TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 11.06.2008, 7Ob121/08g

OGH vom 11.06.2008, 7Ob121/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin H***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Karlheinz Kux, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin I***** GmbH, *****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Beweissicherung (Streitwert 150.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems/Donau als Rekursgericht vom , GZ 1 R 52/08i-20, womit der Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Zwettl vom , GZ 3 Nc 1/08y-13, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, über den Rekurs der Antragsgegnerin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte - außerhalb eines Zivilprozesses - beim Bezirksgericht Zwettl die Bewilligung der Beweissicherung durch Bestellung eines Sachverständigen und „ihm aufzutragen, nach unter Ladung und Teilnahme der Parteien stattgefundener Besichtigung der von der Antragsgegnerin installierten Patronenfilteranlage ein Gutachten darüber zu erstatten, dass und warum diese nicht funktioniert und aus welchen technischen Gründen die vertraglich vereinbarte Aufgabenstellung mit dieser Anlage nicht erreicht werden kann". Es ergebe sich die dringende Notwendigkeit, „die vorhandene Scheuch-Filteranlage mit einer weiteren Filteranlage zu ergänzen, also die unbrauchbare I*****-Pratronen-Filteranlage abzubauen und zur Vermeidung weiteren Schadens unverzüglich nunmehr eine allein geeignete Filteranlage zu bestellen und zu installieren." Sei jedoch die I*****-Patronen-Filteranlage entfernt, könne nicht mehr festgestellt werden, warum diese nicht funktioniere. Dieses Beweismittel wäre also verloren. Es bedürfe daher vor deren Abtragung der ehesten Besichtigung der von der Antragsgegnerin installierten Anlage durch einen Sachverständigen.

Nach Einholung einer Äußerung der Antragsgegnerin bewilligte das Erstgericht den Antrag, bestellte einen Sachverständigen und beauftragte ihn mit einer Befundaufnahme.

Die Antragsgegnerin lehnte den Sachverständigen ab, weil es zwischen ihm und der Antragsgegnerin bereits mehrfach Kontakte gegeben habe, im Rahmen derer es zu Konflikten gekommen sei.

In seiner Stellungnahme erklärte sich der Sachverständige für nicht befangen. Er habe in seiner beruflichen Tätigkeit keine der Parteien als Auftraggeber gehabt und sei für diese weder als Planverfasser noch als Berater tätig gewesen; es habe auch keinerlei Konflikte gegeben.

Mit Beschluss vom , ON 13, wies das Erstgericht den Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen ab.

Den von der Antragsgegnerin dagegen erhobenen Rekurs wies das Gericht zweiter Instanz mit der Begründung zurück, es bestehe kein Bedarf, gegen die Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren entgegen § 366 Abs 1 ZPO einen selbstständigen Rekurs zuzulassen. Es handle sich nämlich bei der Beweissicherung nur um einen vorweggenommenen Teil des Hauptprozesses; die Verwertung der im Sicherungsverfahren aufgenommenen Beweise finde erst bei der mündlichen Streitverhandlung statt; es bleibe daher dem Beklagten unbenommen, seine Bedenken gegen die Person des Sachverständigen im Prozess zu wiederholen, gegebenenfalls eine Beschwerde nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 515, 462 Abs 2 ZPO im Prozess zu erheben (EvBl 1966/59). Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 EUR und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil von der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht abgewichen worden sei.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhebt die Antragsgegnerin außerordentlichen Revisionsrekurs , in dem sie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Ablehnungsantrag Folge gegeben werde; hilfsweise soll der Beschluss aufgehoben und die Rechtssache an das Rekurs-/Prozessgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zulässig und berechtigt:

1.1. Nach der vom Rekursgericht vorgenommenen, im Hinblick auf die durch die Antragstellerin erfolgte Angabe des Streitwerts mit 150.000 EUR nicht zu beanstandenden Bewertung des Entscheidungsgegenstands mit über 20.000 EUR ist der Revisionsrekurs nicht nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO unzulässig. Wegen der Behandlung des Rekurses als unzulässig aus formellen Gründen liegt auch keine bestätigende Entscheidung vor (RIS-Justiz RS0044117), weshalb § 528 Abs 2 Z 2 ZPO einer meritorischen Behandlung nicht entgegen steht.

