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OGH vom 19.12.1990, 1Ob607/90

OGH vom 19.12.1990, 1Ob607/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Norbert R***, Anwendungstechniker, Villach, Gritschacher Höhe 5, vertreten durch Dr. Heimo Berger, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei L*** K***, vertreten durch Dr. Karl Safron, Dr. Franz Großmann und Dr. Leopold Wagner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 278.454,-- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 5 R 246/89-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 27 Cg 275/89-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 10.506,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.751,10 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit grundbücherlicher Eigentümer von 842/100.000stel Anteilen der Liegenschaft EZ 1392 KG Villach-Völkendorf, mit welchem das Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr 13 und dem Abstellplatz Nr 83 untrennbar verbunden ist. Auf der Liegenschaft wurde unter Zuhilfenahme von Förderungsmitteln nach dem WohnbauförderungsG 1968 (WFG 1968) durch die "K*** L***", gemeinnützige Siedlungs- und Wohnbaugenossenschaft für K*** reg. Genossenschaft mbH (im folgenden "K*** L***") das Haus Schächtestraße 38 errichtet. Der Baukomplex Schächtestraße umfaßt zwei Bauvorhaben aus den Jahren 1978 und 1980 mit etwa 150 Wohnungseigentumswerbern. Jeder Wohnungseigentümer bzw Wohnungseigentumswerber hatte sich verpflichtet, das Wohnungseigentum nicht ohne Zustimmung der beklagten Partei L*** K*** zu übertragen, solange das Wohnbauförderungsdarlehen nicht zurückgezahlt ist.

Etwa 1985 wurde von der beklagten Partei, Abteilung Wohn- und Siedlungswesen, die Endabrechnung zugestellt; danach dauert es etwa zwei Jahre, bis der Wohnungseigentumsvertrag vorgelegt wird. Für sämtliche Wohneinheiten in diesem Komplex errichtete Notar Dr. F*** die Kauf- und Wohnungseigentumsverträge. Seinen Vertrag unterfertigte der Kläger am , die K*** L*** am . Am wurde der Vertrag beim Finanzamt, am mit allen Beilagen beim Amt der K*** Landesregierung eingereicht und zugleich ersucht, der Eigentumsübertragung und Einverleibung des Wohnungseigentums der Wohnungseigentumswerber zuzustimmen. Anfang Mai 1988 war das Verfahren beim Finanzamt abgeschlossen, die ersten Unbedenklichkeitsbescheinigungen erhielt Notar Dr. F*** am . Mit Schreiben vom sandte die beklagte Partei der "K*** L***" die vorgelegten Unterlagen der Eigentumsanwärter als unvollständig mit dem Ersuchen zurück, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Auf diese Schreiben reagierte die "K*** L***" mit Schreiben vom , in welchem sie die komplettierten Unterlagen verschiedener Wohnungseigentumswerber mit dem Hinweis übermittelte, daß von drei Wohnungseigentumswerbern - darunter nicht der Kläger - die eingeforderten Unterlagen nicht eingelangt seien, und ersuchte um Zustimmung zur Eigentumsübertragung. Die Zustimmungserklärung ua für den Kläger erhielt Notar Dr. F*** am . Die Zustimmungserklärung wird allgemein immer erst dann abgegeben, wenn die Voraussetzungen für sämtliche Wohnungseigentümer erfüllt sind. Eine prompte Erledigung war unmöglich, weil aufgrund der Vielzahl von Wohnungseigentumswerbern der Arbeitsanfall bei der beklagten Partei entsprechend hoch war und auch keine Anträge auf beschleunigte Durchführung vorlagen. Im März 1988 war das vom Kläger errichtete, ebenfalls mit Mitteln der Wohnbauförderung (teil)finanzierte Eigenheim in Villach, Gritschacher Höhe Nr 5 noch in einem Zustand, der die Bezugsfertigkeit noch nicht absehen ließ. Um einen baldigen Termin für die Kollaudierung seines Eigenheims zu erwirken, gab der Kläger anläßlich seines formellen Antrages an, daß das Eigenheim am bezogen worden sei. Tatsächlich bezog die Familie des Klägers das Eigenheim - die Benützungsbewilligung vom war dem Kläger am zugestellt worden - Ende November oder Anfang Dezember 1988, während der Kläger weiterhin in Villach, Schächtestraße 38 gemeldet war. Im Oktober 1988 ließ der Kläger die Postzustellung in sein Eigenheim umleiten. Im März 1988 informierte die "K*** L***" mit Rundschreiben den Kläger von der Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung des Wohnbauförderungsdarlehens nach Einverleibung des Wohnungseigentums. Sie bestätigte das für die Antragstellung auf vorzeitige Rückzahlung vorgesehene Formular am ; der Kläger füllte am den Antrag auf Kündigung des Wohnbaudarlehens aus, ließ das Formular am bei der Landes- und Hypothekenbank Klagenfurt bestätigen und gab es am bei der beklagten Partei ab. Am führte ein Beamter der beklagten Partei die ersten Erhebungen über die Wohnungsverhältnisse des Klägers durch. Am lud die beklagte Partei den Kläger mit dem Hinweis vor, die Überprüfung der widmungsgemäßen Verwendung der Wohnung habe ergeben, daß er die Wohnung nicht mehr bewohne. Die Ergebnisse der weiteren Erhebungen vom faßte der zuständige Beamte der beklagten Partei in einem Bericht zusammen; er traf den Kläger nicht an und konnte die Wohnung auch nicht betreten. Die beklagte Partei lehnte am das Ansuchen des Klägers auf begünstigte Darlehenstilgung ab, weil eine dauernde Benützung der Wohnung des Klägers nicht gegeben sei, und kündigte den auf diese Wohnung entfallenden Anteil des Förderungsdarlehens iS des § 13 Abs 1 lit a WFG 1968 auf. Mit Schreiben vom teilte der Klagevertreter der beklagten Partei mit, daß der Kläger die Wohnung Schächtestraße 38 am verkauft habe. Die Übergabe dieser Wohnung an den Käufer erfolgte vertragsgemäß am . Der Kläger zahlt nach wie vor die Betriebskosten für die Wohnung.

