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OGH vom 10.02.2004, 4Ob205/03f

OGH vom 10.02.2004, 4Ob205/03f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wirtschaftswerbung p***** OEG, ***** vertreten durch Dr. Utho Hosp, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei G***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Ludwig Pramer, Dr. Peter Lindinger, Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.340 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 56/03f-15, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 5 Cg 98/02k-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.754,82 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 292,47 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt in Linz ein Ankündigungsunternehmen und verfügt derzeit über 70 zu vermietende Plakatflächen, wobei sie es auch übernimmt, die von den Kunden beigestellten Plakate zu plakatieren.

Die Beklagte betreibt in Österreich und in Tschechien eine Druckerei und ein Außenwerbeunternehmen. Sie verfügt in Oberösterreich und in der Stadt Salzburg über mehr als 4000 Plakatflächen. Diese werden von Subunternehmen der Beklagten mit selbst hergestellter Werbung der einzelnen Kunden plakatiert. Die Beklagte bietet weiters Ganzbemalungen und Werbeflächen auf Straßenbahnen und Bussen in Linz, Steyr und Braunau, Dauerwerbetafeln auf Licht- und Spannmasten, Werbeflächen in öffentlichen Bädern und das Medium "City-Light" an prominenten Stellen des oberösterreichischen Zentralraums an. Sie berät ihre Kunden umfassend von der Gestaltung bis zur überregionalen Streuung. Der überwiegende Tätigkeitsbereich der Beklagten liegt im Bereich der Außenwerbung. Sie steht ihren Kunden sowohl beratend als auch in der Ausführung zur Seite. Sie verfügt über einen unternehmenseigenen Bauhof, in dem sie selbst scheinbar komplizierte Sonderobjekte realisiert. Sie bietet ihren Kunden im Rahmen ihrer Agenturtätigkeit auch Auftragsvermittlung und Werbund mittels Radiospots oder Messeeinschaltungen an. Sie verfügt - soweit hier von Bedeutung - über folgende Gewerbeberechtigungen: "Werbungsmittlung" angemeldet am , Gewerbeschein ausgestellt am , sowie "Werbeberater" und "Werbegestalter", angemeldet jeweils am , Gewerbescheine jeweils ausgestellt am . Über einen Gewerbeschein mit dem Wortlaut "Ankündigungsunternehmen" verfügt die Beklagte nicht.

Die W***** Gesellschaft mbH, welche mit Verschmelzungsvertrag vom als übertragende Gesellschaft mit der Beklagten als übernehmende Gesellschaft verschmolzen worden war, verfügte seit dem Jahr 1970 über die Gewerbeberechtigungen "Werbeberatung" und "Werbegestaltung, Werbemittlung und Werbeunternehmen".

Zur Klärung der Frage, welche Gewerbeberechtigung die Beklagte für ihre Tätigkeit benötige, trat ihr Rechtsvertreter an den Geschäftsführer der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer Oberösterreich heran. Er erörterte mit ihm, dass nach der neuen Gewerbeordnung 1973 der Begriff "Werbeunternehmung" nicht mehr existiere und daher die theoretische Möglichkeit bestehen dürfte, dass das Gewerbe angemeldet werde, aber dieser Schritt überhaupt nichts bringe, insbesondere auch dahin, weil das Gebiet Werbeunternehmung in den anderen vorhandenen Gewerbeberechtigungen wie "Werbemittlung" und "Werbeberatung" oder "Werbegestaltung" in irgendeiner Form aufgegangen sei. Im Hinblick darauf kam der Beklagtenvertreter zum Schluss, dass der Beklagten nicht vorgeworfen werden könne, ein Gewerbe unberechtigt oder ohne entsprechenden Gewerbeschein auszuüben. Die Beklagte hat das Gewerbe "Ankündigungsunternehmen" deshalb bei der Gewerbebehörde nicht angemeldet, weil sie bis zur Erhebung der gegenständlichen Klage davon ausging, dass ihre durchgeführten Werbetätigkeiten von ihren Gewerbeberechtigungen umfasst seien. Nach Erhebung der Klage hat sie es auf Anraten ihres Anwalts unterlassen, das Gewerbe "Ankündigungsunternehmen" anzumelden. Duch diese Anmeldung wäre der Beklagten ein finanzieller Aufwand entstanden.

