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OGH vom 15.11.1961, 5Ob370/61

OGH vom 15.11.1961, 5Ob370/61

Norm

ABGB § 1300;

ABGB § 1313a;

Kopf

SZ 34/167

Spruch

Der Angestellte einer Bank haftet für die einem Kunden der Bank erteilte nachteilige Auskunft nur dann, wenn der durch die Auskunft eingetretene Schaden absichtlich verursacht wird.

Entscheidung vom , 5 Ob 370/61.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Der Kläger begehrte in der Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 68.646 S 40 g zur ungeteilten Hand aus dem Gründe des § 1299 ABGB., weil die Beklagten, wobei die erstbeklagte Sparkasse für das Verschulden des Zweitbeklagten als ihres Erfüllungsgehilfen (Sparkassendirektor) hafte, dem Kläger das Ehepaar K. als Darlehenswerber zugeführt und den Kläger zur Auszahlung von Darlehen veranlaßt hätten, ohne gleichzeitig für die notwendige Sicherung besorgt zu sein. Bei Anwendung der ihnen zuzumutenden Vorsicht hätten die Beklagten vor vollständiger, einwandfreier Klarstellung der Vermögensverhältnisse der Darlehenswerber die Darlehen nicht vermitteln dürfen, insbesondere auch niemals ohne gleichzeitige grundbücherliche Sicherstellung des Klägers. Hätten die beiden Beklagten dem Kläger mitgeteilt, welche grundbücherlichen Lasten bereits auf den Liegenschaften der Ehegatten K. eingetragen sind, oder ihn zumindest, darauf aufmerksam gemacht, er solle sich in dieser Richtung vergewissern, dann hätte der Kläger in Anbetracht des Grundbuchsstandes die Darlehen nicht gewährt. Infolge der Zahlungsunfähigkeit der Ehegatten K. hafte aus dem an das Ehepaar K. gegebenen Darlehen noch ein Betrag von 25.000 S und aus einem dem Josef K. allein gewährten Darlehen noch ein Betrag von 40.000 S unberichtigt aus. Hiezu kämen noch die Kosten eines Wechselzahlungsauftrages und Kosten für die Exekutionsanträge im Gesamtbetrag von 3646 S 40 g.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es nahm den Rechtsstandpunkt ein, daß die Erstbeklagte keine Haftung treffe, weil nach § 37 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche vom Kläger durch seine Unterschrift als für ihn verbindlich anerkannt worden seien, alle Berichte, Auskünfte, Raterteilungen und Empfehlungen unter Ausschluß jeder Verbindlichkeit erfolgten. Aber auch den Zweitbeklagten treffe keine Haftung, weil dieser nur eine vermittelnde Tätigkeit ausgeübt und keine Haftung übernommen habe. Der dem Kläger erwachsene Schaden sei durch dessen Nachlässigkeit bei der Kreditgewährung entstanden.

