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OGH vom 28.09.2016, 7Ob124/16k

OGH vom 28.09.2016, 7Ob124/16k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** K*****, vertreten durch Mag. Peter Wach, Rechtsanwalt in Graz, und der Nebenintervenientin A***** U*****, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in Graz, wegen 69.069,21 EUR sA und Feststellung, über die Rekurse der Nebenintervenientin und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 44/16g 40, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 22 Cg 74/14b 35, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, dass das klagsabweisende Urteil erster Instanz samt der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

II. Der Rekurs der Nebenintervenientin wird zurückgewiesen.

III. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 3.490,94 EUR (darin enthalten 581,82 EUR an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 7.526,78 EUR (darin enthalten 800,46 EUR an USt und 2.724 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen der Arbeitgeberin des Klägers und der Beklagten besteht ein Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2001 und EHVB 2001) zugrunde liegen.

Die AHVB 2001 lauten auszugsweise wie folgt:

„ Artikel 7

Ausschlüsse vom Versicherungsschutz

[…]

2. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen der Personen, die den Schaden, für den sie von einem Dritten verantwortlich gemacht werden, rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt haben. Dem Vorsatz wird gleichgehalten

2.1. eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden musste, jedoch in Kauf genommen wurde (z.B. im Hinblick auf die Wahl einer kosten- und zeitsparenden Arbeitsweise);

2.2. die Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von hergestellten oder gelieferten Waren oder geleisteten Arbeiten.

[…]

Artikel 10

Versicherung für fremde Rechnung

Soweit die Versicherung neben Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers selbst auch Schadenersatzverpflichtungen anderer Personen umfasst, sind alle im Versicherungsvertrag bezüglich des Versicherungsnehmers getroffenen Bestimmungen auch auf diese Personen sinngemäß anzuwenden; sie sind neben dem Versicherungsnehmer im gleichen Umfang wie dieser für die Erfüllung der Obliegenheiten verantwortlich.

[...] “

Art 3 EHVB 2001 lautet auszugsweise:

„ Bewusstes Zuwiderhandeln gegen Vorschriften

Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wurde und bewusst – insbesondere im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise – den für den versicherten Betrieb oder Beruf geltenden Gesetzen, Verordnungen oder behördlichen Vorschriften zuwider gehandelt wurde, und zwar durch einen Versicherungsnehmer oder dessen gesetzlichen Vertreter oder dessen leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes (BGBl Nr. 22/1974) in der jeweils geltenden Fassung bzw. über Veranlassung oder mit Einverständnis einer dieser Personen.

[...] “

Am verrichtete der Kläger als Vorarbeiter auf einer Baustelle Erdarbeiten zur Errichtung eines Kanals. Er hob mit einem Bagger Teile der Künette aus. Er wusste, dass Künetten grundsätzlich ab einer Tiefe von 1,25 m abgesichert werden müssen. Da kein Bauleiter vor Ort war, oblag ihm die Entscheidung, ob die mindestens 3 m tiefe Künette gepölzt wird. Trotz ausdrücklicher Anweisung seiner Arbeitgeberin, Künetten stets den Sicherheitsbestimmungen entsprechend abzusichern, entschied der Kläger – um dem Wunsch des Chefs zu entsprechen, so rasch als möglich die Arbeit auf der Baustelle zu erledigen – aufgrund der Qualität des vorgefundenen Erdreichs (harter Lehmboden) und des anzunehmenden vermehrten Zeit und Arbeitsaufwands, die Künette nicht zu pölzen und die Rohre darin ohne Absicherung zu verlegen. Im Zuge der Verlegung der Rohre stiegen der Kläger und ein ihm untergeordneter Mitarbeiter in die Künette. Als der Kläger die Künette verließ, teilte ihm sein Mitarbeiter mit, dass ein Rohr schief stehe. In diesem Moment stürzte die Künette aufgrund mangelnder Absicherung ein. Der Mitarbeiter wurde verschüttet und starb.

Aufgrund dieses Vorfalls wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Abs 1 Z 1 StGB verurteilt.

