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OGH vom 27.08.2015, 1Ob124/15i

OGH vom 27.08.2015, 1Ob124/15i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. H***** L*****, Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagten Parteien 1. Ing. S***** S***** und 2. K***** C*****, vertreten durch Dr. Ewald Wirleitner, Mag. Claudia Oberlindober, Dr. Hubert Niedermayr, MBA, und Mag. Harald Gursch, MBA, Rechtsanwälte in Steyr, wegen Unterlassung und Beseitigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 48/15v 14, mit dem das Urteil des Landesgerichts Steyr vom , GZ 3 Cg 19/14s 11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.080,37 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 346,73 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und die Beklagten sind Eigentümer benachbarter Liegenschaften; der Kläger jener der Grundstücke Nr 12/18 (Wasser) und Nr 12/7 der EZ 17 eines bestimmten Grundbuchs, die Beklagten je zur Hälfte der Grundstücke Nr 2/17 (Baufläche) und 2/20 (Garten) der EZ 382 desselben Grundbuchs. Beim Grundstück Nr 12/18 (Wasser) des Klägers handelt es sich um einen schmalen Grundstücksstreifen im Ausmaß von 34 m², der an seiner breitesten Stelle eine Breite von 1,14 m, an seiner schmalsten Stelle eine Breite von 0,25 m aufweist und in seiner Länge von ca 41 m entlang der Grundstücke der Beklagten Nr 2/17 und Nr 2/20 verläuft. Südöstlich des Grundstücks Nr 12/18 grenzt an die Breite von 1,14 m das unbebaute, landwirtschaftlich genutzte Grundstück Nr 12/7 des Klägers mit einer Fläche von 866 m² an, das auch eine gemeinsame Grenze mit dem Grundstück Nr 2/20 der Beklagten hat. Die Grundstücke Nr 2/20 und Nr 12/7 befinden sich im Hochwasserabflussgebiet.

Ein unbenanntes Gerinne, welches in einem Zubringergraben Richtung Südosten fließt, dient dem Abfluss des Oberflächenwassers der umliegenden Grundstücke. Außer bei starken Regenfällen ist es ein Rinnsal und führt nur geringe Wassermengen. Bei Starkregen breitet sich das Wasser auf beide Seiten des Gerinnes aus. Das Grundstück des Klägers befindet sich „am rechten Ufer“ und besteht zur Gänze aus Gerinnebett und Uferböschung, die mit Schilf bewachsen ist. Die Liegenschaft der Beklagten liegt am linken Ufer.

Vor Errichtung der Wurfsteinmauer [der Beklagten] lag das linksufrige Gelände zwischen 10 und 58 cm höher als das Niveau der rechtsufrig den Graben begleitenden Straße. Der Verlauf des Gerinnes änderte sich auch vor Errichtung der Stützmauer immer wieder geringfügig. Grund für die Errichtung der Wurfsteinmauer war, dass entlang des Gerinnes ein starkes Schilfwachstum bestand, das sich zunehmend auf die Liegenschaft der Beklagten ausbreitete. Überdies kam es bei stärkeren Regenfällen zu einer Überflutung des Gartens der Beklagten auf dem Grundstück Nr 2/20.

Mit dem aus Anlass der als unbegründet abgewiesenen Berufung des Klägers berichtigten Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom wurde den Beklagten die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Stützmauer aus Wurfsteinen oder Rasensteinen am linken Ufer des unbenannten Zubringergrabens zum R*****bach von der nördlichen bis zur südlichen Grenze des Grundstücks Nr 2/17, wie in den klausulierten Projektsunterlagen und im Befund des Amtssachverständigen (…) beschrieben, bei Einhaltung bestimmter Nebenbestimmungen erteilt.

Im Mai 2013 errichteten die Beklagten die Stützmauer aus Wurfsteinen entlang des Gerinnes nicht nur auf dem Grundstück Nr 2/17, sondern darüber hinaus über eine Länge von 6,36 m auch auf dem Grundstück Nr 2/20.

