OGH vom 25.07.2014, 5Ob116/14s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. A***** K*****, geboren am *****, 2. B***** R*****, geboren am *****, 3. P***** S*****, geboren am *****, beide *****, und 4. M***** S*****, geboren am *****, sämtliche vertreten durch Dr. Harald Claudius Handl, öffentlicher Notar in Feldbach, wegen Grundbuchseintragungen in EZ 13, 370 und 371, GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 275/13k 6, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom , TZ 6259/2013, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:
„In EZ 13, 370 und 371 KG ***** werden aufgrund des Kaufvertrags vom , des Bescheids der Bezirkshauptmannschaft S***** vom , GZ BHSO-8.4-581-2013, des Rangordnungs beschlusses vom , TZ 1511/2013, des Kaufvertrags vom , des Bescheids der Bezirkshauptmannschaft S***** vom , GZ BHSO-8.4.1101-2013, des Bescheids der Gemeinde K***** vom , Zl 031-4/13/3613/1/12, der Trennstücktabelle vom , GZ 597/2013/62, der Vermessungsurkunde vom , GZ 3613/1/12, des Bescheids des Vermessungsamts vom , GZ 597/2013/62, und der einlagenbezogenen Trennstücktabelle vom nachstehende Eintragungen bewilligt:
Grundstücksveränderungen gemäß den Plandaten 597/2013/62
Lastenfreie Abschreibung der Trennstücke 7, 8, 9, 10 und 11 im Rang TZ 1511/2013
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/Dokumente/Justiz/JJT_20140725_OGH0002_0050OB00116_14S0000_000/image002.jpg Davon werden verständigt:
1. Dr. Harald Claudius Handl, 8330 Feldbach, Hauptplatz 30/1
2. A***** K*****
3. B***** R*****
4. P***** S*****
5. M***** S*****
6. Gemeinde K*****
7. Vermessungsamt, *****
8. Finanzamt O*****
9. Mag. Dr. H***** B***** mit Original des Rangordnungsbeschlusses TZ 1511/2013.“
Der Vollzug dieses Beschlusses und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Die Antragsteller begehren in dem am beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsantrag unter Vorlage des Kaufvertrags vom zwischen Erstantragstellerin und Zweit und Drittantragsteller, des Kaufvertrags vom zwischen Erstantragstellerin und Viertantragsteller sowie der weiteren, aus dem Spruch ersichtlichen und dort näher bezeichneten Urkunden, Grundstücksveränderungen in GB *****, lastenfreie Abschreibung der Trennstücke 7, 8, 9, 10 und 11 im Rang TZ 1511/2013. Nach diesem Antrag sollen in Durchführung der genannten Trennstücktabelle in der EZ 13, deren Alleineigentümerin die Erstantragstellerin ist, bestehend unter anderem aus dem Grundstück 31 und 1052/1, das Grundstück 31 in die Grundstücke 31/1, 31/2, 31/3, 31/4 (Trennstücke 1, 2, 3, 12) sowie in die Trennstücke 4, 8, 9, 10, 11 geteilt, das Grundstück 1052/1 in dieses und das neu vermessene Grundstück 1052/5 (Trennstück 5) sowie in die Trennstücke 6, 7 geteilt, das Trennstück 4 dem Grundstück 1052/5 zugeschrieben, das Trennstück 6 dem Grundstück 31/4 zugeschrieben, das Trennstück 7 vom Grundstück 1052/1 und die Trennstücke 8, 9 vom Grundstück 31 abgeschrieben und unter Einbeziehung der Trennstücke 7, 8 in das Grundstück 1052/2, und des Trennstücks 9 in das Grundstück 1052/3 je der EZ 370, die im Alleineigentum des Viertantragstellers steht, zugeschrieben, die Trennstücke 10, 11 vom Grundstück 31 abgeschrieben und unter Einbeziehung des Trennstücks 10 in das Grundstück 1052/4, des Trennstücks 11 in das Grundstück 32 je der EZ 371, die je zur Hälfte im Eigentum der Zweit und der Drittantragsteller steht, zugeschrieben und das Grundstück 31 gelöscht werden. Titel für die Zu und Abschreibungen sind die jeweils von der Eigentümerin der EZ 13 mit dem Eigentümer der EZ 370 und den Eigentümern der EZ 371 geschlossenen Kaufverträge.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Gesuche verschiedener Personen, die auf verschiedenen Urkunden beruhten und unterschiedliche Liegenschaftsteile betreffen, dürften nach § 86 GBG nicht in einem Antrag verbunden werden.
