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OGH vom 08.10.1952, 1Ob607/52

OGH vom 08.10.1952, 1Ob607/52

Norm

ABGB § 1175 ff;

ABGB § 1206;

ABGB § 1207;

Kopf

SZ 25/256

Spruch

Bei bürgerlichen Gesellschaften mit mehr als zwei Mitgliedern bewirkt der Tod eines Gesellschafters in der Regel das Ende seiner Mitgliedschaft und wird die Gesellschaft von den überlebenden Teilhabern fortgesetzt. Den Erben des verstorbenen Gesellschafters steht bloß der Anspruch auf Auszahlung des Wertes des Anteiles des Verstorbenen in Geld zu.

Entscheidung vom , 1 Ob 607/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

In der Verlassenschaftsabhandlung nach dem am ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gefallenen Karl Ludwig P. gaben sein Bruder Franz P. und seine Witwe Leopoldine P. bedingte Erbserklärungen je zur Hälfte des Nachlasses ab, die zu Gericht angenommen wurden. Die Witwe stellte dann den Antrag, dem erbl. Bruder den Auftrag zu erteilen, über die unter der Firma Franz und Karl P. betriebene Putzerei und Färberei für die Zeit vom Todestage des Erblassers bis zum binnen fünf Wochen Rechnung zu legen.

Das Erstgericht gab mit Beschluß vom diesem Antrage statt und fügte die Sanktion bei, daß bei nicht fristgerechter Rechnungslegung von Amts wegen ein beeideter Buchprüfer bestellt werde.

Das Rekursgericht hob mit dem angefochtenen Beschluß die erstgerichtliche Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens mit der Begründung auf, Voraussetzung für einen solchen Auftrag zur Rechnungslegung für die Zeit nach dem Todestag des Erblassers durch das Abhandlungsgericht sei, daß das Unternehmen oder doch ein quotenmäßiger Anteil in die Verlassenschaft gehöre; nach dem Vorbringen der Witwe und des Bruders des Erblassers sei zwischen dem Erblasser, seinem Bruder und seiner Mutter ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden, über dessen Inhalt jedoch die Behauptungen u. zw. hinsichtlich der Beteiligung des Erblassers auseinandergingen und sei jeder Hinweis darüber unterlassen worden, welche Vereinbarungen in Ansehung des Anteiles des Erblassers an dem Unternehmen getroffen worden seien. Franz P. habe nun in seinem Rekurse behauptet, das Unternehmen gehöre nicht zu dem Nachlaß; es sei nun nicht ausgeschlossen, daß diesbezügliche Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrage enthalten seien. Daher müsse der Inhalt des Gesellschaftsvertrages festgestellt werden; zumindest sei Franz P. zum Antrage der Witwe zu hören, und dann der Gesellschaftsvertrag und seine Auswirkungen auf die dem Erblasser nach seinem Vater zustehende Quote am Unternehmen zu prüfen. Zu diesem Zwecke sei eine Einsichtnahme in den Verlassenschaftsakt nach dem Vater des Erblassers, in die Unterlagen des Finanzamtes Josefstadt und in den allenfalls bestehenden Pflegschaftsakt des erbl. Neffen Franz P. jun. betreffend die vom erbl. Bruder behauptete Zuwendung von zwei Achtel Anteilen an den Neffen notwendig. Falls sich die Tatumstände nur durch ein förmliches Beweisverfahren ins Klare setzen ließen, werde das Erstgericht die Parteien ohne Verteilung der Rollen gemäß § 2 Abs. 2 Z. 7 AußstrG. auf den Rechtsweg zu verweisen haben.