Das Rechtsmittel ist entgegen dem entsprechenden Ausspruch des Rekursgerichts zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig, da - wie noch zu zeigen sein wird - zur Problemstellung des vorliegenden Falls gegenteilige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt, die im Widerspruch zu jüngerer zweitinstanzlicher Judikatur und Lehrmeinungen steht. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 2 Ob 121, 122/65 (EvBl 1966/59, 73) auf die sich das Rekursgericht beruft, betrifft allerdings keinen vergleichbaren Fall, weil es sich dort beim Erstgericht um einen Gerichtshof erster Instanz handelte; daher ist die zitierte Entscheidung nicht in einem dem Rechtsstreit vorausgehenden Beweissicherungsverfahren ergangen.

1.2. Den Gegenstand des Rechtsmittels bildet ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem der gegen die erstgerichtliche Entscheidung erhobene Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde; es ist daher einseitig (RIS-Justiz RS0118695), weshalb eine Rechtsmittelbeantwortung nicht einzuholen war.

2. Die Antragsgegnerin argumentiert (in Anlehnung an die vom Landesgericht Linz zu 15 R 68/98w [= RIS-Justiz RLI0000010] vertretene Ansicht), im Beweissicherungsverfahren sei gegen die Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen ein selbstständiger und abgesonderter Rekurs zulässig. Es handle sich beim Beweissicherungsverfahren um ein eigenes Verfahren, dem ein weiteres Hauptverfahren gar nicht folgen müsse. Es wäre widersinnig, erst in einem allfälligen Hauptverfahren über die Ablehnung des Sachverständigen zu entscheiden, da bei Erfolg des Ablehnungsantrags das gesamte Beweissicherungsverfahren keinerlei Sinn gehabt hätte. Es bestehe nämlich dann die Gefahr, dass das Beweismittel mittlerweile verloren sei oder dessen Benützung erschwert werde, was der von § 515 ZPO angestrebten Prozessbeschleunigung und -ökonomie keinesfalls entspreche. Im Übrigen führe die Notwendigkeit der Einbringung eines Beweissicherungsantrags vor Anhängigkeit eines Rechtsstreits beim Bezirksgericht im Falle eines (hier anzunehmenden) Prozesses vor dem Gerichtshof erster Instanz zu einem Auseinanderklaffen der funktionalen Zuständigkeiten. Der Ansicht des Obersten Gerichtshofs in EvBl 1966/59 folgend, hätte das Oberlandesgericht als zweite Instanz des Prozessgerichts über den aufgeschobenen Rekurs gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts zu entscheiden, was mit den Regelungen der §§ 3 und 4 JN nicht in Einklang stehe. Es sei daher der ständigen Rechtsprechung zu § 515 ZPO zu folgen, wonach ein aufgeschobener Rekurs dann selbstständig überreicht werden könne, wenn infolge des Abschlusses der Hauptsache eine weitere anfechtbare Entscheidung nicht erfließen könne.

3. Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

3.1. Gemäß § 384 Abs 3 ZPO kann ein Antrag auf Sicherung von Beweisen nicht nur beim Prozessgericht, sondern in dringenden Fällen und wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Sache, welche in Augenschein zu nehmen ist oder die Grundlage des Sachverständigenbeweises zu bilden hat, angebracht werden. In der Praxis ist das selbstständige Beweissicherungsverfahren, das vor Einleitung eines Hauptprozesses durchgeführt wird, der Hauptanwendungsfall. Es soll die Verwertung der Beweisergebnisse für den künftigen Rechtsstreit konserviert und dem Beweisverlust oder auch der erschwerten Benutzung eines Beweismittels vorgebeugt, aber auch der Prozessbeschleunigung oder überhaupt der Prozessvermeidung gedient werden (Rassi in Fasching/Konecny² § 384 ZPO Rz 1 f und 4). Hervorzuheben ist daher, dass es sich bei einem vor Anhängigkeit eines Zivilprozesses geführten Beweissicherungsverfahrens um ein selbstständiges Verfahren handelt, dessen Zweck sich nicht (nur) auf einen (gar nicht zwingend folgenden) Hauptprozess (zwischen denselben Parteien) als dessen vorweggenommenen Teil beschränkt. Es muss ja gar nicht zur Verwertung der im Sicherungsverfahren aufgenommenen Beweise in einem späteren Hauptverfahren kommen, wenn nämlich der Zweck der Prozessvermeidung erreicht wird. Auch wenn kein Hauptprozess folgt, darf dem Beweissicherungsverfahren nicht jede Bedeutung abgesprochen werden, weil seine Ergebnisse als Grundlage einer außergerichtlichen Einigung, aber auch eines Prozesses zwischen anderen Parteien dienen können.