Das von den Antragstellern angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in seiner jüngeren Rechtsprechung zu § 86 GBG einen großzügigeren Standpunkt eingenommen. Danach könnten auch mehrere Kumulierungsgründe nebeneinander eine Mehrzahl von Begehren in einem Gesuch tragen, soweit die Erledigung dieses Gesuchs nur gleiche Schwierigkeiten bereite wie die Erledigung mehrerer gleichrangig eingebrachter Anträge, solange der Gesetzeszweck der Erledigungsvereinfachung und Fehlervermeidung nicht eindeutig gefährdet sei. In der Entscheidung 5 Ob 45/09t habe das Höchstgericht aber selbst Grenzen für die Kumulierungsmöglichkeit aufgestellt. Ein solcher Fall einer unzulässigen Kumulierung liege bei zwei selbständigen Kaufverträgen verschiedener Käufer über unterschiedliche Liegenschaftsteile mit letztlich voneinander unabhängigen Rechten vor. Der mit den Grundbuchsnovellen 2008 und 2012 geänderte § 2 Abs 1 Liegenschaftsteilungsgesetz (LiegTeilG), wonach ein Plan nur zur Gänze grundbücherlich durchgeführt werden dürfe, stelle keine Ausnahmebestimmung zu § 86 GBG dar. Der in den ErläutRV der Grundbuchs Novelle (GB Nov) 2012 zu § 2 LiegTeilG angedeuteten Kumulierungsmöglichkeit sei daher eine Grenze zu setzen.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Verbücherung einer Trennstücktabelle und der Einverleibung des Eigentumsrechts in mehreren Einlagezahlen (hier von Ab und Zuschreibungen) „aufgrund von voneinander unabhängiger verschiedener Urkunden betreffend verschiedene Personen und der damit verbundenen Frage der Kumulierungsmöglichkeit iSd § 86 GBG“ befasst gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig und berechtigt, weil die Vorinstanzen zu Unrecht von einer unzulässigen Kumulierung mehrerer Grundbuchsgesuche ausgegangen sind.
1. Mit der Grundbuchs Novelle (GB Nov) 2008, BGBl I 2008/100, wurde § 2 LiegTeilG dahin geändert, dass ein Plan iSd § 1 LiegTeilG nur zur Gänze grundbücherlich durchgeführt werden darf. Nach der überwiegenden Lehre sollten aufgrund dieser neuen Regelung die Verbücherung nur mehr mit einem einzigen Gesuch beantragt werden und Teilstattgebungen oder abweisungen in Zukunft nicht mehr möglich sein, um Schwierigkeiten in der Führung des Katasters zu vermeiden, die mit der schrittweisen Verbücherung von Teilungsplänen verbunden gewesen waren ( Auinger , Die Grundbuchs Novelle 2008, ÖJZ 2009/2, 10 f; Mahrer in Kodek , Grundbuchsrecht 1.01 §§ 1, 2 LiegTeilG Rz 20; Rassi in Kodek , Grundbuchsrecht, Egänzungsband § 2 LiegTeilG Rz 1; ders , Die Grundbuchsnovelle 2008: Ein Überblick, NZ 2008/61, 232; aA Bittner , Glosse zu 5 Ob 247/08x, wobl 2009/71, 305).
2. Mit der GB Nov 2012, BGBl I 2012/30, wurde dem § 2 Abs 1 LiegTeilG der Satz angefügt, dass in einem Grundbuchsantrag nur die Durchführung eines Plans begehrt werden darf. Die Regierungsvorlage (1675 BlgNR 24. GP 8) hielt zu dieser Änderung fest, dass damit der inhaltliche Konnex zwischen Teilungsplan und Grundbuchsantrag in Ergänzung der bereits bestehenden Regelung, wonach ein Plan nur zur Gänze durchgeführt werden darf dadurch sichergestellt werden solle, dass es für jeden Plan einen eigenen Antrag geben muss. Das bedeute aber nicht, dass ein Gesuch auf Durchführung eines Teilungsplans nicht mit sonstigen Gesuchen kumuliert werden könnte.
