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OGH vom 30.03.1999, 7Ob126/98z

OGH vom 30.03.1999, 7Ob126/98z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****-GmbH, ***** vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen S 450.261,96 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 1 R 32/98a-45, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 10 Cg 242/97i-41, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird behoben und die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe bestätigt, daß sie zu lauten hat:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Die Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Mit der am eingelangten Klage begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei ursprünglich S 577.831,09 und brachte hiezu vor, sie habe dieser auf deren Bestellung Waren für deren Geschäftsbetrieb zu vereinbarten und angemessenen Preisen verkauft und geliefert. Es sei zwar richtig, daß hinsichtlich der gelieferten Alu-Profilschienen von der beklagten Partei eine Mängelrüge infolge Kratzer auf den Schienen erhoben worden sei, aufgrund einer anschließend getroffenen Vereinbarung zwischen den Streitteilen sei deswegen jedoch kein Abzug gerechtfertigt. Die Lieferung sei auch völlig mängelfrei gewesen. Hinsichtlich der Behauptung, es seien von der klagenden Partei Löcher in den Alu-Profilschienen falsch gebohrt worden, sei vereinbart worden, daß die Profile abgeholt und nach Salzburg zur Firma F***** gebracht werden, wo die Profile neuerlich und richtig gebohrt werden sollten. Abredewidrig habe die beklagte Partei die Löcher nunmehr selbst gebohrt. Eine Aufstellung über diese Kosten sei nicht erfolgt. Durch diesen allenfalls geringfügigen Betrag könne jedoch die Fälligkeit der gesamten Forderung nicht hinausgeschoben werden. Schließlich habe die Festigkeit der Alu-Profile dem zugesicherten Ausmaß entsprochen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die gelieferte Ware habe erhebliche Mängel aufgewiesen, welche unverzüglich gerügt, jedoch von der klagenden Partei bis dato noch nicht verbessert worden seien, die Klagsforderung sei daher noch nicht fällig. Die von der klagenden Partei gelieferten Alu-Profile würden bei weitem nicht die zugesagte Festigkeit aufweisen und sei die klagende Partei der Aufforderung zur Adaptierung dieser Profile nicht nachgekommen. Weiters sei auch die Falschbohrung bemängelt worden und seien schlußendlich diese Löcher dann von der beklagten Partei selbst gebohrt worden, da sie nicht mehr genügend Zeit gehabt habe, die Ware wieder zu versenden. Für diese Nachbohrung der Alu-Schienen seien Kosten in der Höhe von S 38.970,-- entstanden, die in eventu compensando eingewendet werden.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom , S *****, wurde über das Vermögen der beklagten Partei der Konkurs eröffnet und trat demzufolge eine Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens ein. Die Klagsforderung wurde von der klagenden Partei im Konkursverfahren angemeldet. In der Prüfungstagsatzung am wurde vom Masseverwalter diese Forderung bestritten und der klagenden Partei vom Konkursgericht eine Frist von einem Monat zur Geltendmachung der bestrittenen Forderungen gesetzt. Von der klagenden Partei wurde jedoch kein Prüfungsprozeß angestrengt.

Mit rechtskräftigem Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom wurde der Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 KO aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom stellte die beklagte Partei den Antrag auf Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens und wandte zusätzlich ein, daß die Klagsforderung infolge nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens verjährt sei.