Die vom Obersten Gerichtshof zu 2 Ob 221/54 vertretene Meinung, die Beweissicherung sei - (offensichtlich) auch bei einem vor Anhängigkeit des Hauptprozesses geführten Beweissicherungsverfahren - bloß ein antizipierter Teil des Hauptprozesses, vermag der erkennende Senat daher nicht aufrecht zu erhalten.

3.2. Nach § 388 Abs 1 ZPO erfolgt die Beweisaufnahme nach den Vorschriften des zweiten, vierten, fünften und sechsten Titels dieses Abschnitts, also nach den §§ 266 bis 291c, 320 bis 350, 351 bis 367 und 386 bis 370 ZPO. Davon ist auch § 366 Abs 1 ZPO erfasst, wonach gegen den Beschluss, durch welchen unter anderem die Ablehnung eines Sachverständigen verworfen wird, ein abgesondertes Rechtsmittel nicht stattfindet. Wegen des damit angeordneten vorbehaltenen Rekurses gegen eine die Ablehnung eines Sachverständigen verwerfende Entscheidung muss auf § 515 ZPO Bedacht genommen werden: Dieser sieht vor, dass in den Fällen, in welchen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes gegen einen Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, die Parteien ihre Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen können. Ein aufgeschobener Rekurs kann jedoch dann selbstständig überreicht werden, wenn infolge Abschlusses der Hauptsache eine weitere anfechtbare Entscheidung überhaupt nicht erfließen kann (RIS-Justiz RS0035518; E. Kodek in Rechberger³ § 515 ZPO Rz 4; Zechner in Fasching/Konecny² § 515 ZPO Rz 18 je mwN) oder keine weiteren anfechtbaren Entscheidungen zu erwarten sind (SZ 40/147). Der prozessuale Grund, warum es zu einer weiteren anfechtbaren Entscheidung nicht kommen kann, muss nicht gerade nur im Abschluss der Hauptsache liegen; er kann auch darin bestehen, dass ein Zwischenverfahren, etwa ein Rechtshilfeverfahren vor einem fremden Gericht, das einem fremden Rechtsmittelgericht untersteht, beendet ist, weshalb eine weitere anfechtbare Entscheidung des Rechtshilfegerichts nicht mehr zu erwarten ist (4 Ob 26/66 = SZ 39/72). Nach Zechner (in Fasching/Konecny² § 515 ZPO Rz 18) und Rassi (in Fasching/Konecny² § 386 ZPO Rz 8) ist deshalb (jeweils unter Berufung auf die bereits erwähnte Entscheidung des Landesgerichts Linz) die Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren selbstständig anfechtbar.

3.3. Erkennt man das vor einem Rechtsstreit geführte Beweissicherungsverfahren als selbstständiges und eigenständiges Verfahren an, so liegt auf der Hand, dass mit der Bewilligung des Antrags die Hauptsache (= Beweissicherung) abgeschlossen ist und dazu keine weitere (anfechtbare) Entscheidung zu erwarten ist, weil sich das zu führende Verfahren im Wesentlichen in der Aufnahme der bewilligten Beweise erschöpft.

