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OGH vom 18.09.2019, 7Ob125/19m

OGH vom 18.09.2019, 7Ob125/19m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI (FH) P*****, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei T*****, vertreten durch Mag. Ernst Michael Lang, Rechtsanwalt in Hohenems, wegen 6.382,97 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 134/19p-61, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom , GZ 4 C 200/17y-57, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Kausalität irreführender Prüfberichte für die Aufrechterhaltung eines bereits vor Erstellung des ersten Prüfberichts abgeschlossenen Vertrags vorliege. Damit zeigt das Berufungsgericht keine erhebliche Rechtsfrage auf. Da auch der Beklagte in seiner Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

Rechtliche Beurteilung

1. Vorauszuschicken ist, dass sich die Vorinstanzen eingehend mit der Frage des anzuwendenden Rechts befasst und den vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzanspruch nach österreichischem Recht beurteilt haben. Ein Revisionswerber muss, um in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage geltend zu machen, behaupten, dass eine andere Rechtsordnung maßgeblich ist und zumindest ansatzweise darlegen, warum danach ein günstigeres als das vom Gericht zweiter Instanz erzielte Ergebnis zu erwarten wäre. Da der Revisionswerber dies unterlässt und inhaltlich ausschließlich auf Basis der Judikatur zum materiellen österreichischen (Delikts-)Recht argumentiert, macht er insoweit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO geltend (vgl [die ebenfalls den Beklagten betreffende Entscheidung] 1 Ob 182/18y).

2. Vorauszuschicken ist weiters, dass sich die Revision des Beklagten weitestgehend mit der Frage befasst, ob er ein ursächliches Verhalten für den Entschluss des Klägers zum Erwerb des Investments gesetzt hat. Diese Frage ist nicht entscheidungswesentlich. Die Vorinstanzen haben nämlich die Haftung des Beklagten (nur) insoweit bejaht, als sein Verhalten für das Aufrechterhalten des Investments kausal war. Es geht also nicht um die Frage der Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten für das Investieren des Klägers, sondern für dessen Investiertbleiben.

3.1. Ein – wie hier maßgeblich – positives Verhalten (Prüfbericht des Beklagten) ist für einen Erfolg ursächlich, wenn es ihn herbeigeführt, ihn bewirkt hat. Nach der Formel von der conditio sine qua non ist zu fragen, ob der Erfolg (Schaden) auch ohne das zu prüfende Verhalten (den zu prüfenden Umstand) eingetreten wäre. Ein Verhalten ist ursächlich für einen Erfolg, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass dann der Erfolg entfiele (conditio sine qua non: RS0128162). Ob das zutrifft, ist eine – vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare – Tatfrage (RS0022582 [T12]).

3.2. Es steht – für den Obersten Gerichtshof bindend – fest: „Hätte der Kläger gewusst, dass die Prüfberichte des Beklagten (…) – somit erstmals der Prüfbericht vom – im Ergebnis unrichtig sind, und zwar dahingehend, dass der physische Edelmetallbestand ungeachtet des Wortes 'Ist-Bestand' gar nicht geprüft wurde, hätte er sein Vertrauen in die Veranlagung verloren und den Vertrag gekündigt. Wenn im Jahr 2013 kein solcher Prüfbericht veröffentlicht worden wäre, hätte er das Vertrauen ebenfalls verloren und den Vertrag mit Ende des Jahres 2013 gekündigt. In beiden Fällen hätte er nach dem nichts mehr einbezahlt.“ Die (natürliche) Kausalität des betreffenden Prüfberichts für das Investiertbleiben des Klägers steht daher auf der Basis allgemeiner Kausalitätsgrundsätze bindend fest, sodass sich auch insoweit keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt.

3.3. Dieses Ergebnis steht – offenbar entgegen der Ansicht des Beklagten – mit der [ebenfalls den Beklagten betreffenden] Entscheidung 8 Ob 31/19w nicht im Widerspruch. Dort hat sich die Klägerin „auch darauf gestützt, dass sie durch das Vertrauen in die publizierten Berichte des Beklagten veranlasst worden sei, das Investment weiter zu behalten“. Der dort erkennende Senat hat dieses Vorbringen zwar für unvollständig und erörterungsbedürftig, damit aber gerade nicht für rechtlich irrelevant gehalten.

4. Der Beklagte behauptet unter Berufung auf 7 Ob 38/17i, dass ein allfälliger Anspruch des Klägers ihm gegenüber subsidiär sei, weil dieser einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch gegen den Finanzdienstleister habe. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass es sich bei der Haftung des Beklagten um eine Eigenhaftung des nach außen hin in Erscheinung Tretenden erga omnes handelt, die aufgrund der Schaffung eines Vertrauenstatbestands unabhängig von der Haftung der den (Wertpapier-)Kaufvertrag oder Finanzdienstleistungsvertrag abschließenden Parteien entsteht (vgl [die wiederum den Beklagten betreffende] Entscheidung 1 Ob 182/18y). Überdies hat der Beklagte durch alle Instanzen den angeblich relevanten und deckungsgleichen Anspruch gegen den Finanzdienstleister nur schlagwortartig behauptet, aber bis zuletzt nie konkret dargelegt, worin dieser bestehen soll und warum er gegebenenfalls hinsichtlich Rechtsgrund und Höhe deckungsgleich sein sollte.

5. Soweit der Beklagte die Schadenshöhe bezweifelt, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach den Feststellungen des Erstgerichts hätte der Kläger im Fall der Kündigung des Investments mit Wirkung Anfang 2014 weitere 3.452,72 EUR nicht mehr einbezahlt und von früheren Einzahlungen 2.165,56 EUR zurückerhalten, was zusammen den vom Erstgericht zuerkannten Kapitalbetrag ergibt.

6. Ob einem Geschädigten ein Mitverschulden am Entstehen des von ihm geltend gemachten Schadens trifft, ist eine Frage des Einzelfalls und begründet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (vgl etwa RS0087606 [T11]). Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach in gleichgelagerten, ebenfalls den Beklagten betreffenden Fällen, die Verneinung eines Mitverschuldens durch die Vorinstanzen nicht beanstandet (6 Ob 233/18k; 1 Ob 182/18y). Es besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlass, von dieser Einschätzung abzugehen.

7.1. Der Beklagte macht insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

7.2. Die Kostenentscheidung gründet auf § 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Beim Kostenverzeichnis des Klägers liegt ein zu korrigierender Additionsfehler vor.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00125.19M.0918.000

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