Die Wurfsteinmauer ist auf dem Grundstück Nr 2/17 im nördlichen Teil ca 1 m von der gemeinsamen Grenze entfernt, im südlichen Bereich steht sie nahezu an der Grundgrenze. Auf dem Grundstück Nr 2/20 beträgt der Abstand zur Grenze im nördlichen Bereich ca 20 cm. Der Abstand verringert sich bis zum südlichen Ende der Mauer auf ca 10 cm. Die Mauer ist im nördlichen Bereich zunächst 1,55 bis 1,6 m hoch, fällt dann mit dem Gelände des Grundstücks Nr 2/20 ab und endet mit zwei einzelnen Wurfsteinen nebeneinander auf Höhe der Grenze zwischen den Grundstücken Nr 12/18 und Nr (richtig) 12/7 des Klägers. Am Ende der Wurfsteinmauer ist das Niveau des rechten Ufers um ca 50 cm höher als das Niveau des linken Ufers. Der Graben des Gerinnes wurde vor Errichtung der Wurfsteinmauer regelmäßig geräumt, wobei nicht festgestellt werden konnte, wer die Räumung veranlasste bzw durchführte.

Der Kläger begehrt gestützt auf §§ 364, 413 und 523 ABGB sowie § 39 WRG die Unterlassung der Ableitung von Wasser von dem den Beklagten gehörenden Grundstück Nr 2/20 auf sein Grundstück Nr 12/18 sowie die Beseitigung der auf dem Grundstück Nr 2/20 errichteten Stützmauer aus Wurfsteinen.

Er legt dazu dar, dass vor der Errichtung der Wurfsteinmauer das Gerinne über alle Grundstücke (Nr 2/17, 2/20 [Beklagte] und Nr 12/18 [Kläger]) geflossen sei. Sein Grundstück Nr 12/18 sei „in seiner Gesamtheit vom Gerinnebett umfasst“ gewesen, während die Grundstücke der Beklagten bei gewöhnlichem Wasserstand nur teilweise vom Wasserfluss betroffen gewesen seien. Durch die widerrechtliche und über die wasserrechtliche Bewilligung hinaus erfolgte Errichtung der Stützmauer auch auf dem Grundstück Nr 2/20 sei das Gerinnebett zur Gänze auf das Grundstück Nr 12/18 verlegt worden. Dies habe eine Verschiebung des natürlichen Wasserlaufs an manchen Stellen bis zu 80 cm zur Folge gehabt. Die Beklagten hätten die Stützmauer zur Verringerung von Überschwemmungen auf ihre Grundstücke errichtet. Nun werde das Hochwasser nur mehr über das Grundstück Nr 12/18 mitunter auch über das Grundstück Nr 12/7 abgeleitet. Damit gehe nunmehr eine einseitige Erosion auf der der Stützmauer gegenüberliegenden Seite einher.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, das Gerinnebett habe sich immer zur Gänze auf dem Grundstück Nr 12/18, jenem des Klägers, das auch die Benutzungsart Wasser im Grundbuch ausweise, befunden. Durch die Unterlassung der Pflege dieses Grundstücks durch den Kläger sei es zu einer ausufernden Schilfbelastung der Liegenschaft der Beklagten und zu einer Verringerung der Aufnahmekapazität des Grundstücks Nr 12/18 des Klägers gekommen. Das Gerinne habe bei Regengüssen die Wassermassen nicht mehr aufnehmen können. Die Steinmauer sei entsprechend den genehmigten Plänen errichtet worden. Ein Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger schon wegen der wasserrechtlichen Bewilligung der Anlage im Sinne des § 364a ABGB nicht zu. Da das Grundstück Nr 2/20 tiefer liege, komme es ohnehin zunächst zu dessen Überflutung. Die Beklagten hätten daher das ihnen in § 413 ABGB eingeräumte Recht zur Befestigung des eigenen Ufers ausgeübt, ohne den Kläger zu benachteiligen.