Allerdings ist es wahrscheinlich, dass der bestellte Sachverständige noch Gebührennote legen wird, worüber mit anfechtbarem (§ 41 Abs 1 GebAG) Beschluss zu entscheiden ist. Die Rechtsmittellegitimation (auch) der Antragsgegnerin eines Beweissicherungsverfahrens ist schon gemäß §§ 40 Abs 1 Z 1 lit a in Verbindung mit 41 Abs 1 GebAG zu bejahen; überdies ist (auch) die Antragsgegnerin - ungeachtet der vorläufigen Kostentragungspflicht des Antragstellers nach § 388 Abs 3 ZPO - hinsichtlich der Höhe der bestimmten Sachverständigengebühren beschwert, weil ihr deren Bekämpfung anlässlich der Kostenentscheidung im Hauptprozess nicht mehr möglich ist (so auch LG Klagenfurt Zak 2006/244).

4. Dennoch erscheint es angebracht, die Voraussetzungen dafür anzuerkennen, dass der an sich aufgeschobene Rekurs gegen die Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen jedenfalls in einem Beweissicherungsverfahren, das unabhängig von einem Hauptverfahren stattfindet, selbstständig überreicht werden kann:

4.1. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 515 ZPO der Prozessbeschleunigung und der Prozessökonomie dienen soll (E. Kodek in Rechberger³ § 515 ZPO Rz 1; Zechner in Fasching/Konecny² § 515 ZPO Rz 1). Der rechtspolitische Zweck des aufgeschobenen (= verbundenen = vorbehaltenen) Rekurses ist die Schaffung der Möglichkeit im Interesse der Prozessbeschleunigung, dass eine Partei mit der Anfechtung bestimmter verfahrensleitender Beschlüsse, die gegen ihren Willen ergangen sind, so lange zuwarten kann, bis sie eindeutig erkennt, ob diese Beschlüsse ihr auch tatsächlich zum Nachteil gereichen (4 Ob 554/91 = SZ 64/121).

Ein derartiges Zuwarten ist aber wohl nur zumutbar, wenn nicht schon allein aus dem Zuwarten Nachteile für die Partei zu befürchten sind. Dies ist aber in der vorliegenden Konstellation wegen eines möglichen Beweisverlustes (vergleiche Punkt 4.3.) der Fall.

Weiters kann zwar auch bei der Ablehnung eines Sachverständigen in einem Zivilprozess der Fall eintreten, dass die ablehnende Partei im Laufe des Verfahrens erkennt, dass ihr dessen Tätigkeit nicht zum Nachteil gereicht. Eine verlässliche Beurteilung dieses Kriteriums in einem dem Rechtsstreit vorausgehenden Beweissicherungsverfahren, das in der bloßen Befundaufnahme durch einen Sachverständigen besteht, erscheint jedoch praktisch unmöglich, weil ja noch gar kein Gutachten erstattet, sondern nur die Möglichkeit geschaffen werden soll, zu einem späteren Zeitpunkt gutachterliche Schlussfolgerungen ziehen zu können (Rassi in Fasching/Konecny² § 384 ZPO Rz 20); eine eindeutige Erkennbarkeit, ob die Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen tatsächlich negative Folgen für die ablehnende Partei haben wird, wird vielmehr in einem Beweissicherungsverfahren wie dem vorliegenden kaum eintreten. Daher greift in einem solchen Fall die rechtspolitische Begründung für die nicht abgesonderte Anfechtbarkeit dieses Beschlusses nicht.

4.2. Auch ein Beschluss, mit dem die Gebühren des Sachverständigen bestimmt werden, lässt keinerlei Rückschlüsse auf die Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Position der ablehnenden Partei zu. Schon deshalb rechtfertigt die Wahrscheinlichkeit der Erlassung eines solchen Beschlusses nicht die Verweigerung der selbständigen Anfechtbarkeit der vorausgehenden Verwerfung der Ablehnung; auch in dieser Hinsicht kann daher der Entscheidung 2 Ob 221/54 nicht gefolgt werden.