In der daraufhin anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am schränkte die klagende Partei infolge der konkursrechtlichen Aussonderung eines Teiles der an die beklagte Partei gelieferten Waren im Wert von S 101.112,36 das Klagebegehren auf restliche S 450.261,96 sA ein und brachte vor, daß es der beklagten Partei nunmehr an der Parteifähigkeit mangle. Nach Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der beklagten Partei (Quote 9,83 %) hätte nach § 2 AmtsLG die beklagte Partei längst im Firmenbuch gelöscht werden müssen. Die beklagte Partei bestehe nicht mehr, sie betreibe keine Geschäfte mehr, sie habe kein Vermögen und auch keine Forderungen mehr. Auch im gegenständlichen Prozeß habe sie keine Forderung und bestehe mangels Parteifähigkeit auch keine Kostenforderung der beklagten Partei gegen die klagende Partei. Darüberhinaus komme auch eine Fortsetzung einer GesmbH nach Aufhebung eines Konkurses wegen Verteilung des Massevermögens nicht in Betracht. Weiters sei das Vollmachtsverhältnis der ursprünglich beklagten Partei zum Beklagtenvertreter durch die Konkursaufhebung erloschen. Es sei daher davon auszugehen, daß der Beklagtenvertreter nunmehr ohne Vollmacht der beklagten Partei einschreite. Im übrigen sei das Verhalten der beklagten Partei als sittenwidrig, arglistig bzw schikanös zu betrachten, da der nunmehrige Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens unter gleichzeitiger Erhebung der Einrede der Verjährung mit dem einzigen Ziel, Prozeßkostenersatz im gegenständlichen Prozeß zu erwirken, zu dem rechtlich unbilligen Ergebnis führen würde, daß die klagende Partei nicht nur eine Forderung von über S 450.000,-- samt bisher angefallenen Prozeßkosten auszubuchen hätte, sondern (bei Verjährung) der beklagten Partei sogar noch Prozeßkosten zu bezahlen wären. Damit wäre bei Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Prozeßpartei der Prozeßgegner gezwungen, jeden Prozeß ohne Rücksicht auf irgendwelche ökonomischen Grundsätze fortzuführen. Der Antrag der beklagten Partei auf Verfahrensfortsetzung unter gleichzeitiger Erhebung der Einrede der Verjährung widerspreche auch dem Grundsatz von Treu und Glauben und sei die Berufung auf bestehende Rechte im vorliegenden Fall sittenwidrig.

Das Erstgericht stellte das gegenständliche Verfahren ein. Die Vollbeendigung einer Gesellschaft des Handelsrechtes während eines gegen sie anhängigen Passivprozesses trete ganz allgemein dann ein, wenn kein verwertbares und verteilbares Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden sei. Für die Annahme der Parteifähigkeit der beklagten Partei könne es nicht genügen, daß das einzige potentielle Aktivum der nach Verteilung des Massevermögens im Zuge des Konkursverfahrens zwingend vermögenslosen beklagten Partei ein allenfalls im Falle der Klagsabweisung ersiegter Prozeßkostenanspruch gegen die klagende Partie sei. Auch der Umstand, daß die beklagte Partei im Firmenbuch noch nicht gelöscht sei, sei für die Frage der Parteifähigkeit der beklagten Partei ohne Bedeutung, da einer Löschung im Firmenbuch nur deklarative Bedeutung zukomme und nichts über die Vollbeendigung einer Gesellschaft, welche ausschließlich von Bedeutung für den Verlust der Parteifähigkeit sei, aussage. Auch die Gegenforderung der beklagten Partei stelle keinen Vermögenswert dar, weil diese im vorliegenden Fall bei weitem nicht die Höhe der Klagsforderung erreiche. Nachdem im vorliegenden Fall ein Leistungsverweigerungsrecht nicht zum Tragen komme, da die beklagte Partei aufrechnungsweise nur Mängelbehebungskosten geltend mache, würde einer allenfalls berechtigten Gegenforderung daher die weitaus höhere Klagsforderung gegenüberstehen. Die Aufrechnung würde somit die Forderung der beklagten Partei tilgen, sodaß der bisher allenfalls noch vorhandene Vermögenswert durch die Aufrechnung verlorenginge. Durch die zufolge der Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen eingetretene Auflösung der beklagten Partei und durch die durch die Verteilung des gesamten Aktivvermögens im Zuge des Konkursverfahrens bewirkte Vermögenslosigkeit sei die Vollbeendigung der beklagten Partei eingetreten und dadurch ihre Parteifähigkeit in Wegfall geraten.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß mit der angefochtenen Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens mit der beklagten Partei auf. Es erklärte die Erhebung des ordentlichen Revisionsrekurses für zulässig. Die Rechtsprechung zur Frage, ob die Vollbeendigung einer Gesellschaft während eines Passivprozesses zum Verlust ihrer Parteifähigkeit führe, sei kontroversiell. Der erste Senat des Obersten Gerichtshofes vertrete die Auffassung, daß sich eine Personengesellschaft durch ihre Vollbeendigung einem einmal eingeleiteten Verfahren (Passivprozeß) nicht entziehen könne. Der Prozeß sei daher gegen die Personengesellschaft fortzusetzen, auch wenn die Parteifähigkeit im Zuge des Prozesses weggefallen sei (1 Ob 551, 552/89 = SZ 62/43 = GesRZ 1990, 153). Demgegenüber stehe der 8. Senat auf dem Standpunkt, daß gegen eine vollbeendete Personengesellschaft ein Prozeß weder geführt noch fortgesetzt werden könne. Mit der Vollbeendigung sei die Personengesellschaft erloschen. Eine Fortsetzung des Prozesses mit der untergegangenen Gesellschaft sei grundsätzlich nicht möglich. Bei Passivprozessen sei die Schaffung eines Exekutionstitels gegen eine nicht existierende Partei völlig wert- und sinnlos. Eine nicht mehr existierende Gesellschaft sei ein "rechtliches Nichts" (8 Ob 652/88 = SZ 62/127). Eine aufgelöste und gelöschte Gesellschaft sei nur solange als parteifähig anzusehen, solange sie als klagende Partei einen Anspruch behaupte und hierüber einen Aktivprozeß führe. Ob gleiches noch gelte, wenn eine gelöschte Gesellschaft nur aufrechnungsweise Gegenforderungen einwende, sei sehr fraglich.