Die Vorinstanzen erachteten das Klagebegehren als nicht berechtigt.

Das Erstgericht begründete die Abweisung damit, dass das schon vorher nur aus Gerinnebett sowie rechter Uferböschung bestehende und vom Kläger in „keinster“ Weise genutzte Grundstück Nr 12/18 und auch das Grundstück Nr 12/7 durch die Errichtung der Steinmauer keine Auswirkungen zu seinen Lasten hinnehmen hätten müssen.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, und ging zu den fraglichen Änderungen der Abflussverhältnisse auf der Tatsachenebene über den eingangs dargestellten Sachverhalt davon aus, dass sich die (Negativ )Feststellung des Erstgerichts, das nicht feststellen konnte, dass vor Errichtung der Wurfsteinmauer durch die Beklagten der natürliche Wasserlauf über die Strecke von 6,36 m entlang dieses Teils der Wurfsteinmauer zur Gänze oder teilweise auf dem Grundstück Nr 2/20 der Beklagten verlaufen war, (aus dem Gesamtzusammenhang heraus erkennbar) nicht auf den Wasserlauf bei Starkregen, sondern auf jenen bei Niedrigwasserstand bezieht; es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass es infolge der Errichtung dieser (nicht von der Genehmigung umfassten) 6,36 m langen Wurfsteinmauer auf Grundstück Nr 2/20 zu einem erhöhten Wasserabfluss auf das Grundstück Nr 12/7 komme; am Ende der Wurfsteinmauer das Niveau des rechten Ufers um ca 50 cm höher ist als das Niveau des linken Ufers sei, sodass das Wasser bei Starkregen zunächst auf das Grundstück Nr 2/20 der Beklagten abfließe und selbst dann, wenn es bei Starkregen über die Ufer tritt, zuerst das Grundstück Nr 2/20 überflute und sich dann seinen Weg im Rahmen des natürlichen Wasserlaufs suche.

Es führte aus, das in § 413 ABGB festgesetzte Verbot der Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse setze nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung einen Nachteil zu Lasten benachbarter Grundstücke voraus, und gab der Berufung wegen des unterbliebenen Nachweises eines (möglichen) Nachteils für die Grundstücke des Klägers nicht Folge. Dabei wies es auf das Ergebnis des im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigen-gutachtens aus dem Fachbereich Hydrologie hin, wonach der (noch vor dem Grundstück Nr 12/18 [dem Wasserlauf nach oberhalb] befindliche) Rohrdurchlass die limitierende Größe im Grabengerinne darstelle.

Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand als 30.000 EUR übersteigend und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung 1 Ob 227/10d eine Haftung der damals beklagten Partei nach § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB nicht in Erwägung gezogen, obwohl die dort zu beurteilenden Baumaßnahmen nicht unbeachtlich in das natürliche Fließverhalten des Baches eingegriffen hatten und es dadurch im linken Uferbereich verstärkt zu Uferbeeinträchtigungen, insbesondere zu Ausschwemmungen gekommen war. Da in der Entscheidung 1 Ob 227/10d das Verhältnis zwischen § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB und § 413 ABGB unerörtert geblieben sei, die darin vertretene Rechtsauffassung, das in § 413 ABGB festgesetzte Verbot der Änderung natürlicher Abflussverhältnisse setze einen Nachteil zu Lasten benachbarter Grundstücke voraus, nicht im Gesetzestext gedeckt sei und auch Krzizek (Wasserrechtsgesetz 183) in seiner Kommentierung des § 39 WRG zu einem von § 413 ABGB geforderten Nachteil zu Lasten benachbarter Grundstücke nicht Stellung nehme, liege eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor.

