OGH 11.09.2003, 6Ob188/03w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN 231765g des Landesgerichtes Salzburg zur Eintragung im Firmenbuch angemeldeten L***** Rechtsstudien gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem Sitz in L*****, wegen Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführerin Andrea H*****, diese vertreten durch Dr. Rudolf Schachner, öffentlicher Notar in Ottensheim, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 94/03s-12, womit dem Rekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom , GZ 32 Fr 390/03h-9, nicht Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Geschäftsführerin beantragte am die Eintragung der am gegründeten "L***** RECHTSSTUDIEN gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung" im Firmenbuch.
Nach der vorgelegten Gesellschaftserrichtungsurkunde ist Univ. Prof. Dr. Bruno B***** alleiniger Gesellschafter mit einer übernommenen Stammeinlage von 35.000 EUR, die zur Hälfte einbezahlt wurde. Unternehmensgegenstand ist u.a. die Unterstützung des Multimedia-Diplomstudiums des Institutes für Fernunterricht in der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz, insbesondere durch Produktion von elektronischem und gedrucktem Lehr-, Lern- und Studienmaterial.
Das Erstgericht wies in seinem Verbesserungsauftrag vom darauf hin, dass der Firmenwortlaut zu weit gefasst sei, weil er über den Unternehmensgegenstand hinausgehe und deshalb irreführend sei.
Die Einschreiterin legte am eine Kopie einer Registrierungsbestätigung der Wortbildmarke "L***** Rechtsstudien" und ein Registerblatt des Österreichischen Patentamtes vor. Die Wortbildmarke sei auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert worden. Den Markenklassen sei zu entnehmen, dass der Gegenstand des Unternehmens der "L***** Rechtsstudien" diese beinhalte. Der Firmenwortlaut decke sich mit der registrierten Wortbildmarke.
Markeninhaber ist das Institut für Fernunterricht in den Rechtswissenschaften der Johannes Kepler Universität Linz.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft ab. Die Bezeichnung "L***** Rechtsstudien" sei geeignet, dritte Personen über die Art der Geschäftstätigkeit falsch zu informieren, nämlich einerseits dahin, dass die Gesellschaft Studien- und Lehrgänge anbiete und abhalte und andererseits, dass sie sich mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftige und Rechtsgutachten erstelle. Diese Tätigkeitsbereiche seien im Unternehmensgegenstand der Gesellschaft nicht enthalten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Für die Beurteilung der Zulässigkeit und des Gebrauches der Firma einer Gesellschaft mbH seien neben der Bestimmung des § 5 Abs 1 GmbHG auch die allgemeinen Grundsätze des § 18 Abs 2 HGB maßgeblich. Nach dem Grundsatz der Firmenwahrheit dürfe die Firma eines Kaufmannes nicht geeignet sein, eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäftes oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen. Der Grundsatz gelte auch für Gesellschaftsfirmen und den Firmenkern. Die Täuschungsfähigkeit sei objektiv anhand der Verkehrsauffassung zu prüfen. Mehrdeutigkeiten gingen zu Lasten des die Firma Führenden. Hier gehe es um den Anschein einer Beziehung des Unternehmens der Gesellschaft zu einer öffentlichen Einrichtung. Typisch universitäre bzw. wissenschaftliche Begriffe wie "Akademie", "Seminar" oder "Institut" seien schon öfter Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen. "Studien" seien ein inhaltlich - begrifflich ähnlicher Ausdruck. Es könnten daher die in der Lehre und der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den zuerst genannten Begriffen angewendet werden. Mit dem Mehrzahlbegriff "Studien" werde eine wissenschaftliche, universitäre Tätigkeit umschrieben. Wenn der Begriff mit der Bezeichnung einer üblicherweise an einer Universität gelehrten Disziplin verbunden werde und sich am Ort der Niederlassung eine Universität befinde, bringe das Publikum das Unternehmen mit der Universität im Zusammenhang. Zulässig