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OGH 17.07.2018, 4Ob117/18m

OGH 17.07.2018, 4Ob117/18m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen L***** B*****, geboren ***** 2001, vertreten durch die Mutter Mag. M***** R*****, Vater T*****, vertreten durch Dr. Waltraud Künstl, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalt, infolge des „außerordentlichen Revisionsrekurses“ des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 8/18m-56, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 48 PU 288/16s-48, teils bestätigt, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Minderjährige beantragte die Festsetzung des Unterhaltsbeitrags des Vaters mit monatlich 945 EUR (dem zweieinhalbfachen Regelbedarf) ab . Sie beantragte weiters, den Vater zur Zahlung von Sonderbedarf von 825 EUR für das Jahr 2016 und von 364 EUR für das Jahr 2017 zu verpflichten.

Der Vater beantragte die Abweisung der Anträge.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 625 EUR von bis und von 780 EUR ab  sowie eines Sonderbedarfs von 825 EUR für das Jahr 2016. Für den bis zur Rechtskraft seines Beschlusses auflaufenden rückständigen Unterhalt samt Zinsen sprach das Erstgericht aus, dass von bis geleistete Zahlungen des Vaters von 1.170,24 EUR anzurechnen seien.

Das Mehrbegehren von monatlich 320 EUR von bis und von 165 EUR ab sowie hinsichtlich des Sonderbedarfs von 364 EUR für 2017 wies das Erstgericht – unangefochten – ab.

Dem Rekurs des Vaters gegen den antragsstattgebenden Teil dieses Beschlusses gab das Rekursgericht teilweise Folge. Es bestätigte den Zuspruch von monatlich 625 EUR von bis sowie der Anrechnung von Zahlungen auf den Rückstand im Umfang von nur 864,92 EUR und hob die Entscheidung in Ansehung des darüber hinausgehenden Zuspruchs monatlichen Unterhalts sowie des Zuspruchs von Zinsen aus dem Rückstand auf. In Ansehung des Sonderbedarfs für 2016 wies es den Antrag ab. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu.

Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Vaters, mit dem er beantragt, den Unterhaltsfestsetzungsantrag auch für den Zeitraum von bis abzuweisen; hilfsweise wird beantragt, den Beschluss auch in diesem Umfang aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

1. Im vorliegenden Unterhaltsbemessungs-verfahren hat das Rekursgericht zu Recht keine Bewertung des Entscheidungsgegenstands gemäß § 59 Abs 2 AußStrG vorgenommen, da der Streitgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist und ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (RIS-Justiz RS0122735 [T8, T12]). Für den Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts in Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben ebenso unberücksichtigt zu bleiben (RIS-Justiz RS0122735; vgl RS0046543) wie bereits fällige Ansprüche (RIS-Justiz RS0114353; RS0122735 [T5]).

2. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die „Zulassungsvorstellung“ ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

3. Hier wurde der Beschluss des Erstgerichts im Umfang des erfolgten Zuspruchs von 625 EUR von bis und von 780 EUR ab bekämpft. Der 36-fache monatliche Unterhaltsbetrag in zuletzt zugesprochener Höhe beträgt 28.080 EUR. Wenn man zur Gänze den höheren Betrag ab zugrundelegt (vgl RIS-Justiz RS0046543 [T5]), beträgt der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts jedenfalls weniger als 30.000 EUR.

4. Dem Rechtsmittelwerber steht damit nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Das Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher – auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (8 Ob 83/17i; 2 Ob 11/15d; RIS-Justiz RS0109623 [T13]).

5. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109623 [T14]).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj L* B*, geboren * 2001, *, vertreten durch Mag. Christine Dietz, Rechtsanwältin in Wien, als Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in Wien, Mutter Mag. M* R*, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters T* B*, vertreten durch Dr. Waltraud Künstl, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 8/18m-56, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 48 PU 288/16s-48, teils bestätigt, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs des Vaters und die Revisionsrekursbeantwortung der Minderjährigen werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Minderjährige und ihr 1999 geborener Bruder lebten mit ihren – nach der Aktenlage aufgrund seit * 2018 rechtskräftigen Urteils vom * 2017 geschiedenen – Eltern in einer Mietwohnung; eine weitere volljährige Schwester lebt und studiert im Ausland. Im für das Revisionsrekursverfahren noch relevanten Zeitraum von bis hat der Vater nicht in der Wohnung gewohnt. Die Wohnungskosten von (richtig:) 1.232 EUR bis 1.273 EUR pro Monat wurden und werden vom Vater bezahlt. Er bezog in diesem Zeitraum ein Nettomonatseinkommen von 5.172 EUR; die – den gemeinsamen Haushalt mit der Minderjährigen führende – Mutter bezieht ein Nettomonatseinkommen von 3.200 EUR.

Die Minderjährige beantragte unter anderem die Festsetzung des Unterhaltsbeitrags des Vaters mit monatlich 945 EUR (dem zweieinhalbfachen Regelbedarf) ab .

Nachdem das Erstgericht den Vater zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von 625 EUR von bis und von 780 EUR ab verpflichtet und das monatliche Mehrbegehren
– unangefochten – abgewiesen hatte, bestätigte das Rekursgericht einen Teil dieses Unterhaltszuspruchs, nämlich hinsichtlich der Unterhaltsfestsetzung im Zeitraum von bis 31. Oktober 2016 mit monatlich 625 EUR.

Mit seinem vom Rekursgericht nachträglich für zulässig erklärten ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Vater, den Unterhaltsfestsetzungsantrag auch für den Zeitraum von bis abzuweisen; hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revisionsrekursbeantwortung der Minderjährigen ist verspätet.

Wenn ein Rechtsmittelschriftsatz an das unzuständige Gericht adressiert sowie bei diesem eingebracht und erst von diesem dem zuständigen Gericht übersendet wurde, ist auch im Außerstreitverfahren die Zeit dieser Übersendung in die Rechtsmittelfrist einzurechnen (vgl RIS-Justiz RS0041653 [insb T2, T3, T7], RS0041584 [insb T15, T16, T21], RS0043678 [insb T7–T9]). Derartige Prozesshandlungen sind daher nur dann als rechtzeitig anzusehen, wenn sie noch innerhalb der offenen Frist beim zuständigen Gericht einlangen (RIS-Justiz RS0041584 [T13], RS0041653 [T5]; vgl RS0124533).

Über – rechtzeitig (§ 65 Abs 1 AußStrG) und zutreffend (§ 7 Abs 1 AußStrG iVm § 65 Abs 1 ZPO) beim Prozessgericht erster Instanz gestellten sowie wiederum zutreffend (§ 7 Abs 1 AußStrG iVm § 65 Abs 2 ZPO) auch von diesem entschiedenen – Antrag der Minderjährigen wurde die Verfahrenshelferin mit Bescheid der Wiener Rechtsanwaltskammer vom bestellt. Die Zustellungen nach § 7 Abs 2 AußStrG an sie erfolgten am , sodass die Revisionsrekurs-beantwortungsfrist (§ 68 Abs 1 AußStrG) mit endete. Der anwaltliche Vertreter der Verfahrenshelferin erstattete am eine Revisionsrekurs-beantwortung, die er jedoch entgegen § 68 Abs 4 Z 1 iVm § 63 Abs 5 AußStrG nicht beim Rekursgericht, sondern an das Erstgericht adressierte und auch bei diesem (im ERV) einbrachte. Das Erstgericht veranlasste zwar die Weiterleitung an das Rekursgericht, dort langte der Rechtsmittelschriftsatz jedoch erst nach Ablauf der Notfrist, am , ein. Die Revisionsrekursbeantwortung war daher als verspätet zurückzuweisen.

2. Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil die Frage nach der angemessenen Anrechnung von anteiligen „fiktiven Mietkosten“ nach den Umständen des Einzelfalls zu lösen ist (RIS-Justiz RS0123484 [T1]) und der Revisionsrekurswerber weder eine korrekturbedürftige Überschreitung des den Gerichten zukommenden Beurteilungsspielraums noch sonst eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigt (vgl 1 Ob 16/18m mwN).