Der Kläger argumentiert in seiner Revision, er müsse unmittelbare Zuleitungen nicht dulden und verweist dazu auf die Entscheidung 1 Ob 169/06v. In dieser seien erdbautechnische Geländeänderungen auf den höhergelegenen Grundstücken, als deren Folge die für das Niederschlagswasser bis dahin bestehenden natürlichen Abflussverhältnisse gleichfalls geändert wurden, nach § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB beurteilt worden, weil es insofern genüge, dass die willkürlichen Änderungen das nunmehrige Abfließen des Niederschlagswassers über oder auf das Grundstück des Nachbarn zumindest mitverursachen werde. Die ohne Bewilligung gerichtete Stützmauer verstoße gegen § 413 ABGB, der bei Änderungen des natürlichen Laufs keinen Nachteil des Klägers voraussetzte und verlange, dass ähnliche Anlagen nur mit Erlaubnis der politischen Behörden gemacht werden könnten.

Die Revisionsbeantwortung bezieht sich auf § 413 ABGB als lex specialis gegenüber den nachbarrechtlichen Regelungen des § 364 ABGB und führt aus, bei dem bebauten Grundstück komme die nur für landwirtschaftlich genutzten Grundstücke geltende Bestimmung des § 39 Abs 1 WRG nicht zum Tragen.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

Rechtliche Beurteilung

2. § 413 ABGB berechtigt jeden Grundbesitzer, „sein Ufer gegen das Ausreißen des Flusses zu befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder Pflanzungen anlegen, die den ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder die der Schiffahrt, den Mühlen, der Fischerey oder andern fremden Rechten nachtheilig werden könnten. Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit Erlaubniß der politischen Behörde gemacht werden“.

Das auf § 413 ABGB gegründete und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (JGS Nr 1811/946) verankerte, schon von alters her bestehende „Uferrecht“ (welches nach Klang in Klang 1 [1931] I/2 136, dem preußischen Allgemeinen Landrecht [ALR] entnommen ist) soll die Bestimmung des fließenden Wassers zum allgemeinen Gebrauch sichern ( Ehrenzweig , System des österreichischen allgemeinen Privatrechts 1 [1923] 15; ebenso , System² [1957] 14). Es erweitert das sich wohl (grundsätzlich) schon aus § 354 ABGB ergebende Recht eines Liegenschaftseigentümers in der besonderen Stellung eines Ufereigentümers dahin, Schutzbauten, so auch Dämme, nicht nur (wie im vorliegenden Fall) auf seinem Ufergrundstück, sondern auch an dem Ufer und im Flussbett anbringen zu dürfen (vgl Randa , Das Österreichische Wasserrecht³ [1891] 87). Die Grenzen dieses Rechts zur Uferbefestigung ergeben sich aus der Beeinträchtigung Dritter. Nach Pfersche (Grundriß des Sachenrechts² [1911] 42) hat der Ufereigentümer die negative Pflicht, eine Benutzung der Ufergrundstücke zu unterlassen, die den Wasserinteressen nachteilig oder gefährlich sein könne. Auch Peyrer Heimstätt (Österreichisches Wasserrecht 3 [1898] 406 ff) konstatierte schon 1898, Anlagen seien in Gemäßheit des § 413 ABGB so herzustellen und zu erhalten, dass sie fremden Rechten nicht nachteilig seien. Die ausdrückliche Ausformulierung dieses Gedankens im zeitlich später als das ABGB erlassenen § 11 Reichswasserrechtsgesetz (RWRG) 1869 und den jeweiligen Landeswasserrechtsgesetzen (für Oberösterreich vgl § 42 des Gesetzes vom 28. 8. 1870, LGuVBl für das Erzherzogtum Österreich ob der Enns Nr 32 [oö LWRG 1870]) drückte damit ohnehin nur das zu § 413 ABGB vorgefundene Verständnis aus. Dies machte Ehrenzweig (System 1 aaO) deutlich, wenn er ausführte, was § 413 ABGB von den Flüssen bestimme, dehnten die LWRG auf alle fließenden Gewässer aus (vgl auch schon Randa zum RWRG aaO 107), und darauf hinwies, dass das Gericht nur einschreite, wenn durch einen eigenmächtigen Wasserbau einem Grundstück Schaden drohe (§ 340 ABGB) oder wenn es sich bereits um die Entschädigung (Hervorhebungen nicht im Original) handle. Ebenso setzte Stubenrauch einen (drohenden) Schaden voraus (Kommentar zum Österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch 8 [1902] I 513, FN 2 und 436 mit Verweis auf §§ 364 und 1305 im Text).