Die Klägerin begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, zu Wettbewerbszwecken ohne Gewerbeberechtigung ein Ankündigungsunternehmen auszuüben; weiters stellte sie ein entsprechendes Urteilsveröffentlichungsbegehren. Die Beklagte verletze fortgesetzt und planmäßig gewerberechtliche Vorschriften, indem sie seit 1988 ohne Gewerbeberechtigung in Linz und Umgebung Ankündigungstafeln errichte, vertreibe, bewerbe und eine überragende Marktmacht ausübe. Sie führe überdies Behörden, öffentliche Körperschaften, Kunden und Vertragspartner in die Irre, weil alle annehmen würden, die Beklagte verfüge über eine aufrechte Gewerbeberechtigung.

Die Beklagte wendete ein, die von ihr durchgeführte Tätigkeit, nämlich die Errichtung und der Betrieb von Werbetafeln sei von ihren Gewerbeberechtigungen "Werbeberater", "Werbegestalter" und "Werbungsmittler" umfasst. Selbst wenn dies nicht so wäre, läge kein Wettbewerbsverstoß vor, weil sie als Inhaber der vorangeführten freien Gewerbe durch eine bloße Anmeldung eines weiteren Gewerbes "Ankündigungsunternehmen" die gewünschte Gewerbeberechtigung erhalten könne und durch die Nichtanmeldung gar keinen Wettbewerbsvorteil erlange. Da es das Gewerbe des "Werbeunternehmens" in der Gewerbeordnung 1973 nicht gegeben habe, weil es in den Gewerben "Werbeberater" und "Werbungsmittler" aufgegangen sei, habe die Beklagte diese Berechtigung nicht angemeldet, sie habe dies auch gar nicht tun können. Die unter die "alten" Gewerbeberechtigungen fallenden Tätigkeiten seien nunmehr von der Gewerbeberechtigung "Ankündigungsunternehmen" umfasst. Dadurch würden aber die seit 1970 bestehenden Berechtigungen der Beklagten weder gegenstandslos noch ungültig. Es sei nicht von Relevanz, welcher Gewerbewortlaut für die von der Beklagten durchgeführten Tätigkeiten jetzt erforderlich sei oder nach der jetzigen Rechtslage anzumelden wäre, weil einmal erlangte Gewerbeberechtigungen aufrecht blieben. Die Beklagte habe nach wie vor nicht um die Gewerbeberechtigung "Ankündigungsunternehmen" angesucht, weil die Klägerin eine solche Anzeige zweifellos als Anerkenntnis des Anspruchs gewertet hätte. Der Betrieb oder die Bewirtschaftung eigener Plakatflächen bilde für die Beklagte nur eine Ergänzung der Haupttätigkeit und sei daher gemäß § 30 Abs 2 und § 32 GewO 2002 zulässig. Der Betrieb der Beklagten sei eine Werbeagentur, die nur im geringen Umfang eigene Werbeträger verwende. Selbst wenn die Tätigkeit der Beklagten nicht von den eingetragenen Gewerbewortlauten umfasst sein sollte, liege kein Handeln zu Wettbewerbszwecken vor, weil die Beklagte eindeutig den Gewerbewortlaut "Werbeunternehmung", welcher dem Gewerbewortlaut "Ankündigungsunternehmen" gleichzuhalten sei, anmelden habe wollen, sodass begrifflich kein Unterlassen zu Wettbewerbszwecken vorliege. Die Anmeldung eines weiteren Gewerbewortlauts "Ankündigungsunternehmen" wäre für die Beklagte kein Problem, die damit verbundenen Kosten oder der damit verbundene Aufwand wäre vernachlässigbar. Die Beklagte habe nach einer Mitteilung der Wirtschaftskammer, dass dieses Gewerbe angemeldet werden möge, bereits die entsprechenden Schritte eingeleitet, weil eine weitere Anmeldung überhaupt keine Rolle spiele. Vor Stellung des diesbezüglichen Antrags sei jedoch die Klage zugestellt worden. Da sich die Beklagte keines rechtswidrigen Verhaltens bewusst sei, sei von der Anmeldung Abstand genommen worden, um den unrichtigen Eindruck eines Schuldeingeständnisses zu vermeiden. Die Rechtslage sei unklar, das Einnehmen eines sicherlich vertretbaren Rechtsstandpunkts sei keine sittenwidrige oder wettbewerbswidrige Handlung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da sich der Umfang der Gewerbeberechtigungen der Streitteile aus den vorgelegten Bescheiden nicht ergebe und auch keine Rechtsvorschriften bestünden, in denen diese freien Gewerbe (Ankündigungsunternehmen und Werbeagentur) näher geregelt seien, seien zur Ermittlung des Umfangs dieser Gewerbeberechtigungen gemäß § 29 GewO die Berufsbilder heranzuziehen. Nach § 32 Abs 1 Z 1 GewO 1994 idgF stehen den Gewerbetreibenden auch die Rechte zu, alle Vorarbeiten und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe vorzunehmen, die dazu dienten, die Produkte, die sie erzeugen oder vertreiben sowie Dienstleistungen, die sie erbringen, absatzfähig zu machen. Die Beklagte betreibe im Rahmen ihres Unternehmens eine Werbeagentur, wobei sie sowohl eine Entwicklung der Werbekonzeption, eine diesbezügliche Gestaltung der Werbemittel, deren Herstellung sowie die Beratung der Kunden über verkaufsfördernde Maßnahmen anbiete und damit im Zusammenhang auch die Herstellung, Bewirtschaftung und Bereitstellung oder Vermietung von Plakatflächen, Wartehallen, Litfasssäulen, Sportstättenwerbung, Dauerwerbeflächen etc anbiete. Der zuletzt angeführte Tätigkeitsbereich sei zweifellos nach dem Berufsbild der Wirtschaftskammer Oberösterreich oder dem Fachstatut des Fachverbands Werbung und Kommunikation dem "Ankündigungsunternehmen" zuzurechnen. Da die Beklagte jedoch bei allen diesen Tätigkeiten ihren Kunden gleichzeitig eine zumindest beratende Tätigkeit hinsichtlich Gestaltung und Produktion anbiete, sei