Entgegen der Meinung des zweiten Senates (2 Ob 518/91 = EvBl 1991/125

= ecolex 1991, 466) könne es jedoch nicht genügen, wenn das einzige

potentielle Aktivum der gelöschten Gesellschaft ein allenfalls - im Fall der Klagsabweisung - ersiegter Prozeßkostenanspruch gegen die beklagte Partei sei. Gleiches gelte auch, wenn die gelöschte und ansonsten vermögenslose beklagte Partei selbst auf eine Sachentscheidung dränge (GesRZ 1995, 53). Der 6. Senat verweise in seiner Entscheidung 6 Ob 635/91 = ecolex 1992, 419 darauf, daß für den Fall, daß eine Forderung einredeweise behauptet werde, die Gesellschaft noch nicht vollständig abgewickelt sei und in diesem Falle die Parteifähigkeit im Passivprozeß erhalten bleibe. Den Entscheidungen 8 Ob 6/94, 2 Ob 518/91, 8 Ob 652/88 und 1 Ob 551, 552/89 sei gemeinsam, daß die betreffende Gesellschaft im Passivprozeß jeweils bereits (amtswegig) im Firmenbuch gelöscht worden sei. Eine Auseinandersetzung mit dem Problem, ob eine (Kapital-)Gesellschaft, die im Firmenbuch noch nicht gelöscht sei, jedoch ansonsten über kein Vermögen verfüge, dennoch als voll beendet anzusehen sei und aus diesem Grunde ihr die Parteifähigkeit im anhängigen Passivprozeß abzuerkennen sei, sei keiner der zu diesem Rechtsproblem ergangenen Entscheidungen zu entnehmen. Die Löschung im Firmenbuch wirke nur deklarativ. Dementsprechend bestehe die Gesellschaft mit beschränkter Haftung solange noch fort, als noch unverteiltes Aktivvermögen vorhanden sei. Dementsprechend setze eine Vollbeendigung einer GesmbH sowohl die Vermögenslosigkeit, als auch ihre Löschung im Firmenbuch voraus. Die Auflösung einer Gesellschaft und die Löschung ihrer Firma im Handelsregister (nunmehr Firmenbuch) beeinträchtige solange ihre Parteifähigkeit und Prozeßfähigkeit nicht, als ihre Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten noch nicht abgewickelt seien und werde auch die Weitergeltung der Prozeßvollmacht für den Rechtsstreit dadurch nicht berührt (6 Ob 537/91; 8 Ob 6/94; 8 ObA 207/95; 8 Ob 8/95; 1 Ob 2002/96k uva). Auch nach der deutschen Lehre und Rechtsprechung wirke die Eintragung der Löschung daher konstitutiv nur in dem Sinne, daß sie für die Vollbeendigung unentbehrlich sei, nicht aber in dem Sinne, daß sie allein schon die Vollbeendigung herbeiführe. Dieser Auffassung sei auch der Vorzug zu geben, da alleine der Eintritt der Vermögenslosigkeit ein viel zu unsicheres Merkmal darstelle, um für sich bei dem für Kapitalgesellschaften geltenden Eintragungsprinzip das automatische Erlöschen einer vermögenslos gewordenen Gesellschaft ohne jede Verlautbarung im Firmenbuch zu begründen. Obgleich die Frage, ob eine Gesellschaft während eines gegen sie anhängigen Rechtsstreites ohne Vorliegen einer Gesamtrechtsnachfolge ihre Parteifähigkeit mit der Folge verlieren könne, sodaß die Klage unzulässig werde, in jüngster Zeit divergierend beantwortet worden sei, führe jedoch nach gesicherter Auffassung selbst die Löschung einer Gesellschaft ihre Vollbeendigung nur dann herbei, wenn sie kein Vermögen mehr habe. Als Vermögen könnten daher auch Ansprüche gegen Dritte angesehen werden. Dazu gehörten aber auch Gewährleistungsansprüche einer Gesellschaft als Besteller (Geldanspruch auf Preisminderung für Sachmängel, Ersatz der Verbesserungskosten ua) und Geldansprüche aus Schadenersatz gegen einen Werkunternehmer (GesRZ 1992, 132). Die beklagte Partei könnte daher jedenfalls mit der Behauptung, ihr stehe noch ein Anspruch zu (und habe sie insoweit noch Vermögen) einen Aktivprozeß führen. Die Aufrechnungseinwendung sei als Antrag der Beklagten auf Aufrechnung