Dieses einen Nachteil des anderen voraussetzende Verständnis des § 413 ABGB, wurde in Rechtsprechung und Lehre auch weitergetragen (vgl etwa Mader in Kletečka/Schauer ABGB ON 1.02 § 413 Rz 1, der erklärt, die Bestimmung des § 413 ABGB sei durch das WRG nicht außer Kraft gesetzt, aber modifiziert und ergänzt worden; ähnlich auch Eccher/Riss in KBB 4 § 413 Rz 1). Wie § 11 RWRG 1869 verbietet § 39 Abs 1 WRG 1959 auch heute noch dem Eigentümer eines Grundstücks nur die willkürlichen Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse, die sich zum Nachteil des Unter- oder Oberliegers auswirken ( Krzizek , Wasserrechtsgesetz 183; Oberleitner/Berger , WRG³ § 39 Rz 3; RIS Justiz RS0011049; 1 Ob 279/02i). Das darin und auch in § 41 WRG (Schutz und Regulierungsbauten betreffend) festgelegte, an sich verwaltungsrechtliche Verbot der Privatwillkür konkretisiert auch nach heutigem Verständnis nachbarrechtliche Rücksichtnahmepflichten ( B. Raschauer , Wasserrecht § 39 Rz 1; RIS Justiz RS0082597).

3. Das Berufungsgericht nahm an, in der Entscheidung 1 Ob 31/79 (= SZ 53/11) stütze sich der erste Senat zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf ein Fehlzitat ( Krzizek [aaO 183]), weil der dort genannte Autor in seiner gesamten Kommentierung des § 39 WRG (aaO 180 184) zu einem „von § 413 ABGB“ geforderten Nachteil zu Lasten benachbarter Grundstücke nicht Stellung nehme. Das trifft zwar vom Wortlaut her zu, jedoch bezog sich der insofern zutreffende Verweis auf Krzizek auf den von diesem genannten § 39 WRG und verallgemeinerte dessen Ausführungen auch im Hinblick auf § 413 ABGB.

Die Schlussfolgerung in der Entscheidung 1 Ob 31/79, dass eine Regulierung dann Entschädigungsansprüche des Unterliegers auslösen kann, wenn durch diese Maßnahme eine Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse und als deren Folge ein Nachteil für (damals) den Unterlieger herbeigeführt wird, beruhte somit durchaus auch auf diesem Zitat. Der Oberste Gerichtshof stellte demnach schon in 1 Ob 31/79 ausdrücklich klar, dass § 39 WRG und ähnlich § 413 ABGB zwar nicht jede Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse, wohl aber solche, die sich zum Nachteil des (im Sinne von Krzizek zu ergänzen: Ober oder) Unterliegers auswirken, verbieten (vgl RIS Justiz RS0011049) und wiederholte diese Ansicht in 1 Ob 227/10d (= RdU 2011, 155 [ Schlager ] = bbl 2011, 186 = NZ 2012, 21 = MietSlg 63.018 = MietSlg 63.050).