sie dazu gemäß § 32 Abs 1 Z 1 GewO 1994 idgF berechtigt. Der Beklagten sei daher kein Gesetzesverstoß anzulasten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil ein Sachverhalt wie der vorliegende bislang vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sei. Die hier zu beurteilenden Tätigkeiten der Beklagten seien nicht als Vorarbeiten oder Vollendungsarbeiten iSd § 32 Abs 1 Z 1 GewO 1994 idgF anzusehen. Der überwiegende Tätigkeitsbereich der Beklagten liege im Bereich der Außenwerbung. Sofern sich - wie hier - der Umfang der in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen nicht aus der Gewerbeanmeldung, dem Wortlaut der den Parteien ausgestellten Gewerbescheine im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften ergebe, könnten die vom Fachstatut des Fachverbands Werbung und Kommunikation im Jahr 2001 definierten Berufsbilder und auch Berufslexika als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden. Nach dem festgestellten Sachverhalt umfassten die Gewerbeberechtigungen "Werbungsmittlung" und "Werbeberatung", durch die Gewerberechtsnovelle 1992 zusammengefasst unter "Werbeagentur", den Haupttätigkeitsbereich der Beklagten nicht, sondern sei dieser Tätigkeitsbereich dem Berufsbild des "Ankündigungsunternehmens" zu unterstellen. Aus der Fachorganisationsordnung, die mit an die Stelle der Fachgruppenordnung aus dem Jahr 1947 getreten sei, den Erläuternden Bemerkungen zur Gewerbeordnung 1973, dem Beufsbild des "Werbungsmittlers" im Fachstatut des Jahres 1979 des Fachverbands Werbung der Bundeswirtschaftskammer, dem Berufslexikon 4 des Arbeitsmarktservices 1995 für "Werbungsmittlung" und "Werbeberatung" und einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zur Ankündigungsabgabenordnung Linz ergebe sich, dass die Tätigkeit der Beklagten als "Außenwerbeunternehmen" weder von der Gewerbeberechtigung "Werbemittler" noch der Gewerbeberechtigung "Werbeberater" oder "Werbeagentur" umfasst sei, sondern nach dem Fachstatut des Fachverbands Werbung und Kommunikation, Ausgabe 2001, dem Berufsbild des "Ankündigungsunternehmens" zu unterstellen und schon zu Zeiten der Geltung der GewO 1859 neben den Gewerben "Werbungsmittlung" und "Werbeberatung" ein eigenes Gewerbe gewesen sei. Die Beklagte übe daher mit ihrem Ankündigungsunternehmen eine gewerbliche Tätigkeit aus, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein. Bei der Frage, ob ein Gesetzesverstoß den Tatbestand des § 1 UWG verwirkliche, komme es aber vor allem darauf an, ob die Auffassung über den Umfang der Befugnisse so weit gedeckt sei, dass sie mit gutem Grund vertreten werden könne; treffe dies zu, dann könne diese Auslegung der gesetzlichen Vorschriften und die darauf beruhende Tätigkeit nicht als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßende Handlung angesehen werden. Das jedem Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende moralische Unwerturteil verlange jedenfalls dort eine besondere subjektive Komponente auf Seite des Beklagten, wo der ihm angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet werde. Nur eine auch subjektiv vorwerfbare Missachtung einer solchen Vorschrift rechtfertige es, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung iSd § 1 UWG anzunehmen. Gegen § 1 UWG verstoße, wer sich schuldhaft über ein Gesetz hinwegsetze, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Maßgebend sei eine objekive Beeinträchtigung des freien Leistungswettbewerbs. Wenn der Verstoß geeignet sei, die Wettbewerbslage irgendwie zu seinen Gunsten zu beeinflussen, verschaffe sich der vorschriftswidrig Agierende einen ungerechtfertigten Vorsprung im Wettbewerb. Auch die Ausübung eines freien Gewerbes ohne Gewerbeberechtigung sei sittenwidrig. Wenn eine nach dem Wortlaut des Gesetzes immerhin vertretbare Rechtsauffassung in der Folge von den Gerichten nicht geteilt worden sei, sei dies aber kein Verstoß gegen § 1 UWG. Fehle eine Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines bestimmten Verhaltens, so sei zur Frage der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung iSd § 1 UWG auf die von der zuständigen Verwaltungsbehörde vertretene Rechtsmeinung und die ständige Verwaltungspraxis abzustellen. Die Rechtsauffassung der Beklagten stehe (objektiv) nicht im Gegensatz zu einem klaren Gesetzeswortlaut, zur offenkundigen Absicht des Gesetzgebers oder zu einer feststehenden höchstrichterlichen Judikatur zur Gewerbeordnung. Es könnte unter Zugrundelegung einer Wortinterpretation auch vertreten werden, dass die Tätigkeit eines Werbungsmittlers alle Methoden, durch die die Werbungsinhalte an den jeweiligen Adressaten vermittelt werden, umfasse und deshalb auf die im § 29 zweiter Satz GewO 1994 idgF genannte durch die frühere Rechtslage dokumentierte historische Entwicklung nicht mehr einzugehen sei. Da also die Rechtsansicht der Beklagten mit gutem Grund habe vertreten werden können, liege kein Verstoß gegen § 1 UWG vor. Auch der Tatbestand des § 2 UWG sei nicht verwirklicht, weil sich aus dem Sachverhalt nicht ergebe, dass die Beklagte irreführende Angaben über ihre geschäftlichen Verhältnisse mache.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

