OGH vom 13.09.1999, 4Ob204/99z

OGH vom 13.09.1999, 4Ob204/99z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Bernhard M*****, geboren am *****, verstorben am , infolge Revisionsrekurses des "mj. Bernhard M*****, geboren am *****, verstorben am , vertreten durch den Kindesvater Johann M*****", gegen den Beschluß des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom , GZ 1 R 120/99m-207, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichts Kremsmünster vom , GZ 1 P 1489/95s-199, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag, die Kindesmutter Maria B***** zur Zahlung von Sonderunterhaltsleistungen von 53.308 S für den mj. Bernhard M***** wegen angelaufener Begräbniskosten zu verpflichten, zurückgewiesen wird.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen wurde mit Beschluß des Bezirksgerichts G***** vom , C 106/92s-12, einvernehmlich geschieden. Die Eltern - beide von Beruf Volksschullehrer - hatten fünf eheliche Kinder. Drei der Kinder - nämlich Joachim, geboren am *****, Zita, geboren am *****, und Leticia, geboren am *****, - verblieben in der alleinigen Obsorge der Mutter; die beiden am ***** geborenen Zwillingsbrüder Dominik und Bernhard in der alleinigen Obsorge des Vaters.

Der mj. Bernhard ist am verstorben. Sein Vater beantragt, die Mutter zur Zahlung von Sonderunterhaltsleistungen von 53.308 S wegen angelaufener Begräbniskosten zu verpflichten. Insgesamt hätten die Begräbniskosten 63.308 S betragen, die seine nunmehrige Ehegattin beglichen habe. Die - geldunterhaltspflichtige - Mutter habe bisher nur 10.000 S gezahlt.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Unterhaltsbedarf im Sinne des § 140 ABGB sei der gesamte Lebensaufwand des Kindes. Aufwendungen, die nach dem Tod des Kindes entstanden sind, fielen nicht darunter.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach - aufgrund eines Antrags nach § 14a AußStrG - aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Unterhaltsleistung der Eltern habe der Bedürfnisbefriedigung des jeweiligen Kindes zu dienen. Begräbniskosten stünden damit in keinem Zusammenhang.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete, im Namen des Minderjährigen erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Minderjährige ist am verstorben. Nach seinem Ableben kann ein Anspruch nicht mehr in seinem Namen, sondern nur noch in dem seiner Verlassenschaft erhoben werden. Der Vater war gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen; seine Vertretungsbefugnis gilt nicht auch für die Verlassenschaft. Daß er dennoch auch Vertreter der Verlassenschaft wäre, wird nicht behauptet. Seinem im Namen des Minderjährigen gestellten Antrag steht demnach schon die mangelnde Vertretungsbefugnis entgegen; der Antrag müßte aber auch unabhängig davon erfolglos bleiben:

Wie schon die Vorinstanzen ausgeführt haben, sind die Begräbniskosten nicht Unterhalt im Sinne des § 140 ABGB. Der Unterhalt dient zur Deckung des gesamten Lebensbedarfs. Dazu gehören Nahrung, Kleidung, Wohnung, Hygiene, medizinische Betreuung - bei Jugendlichen auch Personenbetreuung - und sonstige Bedürfnisse wie Kultur, Erholung, Freizeitgestaltung (s Schwimann/Schwimann, ABGB**2 § 140 Rz 1). Aus dem Wesen des Unterhaltsanspruchs folgt, daß er mit dem Tode des Unterhaltsberechtigten erlischt, wie dies § 77 Abs 1 EheG für den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auch ausdrücklich festsetzt (ebenso § 1586 Abs 1 BGB; s auch § 1615 Abs 1 BGB für den Kindesunterhalt). Das schließt eine Forderung der Verlassenschaft auf Zahlung der Begräbniskosten aus dem Titel des Unterhalts aus.

Das Gesetz regelt die Haftung für die Begräbniskosten im Zusammenhang mit den Nachlaßverbindlichkeiten: Nach § 549 ABGB gehören zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis. Für die Begräbniskosten haftet demnach in erster Linie der Nachlaß. Wer sie zu tragen hat, wenn der Nachlaß nicht ausreicht, ist keine erbrechtliche Frage. Eine Bestimmung darüber findet sich nur im Ehegesetz. Nach § 77 Abs 2 EheG hat der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte die Bestattungskosten zu tragen, soweit dies der Billigkeit entspricht und die Kosten nicht von den Erben zu erlangen sind. Den unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten trifft damit eine subsidiäre Haftung (s Schwimann/Zankl, ABGB**2 § 77 EheG Rz 4).

Wer die Begräbniskosten eines unterhaltsberechtigten Kindes zu tragen hat, wenn dessen Nachlaß nicht ausreicht, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich. Nach Lehre und Rechtsprechung hat auch in diesem Fall der Unterhaltspflichtige dafür aufzukommen (Weiß in Klang**2 III 148f; Welser in Rummel, ABGB**2 § 549 Rz 4; Schwimann/Eccher, ABGB**2 § 549 Rz 8, jeweils mwN; RZ 1966/90 mwN). Diese Auffassung läßt sich mit dem allgemeinen Grundsatz rechtfertigen, daß die nahe Verwandtschaft, aus der die Unterhaltspflicht folgt, gegenseitige Rechte und Pflichten begründet, die sich nicht in Unterhaltsleistungen erschöpfen. Auch nach deutschem Recht hat der zum Kindesunterhalt Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von den Erben zu erlangen ist (§ 1615 Abs 2 BGB).

Zum Unterhalt eines Kindes sind beide Eltern verpflichtet (§ 140 ABGB). Sie haben die Begräbniskosten grundsätzlich je zur Hälfte zu tragen, auch wenn ein Elternteil dem Kind zu dessen Lebzeiten Unterhalt dadurch gewährt hat, daß er es in seinem Haushalt betreut hat, während der andere Elternteil geldunterhaltspflichtig war. Anders als beim Unterhalt ist es bei den Begräbniskosten ausgeschlossen, daß ein Teil seinen Beitrag durch Betreuungsleistungen erbringt. Der Anspruch auf Ersatz der Begräbniskosten ist im streitigen Verfahren geltend zu machen; anspruchsberechtigt ist derjenige, der die Begräbniskosten getragen hat.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben. Der angefochtene Beschluß war mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Antrag zurückgewiesen wird.