2.1. Unterhaltsentscheidungen sind grundsätzlich Ermessensentscheidungen und keine reinen Rechenexempel (RIS-Justiz RS0047419 [insb T15, T23]; RS0128043). Die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs mit einem bestimmten Prozentsatz der Bemessungsgrundlage wird vom Obersten Gerichtshof als geeignetes Mittel zur Gleichbehandlung ähnlicher Fälle angesehen (RIS-Justiz RS0057284). Damit ist gewährleistet, dass die Unterhaltsberechtigte an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen angemessen teilhaben kann (RIS-Justiz RS0047419 [T13]). Die Prozentmethode hat den Charakter einer Orientierungshilfe (vgl RIS-Justiz RS0047419 [T11, T16]); besonders atypische Fälle erfordern eine den tatsächlichen Verhältnissen angepasste individuelle Berücksichtigung der Bemessungskriterien (RIS-Justiz RS0047419 [T4, T5, T17]).

Unterhalt muss den gesamten Lebensbedarf der Unterhaltsberechtigten, also alle ihre Unterhaltsbedürfnisse, den Lebensverhältnissen entsprechend ausgewogen abdecken, darf aber nicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Überalimentation in einem Teilbereich bei gleichzeitiger Kürzung in einem anderen Teilbereich der Bedürfnisse führen (RIS-Justiz RS0047379).

Der Unterhaltsanspruch von Kindern, gleichviel ob ehelich oder unehelich, die im Haushalt des Unterhaltspflichtigen leben, ist grundsätzlich auf Naturalunterhalt gerichtet und verwandelt sich nach der Rechtsprechung erst bei getrenntem Haushalt oder Verletzung der Naturalunterhaltspflicht in einen Anspruch auf Geldunterhalt (RIS-Justiz RS0034807). Der aus dem Familienrecht abgeleitete Anspruch des unterhaltsberechtigten Kindes auf Naturalunterhalt durch Wohnversorgung wandelt sich nicht schon dadurch in einen solchen auf Geldunterhalt, dass der Unterhaltspflichtige aus der Wohnung auszieht; in einem solchen Fall hat das Kind das Recht, die Wohnung weiter zu benutzen und dennoch darüber hinaus zur Befriedigung seiner übrigen Bedürfnisse Geldunterhalt zu verlangen (RIS-Justiz RS0047463 [T1]).

Hat die Unterhaltsberechtigte daher nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, weil diese vom Geldunterhaltspflichtigen geleistet wird, so bedarf sie regelmäßig nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, um ihren vollständigen Unterhalt zu decken (RIS-Justiz RS0047254). Der Naturalunterhalt ist grundsätzlich nur im angemessenen Umfang anzurechnen; der Unterhaltsberechtigten hat stets ein in Geld zu leistender Unterhalt zuzukommen, weil sie von der Wohnung allein nicht leben kann (RIS-Justiz RS0123487 [T4, T6]; RS0047254 [T5]). Nach der Rechtsprechung ist regelmäßig dann, wenn sich der Geldunterhalt (rechnerisch) aufgrund der Wohnversorgung um mehr als ein Viertel mindern würde, zu überprüfen, ob der Restunterhalt noch zur angemessenen Deckung der Restbedürfnisse ausreicht (1 Ob 16/18m mwN = RIS-Justiz RS0123484 [T4]; 8 Ob 64/13i [Pkt V.] mwN). Wo diese Angemessenheitsgrenze liegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS-Justiz RS0123487 [T5]; RS0047254 [T8, T13]; RS0123484 [T1]; vgl RS0007105).