Es entspricht stRsp des Obersten Gerichtshofs, dass die Missachtung gewerberechtlicher Vorschriften, um gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern unzulässigerweise einen Vorsprung im Wettbewerb zu erlangen, gegen § 1 UWG verstößt (RIS-Justiz RS0077985, insbesondere T 4). Zutreffend hat das Berufungsgericht festgehalten, dass auch die Ausübung eines freien Gewerbes ohne Gewerbeberechtigung grundsätzlich sittenwidrig ist (ÖBl 1998, 186 - Warenrepräsentator).

Ebenso in stRsp des Obersten Gerichtshofs anerkannt ist allerdings, dass eine nach dem Wortlaut des Gesetzes immerhin vertretbare Rechtsauffassung selbst dann keinen Verstoß gegen § 1 UWG bildet, wenn diese in der Folge von den Gerichten nicht geteilt wird. Es kommt vor allem darauf an, ob die Auffassung über den Umfang der Befugnisse durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann; trifft dies zu, dann kann diese Auslegung der gesetzlichen Vorschrift und die darauf beruhende Tätigkeit nicht mehr als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßende Handlung angesehen werden (SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40 - Metro-Post uva; RIS-Justiz RS0077771). Bereits mehrfach hat der Oberste Gerichtshof auch festgehalten, dass Kriterium für die Entscheidung der Frage, ob ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt, die Beurteilung ist, ob die Rechtsauffassung des Beklagten im Gegensatz zu einem klaren Gesetzeswortlaut, zur offenkundigen Absicht des Gesetzgebers oder allenfalls zu einer höchstgerichtlichen Rsp steht (ÖBl 1994, 213 - Haushaltsübliche Reinigungsarbeiten mwN; 4 Ob 29/02x = ÖBl-LS 02/81). Fehlt eine Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines bestimmten Verhaltens, so ist zur Frage der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung iSd § 1 UWG auf die von der zuständigen Verwaltungsbehörde vertretene Rechtsmeinung und die ständige Verwaltungspraxis abzustellen (ÖBl 2003, 270 - Screening; RdM 2003, 93).

