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OGH 13.07.2016, 3Ob118/16y

OGH 13.07.2016, 3Ob118/16y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des R*****, vertreten durch das VertretungsNetz Sachwalterschaft, Steyr, Färbergasse 3/2, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des ehemaligen Sachwalters Dr. M*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , GZ 21 R 348/15y-109, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom , GZ 51 P 20/14i-97, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Gericht zweiter Instanz mit dem Auftrag übermittelt, seine Entscheidung durch einen Bewertungsausspruch zu ergänzen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss des Erstgerichts, womit der Schlussrechnung des früheren Sachwalters für die Zeit vom bis die Bestätigung versagt wurde. Es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Einen Bewertungsausspruch unterließ es.

Das Erstgericht legte den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des früheren Sachwalters direkt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Diese Aktenvorlage ist verfrüht.

Rechtliche Beurteilung

Spricht das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, hat es bei Entscheidungsgegenständen rein vermögensrechtlicher Natur, die nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestehen, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt (richtig:) 30.000 EUR (vgl RIS-Justiz RS0125732) übersteigt (§ 59 Abs 2 AußStrG).

Die Genehmigung (bzw Nichtgenehmigung) der Schlussrechnung des Sachwalters betrifft einen Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Art (vgl RIS-Justiz RS0007110; zum vergleichbaren Fall eines Rechnungslegungsbegehrens des unterhaltspflichtigen Vaters gegenüber der Mutter eines früher minderjährigen Unterhaltsberechtigten s 3 Ob 152/08m = RIS-Justiz RS0007110 [T35]).

Mangels eines Bewertungsausspruchs kann das erhobene Rechtsmittel noch nicht als außerordentliches qualifiziert werden; die Vorlage nach § 69 Abs 4 AußStrG war verfrüht. Es sind daher die Akten dem Gericht zweiter Instanz zur entsprechenden Ergänzung seiner Entscheidung zuzuleiten (3 Ob 152/08m mwN).

Gelangt das Gericht zweiter Instanz im Hinblick auf die Einkünfte des Betroffenen während des Schlussrechnungszeitraums vom bis zu einer Bewertung des Entscheidungsgegenstands mit 30.000 EUR nicht übersteigend, ist das Rekursgericht – allenfalls nach Verbesserung des Rechtsmittels – zur Erledigung eines ordentlichen Revisionsrekurses verbunden mit Zulassungsvorstellung (§ 63 AußStrG) berufen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des R*****, verstorben am , zuletzt S*****, vertreten durch das VertretungsNetz Sachwalterschaft, Steyr, Färbergasse 3/2, über den Revisionsrekurs des ehemaligen Sachwalters Dr. M*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , GZ 21 R 348/15y-109, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom , GZ 51 P 20/14i-97, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos behoben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom wurde der Revisionsrekurswerber zum Sachwalter für den am geborenen und am verstorbenen Betroffenen bestellt.

Im Bestellungsbeschluss ist festgehalten:

„Der Sachwalter hat folgende Angelegenheiten zu besorgen (§ 268 Abs 3 Z 1 ABGB):

finanzielle Angelegenheiten, Vertreter vor Ämtern, Behörden, Gerichten, privaten Vertragspartnern, Entscheidung über den Wohnsitz.“

Dem Rekurs des Sachwalters und nunmehrigen Revisionsrekurswerbers gegen seine Bestellung gab das Rekursgericht nicht Folge.

Mit Schriftsatz vom gab der Sachwalter bekannt, dass der Betroffene nach Attnang/Puchheim verzogen und daher das Bezirksgericht Wels nicht mehr zuständig sei.

Mit Beschluss vom übertrug das Bezirksgericht Wels die Zuständigkeit an das Erstgericht, das diese am übernahm, den Revisionsrekurswerber mit Beschluss vom , rechtskräftig seit , als Sachwalter enthob und einen neuen Sachwalter bestellte.

Über Auftrag des Erstgerichts vom , binnen vier Wochen Rechnung zu legen, teilte der Revisionsrekurswerber am mit, er habe keinerlei Tätigkeiten für den Betroffenen verrichtet; vielmehr sei immer nur die Frage zu klären gewesen, ob seine Bestellung zum Sachwalter überhaupt zulässig sei. Er werde daher von der Legung einer Sachwalterschaftsrechnung absehen. Mangels Möglichkeit einer Kontaktaufnahme mit dem Betroffenen verfüge er auch über keinerlei Belege.

