OGH vom 09.11.1999, 4Ob199/99i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Adolf O*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 670.000 S), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 73/99f-28, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 15 Cg 35/98h-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 21.834 S (darin 3.639 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Alleinerbin nach dem 1933 verstorbenen Künstler Adolf Loos bevollmächtigte den Kläger, die Urheberrechte an sämtlichen Werken, Plänen, Skizzen, Fotos udgl von Adolf Loos auszuüben und darüber zu verfügen. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Kläger sämtliche Verwertungs- und Nutzungsrechte an den Werken des Verstorbenen. Er ließ 1992 die Bezeichnung "Adolf Loos" als Wortmarke im Markenregister des Österreichischen Patentamtes für die Klasse 41 (Veranstaltung von Wettbewerben und Preisvergaben) eintragen.
Der "Adolf Loos Architekturpreis" wird seit 1992 vergeben, wobei der Kulturkreis Loos-Haus in den Jahren 1992 bis 1996 die Auslobung vornahm. Auslober des Kulturpreises im Jahr 1997 war die Beklagte, die von Anbeginn auch als Hauptsponsor aufgetreten war.
Der Kläger begehrt Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Adolf Loos" für Veranstaltungen von Wettbewerben und Preisvergaben, insbesondere als Bezeichnung des von der Beklagten ausgelobten "Adolf Loos Architekturpreises", 50.000 S als angemessenes Entgelt für die Verwendung der Wortmarke und weitere 20.000 S für die damit verbundene besondere Kränkung; ferner Urteilsveröffentlichung im Textteil einer österreichweit erscheinenden Fachzeitschrift für Architektur. Diese Ansprüche stützt der Kläger im Revisionsverfahren (nur mehr) auf eine Verletzung seines Markenrechts.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie sei berechtigt, den seit 1992 vom Verein Kulturkreis Loos-Haus ausgelobten Architekturpreis auszuschreiben. Sie trete als Sponsor dieses Architekturwettbewerbes auf, der - um Adolf Loos zu ehren - dessen Namen trage; ein Gebrauch des für den Kläger geschützten Kennzeichens liege damit nicht vor. Im übrigen bediene sich der Kläger der für ihn registrierten Marke nicht im Sinn des § 9 UWG befugterweise, habe er doch erst nach Kenntnis von der im Frühjahr 1992 erfolgten Ausschreibung des ersten so benannten Architekturpreises, nämlich am die Wortmarke "Adolf Loos" für sich schützen lassen. Er habe die Markenanmeldung offensichtlich in der Absicht vorgenommen, die weitere Durchführung dieses Architekturwettbewerbs zu behindern. Der Kläger habe sich damit das Markenrecht auf sittenwidrige Weise erschlichen, um die Beklagte zu behindern. Er habe die Marke bisher in keiner Weise gebraucht, so dass im Klagezeitpunkt die fünfjährige Frist des § 33a MSchG seit Registrierung () bereits abgelaufen sei. Ein Löschungsverfahren sei anhängig. Überdies verfüge die Beklagte über ein Kennzeichenrecht mit einer gegenüber der Marke des Klägers besseren Priorität.
Der Kläger bestritt dieses Vorbringen nur insoweit, als es seinem Klagevorbringen widerspricht. Zu den Vorwürfen der Beklagten, das Markenrecht sittenwidrig erworben und die Marke bisher nicht kennzeichengemäß gebraucht zu haben, äußerte er sich im Verfahren erster Instanz nicht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, der seit 1992 veranstaltete "Adolf Loos Architekturpreis" sei jeweils in einer Druckschrift mit einer Auflage von etwa 2000 Stück angekündigt worden und habe aufgrund von Ankündigung und Berichterstattung in Fachzeitschriften und Tageszeitungen über große Publizität verfügt; die für die Endauswahl bestimmten Objekte seien in eigenen Ausstellungen im Loos-Haus gezeigt worden, dort habe im Rahmen eigener Veranstaltungen auch jeweils die Preisverleihung stattgefunden. Die Anmeldung der Wortmarke durch den Kläger sei am , somit nach der Ausschreibung des 1. "Adolf Loos Architekturpreises" (Frühjahr 1992) erfolgt. Die Marke sei mit Beginn der Schutzdauer vom (richtig ) registriert worden. Der Kläger habe das Markenrecht in Kenntnis des gleichnamigen Architekturwettbewerbs 1992 erworben.