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OGH vom 13.12.2011, 5Ob117/11h

OGH vom 13.12.2011, 5Ob117/11h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. R***** T 2. H***** S*****, beide *****, vertreten durch Mag. Michaela Schienagl, Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, 3. M***** S*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Bauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Walter Lichal, Rechtsanwalt in Wien, unter Verfahrensbeteiligung sämtlicher weiterer Mieter und Nutzungsberechtigter der Liegenschaft *****, wegen § 22 Abs 1 Z 6 WGG (iVm §§ 13, 14 WGG), über den Revisionsrekurs der Erst und Zweitantragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 38 R 31/11g 16, womit infolge Rekurses der Erst und Zweitantragsteller der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom , GZ 5 Msch 16/09p 6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Erst und Zweitantragsteller wird Folge gegeben.

Der angefochtene Sachbeschluss, der hinsichtlich der ersatzlosen Aufhebung des Punktes 5 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses in Rechtskraft erwachsen ist, wird im Übrigen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Erst und Zweitantragsteller sind nutzungsberechtigte Mieter in dem von der Antragsgegnerin errichteten Gebäude *****, die Drittantragstellerin ist Mieterin der Wohnung 4 auf Stiege 3 dieses Hauses.

Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinnützige Bauvereinigung iSd § 1 WGG. Der Erstbezug der Wohnungen erfolgte im Jahr 1998.

Mit Schreiben vom bzw übersandte die Antragsgegnerin den Antragstellern ein als Endabrechnung bezeichnetes Schreiben samt Berechnung des sich daraus nach den §§ 13, 14 WGG ergebenden Entgelts.

Am richteten mehrere Mieter des Hauses an die Zentrale Schlichtungsstelle der Stadt Wien einen Antrag nach § 22 Abs 1 Z 6 WEG, womit sie die Angemessenheit des begehrten Entgelts mit der Begründung bestritten, die Berechnung des Entgelts verstoße gegen § 13 WGG, weil die Baukostenabrechnung nicht richtig und nicht vollständig sei bzw Leistungen beinhalte, die nicht oder nicht vollständig erbracht worden seien. Der Antragsgegnerin möge die Legung einer prüffähigen Baukostenendabrechnung aufgetragen werden, weil die ihnen übermittelte Abrechnung kein detailliertes Leistungs und Kostenverzeichnis hinsichtlich der beauftragten und tatsächlich durchgeführten Herstellungsmaßnahmen und keine Rechnungen der Subunternehmer enthalte. Insbesondere sei nicht überprüfbar, ob tatsächlich alle der Antragsgegnerin gewährten Skonti den Mietern gutgeschrieben worden seien. Die vom Generalunternehmer M***** verrechneten Beträge seien sämtliche nicht nachvollziehbar. Es liege nämlich kein Leistungsverzeichnis vor.

Auch die vom Architekten verrechneten Leistungen ließen nicht erkennen, wie sich der geltend gemachte Betrag zusammensetze. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin den Baukosten eigene Kosten für Bauverwaltung, Bauüberwachung und Planung zugrundegelegt, was angesichts des Umstands nicht verständlich sei, dass auch der Generalunternehmer bzw der Architekt derartige Kosten verrechnet habe. Auch sei der Betrag für technische Eigenleistungen der Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar und sei zu detaillieren und zu belegen.

Die den Erst und Zweitantragstellern vorgeschriebene Nachforderung aus der Baukostenendabrechnung in Höhe von 1.533,80 EUR lasse sich nicht nachvollziehen.

Die Antragsteller hätten bereits einen Grundkostenbeitrag von 252.870 ATS bei Mietvertragsbeginn geleistet und seien ihnen mit den monatlichen Nutzungsentgelten jeweils auch Finanzierungsbeiträge vorgeschrieben worden. Diese seien bei den bereits ermittelten Beiträgen zur Finanzierung des Bauvorhabens nicht berücksichtigt worden. Überdies seien die auf das Objekt der Antragsteller entfallenden Anteile infolge einer zwischenzeitig erfolgten Neufestsetzung und die darauf aufbauende Entgeltvorschreibung unrichtig.