der Klageforderung mit einer ihr gegen den Kläger zustehenden Gegenforderung im Urteil zu werten. Das Gesellschaftsvermögen umfasse daher nach den Behauptungen der beklagten Partei wenigstens noch einen an sich gegen die klagende Partei zustehenden Leistungsanspruch. Die Rechtsverhältnisse der Beklagten gegenüber Dritten seien nach ihren Behauptungen daher noch nicht abgewickelt. Der Umstand, daß die beklagte Partei nicht einen separaten Aktivprozeß führe, sondern lediglich im vorliegenden Rechtsstreit eine Gegenforderung einwende, könne insoferne keinen erheblichen Unterschied machen, als auch die Aufrechnungseinrede im Prozeß nur die Ausübung eines Rechtsgestaltungsanspruches des Beklagten aufgrund eines an sich die Rechtschutzzulässigkeit des Verurteilungsanspruches genießenden Tatbestandes unter Hinzukommen der Kompensabilität als besonderer Grundlage der Rechtsschutzzulässigkeit des Rechtsgestaltungsanspruches sei. Die gegenteilige Ansicht führte dazu, daß die Beklagte zur Erhaltung ihrer Parteifähigkeit zu einer völlig unökonomischen Vorgangsweise in der Weise gezwungen wäre, daß sie entweder eine Widerklage erheben oder parallel zum Passivprozeß einen separaten Aktivprozeß anstrengen müßte. Die Vorgangsweise der beklagten Partei sei auch nicht sittenwidrig, weil immerhin eine nicht von vornherein auszuschließende Möglichkeit bestehe, daß die vorliegende Klage etwa infolge Verjährung abgewiesen werde. Dann könnte die beklagte Partei die im vorliegenden Rechtsstreit einredeweise geltend gemachte Forderung zwar nicht entschieden werden, aber es könnte die beklagte Partei dann den einredeweise geltend gemachten und behaupteten Anspruch in einem Aktivprozeß durchsetzen. Insbesondere werde sowohl in der österreichischen als auch in der deutschen Lehre die Auffassung vertreten, daß eine Gesellschaft parteifähig bleibe, wenn sie im Passivprozeß aufrechnungsweise eine Gegenforderung einwende bzw wenn sie Gegenansprüche im Wege der Einrede oder Widerklage geltend mache, da auch hiedurch ihr Fortbestand indiziert werde. Ein möglicher Kostenersatzanspruch gegenüber dem Prozeßgegner stelle nach den Entscheidungen 2 Ob 518/91 (= GesRZ 1991, 226 = EvBl 1991/125) und 6 Ob 120/97w Vermögen und damit ein die Vollbeendigung hinderndes Aktivum dar. Es dürfe bei der Prüfung der Parteifähigkeit der Beklagten nicht nur darauf abgestellt werden, ob die klagende Partei ein schutzwürdiges Interesse am Verfahren habe, sondern müsse auch das Interesse der Beklagten an einer für sie positiven Kostenentscheidung berücksichtigt werden. Der vorliegende Sachverhalt sei nun dadurch gekennzeichnet, daß die beklagte Partei eine Gegenforderung einwandte und damit erkennbar zum Ausdruck brachte, daß ihr noch Vermögen zustehe. Sollte die vorliegende Klage abgewiesen werden, so würde sie einen Kostentitel und damit neuerlich Vermögen erlangen. Bei dieser Fallkonstellation müsse daher davon ausgegangen werden, daß die beklagte Partei sehr wohl ein Interesse an einer für sie positiven Kostenentscheidung habe und sei auch aus diesem Grunde ihre Parteifähigkeit zu bejahen sei, sodaß in Stattgebung ihres Rechtsmittels dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens mit der nach wie vor parteifähigen beklagten Partei aufzutragen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Rekursentscheidung von der klagenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Zunächst ist auf die als gerichtsbekannt anzusehende Tatsache zu verweisen, daß die beklagte Partei im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck am amtswegig gelöscht worden ist.