könnten solche Firmenbestandteile nur dann sein, wenn sich bereits aus der Tätigkeitsangabe ergebe, dass eine private, gewerbliche Tätigkeit vorliege ("Beerdigungsinstitut" oder "Eheanbahnungsinstitut"). Gerade dies sei aber hier nicht gegeben, weil der Bereich "Recht" im Zusammenhang mit dem eine universitäre Tätigkeit zum Ausdruck bringenden Begriff "Studien" eine üblicherweise an Universitäten gelehrte Disziplin erkennen lasse. Der Gesamteindruck der Firma auf einen flüchtigen Durchschnittsbetrachter werde noch durch den geografischen Zusatz "Linzer" - im Hinblick darauf, dass Linz eine Universitätsstadt sei - dahin verstärkt, dass entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten eine entsprechende Verbindung zur rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität bestehe und zwar nicht in Richtung auf den Unternehmensgegenstand der Produktion von elektronischem und gedrucktem Lehr-, Lern- und Studienmaterial, sondern schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in Richtung einer universitären Tätigkeit bzw. wissenschaftlichen Arbeiten. Auch bei einer aus einem Warenzeichen (einer Marke) gebildeten Sachfirma komme es entscheidend darauf an, dass der Gegenstand des Unternehmens für den Verkehr erkennbar sei. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor. Ein täuschungsfähiger Firmenbestandteil werde nicht deshalb zulässig, weil er einer Marke entnommen wurde (6 Ob 35/85).
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Judikatur zu den Begriffen "Studium" und "Studien" (als Firmenbestandteile) nicht vorliege.
Mit ihrem Revisionsrekurs beantragte die Gesellschaft die Abänderung dahin, dass ihrem Eintragungsgesuch stattgegeben werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig.
Das Rekursgericht hat die in der Lehre und der oberstgerichtlichen Judikatur vertretenen Grundsätze, die bei der Firmenbildung zu beachten sind, insbesondere denjenigen der Firmenwahrheit, eingehend dargestellt und ist zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass der Firmenkern "L***** Rechtsstudien" für ein rein gewerbliches Unternehmen, das keine universitäre Lehr- oder Forschungstätigkeit ausübt, sondern - wenn auch für eine Universität - Lehr- und Lernmaterial herstellt und vertreibt, täuschungsfähig im Sinne des § 18 Abs 2 HGB ist, weil das Publikum mit dem Firmenwortlaut auf eine universitäre, wissenschaftliche Arbeit durch eine öffentliche Einrichtung schließt. Die Entscheidung steht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur (4 Ob 164/89; 6 Ob 204/00v). Entgegen dem Revisionsrekursvorbringen kommt es für die Beurteilung der Täuschungsfähigkeit nicht darauf an, dass auch für die Herstellung von "elektronischem" Studienmaterial u.a. eine forschende Tätigkeit ausgeübt wird (ausgeübt werden kann), sondern darauf, dass das Publikum den Begriff anders, nämlich in dem vom Rekursgericht dargelegten Sinn, versteht. Der Fall ist vergleichbar mit demjenigen, der der Entscheidung 4 Ob 164/89 zugrundelag. Dort wurde einem rein gewerblich tätigen Unternehmen die Bezeichnung "Institut für Betriebshygiene" untersagt, auch wenn das Unternehmen durchaus bei der Herstellung der Produkte im Rahmen der Entwicklungsarbeit wissenschaftlich tätig gewesen sein konnte. Die Unternehmensbezeichnung erwecke den Anschein einer staatlichen Einrichtung. Auf diesen Anschein kommt es entscheidend an und nicht auf den von der Revisionsrekurswerberin hervorgehobenen Umstand, dass "Studien" auch außerhalb universitärer Einrichtungen betrieben werden können.
Dass der Markeninhaber der Wort-Bildmarke "L***** Rechtsstudien" der Verwendung der Marke im Firmennamen der antragstellenden Gesellschaft zustimmte, vermag die Wahrung des Grundsatzes der Firmenwahrheit bei der Firmenbildung nicht einzuschränken.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO, § 16 Abs 4 AußStrG).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2003:0060OB00188.03W.0911.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAD-35903