OGH 17.09.2013, 7Ob123/13h
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Ö*****, vertreten durch MMag. Dr. Florian Linder, Rechtsanwalt in Mödling, dieser vertreten durch Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte OG in Mödling, gegen die beklagte Partei Ing. C***** Ö*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterhalt (Stufenklage), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 366/12f-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 9 C 17/12y-9, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil des Berufungsgerichts wurde den Vertretern des Beklagten am zugestellt. Sie gaben die zu Unrecht an das Erstgericht (§ 507a Abs 3 Z 1 ZPO) adressierte Revisionsbeantwortung am zur Post. Die Eingabe langte dennoch innerhalb der Beantwortungsfrist am beim zuständigen Berufungsgericht ein. Es fehlt darin eine Bescheinigung, dass die konkreten technischen Möglichkeiten für eine elektronische Übermittlung im Einzelfall ausnahmsweise nicht vorliegen (§ 1 Abs 1c ERV 2006 idF BGBl II 2012/141).
Rechtsanwälte sind nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet (§ 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26). § 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26 verdeutlicht den zwingenden Charakter dieser Norm. Ein Verstoß gegen das Gebot ist wie ein Formmangel, der zu verbessern ist, zu behandeln. Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem (vgl § 98 Abs 15 Z 1 GOG), die im Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Das pflichtwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch dazu Verpflichtete führt - als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift - seit der Novelle zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe (vgl RV 1676 BlgNR 24. GP 3; 10 ObS 9/13s, 1 Ob 156/12s mwN; RIS-Justiz RS0128266).
Es sind daher die Akten dem Berufungsgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens für den mit dem Formmangel behafteten Rechtsmittelschriftsatz des Beklagten zurückzustellen. Das Berufungsgericht wird die Vertreter des Beklagten unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern haben (§§ 84, 85 ZPO), die Revisionsbeantwortung im Elektronischen Rechtsverkehr bei ihm einzubringen oder zu bescheinigen, dass die konkreten technischen Möglichkeiten dafür im Einzelfall ausnahmsweise nicht vorliegen. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt der Schriftsatz als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Ö*****, vertreten durch MMag. Dr. Florian Linder, Rechtsanwalt in Mödling, dieser vertreten durch Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte OG in Mödling, gegen die beklagte Partei Ing. C***** Ö*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterhalt (Stufenklage), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 366/12f-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 9 C 17/12y-9, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 445,70 EUR (darin enthalten 74,30 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das Berufungsgericht sprach in Abänderung seines Zulassungsausspruchs im Urteil aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Bedeutung der Rechtsfrage, ob zur Begründung des Rechnungslegungsinteresses konkrete Umstände vorgebracht werden müssten, über den Einzelfall hinausgehe.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Es ist im streitigen Unterhaltsverfahren grundsätzlich zulässig, den Anspruch im Rahmen einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO geltend zu machen. Da im streitigen Unterhaltsverfahren keine Verpflichtung des Beklagten besteht, aktiv an der Feststellung seiner Einkommensverhältnisse mitzuwirken, muss unter diesem Gesichtspunkt auch zwischen geschiedenen Ehegatten ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung betreffend die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände anerkannt werden. Der Rechnungslegungsanspruch nach Art XLII EGZPO setzt neben dem Nachweis, dass der Klagsanspruch auf Unterhalt dem Grunde nach zu Recht besteht, weiters voraus, dass der nach materiellem Recht auf Grund einer Sonderbeziehung Auskunftsberechtigte gegen den Auskunftsverpflichteten ein bestimmtes Begehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine solche Abrechnung vermieden werden können, zu erheben vermag und dass die Auskunftserteilung dem Verpflichteten zumutbar ist. Es muss also die Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers ausfallen (RIS-Justiz RS0122058; RS0119467). Es kann dem Unterhaltsberechtigten nicht zugemutet werden, gewissermaßen „ins Blaue zu klagen“, also irgendeine Einkommenshöhe, die am wahrscheinlichsten erscheine, zu behaupten und dem Unterhaltsbegehren zugrunde zu legen (10 Ob 47/07w, 4 Ob 175/07z, 2 Ob 261/12i). Es wird nach dem ersten Anwendungsfall des Art XLII EGZPO kein neuer materiell-rechtlicher Anspruch auf Vermögensangabe, Rechnungslegung oder Auskunftserteilung begründet, dieser wird vielmehr vorausgesetzt (RIS-Justiz RS0034986).
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr der laufende Unterhalt und die Frage, ob das Vorbringen der Klägerin zum Rechnungslegungsinteresse ausreichend ist oder nicht. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass das Rechnungslegungsinteresse der Klägerin zu verneinen ist, hält sich im Rahmen der Judikatur.
Die Klägerin brachte noch vor Ablauf der dem Beklagten von ihr selbst gesetzten Frist für die Vorlage des Jahreslohnzettels für 2011 die Stufenklage ein. Der Beklagte legte ihn im Verfahren vor. Der Klägerin standen im März 2012 entsprechende Nachweise für das bisherige Einkommen des Beklagten (bis Dezember 2011) auch aus dem Unterhaltsverfahren, das sie als Vertreterin des gemeinsamen Kindes anstrengte, zur Verfügung. Sie kann nicht einmal behaupten, dass der Beklagte zu irgend einem Zeitpunkt Beweise für sein Einkommen verweigert hätte. Es ergibt sich kein wie immer gearteter Hinweis darauf, dass sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten in der Zwischenzeit verändert hätten. Es wäre jedenfalls möglich gewesen, einen allfälligen Unterhaltserhöhungsanspruch auf Grund der ihr vorliegenden Unterlagen zu berechnen. Das Argument des Erstgerichts und der Klägerin, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte nicht doch ein höheres Einkommen erziele, wurde vom Berufungsgericht - im Rahmen der Judikatur - als nicht ausreichend erachtet. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin selbst besteht zwar unstrittig, sie hat aber kein Vorbringen dazu erstattet, dass ihr ein Erhöhungsanspruch zustehen könnte.
Es liegen keine erheblichen Rechtsfragen vor.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Revisionsbeantwortung weist auf die Unzulässigkeit der Revision hin.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00123.13H.0917.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAD-35362