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OGH vom 12.10.2011, 3Ob118/11s

OGH vom 12.10.2011, 3Ob118/11s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Mag. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die verpflichtete Partei Dr. Stephan K*****, als Masseverwalter in dem zu 19 S 77/10m des Landesgerichts Innsbruck über das Vermögen der R***** GmbH, *****, eröffneten Insolvenzverfahren, wegen 216.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs des Forderungsprätendenten Dr. Gunther N*****, als Masseverwalter in dem zu 19 S 129/10h des Landesgerichts Innsbruck über das Vermögen des Dr. Wolfgang W*****, eröffneten Insolvenzverfahren, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 R 315/10k 19, womit über Rekurs der betreibenden Partei der Verteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 24 E 1106/10f 15 (Rekursinteresse 6.551,09 EUR sA), abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Forderungsprätendenten (Zessionar einer Drittschuldnerforderung) ist ungeachtet des nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig , was wie folgt kurz zu begründen ist (§ 78 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO):

1. Die (vom Erstgericht abgehende) Auslegung des Rekursgerichts, bei der hier zu beurteilenden Zessionsvereinbarung, nach der die Forderungsabtretung „ zur Besicherung “ von vom Zessionar der Verpflichteten zur Verfügung gestellter Betriebsmittel erfolgte, handle es sich um eine Sicherungszession, wird im Revisionsrekurs nicht mehr bekämpft und ist deshalb den weiteren Überlegungen zugrunde zu legen.

2.1. Bei der Abtretung künftiger Forderungen tritt nur bei der Vollzession ein Rechtsübergang auf den Zessionar schon aufgrund der Zessionsvereinbarung ein, nicht aber bei der Sicherungszession, die zur Wirksamkeit der Zessionsvereinbarung noch des nötigen Modus, also des Publizitätsakts (§ 452 ABGB) bedarf (RIS Justiz RS0011386). Der Zweck der Publizitätsvorschrift des § 452 ABGB besteht darin, dass künftige potentielle Gläubiger des Sicherungszedenten das Ausscheiden der sicherungsweise abgetretenen Forderungen aus dem Haftungsvermögen verlässlich erkennen können (RIS Justiz RS0115472). Die notwendige Publizität einer Sicherungszession im Fall einer mittels EDV geführten Buchhaltung (Speicherbuchhaltung) ist nur dann gegeben, wenn der Vermerk (Buchvermerk) nicht nur bei den Kundenkonten, sondern auch in der Offenen-Posten-Liste (OP Liste) betreffend die offenen Kundenforderungen aufscheint, was durch die jeweilige Buchhaltungsorganisation sicherzustellen ist (3 Ob 155/10f mwN; RIS Justiz RS0108639).

2.2. Der Zessionar wurde zur Verteilungstagsatzung nach § 307 Abs 2 iVm § 285 EO mit der ausdrücklichen Aufforderung geladen, seinen Anspruch vor oder bei der Tagsatzung anzumelden und die zum Nachweis des Anspruchs dienenden Urkunden, falls diese sich nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Tagsatzung vorzulegen, widrigenfalls keine Zuweisung erfolgen könne (vgl § 285 Abs 3 EO). Dennoch legte er in der Tagsatzung zum Nachweis der Anbringung des Buchvermerks zwar eine Liste („ Offene Posten Debitoren“ ) vor, die den Zessionar nennt und jeweils den Vermerk „ zediert “ aufweist, aber Forderungen gegen einen anderen Schuldner der Verpflichteten betrifft, also nicht die hier betroffene Forderung. Zu dieser wurde eine entsprechende OP Liste nicht beigebracht, sondern „ müsste von der Buchhaltung angefordert werden “ (ON 12). Eine Erstreckung der Tagsatzung wurde vom Zessionar nicht beantragt.

Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, mit der vorgelegten OP Liste habe der Zessionar den Nachweis der Einhaltung des erforderlichen Publizitätsakts für die geltend gemachte Zession nicht nachgewiesen, stellt demnach keinesfalls eine unvertretbare Fehlbeurteilung dar.

2.3. Eine Auseinandersetzung mit der Notwendigkeit eines vom Revisionsrekurswerber vermissten Verbesserungsauftrags des Erstgerichts erübrigt sich, weil nach dem Protokoll über die Verteilungstagsatzung erkennbar ist, dass diese Problematik ohnehin erörtert wurde, dennoch aber die Vorlage der konkret erforderlichen OP Liste nicht erfolgte, nicht angeboten werde und auch die Erstreckung der Tagsatzung nicht begehrt wurde.

2.4. Ein rechtzeitiger Nachweis der Wirksamkeit der geltend gemachten Sicherungszession ist also unterblieben, weshalb auch die rechtliche Schlussfolgerung des Rekursgerichts, die behauptete Zession habe unberücksichtigt zu bleiben, was zur Zuweisung des hinterlegten Betrags an die Betreibende führe, unter Hinweis auf § 307 Abs 2 EO iVm § 285 Abs 3 EO nicht zu beanstanden ist.

3. Auf die Frage, ob die geltend gemachte Globalzession ausreichend bestimmt formuliert wurde, kommt es daher gar nicht mehr an.

4. Kosten der Revisionsrekursbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen stets einseitig ausgestaltet ist (RIS Justiz RS0116198). Diesen Grundsatz hat die ZVN 2009 (BGBl I 2009/30) ausdrücklich festgeschrieben (§ 65 Abs 3 EO). Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof. Nach ständiger Rechtsprechung kann es aber aus besonderen Gründen zur Herstellung der Waffengleichheit geboten sein, den Rechtsmittelgegner anzuhören (3 Ob 157/10z). Solche Gründe sind hier angesichts des bereits erfolgreich erhobenen Rekurses der Betreibenden nicht erkennbar. Die Revisionsrekursbeantwortung ist zwar nicht zurückzuweisen, führt aber zu keinem Kostenersatz (§ 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO; RIS Justiz RS0118686 [T11 und T 12]).