Der Kläger begehrte gegenüber der beklagten Partei die

Feststellung, daß er auf eine Begünstigung nach dem

RückzahlungsbegünstigungsG 1987 anspruchsberechtigt und die von der

beklagten Partei vorgenommene Aufkündigung seines

Wohnbauförderungsdarlehens bei der Landes- und Hypothekenbank

Kärnten, Konto Nr... unwirksam sei; in eventu, die beklagte Partei

sei schuldig, Zug um Zug gegen Bezahlung von 278.454 S in die

Einverleibung der Löschung des ob den 842/100.000stel Anteilen der

Liegenschaft... - Eigentümer Ing. Norbert R***.... - im einzelnen

genannten einverleibten Pfandrechte zugunsten der beklagten Partei einzuwilligen. Die beklagte Partei habe durch eine schikanöse und sittenwidrige Verzögerung der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers die Anwendung des RückzahlungsbegünstigungsG zu verhindern versucht; zum Zeitpunkt des Ansuchens um begünstigte Rückzahlung seien die Voraussetzungen für die Bewilligung dieses Antrages gegeben gewesen; der Benützungsbewilligungsbescheid für das Eigenheim des Klägers sei erst nach Antragstellung auf begünstigte Rückzahlung rechtskräftig geworden; die Voraussetzungen für die vorzeitige Rückzahlung müßten lediglich im Antragszeitpunkt erfüllt sein.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein, daß der Kläger rechtzeitig den Antrag auf begünstigte Rückzahlung habe stellen können, aber weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch der "Entscheidung" die Voraussetzungen hiefür erfüllt habe, weil er die Wohnung schon seit August 1988 nicht mehr zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses verwendet, hiedurch und durch die Veräußerung der Wohnung ohne Zustimmung der beklagten Partei einen Grund zur Kündigung des Darlehens gesetzt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im Rahmen seiner Beweiswürdigung fest, dem Kläger könne nicht darin gefolgt werden, daß die Wohnung ab dem Auszug seiner Familie Ende November/Anfang Dezember 1988 der Befriedigung seines Wohnbedürfnisses gedient habe; der Kläger sei also anderweitig wohnversorgt gewesen und habe die geförderte Wohnung nicht mehr zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses oder ihm nahestehender Personen verwendet.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstrichters; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstands 50.000 S übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Das Fehlen der Bewilligungsvoraussetzungen habe der Kläger ebenso selbst zu vertreten wie die Aufnahme eines zweiten geförderten Darlehens für sein Eigenheim. Nach der grammatikalischen Auslegung des § 5 Abs 1 RükzahlungsbegünstigungsG sei der Zeitpunkt der Antragstellung nur für die Berechnung der Restlaufzeit des Förderungsdarlehens maßgebend, nicht aber für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten iS der Förderungsbestimmungen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht gerechtfertigt.

