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OGH 08.08.2012, 3Ob120/12m

OGH 08.08.2012, 3Ob120/12m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Appiano & Kramer Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei I*****, vertreten durch Dr. Barbara Rogl, Rechtsanwältin in St. Veit an der Glan, wegen 37.651,43 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 1 R 272/11m, 1 R 273/11h, 1 R 275/11b, 1 R 68/11m, 1 R 276/11z, 1 R 70/11f, 1 R 55/11z, 1 R 60/11k, 1 R 71/11b-159, womit ua die Rekurse der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom , GZ 1 E 1044/08g-86, vom , GZ 1 E 1044/08g-88, und vom , GZ 1 E 1044/08g-99 zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Jahr 2007 wurde der Verpflichtete bücherlicher Alleineigentümer zweier Liegenschaften (EZ 382 und 444), die jeweils erstrangig mit einem Pfandrecht für die Betreibende über 61.800 EUR sA simultan belastet sind. Danach wurde das Schuldenregulierungsverfahren über sein Vermögen eröffnet, ihm die Eigenverwaltung entzogen und ein Masseverwalter bestellt. In der Folge brachte die Betreibende gegen den Masseverwalter die Hypothekarklage im Titelprozess ein, die zum vorliegenden Exekutionstitel führte. Die Betreibende führt damit beim Erstgericht Zwangsversteigerung auf die beiden Liegenschaften gegen den Masseverwalter. Den Rekurs des (damaligen) Schuldners gegen die Exekutionsbewilligung vom wies das Rekursgericht mit der zusammengefassten Begründung zurück, es fehle ihm wegen der mit der Konkurseröffnung verbundenen Verfügungsbeschränkung an der Sachlegitimation. Am kam es zur Erteilung des Zuschlags für beide Liegenschaften an die Ehegattin des Schuldners (im Weiteren: Ersteherin), die jedoch keine weiteren Zahlungen leistete. Der Erstrichter beraumte sodann parallel die Meistbotsverteilungstagsatzung für die EZ 444, deren Meistbot vom erlegten Vadium gedeckt war, und die (neuerliche) Versteigerung der EZ 382 an. Anträge der Ersteherin gegen die Anordnung der Wiederversteigerung einschließlich eines Rechtsmittels dagegen wies das Erstgericht „ab“, weil der Ersteherin wegen Säumigkeit mit dem Erlag des Meistbots keine Parteistellung mehr zukomme (ON 86); dagegen erhob der Schuldner Rekurs (ON 92). Mit dem Beschluss des Erstgerichts ON 88 wurde das Meistbot für die EZ 444 der Betreibenden auf Nebenforderungen zugewiesen; auch dagegen brachte der Schuldner einen Rekurs ein (ON 93). Nach Einstellung des Exekutionsverfahrens gemäß § 151 Abs 3 EO wurde die neuerliche Versteigerung der EZ 382 für den angesetzt (ON 99). Das bekämpfte der Schuldner mit einem als Rekurs gewerteten Schreiben (ON 105). Im Versteigerungstermin wurde der Betreibenden der Zuschlag für die EZ 382 um das geringste Gebot erteilt.

Das Rekursgericht wies in seiner nunmehr bekämpften Entscheidung vom , ON 159, ua die Rekurse des Schuldners ON 92, ON 93 und ON 105 gegen die Beschlüsse ON 86, ON 88 und ON 99 zurück, weil ein Rekursrecht nur dem Masseverwalter zustehe. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Schuldners (ON 196).

Nach völlig herrschender, bis zuletzt aufrecht erhaltener Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind Beschlüsse, mit denen das Rekursgericht einen Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen hat, nur wegen einer erheblichen Rechtsfrage und nur dann anfechtbar, wenn der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR übersteigt (RIS-Justiz RS0044501). Als „allgemeine“ Bestimmung der ZPO über das Rechtsmittel des Rekurses gilt § 528 ZPO gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren (RIS-Justiz RS0002321). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO in Bezug auf die Zurückweisung der an das Rekursgericht gerichteten Rekurse des Verpflichteten wegen fehlender eigener Legitimation zeigt der Rechtsmittelwerber aber nicht auf, sodass der außerordentliche Revisionsrekurs als nicht zulässig zurückzuweisen ist (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

1. Im Hinblick auf die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens schon im Jahr 2007 gilt die Rechtslage vor dem IRÄG 2010.

2. In der Insolvenzdatei wurde zu AZ 18 S 26/07f des Bezirksgerichts Villach am der am gefasste Beschluss bekannt gemacht, dass der Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt und das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben wurde. Auf die Tatsache der Aufhebung des Konkurses/des Schuldenregulierungsverfahrens und ihre Folgen ist in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen (vgl RIS-Justiz RS0065564 [T3]). Deshalb ist der (frühere) Schuldner von Amts wegen schon vom Obersten Gerichtshof im Kopf der Entscheidung als Verpflichteter zu führen.