Mit Beschluss des Rekursgerichts vom wurde dem Revisionsrekurswerber in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses eine Frist von drei Wochen zur Ergänzung bzw Vorlage der Sachwalterschaftsrechnung in Form einer Schlussrechnung für die Zeit vom (Rechtskraft der Sachwalterbestellung) bis eingeräumt.

In seinem „Schlussbericht“ vom gab der Revisionsrekurswerber bekannt, er habe vom neuen Sachwalter – der seinerseits mit Beschluss des Erstgerichts vom als Sachwalter enthoben worden war – in Erfahrung gebracht, dass der Betroffene zwar bis zu seinem Auszug aus einem näher bezeichneten Heim am die bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen, in weiterer Folge aber nur erhöhte Kinderbeihilfe erhalten habe, die ihm als Taschengeld verblieben sei. Alle sonstigen Auslagen habe der Vater des Betroffenen getragen.

Mit dem nun den Verfahrensgegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildenden Beschluss des Erstgerichts wurde der Schlussrechnung des Sachwalters für die Zeit vom bis die Bestätigung versagt, weil die als „Schlussbericht“ bezeichnete Schlussrechnung dem Ergänzungsauftrag nicht gehörig entsprochen habe.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des früheren Sachwalters nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs nachträglich mit der Begründung für zulässig, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, ob der Sachwalter „bei Bezug der Mindestsicherung“ rechnungslegungspflichtig sei.

Rechtlich vertrat das Rekursgericht zusammengefasst die Auffassung, die Bestellung des Sachwalters für „finanzielle Angelegenheiten“ enthalte nach herrschender Auffassung auch die Bestellung zur Einkommens- und Vermögensverwaltung. Es sei zwar unklar, ob den Sachwalter auch dann eine Rechnungslegungspflicht treffe, wenn der Betroffene weder über nennenswertes Vermögen iSd § 133 Abs 1 AußStrG verfüge noch die Voraussetzungen des § 133 Abs 3 AußStrG vorlägen. Im konkreten Fall sei allerdings der Bezug der Mindestsicherung als „nennenswertes Vermögen“ iSd § 133 Abs 1 AußStrG zu qualifizieren. Eine ordnungsgemäße Schlussrechnung habe der frühere Sachwalter nicht gelegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Sachwalters ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und – wenngleich nur im Ergebnis – auch berechtigt.

Die „Tätigkeit“ des Revisionsrekurswerbers, eines Rechtsanwalts, als Sachwalter des mittlerweile verstorbenen Betroffenen beschränkte sich ausschließlich auf den – zunächst vergeblichen – Versuch, sich der Sachwaltertätigkeit zu entziehen. Weder kam er dem ihm im Bestellungsbeschluss erteilten Auftrag nach, binnen vier Wochen einen Antrittsbericht zu erstatten, noch entfaltete er irgendeine Tätigkeit für den Betroffenen.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich (vgl Bericht des nach Enthebung des Revisionsrekurswerbers bestellten Sachwalters ON 64 in Bd I), dass erst nach Übertragung der Zuständigkeit auf das Bezirksgericht Vöcklabruck, die zur Enthebung des Revisionsrekurswerbers als Sachwalter führte, von einer Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft ein (neuerlicher) Antrag auf Mindestsicherung für den Betroffenen gestellt wurde.

Bei dieser Sachlage in Verbindung mit dem „Schlussbericht“ des Revisionsrekurswerbers vom , aus dem hervorgeht, dass der Betroffene im Schlussrechnungszeitraum bis nur die als Taschengeld zur Verfügung gestellte erhöhte Kinderbeihilfe bezog und über kein Vermögen verfügte, ist der „Schlussbericht“ des Revisionsrekurswerbers als „Schlussrechnung“ zu qualifizieren, welche die Bekanntgabe enthält, dass der Betroffene im genannten Zeitraum über keine Einkünfte (außer einem Taschengeld) und über kein Vermögen verfügte.

Unter diesen besonderen Umständen des vorliegenden Falls war bereits der – nicht selbstständig anfechtbare – Auftrag der Vorinstanzen an den Revisionsrekurswerber zur „Ergänzung“ seiner Schlussrechnung entbehrlich; weshalb – in Stattgebung des Revisionsrekurses – die Beschlüsse der Vorinstanzen zu beseitigen sind. Die Fragen, für welche Angelegenheiten der Revisionsrekurswerber überhaupt zum Sachwalter bestellt wurde, ob die Mindestsicherung „nennenswertes Vermögen“ ist, bzw ob der Sachwalter auch dann eine Schlussrechnung zu legen hat, wenn der Betroffene über kein nennenswertes Vermögen bzw Einkommen verfügt, stellen sich somit nicht.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00118.16Y.0713.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAD-35340