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OGH vom 18.12.1991, 1Ob622/91

OGH vom 18.12.1991, 1Ob622/91

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Harald, geboren am und Ulrich F*****, geboren am , infolge Rekurses der Marktgemeinde S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Dr. Josef W. Aichlreiter und Dr. Wilhelm Sluka, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 22 a R 103/91-9, womit der Rekurs dieser Gemeinde gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom , GZ 20 P 60/91-2, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Vater der beiden Minderjährigen beantragte in deren Namen beim Erstgericht unter Vorlage einer von ihm und seinem ältesten, bereits volljährigen Sohn gezeichneten Erklärung vom , den Rechtsanwalt Dr. Johannes H***** zu deren Kollisionskurator zu bestellen und die laut der vorgelegten Erklärung vereinbarte Forderungsabtretung pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen; die Erklärung hat nachstehenden Wortlaut:

"Der Unterfertigte,....(der Vater der beiden Minderjährigen)....,

gibt die unwiderrufliche Erklärung ab, daß er von seinen

Söhnen.... alle, im Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall ihrer

Mutter stehenden Rechtsansprüche gegen die Marktgemeinde.... zum

Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung, sohin aus rein

prozeßökonomischen Gründen, abgetreten erhalten hat. Weiters

erklärt der Unterfertigte unwiderruflich, nach rechtskräftiger

Beendigung des Klagsverfahrens zur Zahl.... alle, von seinen

Söhnen abgetreten erhaltenen Forderungen an seine Söhne...

rückzuübertragen. Der Unterfertigte übernimmt auch

uneingeschränkt das Kostenrisiko aus der Führung des

Klagsverfahrens.... und wird seine Söhne.... für den Fall der

Inanspruchnahme schad- und klaglos halten.

Auf der Rückseite findet sich eine weitere, vom Vater und dem vorgesehenen Widerstreitsachwalter unterfertigte Erklärung, die lautet:

"Der Unterfertigte, ...., Rechtsanwalt, wiederholt als gerichtlich bestellter Kollisionskurator für die mj. Söhne...., obige Forderungsabtretung an... (den Vater) ....., der diese nochmals unter Aufrechterhaltung aller oben angeführten Erklärungen - annimmt."

Das Erstgericht genehmigte die Forderungsabtretung in Ansehung der beiden Minderjährigen und bestätigte gleichzeitig, daß der genannte Rechtsanwalt als "hiemit bestellter Kollisionskurator" zur Fertigung der rechtsgeschäftlichen Erklärung namens der Minderjährigen berechtigt gewesen sei. Nach seiner lediglich im Akt vermerkten Begründung sei diese "Regelung" unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie, vertretbar.

Das Gericht zweiter Instanz wies den von der vom Vater klageweise in Anspruch genommenen Marktgemeinde als dessen Prozeßgegnerin erhobenen Rekurs zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Rekurs zulässig sei. Die Rechtsmittelwerberin sei am Abtretungsvertrag nicht beteiligt. Als Dritter komme ihr deshalb auch im Verfahren zur Erteilung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der Zession keine Parteistellung und damit auch kein Rekursrecht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der von dieser Gemeinde erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Im Verfahren außer Streitsachen ist die Partei- bzw. Beteiligtenstellung und damit das Rechtsmittelrecht nur solchen Personen zuzubilligen, deren rechtlich geschützte Interessen durch die bekämpfte Entscheidung beeinträchtigt wurden (SZ 50/41 uva). Im Verfahren zur pfegschaftsgerichtlichen Genehmigung von Verträgen Minderjähriger oder Pflegebefohlener kommt dessen Vertragspartner keine Beteiligtenstellung zu (EvBl.1972, 244; NZ 1966, 121; EvBl.1965/192; SZ 21/160 uva; Wentzel-Piegler bzw. Gschnitzer in Klang2 I/2, 418 bzw. IV/1, 89 f). Der Vertragspartner des Minderjährigen bzw. Pflegebefohlenen kann im pflegschaftsgerichtlichen Verfahren weder die Genehmigung noch deren Versagung erwirken, weil dieses Verfahren ausschließlich im Interesse des Minderjährigen bzw. Pflegebefohlenen durchzuführen, das Pflegschaftsgericht bei der Entscheidung über die Vertragsgenehmigung allein dessen Interessen zu berücksichtigen hat (EvBl.1972/244 uva) und der Vertragspartner schon naturgemäß nicht zur Wahrung der Interessen des Minderjährigen oder Pflegebefohlenen berufen ist. Die Bestimmungen des § 154 Abs. 3 bzw. der §§ 245 und 282 ABGB dienen lediglich der näheren Ausführung des im § 21 ABGB verankerten Grundsatzes, nach dem die dort genannten Personen unter dem besonderen Schutz des Gesetzes stehen. Es hieße den anderen Teil, der auf den Entschluß des eigenberechtigten Vertragspartners keinen Einfluß nehmen kann, eine günstigere Stellung gegenüber minderjährigen bzw. pflegebefohlenen Vertragspartnern einräumen, würde man ihm das Recht zur Bekämpfung des Genehmigungs- bzw. Versagungsbeschlusses des Pflegschaftsgerichtes zubilligen.

Kommt aber im Genehmigungsverfahren nicht einmal dem Vertragspartner des Minderjährigen bzw. Pflegebefohlenen Beteiligtenstellung zu, so kann sie umso weniger ein Dritter in Anspruch nehmen, der behauptet, daß seine Rechte durch den mit dem Minderjährigen bzw. Pflegebefohlenen abgeschlossenen Vertrag verletzt werden (ÖA 1988, 48 = EFSlg.58.193; MietSlg.21.861; NZ 1967, 79 ua). Ein solcher Dritter ist die Rechtsmittelwerberin, weil sie in bezug auf die abgetretenen Schadenersatzansprüche der beiden Minderjährigen bloß die Rechtsstellung des übernommenen Schuldners hat. Bedarf es schon an sich zur Wirksamkeit der Forderungsabtretung nicht dessen Zustimmung (SZ 62/63 uva; Mayrhofer in Ehrenzweig3, Schuldrecht AT, 482), so kann der Zessus auch nicht auf das pflegschaftsgerichtliche Genehmigungsverfahren Einfluß nehmen, wenn der Zedent minderjährig oder pflegebefohlen ist. Das zeigt gerade der vorliegende Fall besonders deutlich: Alle drei Söhne haben ihre Schadenersatzforderung gegen die Gemeinde ihrem Vater abgetreten; die Gemeinde wendet sich aber - naturgemäß - bloß gegen die Abtretung durch die beiden mj. Söhne. Könnte sie die Zession aus den von ihr geltend gemachten, allein in ihrem Interesse liegenden Gründen abwenden, wären die Minderjährigen somit schlechter gestellt als der volljährige Sohn.

Im übrigen führt die Gemeinde als Gründe ihres Einschreitens lediglich Nachteile im Rechtsstreit ins Treffen, den der Vater der beiden Minderjährigen gegen sie angestrengt hat: Damit macht sie aber lediglich wirtschaftliche Interessen geltend; deshalb steht auch dem Prozeßgegner im pflegschaftsgerichtlichen Verfahren zur Erteilung der Prozeßführungsermächtigung die Beteiligtenstellung nicht zu (JBl.1965, 476 uva; zuletzt wieder 6 Ob 615/89).

Das Gericht zweiter Instanz hat den Rekurs der Gemeinde mangels deren Rechtsmittelrechtes zutreffend zurückgewiesen; auf deren weiteren Argumente ist deshalb nicht weiter einzugehen.