Im Verfahren zu AZ 9 Cga 56/13a des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz wurde der Kläger (dort Beklagter) schuldig erkannt, der Nebenintervenientin (dort Klägerin) einen Betrag von 69.069,21 EUR sA (zur Abgeltung von Leistungen an Hinterbliebene des gestorbenen Mitarbeiters) zu zahlen; zudem wurde die Haftung des Klägers für sämtliche künftige Pflichtaufwendungen der Nebenintervenientin aufgrund des Unfalls festgestellt.

Der Kläger begehrte von der Beklagten (zuletzt) die Befreiung von den ihm rechtskräftig auferlegten Zahlungsverpflichtungen im zuvor angeführten Arbeitsgerichtsprozess durch Zahlung an die Nebenintervenientin (hilfsweise an den Kläger) und die Feststellung der Deckungspflicht für sämtliche zukünftige Aufwendungen jeweils aufgrund des bestehenden Betriebshaftpflichtversicherungsvertrags seiner Arbeitgeberin. Die Beklagte habe dem Kläger als Mitversichertem aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag in dessen Rahmen Versicherungsdeckung zu gewähren.

Die Nebenintervenientin brachte vor, dass sich der Risikoausschluss des Art 7.2.2. AHVB 2001 nicht auf die Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bei der Durchführung von Arbeiten beziehe; gemeint sei hier nur die Mangelhaftigkeit einer vertraglichen Leistung im Verhältnis zum Vertragspartner. Der Risikoausschluss des Art 3 EHVB 2001 liege nicht vor, weil der Kläger weder leitender Angestellter noch Organ der Versicherungsnehmerin sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der klagende Vorarbeiter habe gewusst, dass Künetten nach § 48 Abs 2 Bauarbeiterschutzverordnung ab einer Tiefe von 1,25 m zu sichern seien. Trotz gegenteiliger Anweisung des Bauleiters habe er die Künette nicht gesichert. Er habe demnach in Kenntnis der Mangelhaftigkeit Grabungsarbeiten durchgeführt, weshalb die Beklagte gemäß Art 7.2.2. AHVB 2001 leistungsfrei sei. Der Kläger habe bewusst gegen die Sicherheitsvorschrift des § 48 Abs 2 Bauarbeiterschutzverordnung verstoßen und den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, zumal auf der Baustelle kein Zeitdruck bestanden habe, sodass die Beklagte auch nach Art 3 EHVB 2001 aufgrund gebotener Gleichsetzung mit der Versicherungsnehmerin leistungsfrei sei. Im Übrigen sei der Anspruch verjährt.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Art 7.2.2. AHVB 2001 erfasse keine Schäden, die wegen der Missachtung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen bei Mitarbeitern des Versicherungsnehmers eingetreten seien. Der Risikoausschluss des Art 3 EHVB 2001 sei hingegen verwirklicht. Dieser sei aufgrund des Art 10 AHVB 2001 dahin zu verstehen, dass er auch bei einem bewussten Verstoß gegen Vorschriften und grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadeneintritts durch den Mitversicherten, der weder gesetzlicher Vertreter noch leitender Angestellter des Versicherungsnehmers ist, anzuwenden sei, wenn der Mitversicherte selbst einen eigenen Anspruch aus der Versicherung geltend mache.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen des Klägers und der Nebenintervenientin Folge und hob das Ersturteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Risikoausschluss des Art 7.2.2. AHVB 2001 bringe zum Ausdruck, dass das unternehmerische Risiko, das aus bewusst mangelhaft hergestellten oder gelieferten Waren und aus bewusst mangelhaft erbrachten Dienstleistungen resultiere, in der Betriebshaftpflichtversicherung nicht versichert sei. Dieser Risikoausschluss setze daher voraus, dass der Versicherte seine Tätigkeit beendet habe, ohne die ihm bekannte Mangelhaftigkeit der Ware oder Arbeitsleistung vorher zu beheben. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Der Kläger sei als „Vorarbeiter und Verantwortlicher für die Baustelle“ weder gesetzlicher Vertreter noch leitender Angestellter der Versicherungsnehmerin im Sinn des Arbeitsverfassungsgesetzes gewesen und habe den Versicherungsfall auch nicht über Veranlassung oder mit Einverständnis eines gesetzlichen Vertreters oder leitenden Angestellten der Versicherungsnehmerin herbeigeführt, weshalb auch der Risikoausschluss des Art 3 EHVB 2001 nicht verwirklicht sei. Demnach bestehe grundsätzlich Versicherungsschutz. Die Beklagte habe ohne nähere Begründung Verjährung eingewendet, obwohl sie die dafür maßgeblichen Tatsachen deutlich zu behaupten und zu beweisen habe. Mangels darauf bezogener Einwendung der Klagsseite und infolge unterbliebener Erörterung durch das Erstgericht müsse der Beklagten im fortgesetzten Verfahren zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung die Gelegenheit gegeben werden, ihre Verjährungseinrede schlüssig zu stellen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der Anwendung des Art 7.2.2. AHVB 2001 in Bezug auf eine Schadenszufügung infolge Missachtung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen bei der Verrichtung der Arbeit noch nicht Stellung genommen habe.