Das Rekursgericht hat zutreffend den Stand der österreichischen und deutschen Lehre sowie jenen der österreichischen Rechtsprechung bis zum Ergehen der Entscheidung des verstärkten Senates vom , 9 ObA 2344/96f (= JBl 1999, 126) wiedergegeben (§ 510 Abs 3 ZPO). Letztzitierter Entscheidung kommt trotz dort anders gelagerter Sachverhaltsgrundlage Bedeutung für die Lösung der vorliegenden Rechtsfrage zu. Der Unterschied zur vorliegenden Fallkonstellation besteht darin, daß den dortigen Klägern durch die amtswegige Löschung ihrer Dienstgeberfirma die Möglichkeit entzogen wurde, einen Titel gegen Letztere zu erwirken. Dies wurde als Verletzung des aus Art 6 MRK abzuleitenden Justizgewährungsanspruches gewertet. Im Falle eines vor Löschung der beklagten Gesellschaft mbH eingeleiteten Zivilprozesses sei daher gegen den Kläger aufgrund dieser Löschung nicht die Vermutung der Vermögenslosigkeit seiner Gegnerin abzuleiten, sondern sei dem Kläger die Fortsetzung des Prozesses ungeachtet der Löschung zuzugestehen, ohne ihn zu einer notwendigerweise "ins Blaue hinein" aufzustellenden Behauptung eines Vermögens der Gesellschaft und eines Nachweises eines solchen in einem dazu eingeleiteten Zwischenverfahren zu zwingen. Von einem im allgemeinen aus Ersatzansprüchen bestehenden Vermögen einer gelöschten Gesellschaft sei nur dann auszugehen, wenn jemand bereit sei, diese Ansprüche auch zu verfolgen, dies sei anzunehmen, wenn der Kläger die Fortsetzung des Prozesses gegen die gelöschte Gesellschaft begehre. Andererseits müsse einem Kläger zugebilligt werden, die aus der Löschung abzuleitende Vermutung der Vermögenslosigkeit der beklagten Gesellschaft auch gegen sich gelten zu lassen und den Prozeß daher nicht mehr weiter fortzusetzen. Man würde damit das Recht der existenten klagenden Partei auf ein chancengleiches, faires Verfahren verletzen, wollte man gegen ihren Willen weitere Kosten verursachende Schritte setzen; wenn feststehe, daß bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten, rechtsnachfolgerlosen Gesellschaft nichts mehr zu holen sei, dürften von diesem Zeitpunkt an keine neuen Kosten verursacht werden.

