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OGH vom 17.02.2015, 4Ob202/14f

OGH vom 17.02.2015, 4Ob202/14f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Michael Nocker, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG *****, vertreten durch die Pöch Krassnigg Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 19.203,54 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 9/14v 10, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 33 Cg 10/13i 6, bestätigt wurde, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf „A***** AG“ richtiggestellt.

2. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Zur Richtigstellung der Parteienbezeichnung:

Die Beklagte hat eine Änderung ihrer Firma bekanntgegeben. Ihre Bezeichnung war daher richtigzustellen.

Zur Sache:

Das klagende Maklerunternehmen vermittelte im Jahr 2005 einen Kreditversicherungsvertrag zwischen einem Kunden und der beklagten Kreditversicherung. Vertragsgemäß verlängerte sich der Versicherungsvertrag mangels rechtzeitiger Kündigung jeweils um ein weiteres Jahr. Der Kunde der Klägerin wechselte im Jahr 2010 zu einem anderen Versicherungsmakler, welcher für ihn die Modifizierung des bestehenden Kreditversicherungsvertrags mit der Beklagten aushandelte. Die Beklagte zahlte der Klägerin für das Jahr 2010 nur die halbe Provision, die Klägerin fordert mit ihrer Klage die gesamte Jahresprovision.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klagsabweisung des Erstgerichts welches die Teilung der Provision als mit § 6 Abs 5 MaklerG im Einklang stehend beurteilte mit der Begründung, die Parteien hätten zulässigerweise vertraglich vereinbart, dass der Provisionsanspruch der Klägerin im Fall eines Maklerwechsels zum Ende der vereinbarten Versicherungsperiode ende. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Maklerwechsel vor oder nach Ablauf der in der Verlängerungsklausel enthaltenen Kündigungsfrist erfolge.

Das Berufungsgericht ließ die Revision wegen fehlender Rechtsprechung zum Schicksal des Provisionsanspruchs im Fall eines Maklerwechsels zu.

Die Klägerin macht in ihrer Revision geltend, dass die vom Berufungsgericht vorgenommene Vertragsauslegung unrichtig sei das Berufungsgericht habe im Übrigen eine Überraschungsentscheidung getroffen, was einen Verfahrensmangel begründe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch in der Revision der Klägerin wird eine solche Rechtsfrage dargetan:

1. Die Bestimmungen des Provisionsanspruchs im MaklerG sind grundsätzlich dispositiver Natur. Versicherer und Versicherungsmakler können daher davon abweichende Bedingungen vorsehen. Insbesondere kann innerhalb der Grenzen des (hier nicht relevanten) § 30 Abs 4 MaklerG vertraglich bestimmt werden, dass mit Beendigung des Maklervertragsverhältnisses sämtliche weiteren Provisionsansprüche entfallen (vgl Koban , Der Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers [2000] 101). Der Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers gründet sich in der Regel ausschließlich auf den zwischen ihm und dem Versicherer bestehenden Maklervertrag ( Fromherz , MaklerG § 30 Rz 8).

2.1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, ist nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS Justiz RS0042936).

2.2. Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Die Parteien vereinbarten in ihrer Rahmenprovisionsvereinbarung, dass für den Fall, dass vom Versicherungsnehmer ein anderer Makler beauftragt wird, der Provisionsanspruch der Klägerin branchenüblich zum Ende der vereinbarten Versicherungsperiode endet. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung die sich am Wortlaut der Vereinbarung orientiert , wonach es nicht darauf ankomme, ob der Maklerwechsel vor oder nach Ablauf der in der Verlängerungsklausel enthaltenen Kündigungsfrist erfolgt, ist vertretbar , ist doch im Zweifel von der Erfolgsorientiertheit von Folgeprovisionen auszugehen ( Fromherz , aaO § 30 Rz 12). Die von der Klägerin gewünschte Vertragsauslegung würde hingegen bedeuten, dass der Klägerin ein Anspruch auf die volle Provision für das Folgejahr zustünde, obwohl sie an der Verhandlung der Vertragsbedingungen zwischen dem Kunden und dem beklagten Versicherer nicht (mehr) mitwirkte und diesbezüglich daher nicht verdienstlich wurde.

3.1. Das Gericht darf die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat. Musste aber den Parteien aufgrund des beiderseitigen Vorbringens klar sein, dass die Auslegung von schriftlichen Verträgen von Bedeutung sein werde, kann nicht deshalb, weil die Auslegungsfrage erstmalig vom Berufungsgericht aufgegriffen und in einer der klägerischen Auffassung entgegengesetzten Weise gelöst wurde, von einer Überraschung mit einer Rechtsansicht gesprochen werden (RIS Justiz RS0037300 [T15]).

3.2. Die Beklagte hat bereits in ihrem Einspruch vorgebracht, dass die zwischen den Streitteilen getroffene Provisionsvereinbarung vorsehe, dass der Provisionsanspruch branchenüblich zum Ende der vereinbarten Versicherungsperiode ende, wenn vom Versicherungsnehmer ein anderer Makler beauftragt werde. Dass die Auslegung dieser Vertragsbestimmung entscheidend für die Löstung der gegenständlichen Rechtsfrage ist, ob der Klägerin die eingeklagte Provision zusteht, kann daher nicht überraschend sein.

4. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass sie die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen hat (RIS Justiz RS0035979).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00202.14F.0217.000