Förderungszusicherungen der Länder betreffend die Gewährung eines Darlehens (§§ 10 Abs 1 lit a, 11 ff) nach dem WohnbauförderungsG 1968, BGBl 1967/280 idgF (WFG 1968), sind im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ergangene privatrechtliche Erklärungen (WBl 1987, 315; MietSlg XXXVIII/18; 8 Ob 521/89; Kraßnig-Kohler, Wohnbauförderungsgesetz 19682, 13, 96, 100). In gleicher Weise gehören zur Privatwirtschaftsverwaltung Begünstigungen nach dem RückzahlungsbegünstigungsG 1971 BGBl 1971/336 idgF (im folgenden RBG 1971) und dem hier maßgeblichen Bundesgesetz vom über die einmalige Gewährung einer Sonderbegünstigung bei vorzeitiger Rückzahlung von Wohnbaudarlehen der öffentlichen Hand (RückzahlungsbegünstigungsG 1987, BGBl 1987/340 idgF; im folgenden RBG 1987), womit Darlehensschuldner von öffentlichen Wohnbaudarlehen (Förderungsdarlehen), die ua nach dem WFG 1968 erstmalig zugesichert worden sind, gegenüber dem Darlehensgeber (hier beklagte Partei) bei vorzeitiger Rückzahlung durch einen einmaligen Tilgungsbetrag nach Maßgabe des RBG 1987 Anspruch auf eine Begünstigung haben (§ 1 Abs 1 leg.cit.). Der Antrag auf Gewährung einer Begünstigung nach § 6 Abs 1 RBG 1987 ist als Anbot auf begünstigte Rückzahlung eine privatrechtliche Willenserklärung (MietSlg 31.576 zum RBG 1971), auf Abschluß eines Rechtsgeschäftes, zu verstehen. Nach dem RBG 1987 besteht ein bis befristeter, erforderlichenfalls auch im ordentlichen Rechtsweg (§ 1 Abs 3 RBG 1987) durchsetzbarer Rechtsanspruch (SZ 52/95 zum RBG 1971); auf begünstigte - mit Nachlässen für den Darlehensschuldner bis zu 50 vH (§§ 2 Abs 1, 3 leg.cit.) - Tilgung vor dem zugesicherter Förderungsdarlehen im Falle der vorzeitigen Darlehensrückzahlung. Gemäß § 5 Abs 1 RBG 1987 darf die Begünstigung nur gewährt werden, wenn die Restlaufzeit des Förderungsdarlehens zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Gewährung des Nachlasses mindestens fünf Jahre beträgt und der Antragsteller alle seine vertraglichen Verpflichtungen aus dem Förderungsdarlehen erfüllt hat. Sie darf nicht gewährt werden, wenn das Förderungsdarlehen vom Darlehensgeber aufgrund förderungsrechtlicher Bestimmungen gekündigt oder fällig gestellt ist. Nach den Materialien (Bericht des Bautenausschusses 214, BlgNR XVII.GP,4) dient der Ausschluß der Darlehen mit kürzerer als fünfjähriger Restlaufzeit der Verwaltungsökonomie und ist Voraussetzung für eine Begünstigung die tilgungsplangemäße Abstattung der Schuld und die Einhaltung der Förderungsbestimmungen. Ob nun die Voraussetzungen für die Gewährung einer Begünstigung im Zeitpunkt der Antragstellung (Anbot) oder auch noch im Zeitpunkt der Annahme des Anbotes durch die Gebietskörperschaft vorliegen müssen, kann hier auf sich beruhen. Nach den vom Kläger in seiner Berufung nicht bekämpften Feststellungen des Erstrichters verwendete der Kläger schon bei Abgabe seines Antrages am bei der beklagten Partei die geförderte Eigentumswohnung nicht mehr zur Befriedigung seines regelmäßigen Wohnbedürfnisses oder ihm nahestehender Personen iS des § 2 Abs 1 Z 1 WFG 1968 und setzte damit jedenfalls einen Grund für eine Kündigung des Förderungsdarlehens durch das beklagte Land nach § 13 Abs 1 lit a WFG 1968, welcher Tatbestand sich weitgehend mit dem des § 30 Abs 2 Z 6 MRG (früher § 19 Abs 2 Z 13 MG) deckt (Kraßnig-Kohler aaO, 65). Durch die Innehabung von Doppelwohnungen oder eines zweiten Eigenheimes an sich wird der Kündigungsgrund noch nicht verwirklicht; entscheidendes Kriterium für die Kündigung ist vielmehr die Tatsache, daß das geförderte Eigenheim (die Eigentumswohnunng) nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Eigentümers "regelmäßig verwendet" wird, sofern nicht eine der gesetzlichen - hier weder behaupteten noch

festgestellten - Ausnahmen zutrifft (Kraßnig-Kohler aaO, 64 f). Voraussetzung für die Gewährung der Begünstigung ist bei einer sachgerechten Auslegung des § 5 Abs 1 RBG 1987 nicht, daß das Darlehen im Zeitpunkt der Antragstellung bereits gekündigt oder fälliggestellt ist, sondern daß keine Gründe für eine solche Kündigung oder Fälligstellung vorliegen; die geförderte Wohnung muß bis zum Zeitpunkt der Antragstellung dem Wohnbedarf des Antragstellers gedient haben; das Land ist bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 12 oder § 13 WFG 1968 zur Kündigung verpflichtet (Kraßnig-Kohler aaO, 64). Ob auch der Verkauf und die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung der geförderten Wohnung zwar nach Antragstellung iS des RBG 1987, aber vor gänzlicher Rückzahlung des Förderungsdarlehens und die nicht erfüllte Verpflichtung, dazu die schriftliche Zustimmung des beklagten Darlehensgebers einzuholen, eine Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung darstellt, muß dann nicht mehr geprüft werden. Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.