OGH vom 25.01.1994, 1Ob623/93

OGH vom 25.01.1994, 1Ob623/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr .Rohrer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Christian B*****, infolge Revisionsrekurses der erblasserischen Witwe Anna B*****, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Dr. Helmut Blum und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom , GZ R 888/93-15, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Gmunden vom , GZ 1 A 171/93s-10 und 11, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gesetzliche Erben zum Nachlaß des am ***** ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorbenen Christian B***** sind dessen Witwe Anna B***** und vier großjährige eheliche Kinder. Der älteste Sohn hat sich seines Erbrechtes sowie aller Pflichtteilsansprüche unbedingt und vorbehaltlos entschlagen. Die Witwe und die drei übrigen Kinder gaben zu den gesetzlichen Erbquoten unbedingte Erbserklärungen ab. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung errichteten die Erben ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, und schlossen ein Erbübereinkommen, wonach sich die Witwe Anna B***** verpflichtete, den gesamten Nachlaß in ihr Eigentum und ihre Zahlungspflicht zu übernehmen und den drei Kindern bestimmte Erbteilsbeträge zu bezahlen. Weiters verpflichtete sich Anna B***** zur Bezahlung der gesamten Abhandlungskosten. Das Protokoll über die Verlassenschaftsabhandlung wurde von allen Miterben unterzeichnet.

Das Erstgericht nahm mit dem angefochtenen Punkt 4 des Mantelbeschlusses (ON 10) das Erbübereinkommen vom abhandlungsgerichtlich zur Kenntnis. Gleichzeitig erließ es die Einantwortungsurkunde (ON 11), mit welcher der Nachlaß den gesetzlichen Erben, die eine positive Erbserklärung abgegeben hatten, gemäß den gesetzlichen Anteilen eingeantwortet und die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob des Hälfteanteils des verstorbenen Christian B***** an der EZ ***** KG E***** für die Witwe Anna B*****, die Einverleibung eines Pfandrechtes für die Tochter Barbara B*****, und die Anmerkung der Verpflichtung zur vorbehaltslosen Löschung eines Pfandrechtes gemäß § 469a ABGB angeordnet wurde.

Anna B***** erhob Rekurs gegen Punkt 4. des Mantelbeschlusses, sinngemäß aber gegen alle weiteren Anordnungen, die auf dem Erbteilungsübereinkommen beruhen, also auch gegen den diesbezüglichen Inhalt der Einantwortungsurkunde. Im Rekurs wurde vorgebracht, das Erbübereinkommen vom sei durch Zwang und Irrtum zustandegekommen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Anna B***** nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Der Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses wurde damit begründet, daß eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, ob die Wirksamkeit eines nach der Aktenlage vor dem Gerichtskommissär gültig zustandegekommenen Erbübereinkommens mit Rekurs gegen die Einantwortung geltend gemacht werden könne, nicht vorliege, und diese Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 14 Abs. 1 AußStrG sei. In der Sache selbst vertrat es die Ansicht, die Bekämpfung eines Erbübereinkommens sei nur mit selbständiger Klage, gerichtet auf Feststellung der Unwirksamkeit oder Anfechtung aus materiellrechtlichen Gründen möglich. Nach dem Inhalt des Abhandlungsprotokolls vom (gemeint: ) sei von einem gültigen Erbübereinkommen auszugehen, welches bei der Einantwortung zu berücksichtigen gewesen sei. Die „Kenntnisnahme des Erbübereinkommens“ durch das Erstgericht im Mantelbeschluß stelle keine der Anfechtung zugängliche richterliche Entscheidung dar.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Vorauszuschicken ist, daß dem von Anna B***** erhobenen Rechtsmittel gegen Punkt 4 des Mantelbeschlusses ON 10 schon deshalb - wie das Rekursgericht richtig ausführte - kein Erfolg beschieden sein kann, weil die abhandlungsgerichtliche Kenntnisnahme des Erbübereinkommens vom lediglich eine Mitteilung darstellt, die keinerlei Rechtskraftwirkungen zeitigen könnte.

Der Revisionsrekurs der Witwe ist aber deshalb unzulässig, weil zu der vom Rekursgericht und von der Revisionsrekurswerberin für erheblich befundenen Rechtsfrage ohnehin oberstgerichtliche Judikatur vorliegt.

Großjährigen, eigenberechtigten Erben steht es frei, die im Gesetz vorgesehene Erbteilung vor oder nach der Einantwortung des Nachlasses vorzunehmen. In einem Erbteilungsübereinkommen können sämtliche Miterben ihre Rechtsbeziehungen nach ihrem Gutdünken regeln. Ein solches Übereinkommen stellt ein Rechtsgeschäft unter Lebenden dar, auch wenn es vor Erlassung der Einantwortungsurkunde geschlossen wurde (NZ 1990, 257; 1 Ob 36, 37/80; 1 Ob 1/82; SZ 55/101; 6 Ob 640/84; EvBl. 1974/226; 8 Ob 537/77). Das Verlassenschaftsgericht kann auf die Erbteilung keinen Einfluß nehmen. Es kann auch die Frage, ob ein Erbübereinkommen geschlossen wurde, nicht als Vorfrage entscheiden. Strittige Fragen der Erbteilung zwischen eigenberechtigten Erben sind vielmehr im Rechtswege auszutragen (8 Ob 215/65). Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 174 AußStrG ist die Einantwortung zu erlassen, sobald die dort angeführten Voraussetzungen vorliegen. Das Abhandlungsgericht hat sich gemäß § 174 AußStrG jeder über die Einantwortung hinausgehenden Maßnahme zu enthalten (SZ 14/158; 6 Ob 120/67; vgl. NZ 1980, 27; SZ 5/8). In den Entscheidungen EvBl. 1974/226 und 8 Ob 537/77 hat der Oberste Gerichtshof bereits klar zum Ausdruck gebracht, daß ein von den Erben abgeschlossenes Erbübereinkommen wegen einer von der Rekurswerberin behaupteten Irreführung nur im Rechtswege angefochten werden könnte. Im Hinblick auf diese einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erweist sich der Revisionsrekurs der erblasserischen Witwe Anna B***** als unzulässig.