Die Abweisung des Klagebegehrens gegen die Erstbeklagte ist in Rechtskraft erwachsen. Den Zweitbeklagten verurteilte das Berufungsgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils zur Zahlung des Betrages von 12.500 S s. A. Hinsichtlich der Abweisung des Mehrbegehrens auf Zahlung eines Betrages von 56.146 S 40 g bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil. Das Berufungsgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß der Zweitbeklagte nur bei der ersten Darlehensgewährung, aus der eine Schadenersatzforderung von 25.000 S abgeleitet wird, mitgewirkt habe. Daß der Zweitbeklagte dem Kläger bei dieser Darlehensgewährung vorsätzlich einen nachteiligen Rat erteilt habe, sei allerdings auszuschließen. Es habe aber zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten ein Verpflichtungsverhältnis, nämlich eine mehrjährige Geschäftsverbindung, bestanden. In den Rahmen dieses Verpflichtungsverhältnisses falle die Raterteilung des Zweitbeklagten als Direktors der Erstbeklagten. Hiebei habe der Zweitbeklagte die ihm obliegende Sorgfalt verletzt, weil der Zweitbeklagte verpflichtet gewesen wäre, den Kläger auf die Zahlungsschwierigkeiten der Eheleute K. und auf die genauen Eigentums- und Belastungsverhältnisse aufmerksam zu machen. Er hafte daher für den durch die Unterlassung der gebotenen Aufklärung, in der ein nachteiliger Rat gelegen sei, entstandenen Schaden nach den Bestimmungen der §§ 1299 und 1300 ABGB. Die Verpflichtung zur Schadenersatzleistung könne hinsichtlich des Zweitbeklagten auch durch die Bestimmung des § 37 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden, da sich der Haftungsausschluß nicht auf die Angestellten der Sparkasse erstrecke, zumal die vorerwähnten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach den einleitenden Richtlinien dieser Geschäftsbedingungen nur den Zweck verfolgten, allgemeine Regeln aufzustellen, die das Geschäftsverhältnis zwischen der Sparkasse und ihren Kunden bestimmen und damit klare Rechtsverhältnisse unter ihnen schaffen sollten. Der Zweitbeklagte hafte aber nur für die Hälfte des entstandenen Schadens von 25.000 S, weil den Kläger ein Mitverschulden treffe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Zweitbeklagten Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Ein Sachverständiger haftet nach § 1300 ABGB. für einen aus Versehen erteilten nachteiligen Rat, dem auch eine nachteilige Auskunftserteilung gleichzuhalten ist (SZ. XIII 66, RiZ. 1959 S. 52), nur dann, wenn die Erteilung des Rates gegen Belohnung erfolgte. Es ist allerdings nicht erforderlich, daß jede erteilte Auskunft gesondert honoriert wird; der Sachverständige haftet auch dann, wenn die Auskunftserteilung im Rahmen eines honorierten Gesamtauftrages erfolgte (EvBl. 1958 Nr. 56). Eine verantwortliche Rat-(Auskunfts-)erteilung ist immer dann anzunehmen, wenn sie innerhalb eines Verpflichtungsverhältnisses erfolgte. Eine langjährige Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunden schließt die Annahme aus, daß die Auskunft aus bloßer Gefälligkeit erfolgte (RiZ. 1959 S. 52). Ob nun die Belohnung für die einzelne Auskunftserteilung zugesichert wurde oder ob die Auskunftserteilung im Rahmen eines bestehenden Verpflichtungsverhältnisses erfolgte, immer ist Voraussetzung der Haftung des Sachverständigen für ein Versehen bei der Rat- oder Auskunftserteilung, daß Rat oder Auskunft auf Grund eines entgeltlichen Vertragsverhältnisses erfolgten. Ein solches Vertragsverhältnis besteht bei einer langjährigen Geschäftsverbindung zwischen dem Kreditinstitut und seinem Kommittenten, es besteht aber nicht zwischen diesem und dem Angestellten des Kreditinstitutes, der als solcher die Auskunft erteilt hat. Eine von einem Angestellten der Bank erteilte Auskunft ist nur eine Erfüllungshandlung im Rahmen der zwischen der Bank und dem Kunden bestehenden Geschäftsverbindung (RiZ. 1959 S. 52). Daraus folgt aber, daß der Angestellte nicht auf Grund des zwischen der Bank und dem Kunden bestehenden Verpflichtungsverhältnisses, in dessen Rahmen die Auskunftserteilung erfolgte, zur Schadenersatzleistung herangezogen werden kann. Damit ist allerdings nicht gesagt, daß seine Heranziehung zur Haftung völlig ausgeschlossen ist. Aber er haftet wie jeder Erfüllungsgehilfe nicht nach dem Inhalt des zwischen seinem Geschäftsherrn und dem Auftraggeber bestehenden Vertragsverhältnisses, sondern auf Grund des Gesetzes nach allgemeinen Grundsätzen (§ 1295 ABGB.; Wolff in Klang 2. Aufl. VI 89), d. h. es besteht eine deliktische Haftung des Erfüllungsgehilfen (SZ. XXVIII 23). Die deliktische Haftung für eine Rat-(Auskunfts-)erteilung ist aber durch § 1300 ABGB. auf den Fall eingeschränkt, daß der durch die Rat-(Auskunfts-)erteilung eingetretene Schaden wissentlich, d. h. absichtlich (vgl. SZ. XXVI 127; Wolff a. a. O. 51), verursacht wurde.

Da die letztgenannte Voraussetzung nach den Feststellungen der Untergerichte nicht gegeben ist, für fahrlässig mangelhafte Auskunftserteilung aber der Zweitbeklagte als Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten persönlich nicht haftet, fehlt dem ihm gegenüber geltend gemachten Schadenersatzbegehren die Grundlage, weshalb der Revision des Zweitbeklagten Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Urteiles das Ersturteil wiederherzustellen war.