Die Antragsteller beantragten daher, das ihnen vorgeschriebene Entgelt unter diesen Gesichtspunkten zu überprüfen und festzustellen, dass das begehrte Entgelt teilweise unangemessen sei.

Im Verfahren vor der Schlichtungsstelle legte die Antragsgegnerin über Auftrag folgende Unterlagen vor:

Gegliederte Endabrechnung

Aufstellung Rechnung Baukosten

Aufstellung Rechnung Grundkosten

Bauendabrechnung

Auftragsbestätigung

Baubeschreibung Auftragsgrundlage

Auftrag für Infrastruktur

Schlussrechnung für Infrastruktur

Schlussrechnung für Errichtung und Fertigstellung des Objekts

Schlusshonorar Zusammenstellung Architekt

Rechnung Archäologische Sondagen und Ausgrabungen

Rechnung M***** Bau AG Projekterstellung

Ziviltechnikerabrechnung

Bewegungsdaten zur Eigenmittelzinsenberechnung.

Im Verfahren vor der Schlichtungsstelle wurde den Antragstellern für die Erhebung von Einwendungen iSd § 22 Abs 2a Z 2 WGG der Zeitraum vom bis eingeräumt. Die Antragsteller bemängelten, dass nach wie vor keine prüffähige Abrechnung vorliege, kein formeller Beschluss gemäß § 22 Abs 2a Z 2 WGG ergangen sei und verwiesen auf die bereits im Antrag gerügten Mängel.

Die Baukostenendabrechnung gliedert sich in

1.) reine Baukosten das sind die Generalunternehmerkosten 4.328.781,89 EUR,

2.) Baunebenkosten im Ausmaß von 830.170,57 EUR (Anschlusskosten, Architektenhonorar und Sonderfachleute, ÖSW technische Eigenleistung und Bauverwaltung, Zinsen, sonstige Nebenkosten) und Grundkosten von 954.149,09 EUR, insgesamt sohin 6.113.101,52 EUR.

Der von der Firma M***** Bau AG für die Ausführung der Generalunternehmerleistungen, (zugrundeliegend eine Baubeschreibung und Auftragskostenberechnung bei Beauftragung des Generalunternehmers) verrechnete Gesamtbetrag beträgt 57.303.590 ATS abzüglich des Skontos. Davon entfallen auf den gegenständlichen Bau (Stiegen 1 5) 52,79 %.

Für Infrastruktur betragen die Kosten der Firma M***** 2.122.286,30 ATS.

Für Ziviltechnikerleistungen betragen die Kosten der Firma M***** 706.780,80 ATS. Dabei wurde ein Skontobetrag berücksichtigt. Der Betrag für Statikerleistungen wurde in Rechnung gestellt, wobei die Berechnung des Statikerhonorars in der Gebührenordnung GOB festgesetzt ist.

Für die Projekterstellung durch die Firma M***** findet sich ein Betrag von 99.162,31 ATS.

Für im Zug der Bauerrichtung notwendig gewordene archäologische Ausgrabungskosten findet sich ein Betrag von 2.138,44 ATS.

Das Honorar des Architekten M***** K***** in Höhe von 2.107.357,37 ATS wurde laut GOA für Büroleistungen sowie für die örtliche Bauaufsicht errechnet. Bei diesem Betrag findet sich ein Abzug für Skonto.

Die Bauverwaltung der Antragsgegnerin wurde in Höhe von 1.820.969,55 ATS berechnet. Diese wurde als Pauschalbetrag nach der in ERVO aufgrund der Wohnungsanzahl (66 Wohnungen) aus 3 % der reinen Baukosten und der Kosten für Außenanlagen errechnet.

Für technische Eigenleistungen der Antragsgegnerin wurde ein Betrag von 3.803.776,85 ATS in Rechnung gestellt. Dieses Honorar betrifft die von der Antragsgegnerin durchgeführten Architektenleistungen und örtliche Bauaufsicht (Architektenleistungen, Büroleistungen), das sind 1.205.860 ATS und 1.990.927 ATS für örtliche Bauaufsicht.

Im Zuge des Verfahrens über die beantragte Neubauförderung erfolgte eine Nutzwertberechnung, die einen Gesamtnutzwert von 5.250 ergab, wovon für die Wohnung der Erst und Zweitantragsteller Top 14 ein Nutzwert mit 133 festgesetzt wurde.