Die vom Berufungsgericht anhand der dargelegten Kriterien in diesem Fall vorgenommene Beurteilung der der Beklagten vorgeworfenen Überschreitung ihrer gewerberechtlichen Befugnisse hält sich im Rahmen dieser Rsp.

Zu Recht weist die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hin, dass ihre Gewerbeberechtigungen "Werbungsmittlung" aus dem Jahr 1970 bzw "Werbeberater" und "Werbegestalter" aus dem Jahr 1988 stammen, weshalb im Jahr 2001 im Fachstatut des Fachverbands Werbung und Kommunikation festgeschriebenen Berufsbilder nicht geeignet sind, die subjektive Vorwerfbarkeit im Sinne der Argumentation der Klägerin zu begründen. Gleiches gilt für Fachgruppenordnungsnovellen, die die Einteilung bestimmter gewerblicher Betätigungen verändern oder neu zusammenfassen, woraus die Klägerin ableiten will, dass die Tätigkeit eines Ankündigungsunternehmens für Innen- und Außenwerbung nicht von der in den Jahren 1970 bzw 1988 erlangten Gewerbeberechtigung eines Werbeberaters oder eines Werbungsmittlers umfasst sei.

Im Hinblick auf den Erhalt des Berechtigungsumfangs bestehender Gewerbeberechtigungen (vgl Hanusch, GewO § 29 Rz 5) dürfen auch die von der Klägerin herangezogenen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der GewO 1973 (vgl Mache/Kinscher, GewO5 § 103 Anm 195; Kinscher/Sedlak, GewO6 § 124 Anm 133) nicht zur Ermittlung des Umfangsverständnisses für die 1970 erlangte Gewerbeberechtigung des Werbungsmittlers herangezogen werden.

Aus der Entscheidung des , lässt sich gleichfalls nichts für den Standpunkt der Revisionswerberin gewinnen, weil die tatsächliche gewerbliche Betätigung als Anknüpfungspunkt für eine Steuerpflicht abgegrenzt wurde und nicht der Umfang gewerblicher Berechtigungen Gegenstand der Entscheidung war.

Auch die wiederholt von der Klägerin ins Treffen geführte Entscheidung 4 Ob 45, 46/92 = ÖBl 1992, 120 - Plakatkampagne steht der Verneinung subjektiver Vorwerfbarkeit durch das Berufungsgericht in diesem Fall nicht entgegen, wird dort doch einem bloß über Gewerbeberechtigungen als Werbegraphiker und Werbevertreter (freie Gewerbe) Verfügendem vorgeworfen, in den Kernbereich der Werbeberater (gebundenes Gewerbe) fallende Tätigkeiten ("Planung Ihrer Plakatkampagne") fortlaufend anzubieten.

Gegen die subjektive Vorwerfbarkeit spricht schließlich die festgestellte Erkundigung der Beklagten (ihre Rechtsvertreters) bei dem Geschäftsführer der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer Oberösterreich, welche keine unberechtigte Gewerbeausübung durch die Tätigkeit der Beklagten ergab.

Abschließend ist der Klägerin, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Tatbestand des § 2 UWG nicht verwirklicht ansah, entgegenzuhalten, dass die Klägerin ihre allgemein gehaltene Behauptung, die Beklagte führe Behörden, öffentliche Körperschaften, Kunden und Vertragspartner über ihre aufrechte Gewerbeberechtigung in die Irre, im erstinstanzlichen Verfahren in keiner Weise konkretisiert hat, die in zweiter und dritter Instanz aufgestellten Behauptungen zu irreführenden Angaben bei Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen hinsichtlich bestehender Gewerbeberechtigung oder aufrechter Betriebshaftpflichtversicherung im Rechtsmittelverfahren daher unzulässige Neuerungen iSd § 482 ZPO bilden undvor allem von dem von der Klägerin gestellten Begehren nicht erfasst wird.

Auch bei Einbeziehung der übrigen von der Revisionswerberin angeschnittenen Rechtsfragen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu beurteilen ist. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.