0076443).

2. Das Revisionsvorbringen, wonach Rechtsprechung zur Frage fehle, welche urheberrechtlichen Konsequenzen sich für ein Werk (hier: den zweiten Werbefilm) ergeben, dessen Gestalter mit Zustimmung des Inhabers der Rechte am vorbestehenden Werk des Drehbuchs ausschließlich auf solche individuellen kreativen Elemente zurückgreifen, die in diesem Drehbuch und anderen vorbestehenden Werken bereits enthalten gewesen seien, entfernt sich von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt. Da die Vorinstanzen - ohne vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender Fehlbeurteilung - vom Werkcharakter der klägerischen Umsetzung der Vorgaben der Nebenintervenientin ausgegangen sind, verwirklicht die - ebenso vertretbar beurteilte - Übernahme wesentlicher Gestaltungselemente des klägerischen Werks in den zweiten Werbefilm einen Urheberrechtseingriff. Im Plagiatsstreit entscheidet allein die Übereinstimmung zwischen dem Original und dem Verletzungsgegenstand im schöpferischen, also in jenem Teil des Originals, das diesem das Gepräge der Einmaligkeit gibt (RIS-Justiz RS0076468). Es kommt darauf an, ob der Gesamteindruck der gleiche ist (vgl 4 Ob 9/96). Im Hinblick auf die festgestellten Übereinstimmungen gerade im charakteristischen Bewegungsmuster der Figur, den Gesten und Effekten ist der von den Vorinstanzen angenommene Eingriff in das Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin naheliegend.

3. Ob ein Entgelt nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen angemessen ist, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0110750). Bei der Bemessung des angemessenen Entgelts ist nach der Entgelthöhe bei im Voraus eingeholter Werknutzungsbewilligung auszugehen. Hier steht fest, dass in vergleichbaren Fällen üblicherweise eine umfassende Rechteeinräumung stattfindet und eine getrennte Bewertung von Leistungsteilen unüblich und de facto auch gar nicht möglich ist, sowie dass eine derart kurze (wie tatsächlich erfolgte) Benützung auch im Vorhinein nicht absehbar ist. Im Hinblick auf diese Umstände vermögen die Revisionswerber auch zur Entgelthöhe keine aufzugreifende Fehlbeurteilung darzulegen.

4. Da nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen das jedenfalls zu ersetzende angemessene Entgelt mehr als die klageweise geltend gemachten und auch zugesprochenen 30.000 EUR beträgt, kommt es nicht darauf an, ob die - von der Beklagten und ihrer Nebenintervenientin nach wie vor bestrittenen - Voraussetzungen für ein Verschulden am Eingriff in die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin vorliegen.

5. Filmhersteller ist, wer im Rahmen seines Unternehmens die für das Zustandekommen des Filmwerks erforderlichen wirtschaftlichen und organisatorischen Leistungen erbracht hat. Dass seine Auftraggeber die für die Verwirklichung der Vorhaben erforderlichen Geldmittel zur Verfügung gestellt haben, steht dem nicht entgegen (RIS-Justiz RS0076410, vgl RS0076456, RS0076483).

Die Vorinstanzen stellten fest, dass die Klägerin mit der Herstellung des Werbetrickfilms von der Nebenintervenientin im Namen der Beklagten beauftragt wurde und der Klägerin die konkrete Umsetzung der Vorgaben der Nebenintervenientin oblag. Der Trickfilmzeichner der Klägerin setzte mit seiner Erfahrung und Fertigkeit die Vorgaben technisch um. Die Klägerin erstellte den Werbefilm und stellte für die Herstellung (samt Abgeltung des Senderechts für alle in Österreich empfangbaren deutschsprachigen Fernseh- und Kabelprogramme sowie die ausschnittsweise Verwendung einzelner Szenen im Internet für Kunden) 37.150 EUR in Rechnung. Davon ausgehend ist es als jedenfalls vertretbar zu beurteilen, wenn die Vorinstanzen diese Feststellungen als ausreichend dafür ansahen, die Klägerin als gewerbsmäßige Filmherstellerin im Sinn des § 38 Abs 1 UrhG anzusehen. Dem steht weder der Umstand entgegen, dass die Nebenintervenientin das Gesamtwerbekonzept der Beklagten erarbeitete und gewisse Vorgaben für den Werbefilm erstellte, noch dass sie die Verwendung des Werbefilms (Einschaltung im Werbefernsehen etc) organisiert hat.

6. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Werbefilm - Werbefilm/Storyboard II/Möbelixman,Gewerblicher Rechtsschutz,Urheberrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00118.15D.0811.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAD-36139

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