OGH vom 24.07.2014, 1Ob122/14v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien H***** H*****, V***** H*****, und J***** T*****, sowie F***** R*****, und M***** R*****, alle vertreten durch Mag. Dr. Josef Kattner, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die beklagte Partei J***** S*****, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen Abgabe von Willenserklärungen und Beseitigung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 83/14k 11, mit dem ihre Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Scheibbs vom , GZ 2 C 1125/13y, 1126/13w 7, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.047,52 EUR (darin 174,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das (klagestattgebende) Urteil des Erstgerichts wurde dem Prozessvertreter der Beklagten am im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zugestellt.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die dagegen erhobene Berufung, die am verfasst und im elektronischen Weg eingebracht worden war, als verspätet zurück. Die Urteilszustellung sei in den Fristenhemmungszeitraum vom 24. 12. bis 6. 1. gemäß § 222 Abs 1 Satz 1 ZPO gefallen. Die vierwöchige Rechtsmittelfrist habe somit am Montag, dem , geendet. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelte die Zustellung sehr wohl als in den „Gerichtsferien“ vollzogen. Es bestehe keinerlei Grundlage dafür, erst den ersten Tag nach den „Gerichtsferien“ als den Tag der Zustellung zu behandeln, was auch für die Neuregelung des § 222 Abs 1 ZPO gelte.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin vertritt ohne auf die vom Berufungsgericht dargelegte gegenteilige höchstgerichtliche Judikatur einzugehen die Auffassung, eine Zustellung im Zeitraum der Fristenhemmung vom 24. 12. bis 6. 1. sei ebenso zu behandeln wie eine Zustellung am 7. 1.; in einem solchen Fall wäre eine am 4. 2. erhobene Berufung rechtzeitig.
Gemäß § 222 Abs 1 ZPO werden Notfristen unter anderem in der Zeit vom 24. 12. bis 6. 1. gehemmt. Fällt der Beginn einer Frist in diesen Zeitraum, so wird diese um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil dieses Zeitraums verlängert.
Für die Berechnung der Frist ist daher so vorzugehen, als wäre die Zustellung am letzten Tag des Fristenhemmungszeitraums erfolgt. Die vierwöchige Berufungsfrist (§ 464 Abs 1 ZPO) beginnt somit am 7. 1. um 0:00 Uhr und endet nach 28 Tagen am 3. 2. um 24:00 Uhr (RIS Justiz RS0036496 [T5]; zuletzt 1 Ob 255/12z; weitere Nachweise bei Gitschthaler in Rechberger , ZPO 4 §§ 124 126 ZPO Rz 2/2). Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin besteht keine Grundlage dafür, den ersten Tag nach den Gerichtsferien als den Tag der Zustellung zu behandeln (RIS Justiz RS0036272 [T2]). Da die vierwöchige Berufungsfrist somit am Montag, dem , endete, war die erst am Dienstag () eingebrachte Berufung verspätet.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Der Einheitssatz beträgt allerdings nur 50 und nicht 150 %; ein Fall des § 23 Abs 9 RATG (Berufungsverfahren) liegt nicht vor.
Fundstelle(n):
HAAAD-34886