Die Witwe Leopoldine P. führt dagegen in ihrem Revisionsrekurse aus, die Beteiligung des Erblassers am Unternehmen werde auch von Franz P. nicht bestritten und auch nicht behauptet, daß er auf Grund des Gesellschaftsvertrages das Unternehmen allein fortführen könne; daß ein schriftlicher Vertrag existiere, sei von niemandem vorgebracht worden. Zweifelhaft könne daher nur sein, welcher Anteil dem Verstorbenen zugestanden sei. Franz P. sei aber zur Rechnungslegung auch dann verpflichtet, wenn dem Erblasser weniger als die Hälfte am Unternehmen gehört hätte.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Leopoldine P. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Bruder des Erblassers Franz P. hat bereits im Zuge der Abhandlung am vor dem Gerichtskommissär vorgebracht, der Nachlaß nach dem Vater des Erblassers Franz P. einschließlich der chemischen Putzerei und Färberei sei seiner Witwe Henriette P. zu einem Viertel und seinen beiden Söhnen Franz und Karl P. zu je drei Achtel eingeantwortet worden, hierauf sei zwischen diesen Personen durch Vertrag eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht begrundet worden, an welcher die Witwe zu einem Viertel und ihre Söhne zu je drei Achtel an Substanz und Gewinn beteiligt gewesen seien. Diese Gesellschaft sei durch den Tod des Erblassers in Ansehung seiner Person erloschen. In den Nachlaß falle daher nur sein am Todestage zu errechnender und ihm tatsächlich zustehender Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und sei auch der bis zu diesem Tage erwachsene und etwa nicht behobene Gewinn einzubeziehen. Leopoldine P. hat daraufhin nur die Rechtsauffassung des Bruders des Erblassers bestritten und behauptet, die Mutter des Erblassers Henriette P. habe auf ihren Geschäftsanteil im Jahre 1941 zugunsten ihrer Söhne verzichtet, und diese hätten dann beschlossen, Franz P. jun. in diese Gesellschaft aufzunehmen und soviel von ihren Anteilen an diesen abzutreten, daß er an der Gesellschaft mit einem Drittel beteiligt sei. In ihrem Antrag auf Rechnungslegung hat Leopoldine P. dagegen bloß behauptet, daß die Hälfte des Unternehmens zum Nachlaß gehöre. Somit handelt es sich nach dem in diesem Punkte übereinstimmenden Vorbringen der Witwe und des Bruders des Erblassers um eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Nach § 1206 ABGB. gehen die gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten in der Regel nicht auf die Erben über. Gemäß § 1207 ABGB. erlischt eine nur aus zwei Personen bestehende Gesellschaft mit dem Tode des einen; besteht sie dagegen aus mehreren Personen, so wird von den übrigen Mitgliedern vermutet, daß sie die Gesellschaft unter sich fortsetzen wollen. Nach § 1208 ABGB. kann aber der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich auf die Erben lauten. Zweimanngesellschaften werden demnach durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, was die Teilung des Vermögens zur Folge hat, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden ist, daß der Überlebende das Unternehmen allein fortsetze und den Erben nur den Anteil des Verstorbenen in Geld auszuzahlen habe. Bei Gesellschaften mit mehr als zwei Mitgliedern bewirkt dagegen der Tod eines Gesellschafters nur das Ende seiner Mitgliedschaft und wird die Gesellschaft von den überlebenden Teilhabern fortgesetzt. Den Erben des verstorbenen Gesellschafters steht dann bloß der Anspruch auf Auszahlung des Wertes des Anteiles des Verstorbenen in Geld zu (vgl. Ehrenzweig, Obligationenrecht I928, S. 550; Bettelheim - Klang, Kommentar, 1. Aufl., zu § 1207 ABGB., S. 495 f.). Nach dem eigenen Vorbringen der Rechtsmittelwerberin vom waren an der Gesellschaft der Bruder des Erblassers, der Erblasser und zuerst dessen Mutter und schließlich dessen Neffe, also jedenfalls mehr als zwei Gesellschafter beteiligt. Bei Fehlen einer anderweitigen ausdrücklichen Vereinbarung, wäre daher nach § 1207 ABGB. die Gesellschaft von den beiden überlebenden Gesellschaftern fortzusetzen und wären diese nur zur Auszahlung des Anteiles des Verstorbenen verpflichtet. In diesem Falle bestunde im Sinne des § 1206 ABGB. eine Rechnungslegungspflicht für die Zeit nach dem Tode des Erblassers nicht. Somit ist für die Frage des Bestehens der behaupteten Rechnungslegungspflicht für die Zeit nach dem Tode des Erblassers entscheidend, ob an der Gesellschaft mehr als zwei Personen beteiligt waren und ob und welche ausdrückliche Vereinbarung, sei es mündlich oder schriftlich, über die Fortsetzung nach dem Tode des Erblassers getroffen worden ist, bzw. ob, falls es sich nur um eine Zweimanngesellschaft gehandelt hätte, ausdrücklich vereinbart worden ist, daß das Unternehmen nach dem Tode des einen Gesellschafters von dem Überlebenden fortzusetzen ist. Da all diese Umstände bisher nicht festgestellt worden sind, erscheint das erstgerichtliche Verfahren tatsächlich ergänzungsbedürftig.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist somit zutreffend und mußte daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.