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, nach dem zeitlichen Ablauf bestehe eine Priorität für die Verwendung des Namens Adolf Loos durch die der markenrechtlichen Anmeldung des Klägers vorausgehende Druckschrift zum Architekturpreis 1992. Der Kläger könne somit seinen Unterlassungsanspruch nicht auf das formal bestehende Markenrecht stützen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagte habe das für den Kläger markenrechtlich geschützte Zeichen nicht kennzeichengemäß gebraucht. Sie habe den Namen Adolf Loos bloß im Sinn einer Namensnennung verwendet, indem sie auf die historische Persönlichkeit hingewiesen habe. Die für einen kennzeichenmäßigen Gebrauch erforderliche Voraussetzung, dass eine Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Beziehung auf sie gebraucht werde, so dass der unbefangene Durchschnittsabnehmer annehmen könne, dass das Zeichen der Unterscheidung von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft diene, liege somit hier nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Frage des kennzeichenmäßigen Gebrauches unrichtig beurteilt hat; sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Vorausgeschickt sei, dass auf die hier zu beurteilende Klage im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Einbringung () noch die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der MSchGNov 1999 BGBl I 1999/111 maßgebend ist (§ 77 Abs 1 MSchG und § 42 Abs 1 UWG jeweils idF MSchG 1999). Danach sind folgende Erwägungen anzustellen:
Ein Zeichen wird kennzeichenmäßig gebraucht, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware (oder Dienstleistung) oder in Beziehung auf sie so gebraucht wird, dass der unbefangene Durchschnittsabnehmer annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der so gekennzeichneten Ware (Dienstleistung) von gleichen oder gleichartigen Waren (Dienstleistungen) anderer Herkunft (ständige
Rechtsprechung SZ 58/62 = ÖBl 1985, 158 Ford-Spezialwerkstätte; ÖBl
1995, 170 - Förderband- Abstreifersysteme; ÖBl 1996, 139 [Ciresa] =
ecolex 1996, 463 - Spanische Reitschule; ÖBl 1997, 23 - Kärcher-Fachhändler; zuletzt 4 Ob 68/98y; 4 Ob 171/99x; RIS-Justiz RS0066671; Baumbach/Hefermehl Warenzeichenrecht12 § 15 dWZG Rz 23 mwN; Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2 46).
Der Kläger hat das Zeichen Adolf Loos für die Veranstaltung von Wettbewerben und Preisvergaben als Marke registrieren lassen. Die Beklagte gebraucht dieses Zeichen zur Kennzeichnung eines bestimmten von ihr ausgelobten und jährlich veranstalteten Architekturpreises, um den so bezeichneten Wettbewerb um architektonische Leistungen von anderen derartigen Veranstaltungen zu unterscheiden. Anders als im Fall des von der Beklagten angeführten Beispiels der Errichtung eines "Adolf Loos-Denkmals" oder einer bloßen Namensnennung aus Anlass der Ausstellung seiner Werke gebraucht die Beklagte somit die für die Veranstaltung von Wettbewerben und Preisvergaben registrierte Marke "Adolf Loos" als Herkunftshinweis und damit kennzeichenmäßig.
Der Kläger stützt seine Ansprüche zuletzt nur noch auf eine Verletzung seines Markenrechts. Die Beklagte wendete unter anderem auch ein, der Kläger bediene sich der Marke nicht befugt, weil er sie nach Ausschreibung des Architekturpreises 1992 zur Registrierung angemeldet habe, um eine weitere Durchführung dieses Wettbewerbs zu verhindern.
Sittenwidriger Markenrechtserwerb schließt einen "befugten" Gebrauch des Markenrechts im Sinn des § 9 UWG aus und verwehrt damit dem Markenrechtsinhaber das Untersagungsrecht (Fitz/Gamerith aaO 47 stRsp ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner; ÖBl 1996, 91 - T. Tomaso; ÖBl 1997, 289 - Health Mate; ecolex 1998, 147 - Spinnrad II; ÖBl 1998, 229 - Nintendo; EvBl 1998/157 - Thay classic; zuletzt 4 Ob 310/98m).
Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, die Registrierung einer Marke könne auch dann gegen die guten Sitten im Sinn des § 1 UWG verstoßen, wenn damit der Zweck verfolgt werde, einen Mitbewerber in sittenwidriger Weise zu behindern. Er hat diese Voraussetzungen in einem Fall bejaht, in dem der Markenrechtsinhaber das Zeichen seines Prozessgegners - zu dem er in keiner wie immer gearteten vertraglichen oder vorvertraglichen Beziehung gestanden war - für sich als Marke hatte eintragen lassen, um den Vertrieb dieser Waren in Österreich von seiner Zustimmung abhängig zu machen (ÖBl 1998, 229 - Nintendo). Er hat diese Rechtsprechung in seiner Entscheidung EvBl 1998/157 = ecolex 1998, 646 [Schanda] - Thay classic aufrechterhalten und im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Lehre in Deutschland (Fezer, Markenrecht Rz 25 zu § 50 dMarkenG mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH) ausgeführt, dass die bloße Kenntnis der Vorbenutzung für sich allein die Sittenwidrigkeit des Markenrechtserwerbs noch nicht zu begründen vermöge. Es müssten weitere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände hinzutreten, die darin liegen könnten, dass der Markenrechtserwerber ohne sachlich gerechtfertigten Grund die Absicht verfolgt, die Benützung eines fremden Kennzeichens, an dem der Vorbenützer einen schutzwürdigen Besitzstand erlangt hat, zum Zweck seiner Behinderung zu stören oder den Mitbewerber an einer weiteren Benützung des Kennzeichens für seine Leistungen zu hindern, um es ihm zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen, seine Leistungen auf dem Markt entsprechend zur Geltung zu bringen.