Ausgehend von diesen Feststellungen wies das nur von den Erst und Zweitantragstellern angerufene Erstgericht den verfahrenseinleitenden Antrag ab.

Der nach § 18 Abs 3 WGG rechtzeitig erhobene, auf § 22 Abs 1 Z 6 WGG gestützte Antrag sei im Verfahren nach § 22 Abs 2a WGG zu erledigen, weil vorliegendenfalls die Baukostenverrechnung über einen Generalunternehmer erfolgt sei. Diesfalls könne die Überprüfung der Zulässigkeit des Entgelts mit der Behauptung begehrt werden, die Berechnung verstoße gegen § 13 WGG, weil sie Leistungen enthalte, die nicht oder nicht vollständig erbracht worden seien. § 22 Abs 2 Z 1 bis 4 WGG sei mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1.) neben der Vorlage der Endabrechnung der gesamten Baukosten das dem Generalunternehmervertrag zugrundeliegende Leistungsverzeichnis anzuschließen sei und

2.) nach Vorlage der Unterlagen nach Z 1 dem Antragsteller aufzutragen sei, binnen sechs Monaten die behauptete Minderleistung kurz und vollständig anzugeben.

Diese Möglichkeit sei den Antragstellern im Verfahren vor der Schlichtungsstelle bereits gewahrt worden. Ausdrücklich sei ihnen für die Erhebung von Einwendungen eine Frist vom bis eingeräumt worden. Davon hätten die Antragsteller nicht in dem ihnen vom Gesetz vorgesehenen Umfang Gebrauch gemacht. Seit der Neuregelung für den Fall der Baukostenabrechnung aufgrund eines Generalunternehmervertrags stehe Antragstellern im Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 6 WGG nur mehr eine eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit zu. Nur mehr der Einwand, es lägen Minderleistungen vor, sei zulässig. Solche hätten die Antragsteller nicht geltend gemacht.

Das Wesen einer Abrechnung bestehe in einer Gegenüberstellung der erbrachten Leistungen und des dafür bezahlten Preises. Sei nur ein einheitlicher Preis für verschiedene Leistungen vereinbart worden, könne vom Abrechnungspflichtigen nicht ein Splitten des Preises begehrt werden. Vielmehr bestehe diesfalls wie im Fall eines Generalunternehmervertrags die zu prüfende Abrechnung in der Vorlage des endgültigen Leistungsverzeichnisses und des endgültigen Preises. Es müsse dem Mieter frei stehen, nicht nur eine Minderleistung, sondern auch eine Überhöhung der Preise einzuwenden, die ein Sachverständiger für vorgesehene bzw erbrachte Leistungen auch insgesamt beurteilen könne. Folgend Würth (Zur Wohnrechtsnovelle 2006 ein Nekrolog [Teil 1] wobl 2006, 105) legte das Erstgericht zugrunde, es komme nicht darauf an, ob einzelne Positionen überhöht oder geringer seien, sondern lediglich ob der sich ergebende Saldo insgesamt angemessen sei.

Die im vorliegenden Verfahren vorgelegte Endabrechnung stelle dementsprechend eine prüffähige, ordnungsgemäße Endabrechnung her.

Dem dagegen von den Erst und Zweitantragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Die Abweisung des Antrags auf Rückzahlung eines Überschreitungsbetrags hob das Rekursgericht ersatzlos auf, was unbekämpft blieb.

Das Rekursgericht teilte im Ergebnis die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass seitens der Antragsgegnerin eine ordnungsgemäße Rechnungslegung iSd § 22 Abs 2a Z 2 WGG erfolgt sei und innerhalb der gesetzten Frist keine gesetzlich vorgesehenen Einwendungen erhoben worden seien. Die verfahrensrechtliche Frage der Fassung eines formellen Beschlusses nach § 22 Abs 2a Z 2 WGG wurde im Rekursverfahren nicht releviert, wenn auch die Antragsteller weiterhin die Ansicht vertraten, es liege bisher noch keine prüffähige Baukostenabrechnung vor.