4. Im vorliegenden Fall konnte nicht festgestellt werden, dass der natürliche Wasserlauf bei Niedrigwasserstand auch nur teilweise auf dem Grundstück Nr 2/20 der Beklagten verlaufen wäre. Die Feststellung, dass außer bei starken Regenfällen das Gewässer ein Rinnsal ist und nur geringe Wassermengen führt, verdeutlicht, dass eine Veränderung und daher eine Beeinträchtigung der Grundstücke des Klägers überhaupt nur bei starken Regenfällen denkbar ist. Bei Starkregen kommt es aber in jenem Bereich am Ende der Wurfsteinmauer, ohnehin zu einer Überflutung des Grundstücks Nr 2/20 der Beklagten. Es sucht sich dann das Wasser nach den Feststellungen der Vorinstanzen seinen Abfluss nach dem natürlichen Verlauf, womit auch daraus eine Veränderung des „ordentlichen Laufs des Flusses“ nicht ableitbar ist. Ebenso fand sich kein Anhaltspunkt dafür, dass es infolge der Errichtung dieser 6,36 m Wurfsteinmauer auf Grundstück Nr 2/20 zu einem erhöhten Wasserabfluss auf das Grundstück Nr 12/7 (das rinnsalabwärts an das Grundstück Nr 12/18 anschließt) kommt.

Worin denkmöglich ein drohender Nachteil in der Phase des Anschwellens bei stärkeren Regenfällen für sein Grundstück Nr 12/18 auf jenen 6,36 m Länge zu erblicken sein sollte, ist, wie für die Vorinstanzen, auch für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar und wird vom Kläger auch nicht dargelegt, können doch vom Berufungsgericht verworfene Tatsachenrügen und Mängel des Verfahrens erster Instanz mit der Revision nicht mehr aufgegriffen werden (RIS Justiz RS0069246; RS0042963 uva). Beim von seiner Form als länglicher Streifen und aufgrund seines Gefälles allein das Wasserbett bzw Wasserbett und Ufer (abhängig vom Wasserstand) bildenden Grundstück (von dem der Kläger schon in der Klage selbst zugesteht, dass es „in seiner Gesamtheit vom Gerinnebett umfasst“ ist) entspricht die im Grundbuch festgehaltene Nutzung (Wasser) den tatsächlichen Verhältnissen, weil es über seine 41 m Länge natürlicherweise dem Wasserabfluss dient. Welche andere Nutzung bei den gegebenen Verhältnissen denkbar wäre, vermag der Kläger gar nicht auszuführen.

In der Entscheidung 1 Ob 227/10d genannte und für die Zurückverweisung zur weiteren Prüfung als relevant bezeichnete Umstände, wie eine Verengung des Wasserbetts oder eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit ua, sind für die hier betroffenen 6,36 m Wurfsteinmauer aber (entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers) nicht festgestellt.

5. Während sich § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB mit unmittelbaren Zuleitungen befasst, spricht § 413 ABGB die Weiterleitung des Wassers eines Flusses („ordentlicher Lauf des Flusses“) an. Eine gewisse Wirkung bei Ausübung des Uferrechts nach § 413 ABGB, als einer dem Eigentum innewohnenden Befugnis ( zitiert bei Grabmayr/Rossmann , Das Österreichische Wasserrecht 2 268 E 3), zieht der Gesetzgeber in Betracht, soll doch gerade der Effekt der Befestigung durch Schutzbauten (etwa Stein , Holz oder andere Verkleidungen) erreicht werden. Die Befestigung des Ufers wird also zwangsläufig dazu führen, dass das Ufer auf dieser Seite dem Wasserlauf mehr Widerstand entgegensetzt als davor und nicht mehr ausreißt; der Ufereigentümer des anderen Ufers kann schließlich sein Ufer ebenfalls befestigen (vgl dazu schon Randa aaO 87). Solche Veränderungen des Ufers sollen sich im Sinne der Ausübung von aufeinander Rücksicht nehmenden Nachbarrechten bloß nicht zum nennenswerten Nachteil eines anderen auswirken.

Richtigerweise hat daher das Berufungsgericht die vorliegende Konstellation der Spezialbestimmung des § 413 ABGB (1 Ob 227/10d Pkt 6.; vgl zu dieser Thematik aber Schlager , Haftung bei Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse, RFG 2011/48) unterstellt, die in ihrem Anwendungsbereich auch § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB insoweit verdrängt, als der Kläger den ihm drohenden Nachteil nachzuweisen hat.

Eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob bei der Vielgestaltigkeit von Oberflächenwassser in allen denkbaren Konstellationen eine Anwendung des § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB neben § 413 ABGB nicht in Betracht kommt, kann für den vorliegenden Fall unterbleiben, weil hier auch ein solcher Anspruch scheiterte. Wenn sich eine willkürliche Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse im Sinn einer unmittelbaren Zuleitung auf das Grundstück eines Nachbarn nur geringfügig auswirkt und diese Folge kein Vernünftiger als nennenswerten Nachteil ansähe, ist ein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch nicht berechtigt (vgl RIS Justiz RS0121625). Auch Kerschner sieht in seiner Glosse zu 1 Ob 169/06v (RdU 2007/15) den vom Obersten Gerichtshof herangezogenen Parameter einer maßgeblichen Veränderung im Sinne einer Änderung mit nicht bloß geringfügigen Auswirkungen als richtig an (ebenso letztlich Schlager , wenn sie auf mehr als nur geringfügige Änderungen abstellt [Glosse zu 1 Ob 227/10d, RdU 2011/98]).

6. Der Revisionswerber vermag vor diesem Hintergrund auch aus dem (bloßen) Umstand, dass ein 6,36 m langer Teil der Wurfsteinmauer von der erteilten Bewilligung nicht umfasst ist, keinen Erfolg für seinen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung abzuleiten. Unbeachtlich ist jedenfalls, dass das verwaltungsrechtliche Verfahren zur Wurfsteinmauer noch nicht abgeschlossen ist, weil der hier in Streit gezogene Abschnitt auch nach dem Vorbringen des Klägers gar nicht Gegenstand dieses Verwaltungsverfahrens ist.

Ob die Errichtung der Wurfsteinmauer in ihrem auf dem Grundstück Nr 2/20 errichteten Teil über die Länge von 6,36 m eine Maßnahme an Oberflächengewässern mit Nebeneffekten auf den Wasserabfluss (§ 38 WRG) oder eine gezielte Beeinflussung des Ablaufs von Oberflächengewässern darstellt (§ 41 WRG; zur Abgrenzung zwischen Maßnahmen mit Nebeneffekten auf den Wasserablauf nach §§ 38 und 39 WRG bzw Schutz und Regulierungsbauten vgl Oberleitner/Berger aaO § 41 Rz 2 f und Raschauer aaO § 41 Rz 2 mwN ) und ob § 39 WRG nur für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke gilt (siehe dazu Oberleitner/Berger aaO § 39 E 2 ff), kann hier ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob dieser Teil gemäß § 41 Abs 3 WRG von der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht ausgenommen ist (vgl dazu Raschauer aaO § 41 Rz 5), weil auch eine fehlende Genehmigung nach dem WRG per se und ohne erkennbaren drohenden Nachteil für den Kläger noch nicht die Pflicht eines anderen zur Unterlassung oder Beseitigung einer Anlage, die er auf seinem eigenen Grund errichtet hat, nach sich zieht.

Das in § 413 ABGB festgehaltene Verbot einer Veränderung des ordentlichen Laufs des Flusses und auch die Anordnung, dass solche Anlagen nur mit Erlaubnis der politischen Behörden gemacht werden dürfen, sind nicht Selbstzweck, sondern Ausdruck der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten. Solche Zwecke, vor allem aber auch jene des Gewässerschutzes zugunsten der Allgemeinheit überhaupt, liegen dem öffentlichen Wasserrecht als Ziele zugrunde, was zu einer Entscheidung der Wasserrechtsbehörde nach § 138 WRG führen kann. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche des Nachbarrechts im Zivilrecht fußen aber auf dem Grundgedanken, dass ein einzelner einen (nennenswerten) drohenden Nachteil für sich und einen Eingriff in seine eigenen Rechte abwehren darf. Ein solcher Nachteil ist im vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich.

7. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 und § 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00124.15I.0827.000