2.2.1. Mit dem Argument, dass kein Geldunterhaltsanspruch bestehe, geht der Revisionsrekurswerber nicht von der dargelegten Rechtsprechung aus, wonach bei einer – im hier relevanten Zeitraum festgestellten – Aufhebung des gemeinsamen Haushalts mit der Minderjährigen ihr jedenfalls ein Geldunterhalt zur Deckung der über die Wohnkosten hinausgehenden Bedürfnisse zusteht. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, dass die Leistung von Naturalunterhalt nicht hinreicht, sondern grundsätzlich ein die Wohnkosten angemessen berücksichtigender Geldunterhalt zu leisten ist, sind vor diesem Hintergrund nicht korrekturbedürftig.

2.2.2. Soweit der Vater die Anrechnung der Leistung eines Naturalunterhaltsteiles für die Mutter zugunsten der Minderjährigen anspricht, zeigt er ebenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen auf. Maßgebend sind die Wohnkostenersparnis der Unterhaltsberechtigten und der Umstand, dass diese nicht für die Kosten ihrer Wohnversorgung aufkommen muss. Aus diesem Grund mindert sich ihr Unterhaltsanspruch grundsätzlich um den auf sie entfallenden Anteil am fiktiven Mietwert, wenn sie für die Wohnung keine Kosten aufwenden muss. Die fiktiven Mietkosten sind – im Ehegatten- ebenso wie im Kindesunterhalt – in der Regel nach Köpfen auf alle die Wohnung nutzenden Personen aufzuteilen (8 Ob 32/17i mwN = RIS-Justiz RS00123485 [T5]).

Abgesehen davon, dass im relevanten Zeitraum neben der Mutter auch noch der die Wohnung ebenfalls bewohnende damals minderjährige Bruder bei der Kopfaufteilung der (nach den Feststellungen durchschnittlich rund 1.250 EUR betragenden) Wohnungsmiete zu berücksichtigen wäre, dürfte auch eine interne Vereinbarung zwischen den Eheleuten, dass eine Naturalleistung an die Mutter als Unterhalt für die Kinder anzusehen sei, nicht dazu führen, dass für die (sonstigen, nicht in Wohnkosten bestehenden) laufenden Ausgaben für die Kinder nur mehr ein unzureichender Betrag verbliebe (vgl RIS-Justiz RS0047379). Dass diesbezüglich eine pflegschaftsgerichtlich genehmigte Vereinbarung vorläge, wurde gar nicht behauptet; selbst wenn fiktive Wohnkosten in Ansehung der Mutter in Anschlag
zu bringen wären, könnten diese im Übrigen nur soweit als den Lebensbedarf der Kinder deckende (und deshalb geldunterhaltsmindernde Natural-)Unterhaltsleistungen berücksichtigt werden, als sie deren Wohnbedarf befriedigen (vgl 7 Ob 211/10w). Die angestrebte überwiegende oder gar gänzliche Deckung des Unterhaltsanspruchs durch Naturalunterhalt ist mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen.

2.2.3. Warum aus dem Hinweis des Revisionsrekurswerbers, die Wohnkosten machten aufgrund der überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Familie nur einen prozentuell geringeren Anteil des Einkommens (16 %) als bei Durchschnittsfamilien (22,3 %) aus, gerade ein höherer Abzug an fiktiven Wohnkosten vom Geldunterhalt der Minderjährigen ableitbar sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.

Durch die weitere Behauptung, aufgrund der überdurchschnittlichen Lebensverhältnisse wäre der Gesamtunterhaltsanspruch statt um nur ein Viertel um zumindest ein Drittel bzw um den vollen Kopfteil des auf die Minderjährige entfallenden Naturalunterhalts zu kürzen gewesen, wird keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen aufgezeigt: Deren Bemessung des ungekürzten Unterhalts in rund 2,2-facher bzw des zugesprochenen Unterhalts in rund 1,6-facher Höhe des Regelbedarfssatzes, der einerseits zur angemessenen Deckung der Restbedürfnisse noch ausreiche und andererseits der Minderjährigen ermögliche, an den gehobenen Lebensverhältnissen des Vaters teilzuhaben, begegnet gerade vor dem Hintergrund der auch vom Revisionsrekurswerber betonten überdurchschnittlichen Lebensverhältnisse keinen im Einzelfall aufzugreifenden Bedenken.

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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00117.18M.0717.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAD-35896