OGH vom 04.07.2018, 7Ob119/18b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr.
Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen L***** A*****, geboren am ***** 2010, *****, vertreten durch das Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie Rechtsvertretung Bezirke 12, 13, 23, 1230 Wien, Rößlergasse 15, Mutter J***** A*****, Vater S***** A*****, vertreten durch Dr. Tassilo Wallentin LL.M, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, infolge Revisionsrekurses des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 104/18x-180, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom , GZ 1 Pu 73/10b-173, teilweise zurückgewiesen und ihm im Übrigen nicht Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Der Vater verpflichtete sich zunächst mit Vergleich des Bezirksgerichts Meidling vom , GZ 1 C 9/10k9, zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 180 EUR. Zuletzt wurde – mit Beschluss des Erstgerichts vom – seine Unterhaltspflicht ab mit 300 EUR monatlich festgesetzt.
Aufgrund dieses Unterhaltstitels wurde der Minderjährigen mit Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 16 E 1155/16i2, die Gehaltsexekution zur Hereinbringung des im Zeitraum bis entstandenen Unterhaltsrückstands von 1.800 EUR sowie des laufenden Unterhalts ab bewilligt.
Mit Oppositionsantrag vom beantragte der Vater festzustellen, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen aus dem Beschluss vom ab zur Gänze erloschen sei.
Mit seinem als „Abänderungsantrag gemäß § 73 AußStrG“ bezeichneten Schriftsatz vom , begehrte er die Abänderung des Beschlusses vom dahin, dass einem Erhöhungsantrag der Minderjährigen nicht stattgegeben werde.
Am beantragte er, seine Unterhaltsverpflichtung mangels Leistungsfähigkeit rückwirkend auf drei Jahre auf 50 EUR monatlich herabzusetzen.
Die Minderjährige zog mit Schriftsatz vom ihren Unterhaltserhöhungsantrag wieder zurück, stimmte gleichzeitig einer Unterhaltsherabsetzung für den Zeitraum bis auf 260 EUR monatlich zu und sprach sich gegen eine weitergehende Herabsetzung des Unterhalts aus.
Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Zeitraum vom bis auf 260 EUR monatlich herab. Das Abänderungsbegehren, die Unterhaltserhöhung gänzlich abzuweisen, wies es ab. Weiters sprach es aus, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen gegen den Vater von monatlich 300 EUR aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt worden sei, für den Zeitraum bis mit einem Teilbetrag von 40 EUR erloschen sei. Das Oppositionsmehrbegehren, das Mehrbegehren auf Feststellung des gänzlichen Erlöschens des Unterhaltsanspruchs ab und den Antrag, die mit Vergleich vom auferlegte Unterhaltsverpflichtung von monatlich 180 EUR ab auf 50 EUR monatlich herabzusetzen, wies es ab.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters, soweit er sich gegen die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht auf 260 EUR im Zeitraum bis und die Feststellung, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen von monatlich 300 EUR aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom für den Zeitraum bis mit einem Teilbetrag von 40 EUR monatlich erloschen sei, wandte, zurück. Im Übrigen bestätigte es die erstgerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe, dass es den Vater in Minderung seiner aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom bestehenden Unterhaltsverpflichtung schuldig erkannte, der Minderjährigen vom bis nur mehr einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 260 EUR zu zahlen. Es stellte fest, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen von 300 EUR aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom – zu dessen Hereinbringung die Gehaltsexekution betreffend den im Zeitraum bis entstandenen Unterhaltsrückstand von 1.800 EUR sowie den laufenden Unterhalt ab bewilligt worden ist – hinsichtlich des Zeitraums vom bis mit einem Teilbetrag von 40 EUR erloschen und die Exekution in diesem Umfang unzulässig sei. Den Antrag auf Feststellung, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen in Höhe von 300 EUR monatlich aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom hinsichtlich des Zeitraums vom bis auch hinsichtlich eines weiteren Teilbetrags von 260 EUR monatlich und ab zur Gänze erloschen sei, wies es ab. Den Abänderungsantrag nach § 73 AußStrG vom und den Antrag, die Unterhaltsverpflichtung für den Zeitraum bis auf 50 EUR monatlich herabzusetzen, wies es zurück. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine Rechtsfrage von wesentlicher Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht vorliege.
Der Vater bekämpft diese Entscheidung in einem als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichneten Rechtsmittel, das das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage.
Ein Revisionsrekurs im Sinn des § 62 AußStrG ist jeder Rekurs gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht, unabhängig davon, ob es sich um eine Sachentscheidung oder etwa um die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen eine erstgerichtliche Entscheidung handelt (RISJustiz RS0120565). Auch eine § 519 Abs 1 ZPO vergleichbare Bestimmung gibt es im AußStrG nicht, sodass auch Beschlüsse, die einen Antrag ohne Sachentscheidung aus rein formellen Gründen zurückweisen, nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar sind (RISJustiz RS0120974).
Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Streitgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.
Der Anspruch des Kindes auf Geldunterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur (6 Ob 59/15t mwN). Auch bloß verfahrensrechtliche Entscheidungen sind schon wegen ihres Einflusses auf die Entscheidung in der Hauptsache als solche vermögensrechtlicher Natur anzusehen, wenn die Hauptsache selbst vermögensrechtlicher Natur ist (RISJustiz RS0010054).
Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands in Unterhaltssachen ist der 36fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war (RISJustiz RS0122735). Im vorliegenden Fall beträgt der Entscheidungsgegenstand, der eine Sachentscheidung sowie die (teilweise) Zurückweisung des Antrags und des Rekurses des Vaters umfasst, jedenfalls unter 30.000 EUR.
Davon ausgehend wäre das Rechtsmittel aber nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen (§ 69 Abs 3 AußStrG). Vielmehr hat zunächst das Rekursgericht über den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs zu entscheiden. Daher waren die Akten spruchgemäß dem Erstgericht vor Vorlage an das Rekursgericht zurückzustellen. Ob das Rechtsmittel des Vaters bereits den Anforderungen an eine Zulassungsvorstellung im Sinn des § 63 AußStrG entspricht oder noch der Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00119.18B.0704.000 |
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Fundstelle(n):
DAAAD-34763