Gegen diesen Beschluss richten sich die jeweils von der Gegenseite beantworteten Rekurse der Nebenintervenientin und der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

I. Der Rekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

1. Die Beklagte zieht im Rechtsmittelverfahren nicht mehr in Zweifel, dass der Kläger im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung seiner Arbeitgeberin für die hier maßgebliche Schadenersatzpflicht grundsätzlich mitversichert wäre.

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde außer Streit gestellt, dass der Kläger aufgrund des Einverständnisses der Versicherungsnehmerin selbst zur Klagsführung berechtigt ist.

2.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914, 915 ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RIS Justiz RS0050063, RS0112256). Bei Unklarheiten findet § 915 ABGB Anwendung. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RIS Justiz RS0050063 [T3]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS Justiz RS0008901).

2.2. Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Den Beweis für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand hat der Versicherer zu führen (RIS Justiz RS0107031).

2.3. Bei der Bestimmung des Art 7.2. AHVB 2001 handelt es sich um einen Risikoausschluss (RIS Justiz RS0081678). Dieser schließt parallel zu § 152 VersVG den Versicherungsschutz für Schäden aus, die der Versicherte rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt hat. Dem Vorsatz wird im Punkt 2.1. die Inkaufnahme des Schadens, der als Folge einer Handlung oder Unterlassung mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, gleichgestellt. Im Punkt 2.2. wird darüber hinaus (nicht mehr dem Modell des § 152 VersVG entsprechend) dem Vorsatz die Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von hergestellten oder gelieferten Waren oder geleisteten Arbeiten ebenfalls gleichgestellt (RIS Justiz RS0081692). Gemeinsam ist diesen beiden Bestimmungen, dass sich das Bedenken und der Beschluss des Versicherungsnehmers nicht auf den Schadenserfolg selbst, sondern nur auf einen diesem Erfolg vorgelagerten Umstand beziehen muss (RIS Justiz RS0087592), der im Fall von Punkt 2.1. eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass es wirklich zum Eintritt des Schadens kommen kann, wobei bei Punkt 2.2. nicht die Inkaufnahme des Schadenseintritts durch den Versicherten erforderlich ist, da für den Risikoausschluss bereits das positive Wissen von der Mangelhaftigkeit und Schädlichkeit der von ihm geleisteten Arbeit ausreicht (7 Ob 286/04s mwN).

2.4. Der Kläger hat als Vorarbeiter trotz positiver Kenntnis der gebotenen, aber fehlenden Pölzung der mindestens 3 m tiefen Künette einen Mitarbeiter Rohre in dieser mangelhaft hergestellten Künette verlegen lassen. Diese Mangelhaftigkeit führte auch zum Schadenseintritt und zur Geltendmachung von Ersatzforderungen gegen ihn. Damit sind alle Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses nach Art 7.2.2. AHVB 2001 verwirklicht.

2.5. Die Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art 7.2.2. AHVB 2001 durch das Berufungsgericht auf bereits beendete Arbeitsleistungen ist dem Wortlaut der Klausel nicht zu entnehmen, wird doch nur auf die Kenntnis der Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit „geleisteter Arbeiten“ abgestellt. Auch der mit dem Risikoausschluss verfolgte Zweck spricht nicht für eine Differenzierung. So hat der Oberste Gerichtshof bereits zu 7 Ob 353/98g den identen Risikoausschluss nach Art 7.2.2. AHVB 1986 für einen infolge einer mangelhaften Pölzung (und daher auch während der Erbringung einer Arbeitsleistung) eingetretenen Schaden grundsätzlich bejaht. Der Hinweis auf die Kommentierung von Voit/Knappmann in Prölls/Martin , VersVG 27 § 4 AHB Rn 86 in der Rekursbeantwortung der Nebenintervenientin führt schon wegen der in Deutschland abweichenden Bedingungslage zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung (vgl bereits 7 Ob 204/04g).

