OGH vom 25.06.1997, 7Ob124/97d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Ing.Katharina K*****, vertreten durch Dr.Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider den Antragsgegner Prof. Horst K*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hackenberger und Dr.Sonja Krutzler-Hackenberger, Rechtsanwälte in Graz, wegen eidlicher Vermögensangabe gemäß Art XLII EGZPO, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 2 R 420/96s-36, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 29 F 32/96v-33, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs des Antragsgegners und die Rekursbeantwortung der Antragstellerin werden zurückgewiesen.
Dem Rekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses der Antragstellerin und die Rekursbeantwortung des Antragsgegners wird der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin begehrt - mit ihrer gemäß § 235 Abs 1 AußStrG ins Außerstreitverfahren verwiesenen Klage (7 Ob 2199/96z = RIS-RS0106019) - , den Antragsgegner gemäß Art XLII EGZPO schuldig zu erkennen, sein Vermögen im Zeitpunkt der Eheschließung am und im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch Auszug der Antragstellerin aus der Ehewohnung am anzugeben (Begehren lit a), die in der Klage unter Punkt 1 bis 16 angeführten Vermögenswerte als zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft Anfang April 1990 vorhanden und in seinem Besitz befindlich anzugeben (Begehren lit b) und des weiteren anzugeben, welche weiteren Vermögenswerte, welche nicht vom Begehren lit b erfaßt sind, zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft Anfang April 1990 vorhanden waren (Begehren lit c), dies alles unter Eid. Der Antragsgegner habe im Aufteilungsverfahren seine Zustimmung, in seine Konten einzusehen, widerrufen und angegeben, daß er im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nur ein Sparguthaben von S 806,24 gehabt habe. Dagegen lasse sich einer (früheren) Aufstellung des Antragsgegners entnehmen, daß er über nachhaltige Vermögenswerte wie Aktien, Bausparverträge, Gold, Sparbücher, Wertpapiere, Genußscheine u.dgl verfüge. Dieses Vermögen sei großteils während der Ehe angesammelt worden. Die Antragstellerin habe ein Interesse daran, daß der Antragsgegner das in der Ehe erworbene Vermögen, welches er nunmehr verschweige oder verheimliche, angebe. Ihr Begehren finde auch in den §§ 81 ff EheG Deckung, weil sich der Antragsgegner im Aufteilungsverfahren geweigert habe, entsprechende Angaben über sein Vermögen zu machen.
Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Manifestationsantrages. Konkrete Behauptungen über eine Verschweigung oder Verbringung von der Aufteilung unterliegenden Vermögensstücken habe die Antragstellerin nicht aufgestellt. Er habe derartige Handlungen auch nicht vorgenommen. Mit einer auf den zweiten Fall des Art XLII EGZPO gestützten Klage könne eine Geldflußaufstellung nicht verlangt werden. Einen privatrechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung habe die Antragstellerin nicht.
Das - nunmehr im Aufteilungsverfahren zuständige - Erstgericht wies den Antrag "zurück". Auf den ersten Anwendungsfall des Art XLII EGZPO könne sich die Antragstellerin nicht berufen, weil eine Vorschrift im bürgerlichen Recht fehle, daß ein Ehegatte vom anderen Rechnungslegung über das Ehegattenvermögen verlangen könne. Der zweite Anwendungsfall dieser Bestimmung schaffe zwar einen materiellrechtlichen Anspruch auf eidliche Vermögensangabe. Es bedürfe aber einer absichtlichen Verschweigung oder Verheimlichung durch den Gegner. Ein solches Handeln habe die Antragstellerin nicht einmal behauptet. Art XLII zweiter Fall EGZPO fordere ein rechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens und daß der Berechtigte im Ungewissen über den Verbleib des Vermögens sei. Die Antragstellerin strebe aber nur eine Ermittlungsgrundlage für ihren Anspruch auf Aufteilung der ehelichen Ersparnisse an. Grundlage dafür sei das Ergebnis der Entwicklung der gemeinsamen Ersparnisse von der Eheschließung bis zur Auflösung des gemeinsamen Haushaltes. Diese Vermögensentwicklung könne aber nicht Gegenstand eines solchen Anspruches sein. Anspruch auf eidliche Angabe einer Vermögensentwicklung bestehe nur, wenn der Gegner aus dem materiellen Recht zur Rechnungslegung verpflichtet sei. Vor allem aber sei der Antrag unzulässig, weil sonst das unerwünschte Ergebnis eintreten würde, daß jedem Unterhalts- und Aufteilungsantrag eine Manifestationsklage vorausgehen müßte (könnte).
Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichts auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Da nach der Entscheidung 7 Ob 2199/96z im Aufteilungsverfahren ein Anspruch gemäß Art XLII EGZPO erhoben werden könne, entbehre die Zurückweisung des Antrags aus formellen Gründen durch das Erstgericht einer Grundlage. Auch auf mangelndes Vorbringen könne die Zurückweisung nicht gestützt werden, weil an das Vorbringen im Außerstreitverfahren nicht so strenge Anforderungen zu stellen seien wie im streitigen Zivilprozeß. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht über das Vorliegen der Voraussetzungen des zweiten Anwendungsfalles des Art XLII EGZPO materiell zu entscheiden haben. Der erste Anwendungsfall dieser Bestimmung kommt hier allerdings nicht in Betracht. Der Oberste Gerichtshof habe einen Manifestationsanspruch bisher nur aus vertraglichen Unterhaltsansprüchen abgeleitet. Sehe man den Aufteilungsanspruch im Rahmen einer besonderen wechselseitigen Pflichtenbindung der Ehegatten, die auch einen Informationsanspruch des anderen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einschließe, wäre ein Rechnungslegungsanspruch auch im Aufteilungsverfahren begründet. Eine dem Begehren stattgebende Entscheidung werde auf den Auftrag zu beschränken sein, anzugeben, was von dem während aufrechter Ehe gemeinsam angeschafften Vermögen zur Zeit der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft noch vorhanden gewesen sei. Eine stattgebende Entscheidung werde die Verpflichtung zur eidlichen Bekräftigung nicht enthalten dürfen, weil die Beseitigung der Eidesleistung im Offenbarungseidverfahren durch die EO-Novelle 1991 in gleicher Weise für Art XLII EGZPO gelte.
Der gegen diesen Beschluß vom Antragsgegner erhobene Rekurs ist verspätet. Gemäß § 11 Abs 1 AußStrG beträgt die Rekursfrist im Außerstreitverfahren 14 Tage. Die §§ 229 ff AußStrG regeln für das Aufteilungsverfahren die Rekursfrist nicht anders. § 231 AußStrG legt nur die Zweiseitigkeit des Rekurses gegen die Sachentscheidung über den Aufteilungsantrag und die Frist für die Rekursbeantwortung mit 14 Tagen fest. Der erst am 27.Tag nach der Zustellung des Beschlusses des Rekursgerichtes erhobene Rekurs des Antragsgegners und die Rekursbeantwortung der Antragstellerin, die nicht innerhalb der Frist des § 231 Abs 2 AußStrG überreicht und in der nicht auf diese Verspätung hingewiesen wurde, waren daher zurückzuweisen.
Der von der Antragstellerin erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Annahme des Rekursgerichts, daß mit dem erhobenen Manifestationsbegehren in Wahrheit eine - dem zweiten Anwendungsfall des Art XLII EGZPO entzogene - Rechnungslegung angestrebt werde. Nicht die Vermögensentwicklung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes aber werde begehrt, sondern der Stand des Vermögens des Antragsgegners zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich der Eheschließung und der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft, der es erst ermögliche, aus den darin enthaltenen Angaben das der Aufteilung unterliegende Vermögen zu ermitteln.