Dem hielt das Rekursgericht in rechtlicher Hinsicht entgegen: § 22 Abs 2a WGG stelle zugunsten der Mieter einer gemeinnützigen Bauvereinigung klar, dass sich der Vermieter nicht jeglicher Überprüfung [der Baukosten und damit der Entgeltbildung] unter Hinweis auf den Generalunternehmervertrag entziehen könne. Die Bestimmung ermögliche es dem Mieter, anhand der seinerzeitigen Vereinbarungen und der tatsächlich erbrachten Leistungen zu ermitteln, ob gegenüber den verrechneten Baukosten eine Minderleistung vorliege. Diese Ansicht gewann das Rekursgericht aus den Materialien zu § 22 Abs 2a WGG idF WRN 2006 (ErlRV 1183 BlgNR 22. GP, 47):

„Mit dieser Regelung soll ermöglicht werden, dass auch im Fall, der Betrauung eines Generalunternehmers dem Mieter oder Wohnungserwerber eine taugliche Grundlage für die Feststellung allfälliger Leistungsstörungen gegeben wird.“

Keinesfalls sei, wie die Antragsteller begehrten, eine Aufspaltung der Leistung des Generalunternehmers in einzelne Rechnungen (einzelne Gewerke) vorzunehmen. Es komme also nicht mehr eine auf einzelne Positionen bezogene Überprüfung der Abrechnung in Betracht, sondern nur eine eingeschränkte Prüfung auf Leistungsstörungen. Dies sei aufgrund der sachlich anders gelagerten Situation eines Generalunternehmers gegenüber der Errichtung mit Einzelgewerken auch sachgerecht, weshalb keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 22 Abs 2a WGG bestünden.

Innerhalb der ihnen gesetzten Frist hätten die Antragsteller in Wahrheit nur die Unangemessenheit der Verrechnung einzelner Positionen behauptet. Eine solche Überprüfungsmöglichkeit sei ihnen aber durch die besondere gesetzliche Bestimmung entzogen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den sich aus § 22 Abs 2a WGG ergebenden Grenzen der Überprüfbarkeit von Baukosten vorliege.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Erst und Zweitantragsteller mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinn einer Stattgebung ihres Antrags; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragte, dem Revisionrekurs nicht Folge zu geben.

Weitere Mieter oder Nutzungsberechtigte haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Erst und Zweitantragsteller ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist auch im Sinn des in ihm gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Nach § 22 Abs 1 Z 6 WGG entscheidet das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Baulichkeit gelegen ist, über Anträge betreffend die Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Entgelts (§ 13 Abs 4 bis 6 und § 14 WGG).

2.1. Unter „Angemessenheit“ des Entgelts ist die Zulässigkeit bzw rechtmäßige Höhe des Entgelts zu verstehen (5 Ob 6/03y = wobl 2004/41 mit Anm Vonkilch und Würth ). In allen Belangen der Preis und Entgeltbemessung sind die in § 23 Abs 1 WGG normierten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu wahren. Demnach dürfen nur gerechtfertigte Aufwendungen auf die Nutzer bzw Wohnungseigentümer überwälzt werden (5 Ob 198/01f; Keinert , Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht und Bauvertragsrecht, WoBl 1994, 166 mwN).

2.2. Das zulässige Entgelt für die Überlassung von Räumlichkeiten regelt § 13 WGG, dessen Abs 2 Z 1 WGG lautet:

Der Berechnung des Entgelts gemäß Abs 1 sind die gesamten Herstellungskosten zugrundezulegen; das sind

1.) die für die widmungsgemäße Benützung der Baulichkeit aufgewendeten Baukosten einschließlich notwendiger Rückstellungen,

2.) die Grundkosten und die Aufschließungskosten und

3.) die sonstigen Kosten, soweit sie für die Errichtung und Bewohnbarmachung der Baulichkeit erforderlich sind, wie Bauverwaltungs und Finanzierungskosten.

2.3. Die aufgrund gesetzlicher Ermächtigung (§ 13 Abs 3 WGG) erlassene Entgeltrichtlinienverordnung 1994 (ERVO 1994) BGBl 1994/924 idgF definiert in § 1 den Begriff der „Baukosten“ als jene, die für die Errichtung der Baulichkeit nachweislich aufgewendet wurden.