3. Mit der GB Nov 2012 wurde auch § 86 GBG neu geregelt, der nunmehr lautet:
„ Mehrere Eintragungen, die durch dieselbe Urkunde begründet werden, die Eintragung eines Rechtes in mehreren Grundbuchseinlagen und die Eintragung mehrerer Rechte in eine Grundbuchseinlage oder an einem Mindestanteil, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist, können mit einem einzigen Gesuch begehrt werden. “
4. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in der Entscheidung 5 Ob 35/14d dargelegt, ungeachtet dieser Neuregelung an seiner mit der Entscheidung 5 Ob 69/98b (wobl 1998, 316 = NZ 1998/427 [zust Hoyer ]) eingeleiteten großzügige(re)n Einstellung zur Zulässigkeit der Kumulierung von Eintragungsbegehren in ein und demselben Gesuch und an der einschränkenden Auslegung des Kumulierungsverbots (5 Ob 220/98h = NZ 1999/445 [zust Hoyer ]), festzuhalten. Auch die Tatsache, dass der Grundbuchsantrag sich auf mehrere Haupturkunden stütze und gleichzeitig die Eintragung mehrerer Rechte in mehreren Grundbuchseinlagen begehrt werde, mache eine Kumulierung noch nicht unzulässig, sofern der Gesetzeszweck der Erledigungsvereinfachung und Fehlervermeidung nicht eindeutig gefährdet sei.
5. Im vorliegenden Fall veräußerte die Erstantragstellerin als Alleineigentümerin einer Liegenschaft mehrere entsprechend einem Vermessungsplan (§ 1 Abs 1 Z 1 LiegTeilG) abzutrennende Grundstücksteile in zwei Kaufverträgen an unterschiedliche Käufer. Diese Trennstücke sollten aus der Liegenschaft der Verkäuferin lastenfrei abgeschrieben und jeweils den Liegenschaften der Käufer zugeschrieben werden.
5.1 Wie die Antragsteller (Revisionsrekurswerber) zutreffend erkennen, würde die Annahme eines Kumulierungsverbots bedeuten, dass die grundbücherliche Durchführung an der ausdrücklichen Anordnung des § 2 Abs 1 erster Satz LiegTeilG scheitern müsste. Es gibt im vorliegenden Fall eben nur einen Teilungsplan, dessen Verbücherung wie bereits dargelegt nur mit einem einzigen Gesuch beantragt werden kann. Die Auffassung des Rekursgerichts würde zu dem vom Gesetzgeber angesichts der Änderung des § 2 LiegTeilG durch die GB Nov 2008 wohl nicht beabsichtigten Ergebnis führen, dass ein Verkauf von Grundstücksteilen an unterschiedliche Käufer in mehr als einem Kaufvertrag aufgrund nur eines Teilungsplans wirtschaftlich sinnlos wäre, könnte er doch nie zur Eintragung im Grundbuch und damit zum Eigentumserwerb führen. Es müsste dann nämlich für jeden Kauf ein eigener Teilungsplan erstellt werden. Eine solche kostenintensivere und damit aus der Sicht der Vertragsparteien unwirtschaftliche Vorgangsweise beabsichtigt zu haben, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
5.2 Das Verhältnis von § 2 Abs 1 zweiter Satz LiegTeilG, der nach seinem Wortlaut die Frage einer zulässigen Kumulierung betrifft, zu § 86 GBG (vgl Hoyer, Der Entwurf einer Grundbuchsnovelle 2012 aus Sicht der Wissenschaft, NZ 2011/109, 332, der die mit der GB Nov 2012 geschaffene Ergänzung als „kontraproduktiv, systemwidrig und unnotwendige Einschränkung der Parteiautonomie“ ablehnt) muss im vorliegenden Fall nicht geklärt werden, gibt es doch eben nur einen und nicht mehrere Teilungspläne.
6. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen steht somit § 86 GBG der Bewilligung des vorliegenden Gesuchs nicht entgegen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00116.14S.0725.000