Die Antragstellerin verfolgt damit nur mehr den Anspruch auf eidliche Vermögensangabe im Sinne des zweiten Anwendungsfalles des Art XLII EGZPO. Ob das materielle Recht Anhaltspunkte für einen Auskunftsanspruch der Ehegatten zur Vorbereitung eines Verfahrens nach §§ 81 ff EheG bietet, muß daher nicht geprüft werden (vgl dazu Fasching, LB2 Rz 1046; derselbe im Kommentar zur ZPO II 92 f; Iris/Harrer-Hörzinger, Zur Auskunftspflicht zwischen dem Unterhaltsschuldner und dem Unterhaltsberechtigten, Familie und Recht 29 ff). Der zu weit gefaßte Antrag aber könnte - konkrete Verschweigungs- oder Verheimlichungshandlungen des Antragsgegners vorausgesetzt - nur insoweit berechtigt sein, als er die Angabe der Wertanlagen umfaßt, die der Antragsgegner während aufrechter Lebensgemeinschaft (von der Eheschließung bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft) angesammelt hat und die zum letzteren Zeitpunkt noch vorhanden waren. Insoweit liegt ein Anspruch auf eidliche Vermögensangabe im Sinne des zweiten Anwendungsfalles des Art XLII EGZPO vor, mit dem der Antragstellerin die für einen erfolgreichen Aufteilungsantrag erforderlichen Informationen an die Hand gegeben werden könnten. Der darüber hinausgehende Manifestationsantrag aber ist nicht berechtigt, so daß auf die vom Rekurswerber insoweit aufgeworfene Frage nicht näher einzugehen ist.
Den Ausführungen im Rekurs der Antragstellerin, daß die Abschaffung des Offenbarungseides im Exekutionsverfahren eine eidliche Vermögensangabe gemäß Art XLII EGZPO nicht berührt, ist beizupflichten. Durch die EO-Novelle 1991 BGBl 1991/268 wurde das frühere Offenbarungseidverfahren im Exekutionsrecht beseitigt und durch das (unbeeidete) Vermögensverzeichnis (§§ 47 ff, 253 a EO) ersetzt. Art XLII EGZPO wurde aus diesem Anlaß nicht geändert. Nach wie vor verpflichtet diese Bestimmung den Manifestationsgegner, einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig sind. Fucik/Rechberger (in Rechberger, ZPO Rz 3 zu Art XLII EGZPO) führen zu dieser Rechtslage aus, es sei fraglich, inwieweit die Aufhebung des Offenbarungseidverfahrens durch eine Klage gemäß Art XLII EGZPO wieder konterkariert werden könne; gehe man davon aus, daß der betreibende Gläubiger jedenfalls ein "privatrechtliches Interesse" an der Feststellung von Vermögen des Verpflichteten habe, könne er im Fall der Verheimlichung oder Verschweigung dieses Vermögens auf Eidesleistung klagen. Im Hinblick auf die klare Entscheidung des Gesetzgebers zur Beseitigung des Offenbarungseides werde jedoch im bisherigen Anwendungsbereich dieses Instituts auch von einer Unzulässigkeit der Klage auf Eidesleistung auszugehen sein. Daß mit diesen Ausführungen nur die auf den zweiten Anwendungsfall des Art XLII EGZPO gestützte Klage des betreibenden Gläubigers gegen den Verpflichteten gemeint sein kann, zeigen die Ausführungen in Rz 6 desselben Kommentars, wonach die Pflicht zur Eidesleistung (in den anderen Fällen) gemäß § 354 EO zu erzwingen sei, wobei sich die Durchführung der Eidesleistung nach RGBl 1868/33 richte. Im Fall eines Obsiegens der Antragstellerin mit ihrem Manifestationsanspruch wird daher auch die Verpflichtung zur Eidesleistung auszusprechen sein.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses der Antragstellerin und die Rekursbeantwortung des Antragsgegners läßt sich erst nach dem Ausgang des Verfahrens treffen, so daß ein Kostenvorbehalt auszusprechen war.