Es würde aber auch jeder Prozessökonomie widersprechen, von einer Partei die Anfechtung eines sie zwar beschwerenden, aber (auch aus ihrer Sicht) inhaltlich richtigen Beschlusses zu verlangen, nur damit sie damit den bisher unzulässigen Rekurs gegen einen früheren Beschluss verbinden kann. Gerade diese Überlegung zeigt, dass die Aufschiebung der Anfechtbarkeit nur im Zusammenhang mit der späteren Entscheidung in der Hauptsache Sinn macht, weil nur die Verbindung der Bekämpfung der negativen Sachentscheidung mit der negativen Vorentscheidung zweckmäßig ist; sollte nämlich die Sachentscheidung für den ursprünglich Ablehnenden (doch) nicht negativ ausgegangen sein, erübrigt sich die Anfechtung der Entscheidung im vorausgegangenen Verfahren, wodurch - ex post betrachtet - ein unnötiges Rechtsmittelverfahren vermieden wurde.

4.3. Abgesehen davon besteht im Fall, dass sich die Ablehnung später als berechtigt erweist, die eminente Gefahr, dass eine Wiederholung der Beweisaufnahme nicht mehr (oder nur erschwert) möglich ist. Voraussetzung für die Bewilligung der Beweissicherung ist ja nach § 384 Abs 1 ZPO gerade die Sorge, das Beweismittel sei sonst verloren oder könnte nur erschwert benützt werden. Nur bei Vorliegen dieser ein besonderes Rechtsschutzinteresse zum Ausdruck bringenden und die sofortige Beweisaufnahme erfordernden Voraussetzungen darf der Antrag auf Beweissicherung bewilligt werden. Es muss dann aber auch befürchtet werden, dass bei einer - regelmäßig wohl viel späteren - Anerkennung der Berechtigung des Ablehnungsantrags erst durch die Rechtsmittelinstanz in einem folgenden Zivilprozess die Wiederholung der somit mangelhaften Beweisaufnahme nicht mehr möglich sein könnte, dass unter Umständen also sogar der Beweisverlust droht. Unter diesem Aspekt entspricht es doch der Prozessökonomie, ein (wenn auch verzögerndes) Rechtsmittelverfahren zuzulassen und die Frage der Befangenheit des bestellten Sachverständigen sogleich von der Instanz überprüfen zu lassen, um eine mangelfreie Beweisaufnahme und damit entsprechende Verwertbarkeit der Beweisergebnisse in einem folgenden Zivilprozess zu gewährleisten.

Das gilt auch, wenn man § 389 Abs 2 ZPO bedenkt; danach hat das erkennende Gericht nach § 272 ZPO zu würdigen, welcher Einfluss der Einwendung einzuräumen ist, dass die Beweisaufnahme nicht nach den Bestimmungen stattgefunden hat, welche für eine im Lauf des Prozesses erfolgende Beweisaufnahme gelten, oder dass der Gegner von der Beweisaufnahme nicht oder nicht rechtzeitig verständigt wurde. Auch eine in diesem Sinn vorgenommene Würdigung durch das - wenn auch schon früher als das Berufungsgericht entscheidende - Prozessgericht erster Instanz birgt die Gefahr in sich, dass eine Wiederholung der Beweisaufnahme scheitert.

4.4. Das Argument, der Antragsgegner könne seine Bedenken gegen die Person des Sachverständigen im (ohnehin nur allenfalls folgenden) Prozess wiederholen und seine Beschwerde nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 515, 462 Abs 2 ZPO im Prozess erheben, wodurch ein Auseinanderklaffen der Rechtsmittelinstanzen vermieden werde, trifft nicht zu. § 462 Abs 2 ZPO sieht lediglich vor, dass der Beurteilung des Berufungsgerichts gleichzeitig auch diejenigen Beschlüsse, welche in dem dem Urteil vorausgegangenen Verfahren erlassen wurden, der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen, sofern nicht deren Anfechtung nach dem Gesetz ausgeschlossen ist oder dieselben infolge Unterlassung der rechtzeitigen Rüge, des Rekurses oder durch die über den eingebrachten Rekurs ergangene Entscheidung unabänderlich geworden sind.