In diesem Sinne habe auch der BGH, NJW 1982, 238 entschieden, daß im Falle der Löschung der beklagten Gesellschaft der Kläger nicht genötigt werden dürfe, den Prozeß fortzusetzen. Er müsse die Möglichkeit haben, den gegen eine parteifähige Gesellschaft eingeleiteten Prozeß, der sich durch ein nicht von ihm zu vertretendes Prozeßhindernis erledigt habe, ohne Kostenlast zu beenden, wofür die - im österreichischen Prozeßrecht nicht vorgesehene - Erledigungserklärung nach § 91 a dZPO der geeignete Weg sei. Das österreichische Zivilprozeßrecht sehe eine Beendigung des Prozeßrechtsverhältnisses nur durch Klagsrücknahme, Vergleich, Urteil oder Klagszurückweisung vor (Fasching ZPR2 Rz 133). Werde die Klage nachträglich wegen Wegfalles einer Prozeßvoraussetzung unzulässig, sei die Klage daher zurückzuweisen (siehe Buchegger, Beiträge zum Zivilprozeßrecht II, 21 ff; Ballon, Einführung in das österreichische Zivilprozeßrecht, streitiges Verfahren7 Rz 105), das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären (siehe Mayr in Rechberger ZPO § 29 JN Rz 3 und 4 sowie Gitschthaler in Rechberger ZPO § 157 Rz 5; SZ 63/11; 5 Ob 523/95; vgl JBl 1984, 153 [zust Schwimann]; IPRax 1986, 385; SZ 60/212; ÖA 1990, 19) und seien gemäß § 51 Abs 2 ZPO die Kosten gegenseitig aufzuheben. Durch diese Lösung werde auch die mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens wohl nicht vereinbare Fortsetzung des Prozesses durch die gelöschte beklagte Gesellschaft unter Berufung auf die mittlerweile eingetretene Verjährung und den ihr nunmehr erwachsenden Kostenersatzanspruch (siehe 2 Ob 518/91 = GesRZ 1991, 225 [Dellinger] sowie Mahr GesRZ 1995, 170 [186]) verhindert. Das Interesse der gelöschten beklagten Partei erscheine in diesem Zusammenhang nicht schützenswert, weil der Gesellschaft im Löschungsverfahren nach Verständigung gemäß § 18 FBG ausreichend Gelegenheit geboten wurde, allfälliges Vermögen zu behaupten und zu bescheinigen und damit die Löschung zu verhindern. Der gelöschten Gesellschaft gegenüber sei daher die Vermutung der Vermögenslosigkeit gerechtfertigt. Eine Einstellung des Verfahrens sei daher unzulässig.

Der verstärkte Senat kam daher zu folgendem Ergebnis:

Wird die beklagte Kapitalgesellschaft während eines anhängigen Prozesses gelöscht, ist das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen.

Strebt der Kläger hingegen nicht die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft an, ist die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären.

Im vorliegenden Fall war die beklagte GesmbH zwar im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz noch nicht amtswegig gelöscht, wohl aber vor dem Zeitpunkt des Ergehens der vorliegenden Entscheidung im Revisionsverfahren. Der Wegfall der Parteifähigkeit ist ein in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmender Nichtigkeitsgrund (vgl Kodek in Rechberger ZPO § 477 Rz 2 mwN). In Anwendung des zweiten Rechtssatzes der zitierten Entscheidung des verstärkten Senates kommt es im vorliegenden Fall gar nicht mehr darauf an, ob der im Firmenbuch gelöschten beklagten Partei der Nachweis gelingt, noch über Vermögen zu verfügen. Die in der Revisionsrekursbeantwortung aufgestellte Behauptung, die beklagte Partei verfüge über einen beim Beklagtenvertreter erliegenden Kostenvorschuß von S 20.000,--, stellt eine unbeachtliche Neuerung dar.

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei war daher Folge zu geben und in Übereinstimmung mit der verfahrensbeendenden Entscheidung des Erstgerichtes die Klage bei gegenseitiger Kostenaufhebung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 51 Abs 2 ZPO.