2.4. Des Weiteren sind der Berechnung des Entgelts zugrundezulegen die Grundkosten, die Aufschließungskosten und die sonstigen Kosten, soweit sich für die Errichtung und Bewohnbarmachung der Baulichkeit erforderlich sind, die Bauverwaltungs und Finanzierungskosten (§ 13 Abs 2 Z 2 und 3 WGG iVm §§ 2 bis 5 ERVO 1994).

3.1. Die besonderen Verfahrensvorschriften der § 22 Abs 2 und Abs 2a WGG betreffen explizit nur die im Zusammenhang mit den eigentlichen Baukosten stehenden Fragen, nicht aber die gesamten Herstellungskosten (RIS Justiz RS0125911).

3.2. Das in dieser Bestimmung beschriebene stufenweise prozessuale Vorgehen im Verfahren außer Streitsachen soll durch seine Strukturierung ermöglichen, in einem sonst uferlosen, zeit und kostenaufwändigen Verfahren unter Beiziehung aller aus dem Titel eines Miet oder sonstigen Nutzungsvertrags an der Liegenschaft Berechtigten in zeitlicher Straffung das Verfahren über die Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Entgelts durchzuführen (vgl 5 Ob 174/07k wobl 2008/32, 85).

Wird die „Angemessenheit“ (Zulässigkeit) des Entgelts - wie hier - rechtzeitig iSd § 18 Abs 3 WGG mit der Begründung bekämpft, dass die den gesamten Herstellungskosten zugrundegelegten Baukosten nicht ordnungsgemäß abgerechnet wurden, überhöht seien oder die verrechneten Leistungen nicht erbracht wurden, hat das Gericht/die Schlichtungsstelle der Gemeinnützigen Bauvereinigung die Endabrechnung der Baukosten unter Anschluss eines Verzeichnisses aller Vertragspartner aufzutragen. Nach Vorlage dieser Unterlagen ergeht ein Auftrag an den jeweiligen Antragsteller, binnen 6 Monaten die behaupteten Berechnungsfehler (also Verstöße gegen § 13 WGG in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht) kurz und vollständig anzugeben.

3.3. Durch die WRN 2006 (BGBl I 2006/124) wurde mit Wirkung vom (Art IV Z 34 Abs 1m) dem § 22 Abs 2 ein Abs 2a eingefügt, der wie folgt lautet:

Im Falle einer Baukostenverrechnung über einen Generalunternehmer kann die Überprüfung der Zulässigkeit des Entgelts oder Preises mit der Behauptung begehrt werden, die Berechnung verstoße gegen § 13, weil die Baukostenverrechnung Leistungen enthalte, die nicht oder nicht vollständig erbracht worden seien.

Abs 2 Z 1 bis 4 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1. neben der Vorlage der Endabrechnung der gesamten Baukosten das dem Generalunternehmervertrag zugrunde liegende Leistungsverzeichnis anzuschließen ist und

2. nach Vorlage der Unterlagen nach Z 1 dem Antragsteller aufzutragen ist, binnen sechs Monaten die behauptete Minderleistung kurz und vollständig anzugeben.

3.4.1. Die Gegenüberstellung der in § 22 Abs 2 Z 2 WGG und § 22 Abs 2a Z 2 WGG verwendeten Begriffe „Berechnungsfehler“ bzw „Minderleistung“ werden hinsichtlich des Umfangs sich daraus ergebender Überprüfungsmöglichkeiten einer Baukostenabrechnung im Schrifttum übereinstimmend bewertet:

Nach Rosifka (Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 2006, wobl 2006, 313 [332]) erfolge durch die Neuregelung eine massive Einschränkung der Überprüfungsmöglichkeit, weil damit jegliche Einwendung gegen die Unangemessenheit des mit dem Generalunternehmer vereinbarten Gesamtpreises abgeschnitten sei, wenngleich er zugesteht, dass das Verlangen der Mieter nach Vorlage sämtlicher Rechnungen bei Beauftragung eines Generalunternehmers „überzogen“ wäre (in diesem Sinn auch Prader WGG § 22 E 27 mit Anm).

Würth (Zur Wohnrechtsnovelle 2006 ein Nekrolog, wobl 2006, 105 [111 f]) hält eine „strenge Überprüfung der Preiskalkulation“ für gesetzwidrig, weil es nur auf die aufgewendeten Baukosten und insgesamt nur darauf ankomme, ob ein sich insgesamt ergebender Saldo angemessen sei.