Selbst wenn man mit Fasching (IV 46 und Lehrbuch² Rz 1750) sowie 10 ObS 286/88 (entgegen E. Kodek in Rechberger³ § 462 ZPO Rz 5 und Pimmer in Fasching/Konecny² § 462 ZPO Rz 4) davon ausgehen wollte, dass § 462 Abs 2 ZPO die Überprüfungsbefugnis bezüglich der noch überprüfbaren Beschlüsse dem Berufungsgericht amtswegig einräume, so betrifft dies dennoch nur vorangegangene Beschlüsse im selben Verfahren. Wie bereits dargelegt, handelt es sich jedenfalls beim vor dem Anhängigwerden eines Rechtsstreits eingeleiteten Beweissicherungsverfahren um ein eigenständiges, vom allenfalls folgenden Rechtsstreit losgelöstes; darin ergangene Beschlüsse können daher nicht dem erst später eingeleiteten Zivilprozess zugeordnet werden, in dem das Berufungsgericht das dort ergangene Urteil zu überprüfen hat. Die Wahrnehmung einer allfälligen Befangenheit des im vorprozessualen Beweissicherungsverfahren bestellten Sachverständigen durch das Berufungsgericht in einem getrennt davon geführten späteren Zivilprozess ist daher nach Ansicht des erkennenden Senats gar nicht möglich.

4.5. Die Beurteilung des einem Rechtsstreit vorangehenden Beweissicherungsverfahrens als selbstständiges Verfahren, das gemäß § 384 Abs 3 ZPO vor den Bezirksgerichten zu führen ist, verlangt aber auch gemäß § 3 Abs 1 JN den Rechtszug in zweiter Instanz an die Landesgerichte. Demgegenüber sieht § 4 JN den Instanzenzug von den Landesgerichten an die Oberlandesgerichte vor. Selbst wenn man § 462 Abs 2 ZPO nicht nur auf vorausgehende Beschlüsse im selben Verfahren anwenden wollte, würde bei der Führung des anschließenden Rechtsstreits vor einem Gerichtshof erster Instanz ein Oberlandesgericht über einen Rekurs gegen einen Beschluss eines Bezirksgerichts zu entscheiden haben, womit gegen die Normen der §§ 3 und 4 JN verstoßen würde. Auch deshalb bedarf es der bei der hier gegebenen Fallkonstellation der Zulassung eines selbstständigen Rekurses gegen die Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen.

5.1. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass jedenfalls dann, wenn ein Beweissicherungsverfahren vor dem Anhängigwerden eines Rechtsstreits (unabhängig von einem anhängigen Rechtsstreit) und damit vor dem Bezirksgericht geführt wird, die Verwerfung eines Antrags auf Ablehnung eines Sachverständigen - ungeachtet der Bestimmung des § 366 Abs 1 ZPO - selbstständig beim übergeordneten Landesgericht mit Rekurs bekämpft werden kann, weil eine weitere Entscheidung in der Hauptsache (Beweissicherung) nicht mehr zu erwarten ist, die Auswirkungen der Verwerfung der Ablehnung in diesem Verfahren nicht beurteilt werden können und sowohl Gründe der Prozessökonomie als auch des vorgesehenen Instanzenzugs dies verlangen. Mit Ausnahme des letzten Arguments gilt dies auch, sollte der folgende Rechtsstreit bei einem Bezirksgericht anhängig gemacht werden.

5.2. Aus den dargelegten Gründen hätte das Rekursgericht den Rekurs der Antragsgegnerin nicht als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern ihn sachlich behandeln müssen. Es liegt auch keine Verspätung des Rekurses vor, weil die Zustellung des (nunmehr als abgesondert anfechtbar erkannten) Beschlusses des Erstgerichts an die Vertreter der Antragsgegnerin am erfolgte und deren Rekurs dagegen am zur Post gegeben wurde und am folgenden Tag beim Erstgericht einlangte.

Da der Oberste Gerichtshof aufgrund eines Revisionsrekurses gegen einen Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts keine Sachentscheidung treffen kann (RIS-Justiz RS0007037), ist die Entscheidung der zweiten Instanz aufzuheben und ihr aufzutragen, über den Rekurs der Antragsgegnerin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.

6. Mangels Verzeichnung von Kosten im Revisionsrekurs hat eine Kostenentscheidung zu entfallen.