2.6. Für eine Einschränkung des Risikoaus-schlusses des Art 7.2.2. AHVB 2001 im Sinn der Nebenintervenientin dahin, dass sich die Mangelhaftigkeit einer Leistung im Verhältnis zum Vertragspartner (Auftraggeber) auswirken müsse, bietet diese Bestimmung ebenfalls keine Anhaltspunkte. Die Betriebshaftpflichtversicherung soll nicht nur dessen an den Versicherten herangetragene Schadenersatzansprüche, sondern auch – wie hier – diejenigen anderer Personen decken. Vor diesem Hintergrund und dem oben angeführten Zweck des Risikoausschlusses kann es nicht darauf ankommen, in wessen Sphäre sich die Mangelhaftigkeit einer Arbeitsleistung auswirkt. Damit fällt aber auch eine aus der Verletzung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen sich ergebende Mangelhaftigkeit der Arbeitsleistung unter den Risikoausschluss des Art 7.2.2. AHVB 2001, wenn diese für den zu beurteilenden Schaden kausal ist.

2.7. Die Judikatur, wonach Fehlhandlungen im Sinn des Art 7.2. AHVB, die von Erfüllungsgehilfen des Versicherungsnehmers gesetzt werden, denen nicht eine der in Art 3 EHVB genannten Funktionen zukommt, nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes führen (RIS Justiz RS0087582), betrifft Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers. Hier wird jedoch ein Mitversicherter auf Schadenersatz in Anspruch genommen und macht Versicherungsdeckung für sich selbst geltend. Der Ausschluss von Schadenersatzverpflichtungen des Mitversicherten aus eigener Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit der von ihm selbst geleisteten Arbeit ergibt sich aber schon unmittelbar aus dem Wortlaut des Art 7.2. AHVB 2001 iVm dessen Punkt 2.2. und entspricht dem der Bestimmung des Art 7.2. AHVB 2001 zugrundeliegenden Selbstverschuldensprinzip (7 Ob 9/95). Darüber hinaus ordnet Art 10 AHVB 2001 ausdrücklich an, dass im hier vorliegenden Fall eines Versicherungsschutzes für Schadenersatzverpflichtungen vom Versicherungsnehmer verschiedener Personen alle im Versicherungsvertrag bezüglich des Versicherungsnehmers getroffenen Bestimmungen auch auf diese Personen sinngemäß anzuwenden sind. Demnach unterliegen die Schadenersatzverpflichtungen des hier klagenden Mitversicherten aufgrund dessen Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der geleisteten Arbeit dem Risikoausschluss des Art 7.2.2. AHVB 2001, auch wenn ihm nicht eine der in Art 3 EHVB 2001 genannten Funktionen zukommt.

2.8. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass sich der beklagte Versicherer mit Erfolg auf den Risikoausschluss des Art 7.2.2. AHVB 2001 berufen kann.

3. Dies führt zur Leistungsfreiheit des beklagten Versicherers nach Art 7.2.2. AHVB 2001. Ob auch der Risikoausschluss des Art 3 EHVB 2001 vorliegt, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Verjährungsfrage.

4. Der Oberste Gerichtshof muss bei Spruchreife gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO in der Sache selbst erkennen, wenn die Streitsache entscheidungsreif ist ( Zechner in Fasching/Konecny ² § 519 ZPO Rz 109). Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts war daher aufzuheben und das klagsstattgebende Ersturteil wiederherzustellen.

II. Der Rekurs der Nebenintervenientin ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (RIS Justiz RS0043685) – nicht zulässig:

Da das Klagebegehren infolge Vorliegens eines Risikoausschlusses abzuweisen ist, stellt sich die von der Nebenintervenientin in ihrem Rekurs allein relevierte Frage der Verjährung nicht mehr. Sie zeigt daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Ihr Rekurs war daher zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses der Nebenintervenientin hingewiesen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00124.16K.0928.000