In zweitinstanzlicher Rechtsprechung (LG Krems 1 a R 398/86 MietSlg 39.699; LGZ Wien 39 R 286/02a) war vor der Rechtsänderung durch die Wohnrechtsnovelle 2006 die Ansicht vertreten worden, dass bei Beauftragung eines Generalunternehmers die Bauvereinigung sämtliche Einzelrechnungen der Subunternehmer des Generalunternehmers vorzulegen habe. Würth (aaO 112) nimmt zur neuen Bestimmung des § 22 Abs 2a WGG wie folgt Stellung: „Das Wesen einer Abrechnung besteht in der Gegenüberstellung der erbrachten Leistungen und dem dafür bezahlten Preis. Ist nur ein einheitlicher Preis für noch so verschiedene Leistungen vereinbart, kann vom Abrechnungspflichtigen [das ist die Gemeinnützige Bauvereinigung und nicht der Generalunternehmer] nicht ein Splitten des Preises begehrt werden. Vielmehr besteht die zu prüfende Abrechnung in der Vorlage des endgültigen Leistungsverzeichnisses und des endgültigen Preises [samt dem dem Auftrag zugrundeliegenden Leistungsverzeichnis]“.

Auch er hält die Neuregelung für zu eng, weil sie eine Überprüfbarkeit des Gesamtpreises durch einen Sachverständigen nicht zulasse.

3.4.2. Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1183 BlgNR 22. GP, 47) soll mit der Regelung des § 22 Abs 2a WGG „ermöglicht werden, dass auch im Fall der Betrauung eines Generalunternehmers dem Mieter oder Wohnungserwerber eine taugliche Grundlage für die Feststellung allfälliger Leistungsstörungen gegeben wird“.

4.1. Den Antragstellern wurden die gesetzlich vorgesehenen Abrechnungsunterlagen zugänglich gemacht (die im Schlichtungsstellenverfahren vorgelegte „Baubeschreibung Auftragsgrundlage“ ist nach den Feststellungen ident mit dem dem Generalunternehmervertrag zugrundeliegenden Leistungsverzeichnis). Ein Anspruch auf Legung von Einzelrechnungen und deren Überprüfbarkeit auf ihre Angemessenheit besteht nach dem Wesen eines Generalunternehmervertrags nicht (vgl Rosifka aaO; Würth aaO), sodass nur qualitative und quantitative Minderleistungen im Verhältnis zum Leistungsverzeichnis eingewendet werden können. Den Antragstellern wurde die gesetzliche Einwendungsfrist unter Einhaltung der Bestimmung des § 22 Abs 2a Z 2 WGG geboten. Dass der gesetzlich vorgesehene Beschluss - bei Anwesenheit der Vertreterin der Antragsteller - nach seiner Verkündung nur in das Protokoll über die Verhandlung vor der Schlichtungsstelle aufgenommen wurde, bildet jedenfalls keinen, einer Nichtigkeit gleichkommenden Verfahrensverstoß iSd § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG.

4.2. Die Antragsteller haben sich während des gesamten Verfahrens darauf zurückgezogen, ohne Einzelrechnungen der Subunternehmer keine Bemängelung vornehmen zu können, die Abrechnung sei weder im Gesamten noch hinsichtlich bestimmter einzelner Positionen „nachvollziehbar“. Diese Einwendungen ermöglichten und erforderten nach den obigen Ausführungen keine Prüfung von strittigen Tatumständen im besonderen Beweisverfahren nach § 22 Abs 2 Z 3 WGG (vgl zu den Voraussetzungen eines derartigen Beweisbeschlusses: 5 Ob 145/09y wobl 2010/106). Konkrete Minderleistungen wurden nicht aufgezeigt (vgl 5 Ob 198/01f zur Rechtslage vor Inkrafttreten der WRN 2006 bei Pauschalierung bloß einzelner Leistungspositionen).