3. Dennoch stand ihm kein Rekursrecht zu:

3.1. Gemäß § 11 Abs 1 KO werden Absonderungsrechte durch die Konkurseröffnung nicht berührt. Vermögenswerte, an denen bestimmten Gläubigern Rechte auf abgesonderte Befriedigung zustehen, gehören dennoch zur Konkursmasse (3 Ob 15/65 = RIS-Justiz RS0064800), sodass auch hinsichtlich dieser Vermögenswerte dem Gemeinschuldner die Verfügungsfähigkeit mangelt (RIS-Justiz RS0002253 [T2]). Während des anhängigen Konkurses tritt in reinen Exekutionssachen (also bei der Exekutionsführung eines absonderungsberechtigten Gläubigers auf Vermögensstücke der Konkursmasse) der Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners auf (RIS-Justiz RS0110285; RS0002250). Das Absonderungsrecht wird daher mit Wirkung für die Konkursmasse wider den durch den Masseverwalter (als gesetzlicher Vertreter) vertretenen Verpflichteten ausgeübt (3 Ob 187/04b mwN = RIS-Justiz RS0002210 [T3] = RS0110285 [T1]), der allein zur Ergreifung von Rechtsmitteln in dieser Exekutionssache befugt ist (3 Ob 14/11x; RIS-Justiz RS0002210). Der Gemeinschuldner hat daher im reinen Exekutionsverfahren, das die Konkursmasse betrifft, kein Rekursrecht (RIS-Justiz RS0002253).

Ein Verbesserungsverfahren (um den Mangel der gesetzlichen Vertretung gemäß § 6 Abs 2 ZPO zu beheben) hat zu unterbleiben, wenn der Gemeinschuldner - wie hier -
eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, nur selbst, also nicht durch den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter handeln zu wollen, wenn das Rechtsmittel des Gemeinschuldners verspätet war oder wenn der Gemeinschuldner - wie hier - in Kenntnis, dass ein Rechtsmittel nur mit Genehmigung des Masseverwalters ergriffen werden kann, Revisionsrekurs selbst erhebt (RIS-Justiz RS0002293 [T2, T5 und T6]).

3.2. Vom Rekursgericht wurde demnach die Rekurslegitimation des Schuldners angesichts des Entzugs der Eigenverwaltung und der Bestellung eines Masseverwalters im Schuldenregulierungsverfahren zu Recht verneint und von einem Verbesserungsverfahren Abstand genommen.

3.3. Daran vermag auch die nunmehrige Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens nichts zu ändern. Damit fiel nämlich der Mangel der Verfügungsfähigkeit des Schuldners nicht rückwirkend weg, sondern erst mit dem Eintritt der Aufhebung, weil bis dahin (nur) die Vertretungsmacht des Masseverwalters bestand (vgl 3 Ob 32/06m = SZ 2006/67).

4. Die Versuche im Revisionsrekurs, eine Rekurslegitimation des (früheren) Schuldners während des aufrechten Schuldenregulierungsverfahrens zu begründen, rechtfertigen es nicht, von dieser ständigen Judikatur abzugehen:

4.1. Das Exekutionsverfahren als Verfahren zur Vollstreckung bereits titulierter Ansprüche dient nicht dazu, zivilrechtliche Ansprüche des Verpflichteten gegen die betreibende Partei durchzusetzen; derartige, von vornherein aussichtslose Absichten vermögen dem Schuldner kein Rekursrecht zu gewähren. Das Vollstreckungsverfahren bietet auch keinen Raum für die Prüfung, ob der Masseverwalter seine Aufgaben ausreichend wahrnimmt (vgl nur § 87 Abs 2 KO).

4.2. Da auch Gegenstände, an denen ein Absonderungsrecht besteht, zur Konkursmasse gehören (vgl Punkt 3.1.), scheidet die begehrte (analoge) Anwendung des § 6 Abs 3 KO jedenfalls aus. Das Zwangsversteigerungsverfahren wurde (zu Recht) bereits gegen den Masseverwalter anhängig gemacht, weshalb sich das Problem eines Verfahrenseintritts iSd § 8 KO gar nicht stellt. Die Ansicht, dass bei Unterbleiben von Verfahrenshandlungen des Masseverwalters der Gemeinschuldner handlungslegitimiert sei, entbehrt jeder Grundlage.

4.3. Die vom Rekursgericht zurückgewiesenen Rechtsmittel wurden vor der Zuschlagserteilung in der vom Schuldner besuchten Versteigerungstagsatzung vom erhoben. Es ist daher in keiner Weise nachvollziehbar, warum ihm § 187 EO eine Legitimation für diese lang davor erhobenen Rekurse verschaffen könnte; ein Rekurs des Schuldners gegen die Zuschlagserteilung vom wurde vom Rekursgericht ohnehin nicht zurückgewiesen.

5. Die Bestätigung der Verneinung der Rekurslegitimation erübrigt ein Eingehen auf die inhaltlichen Argumente des Rechtsmittels.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Appiano & Kramer Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei Ing. J*****, wegen 37.651,43 EUR sA, über die „Beschwerde“ der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 3 Ob 120/12m, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die „Beschwerde“ gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 3 Ob 120/12m, wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Aus dem Inhalt des Schriftsatzes vom ergibt sich, dass der Verpflichtete ein Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs erhebt. Da der Oberste Gerichtshof gemäß Art 92 Abs 1 B-VG die oberste Instanz in Zivil- und Strafsachen ist und seine Entscheidungen im innerstaatlichen Instanzenzug nicht mehr überprüfbar sind, sondern die Rechtslage im entschiedenen Einzelfall endgültig klären, sind Rechtsmittel gegen solche Entscheidungen unzulässig (RIS-Justiz RS0117577; RS0116215). Das absolut unzulässige Rechtsmittel war daher – unverbessert (RIS-Justiz RS0005946) – zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Exekutionsrecht,Gruppe: Konkursrecht,Ausgleichsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2012:0030OB00120.12M.0808.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAD-35696