Aus der Erwägung, der Erwerb eines schutzwürdigen Besitzstands sei weder notwendige Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen noch des deliktsrechtlichen Kennzeichenschutzes, hat der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH und der Lehre in Deutschland das Vorhandensein eines schutzwürdigen Besitzstands nicht als Voraussetzung sittenwidrigen Markenrechtserwerbes erkannt. Für einen Verstoß gegen § 1 UWG sei es bereits ausreichend, dass eine Marke allein in der Absicht erworben werde, den Benutzer des Kennzeichens überhaupt zu behindern (4 Ob 310/98m; Fezer aaO Rz 26; BGH GRUR 1980, 110, 111 - Torch; GRUR 1995, 117, 121 - Neutrex). Dabei müsse die Behinderungsabsicht nicht einziger Beweggrund des Anmelders sein; es genüge, dass es sich um ein wesentliches Motiv handelt (4 Ob 310/98m mwN aus der deutschen Lehre und Rechtsprechung des BGH).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt ergibt sich ein sittenwidriges Verhalten des Klägers bei Anmeldung seiner Marke:
Der Kläger nahm die Markenanmeldung im Oktober 1992, sohin nach der im Frühling desselben Jahres erfolgten und mit großer Publizität in Fachzeitschriften, Tageszeitungen und einer eigenen Druckschrift verlautbarten Auslobung des "Adolf Loos Architekturpreises" 1992 vor. Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts war dem Kläger die Auslobung auch bekannt und erwarb er sein Markenrecht in Kenntnis dieses schon davor veranstalteten Architekturwettbewerbs 1992. Ungeachtet dieser ihm bekannten Vorbenutzung ließ er die Wortmarke "Adolf Loos" gerade für die Veranstaltung von Wettbewerben und Preisvergaben registrieren, wobei er im Verfahren nicht einmal behauptet hat, die Marke für die Veranstaltungen, für die sie eingetragen ist, jemals kennzeichenmäßig benützt zu haben. Er hat auch keinen Versuch unternommen, die Nichtbenutzung zu rechtfertigen (§ 33a Abs 1 MSchG). Vielmehr ließ er die Behauptung der Beklagten, er habe die Marke zu keinem Zeitpunkt kennzeichenmäßig benutzt, unbestritten.
Bei dieser Sachlage spricht die Vermutung dafür, dass der Kläger mit seiner Markenanmeldung die Absicht verfolgt hatte, den damals auslobenden Verein Looshaus in der Durchführung weiterer Wettbewerbe unter der prioritätsälteren Bezeichnung zu behindern oder diese gar unmöglich zu machen. Spricht aber die Vermutung für eine bestimmte Absicht des Klägers, ist es dessen Sache, sie zu entkräften (4 Ob 310/98m mwN aus der Rechtsprechung zur Wettbewerbsabsicht, welche bei Mitbewerbern vermutet wird).
Der Kläger hat im Verfahren erster Instanz zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf sittenwidrigen Markenrechtserwerbs kein Vorbringen erstattet und in keiner Weise zu erkennen gegeben, dass er die Markenregistrierung aus anderen als den hier zu vermutenden Gründen vorgenommen hat; er hat somit die dargelegte Vermutung nicht einmal zu entkräften versucht.
Hat aber der Kläger das Markenrecht sittenwidrig erworben, bedient er sich dieses Rechts nicht "befugt" iSd § 9 Abs 1 UWG. Darauf kann sich nicht nur derjenige berufen, der nach der Absicht des Erwerbers im Sinn des § 1 UWG behindert werden sollte (oder behindert wurde), sondern auch derjenige, der nicht Ziel des bösgläubigen Erwerbes war. Auch der - hier noch nicht anwendbare - § 34 MSchG idF MSchG 1999 gewährt jedermann das Recht, die Löschung einer Marke zu begehren, wenn der Anmeldende bei der Anmeldung bösgläubig war. Der in § 34 MSchG verwendete Begriff der Bösgläubigkeit erfasst all jene Fälle, die als rechtsmissbräuchlicher oder sittenwidriger Markenerwerb zu qualifizieren sind und liegt dann vor, wenn der Erwerb des Markenrechts der Behinderung des Wettbewerbs eines Unternehmens auf dem Markt bei der Benutzung eines Kennzeichens dient (Schanda, Markenschutzgesetz § 34 Rz 2 und 3).
Die Vorinstanzen haben somit im Ergebnis zu Recht das Klagebegehren abgewiesen. Der unberechtigten Revision wird ein Erfolg versagt.