5.1. Der Berechnung des zulässigen Entgelts sind aber neben den für das weitere Verfahren nicht mehr in Frage stehenden „eigentlichen“ Baukosten auch die „sonstigen Kosten“ des § 13 Abs 2 Z 3 WGG zugrunde zu legen. Unter diesem Aspekt sind die Ausführungen der Revisionsrekurswerber beachtlich, soweit mit ihnen eine Doppelverrechnung durch von der Antragsgegnerin pauschal in Rechnung gestellte Bauverwaltungskosten, Planungskosten und Kosten örtlicher Bauaufsicht mit den Baukosten behauptet wird.

5.2. § 4 Abs 1 ERVO 1994 regelt in Ausführung des § 13 WGG, dass derartige Kosten (nur) insoweit zugrunde zu legen sind, als sie nicht schon bei den in §§ 1 bis 3 ERVO aufgezählten Kosten (etwa Baukosten) Berücksichtigung fanden. Technische Eigenleistungen (§ 4 Abs 5 Z 1 ERVO 1994) dürfen (nur) soweit der Entgeltbildung zu Grunde gelegt werden, als sie nicht durch Bauverwaltungskosten (§ 4 Abs 3 ERVO 1994) abgegolten sind.

Die Abgrenzung von Kostenbereichen, die von der Antragsgegnerin in der Endabrechnung geltend gemacht werden, ist unter Berücksichtigung der Gebarungsrichtlinienverordnung (GRVO) 1979 BGBl 1979/523 idgF, insbesondere unter den in ihren Anhängen A und B verwendeten Begriffen vorzunehmen (vgl RIS Justiz RS0058774; zu einzelnen Begriffen: 5 Ob 99/91 = WoBl 1992/34).

Insbesondere dürfen den Mietern, ausgehend von dem in § 23 Abs 1 WGG normierten Kostendeckungsprinzip unter den genannten Titeln (Planung, örtliche Bauaufsicht, Bauverwaltung, Bauüberwachung), keine höheren als die den tatsächlichen Kosten entsprechenden, angerechnet werden. Eine bestimmte Leistung darf auch nur einmal, nicht aber mehrmals, etwa einmal als Bestandteil eines Pauschalbetrags, das andere Mal unter einem anderen Titel verrechnet werden (vgl 5 Ob 99/91).

6. Entsprechende Behauptungen haben die Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren aufgestellt. Feststellungen, die eine rechtliche Beurteilung der Angemessenheit im Sinn der Zulässigkeit dieser für die Entgeltsbildung maßgeblichen Positionen zuließen, fehlen. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren nach vorheriger Erörterung mit den Parteien - allenfalls unter Heranziehung der von der MA 50 - Neubauförderung erzielten Prüfungsergebnisse und entsprechender von der Antragsgegnerin vorgelegter Unterlagen oder sonstiger Beweismittel im nach dem ergänzenden Vorbringen notwendigen Umfang die Behauptung von Doppelverrechnungen zu prüfen haben.

7. Die Vorinstanzen haben sich schließlich mit dem Einwand der Antragsteller nicht auseinandergesetzt, die ihnen bekanntgegebene Berechnung des Entgelts berücksichtige nicht die von ihnen bereits geleisteten Zahlungen für Darlehenstilgung und den bei Mietvertragsbeginn im Oktober 1998 geleisteten Finanzierungsbeitrag von 252.870 ATS (5 Ob 178/00p wobl 2001/109 [ Call ]; 5 Ob 98/04d), welche Zahlungen zufolge §§ 13, 14 WGG bei der Ermittlung des Entgelts zu berücksichtigen sind (vgl RIS Justiz RS0083367; RS0119019).

8. Zuletzt wird zu prüfen sein, ob die von der Antragsgegnerin erstellte Entgeltsberechnung tatsächlich noch auf einem unrichtigen Verteilungsschlüssel beruht.

Im unrichtigen Verständnis, der Antrag beziehe sich ausschließlich auf die Überprüfung des Entgelts im Hinblick auf eine Unrichtigkeit der Baukostenabrechnung und nicht auch auf das sich aus der gesamten Endabrechnung ergebende, zulässige Entgelt (das laufende Entgelt), haben die Vorinstanzen diesen Einwänden entsprechende Feststellungen und Klärungen unterlassen.

Das wird im ergänzenden Verfahren nachzutragen sein.

Eine Aufhebung war daher unumgänglich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG.