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OGH 03.07.2007, 5Ob112/07t

OGH 03.07.2007, 5Ob112/07t

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Gertrude S*****, vertreten durch Mag. Alexander Paleczek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin H***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Auer & Auer, Rechtsanwälte in Wien, und der weiteren Verfahrensparteien 1.) Margarete M*****, 2.) Walter B***** Privatstiftung, *****, 3.) Othmar L*****, 4.) Eva K*****, 5.) Maren E*****, 6.) Ing. Karl Werner G*****, 7.) Gerhard N*****, 8.) Rosemarie G*****, wegen § 52 Abs 1 Z 3 und 6 WEG, infolge des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 317/06s-21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des außerstreitigen Wohnrechtsverfahrens ist das Begehren einer Wohnungseigentümerin, die Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft zur Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung für die Jahre 2003 und 2004 zu verpflichten. Zwar ist jeder einzelne Wohnungseigentümer legitimiert, einen Auftrag des Gerichtes an den Verwalter zu erwirken. Mit Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung ist aber für den geprüften Zeitraum abschließend über die Verletzung der Verwalterpflicht und das den Wohnungseigentümern zukommende Recht, eine gesetzesgemäße Abrechnung zu erhalten abgesprochen (5 Ob 6/06b = immolex 2006/55 [Prader]). Deshalb sind auch die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer einem solchen Verfahren als Parteien beizuziehen.

Schon das Rekursgericht hat mit Beschluss vom dem Erstgericht entsprechende Aufträge erteilt, um eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Nichtigkeit zu sanieren.

Dennoch hat das Erstgericht die nunmehr angefochtene Entscheidung (Teilsachbeschluss und Beschluss) den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern nicht zugestellt. Ebenso unterblieb die Zustellung des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin an die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer. Diese Zustellungen sind nachzuholen. Nach Ablauf der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbeantwortungsfristen ist der Akt wiederum dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Gertrude S*****, vertreten durch Mag. Alexander Paleczek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin H***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Auer & Auer, Rechtsanwälte in Wien, und der weiteren Verfahrensparteien 1.) Margarete M*****, 2.) Walter B***** Privatstiftung, *****, 3.) Othmar L*****, 4.) Eva K*****, 5.) Maren E*****, 6.) Ing. Karl Werner G*****, 7.) Gerhard N*****, 8.) Rosemarie G*****, wegen § 52 Abs 1 Z 3 und 6 WEG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 317/06s-21, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom , GZ 5 MSch 33/05s-11, aufgehoben wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die gänzliche Antragsabweisung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit EUR 554,88 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin EUR 92,48 USt) sowie die mit EUR 665,66 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin EUR 110,94) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümerin von 910/8930 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Liegenschaftsadresse *****. Mit diesen Anteilen ist untrennbar Wohnungseigentum an der Garage 1 verbunden. Die Antragsgegnerin verwaltet diese Liegenschaft. Die weiteren Verfahrensparteien sind die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft.

Die Hausbesorgertätigkeiten werden von der Miteigentümerin Rosemarie G***** seit dem Jahr 1990 verrichtet. Den entsprechenden Vertrag schloss damals die Antragsgegnerin als Vertreterin der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft ab. In der damaligen Vereinbarung vom heißt es unter anderem:

„4.) Frau G***** erhält für die Reinigungsarbeiten erwähnter Liegenschaft ein monatliches Entgelt (12 x pro Jahr) von S 1.400,-- im Nachhinein. Die anteilige Unfallversicherung für den Dienstnehmer wird hausseits getragen und wird in den Betriebskosten zur Verrechnung gebracht.

5.) Nach Abschluss dieser Vereinbarung getroffene Regelungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Bestätigung beider Vertragsteile."

Von der Antragsgegnerin wurde das Entgelt für Frau G***** jährlich entsprechend dem Entgelt für Hausbesorger angehoben. Weiters übernahm die Antragsgegnerin für die Eigentümergemeinschaft den Anteil der Einkommenssteuer von Frau G*****, der das Entgelt für Tätigkeiten im gegenständlichen Haus betraf. Weiters übernahm die Antragsgegnerin in der Folge für die Eigentümergemeinschaft die Zahlung der Hausbesorgerkrankenkassenbeiträge und die Hausbesorgersonderzahlungen. Ab dem Jahr 1998/1999 war nämlich Frau G***** bei der Hausbesorgerkasse angemeldet und dort versichert. Damit entfiel die ursprünglich vereinbarte Unfallversicherung.

Ohne die geschilderte Änderung der Vereinbarung aus dem Jahre 1990 wäre Frau G***** nicht mehr bereit gewesen, die Hausbesorgerarbeiten im Haus durchzuführen.

In den Jahren 2003 und 2004 wurden den Mit- und Wohnungseigentümern in den Betriebskostenabrechnungen dieser Jahre folgende Beträge vorgeschrieben:

Im Jahr 2003:

Hausbesorgereinkommenssteuer: EUR 63,73

Hausbesorgerkrankenkassenbeiträge: EUR 304,66

Hausbesorgerentgelt monatlich EUR 158,--

Im Jahr 2004:

E-VZ: EUR 444,23

Hausbesorgersonderzahlungen: EUR 328,--

Hausbesorgerkrankenkassenbeiträge: EUR 278,71

Hausbesorgerentgelt monatlich: EUR 164,--

Der im ursprünglichen Vertrag vereinbarte monatliche Entgeltsbetrag würde unaufgewertet EUR 101,74 betragen.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin die Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2003 und 2004 hinsichtlich ihrer Richtigkeit betreffend die den Wohnungseigentümern unter dem Titel „Hausbesorgerentgelt" vorgeschriebenen Beträge.

Die Antragsgegnerin sei nicht berechtigt gewesen, eigenmächtig die Vereinbarung über die Höhe des Hausbesorgerentgeltes zum Nachteil der Wohnungseigentümer abzuändern, deshalb sei die Vorschreibung an Hausbesorgerentgelt insoweit unzulässig, als sie die in der Vereinbarung aus dem Jahr 1990 festgelegten Beträge überschreite. Ein Abgehen von dieser Vereinbarung hätte überdies der Schriftform bedurft.

Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, dass es erforderlich gewesen sei, die mit der die Hausbesorgerarbeiten betrauten Miteigentümerin bestehende Entgeltsvereinbarung den wirtschaftlichen Verhältnissen laufend anzupassen. Dem habe die Eigentümergemeinschaft zumindest auch schlüssig zugestimmt, weil die Abrechnungen der letzten Jahre diesbezüglich akzeptiert worden seien.

Das Erstgericht wies die Anträge auf Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung der Jahre 2003 und 2004 ab.

Es beurteilte in rechtlicher Hinsicht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass zwar feststehe, dass die tatsächlich den Wohnungseigentümern vorgeschriebenen Beträge für Hausbesorgertätigkeiten nicht mehr zur Gänze der Vereinbarung aus dem Jahr 1990 entsprächen, dass der Antragsgegnerin jedoch ein Abgehen von dieser Vereinbarung auch ohne Einhaltung der Schriftform möglich gewesen sei. Die geänderten Vereinbarungen seien auch laufend erfüllt worden, weshalb die Bezugnahme auf eine allfällige Nichteinhaltung von Formerfordernissen nicht berechtigt sei.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz - soweit es die noch strittigen Fragen der in den Verwaltungsabrechnungen enthaltenen Positionen für Hausbesorgertätigkeiten betrifft - Folge, hob den erstinstanzlichen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Dies im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Auch wenn es vom arbeitsrechtlichen Standpunkt aus geboten gewesen sei, das Entgelt der die Reinigungsarbeiten verrichtenden Miteigentümerin anzuheben und sie nicht bereit gewesen wäre, zur früher vereinbarten Entgeltshöhe die Arbeiten weiterhin durchzuführen, hätte doch die Antragsgegnerin ohne Einwilligung der Wohnungseigentümer nicht von der im Jahr 1990 getroffenen Vereinbarung abgehen und der Betreffenden höhere Beträge als vereinbart ausbezahlen dürfen. Im Fall der Einschaltung von Vertretern bewirke nämlich die Vereinbarung der Schriftform für Veränderungen des Vertrages eine Vollmachtsbeschränkung auf das, was schriftlich erklärt worden sei (MietSlg 44.080/27; 44.110/6 u.a.).

Daran ändere auch der Umstand nichts, dass das Hausbesorgerentgelt auf ein angemessenes Ausmaß angehoben worden sei, Sonderzahlungen geleistet worden seien und die Übernahme der Hausbesorgerkrankenkassenbeiträge und der Einkommenssteuer der Hausbesorgerin übernommen worden sei. Auch das hätte der Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer bedurft.

Die Antragsgegnerin habe zwar vorgebracht, dass von der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten in den letzten Jahren bzw Jahrzehnten stillschweigend abgegangen worden sei und alle Miteigentümer mit Ausnahme der Antragstellerin den Zahlungen auch zugestimmt hätten. Dazu habe das Erstgericht jedoch - ausgehend von seiner vom Rekursgericht nicht geteilten Rechtsauffassung - keine Feststellungen getroffen.

Im fortgesetzten Verfahren werde daher nach entsprechender Erörterung mit den Parteien ein Beweisverfahren darüber zu führen sein, ob eine Zustimmung sämtlicher Miteigentümer mit Ausnahme der Antragstellerin zu der von der Antragsgegnerin getätigten Vorgangsweise erfolgt sei. Ergebe sich demnach, dass eine Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer vorliege, sei die Vereinbarung saniert und liege keine inhaltliche Unrichtigkeit der Abrechnung vor. Im entgegengesetzten Fall sei die Abrechnung jedoch unrichtig.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß §§ 62 Abs 1 und 64 Abs 1 AußStrG zulässig sei, weil keine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob ein eigenmächtiges Abgehen des Hausverwalters von der zwischen Wohnungseigentümern und Hausbesorgerin getroffenen Entgeltsvereinbarung eine Unrichtigkeit der Abrechnung zu begründen vermöge.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses.

Die Antragstellerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Die übrigen Wohnungseigentümer haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig und im Sinn des Begehrens auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses auch berechtigt.

Während bei dem im Jahr 1990 mit der Miteigentümerin G***** abgeschlossenen Vertrag über die Erbringung von Hausbetreuungsleistungen werkvertragliche Elemente überwogen, kam es in der Folge zum Abschluss eines Hausbesorgerdienstvertrages mit der Genannten durch die Antragsgegnerin, aus dem die in Frage stehenden Ausgabepositionen der Hausverwaltungsabrechnung resultieren. Dazu, ob diese Vorgangsweise der Antragsgegnerin, die den Wohnungseigentümern zwar höhere, aber unbestrittenermaßen angemessene Kosten verursachte, ist Folgendes zu erwägen:

Abschluss und Beendigung eines Dienstvertrages mit einem Hausbesorger fallen unter die der Eigentümergemeinschaft zustehende ordentliche Verwaltung. Die Eigentümergemeinschaft ist Dienstgeber mit allen Verpflichtungen (RIS-Justiz RS0109410).

Zufolge § 18 Abs 3 WEG wird die Eigentümergemeinschaft, wenn ein solcher bestellt ist, durch den Verwalter vertreten. Dem Verwalter steht die Verwaltung der Liegenschaft zu, wozu insbesondere auch der Abschluss und die Beendigung eines Dienstvertrags mit einem Hausbesorger gehört, solange dieser nicht unübliche Bedingungen (zum Nachteil der Wohnungseigentümer) enthält (9 ObA 93/03x = EvBl 2004/126). In seiner Verwaltungstätigkeit ist der Verwalter direkter Stellvertreter, was bedeutet, dass seine Verwaltungshandlungen der Eigentümergemeinschaft unmittelbar zuzurechnen sind (RIS-Justiz RS0013750; zuletzt 5 Ob 291/01g = wobl 2002/100 [Call]). Nur für Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung ist durch § 29 Abs 6 WEG klargestellt, dass er nur nach Einholung eines Mehrheitsbeschlusses und Abwarten der Frist für die Anfechtung der Entscheidung handeln darf. Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung kann und muss der Verwalter aber auch ohne Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen eigenständig setzen (5 Ob 144/05w mwN = SZ 2005/102 = wobl 2005/139 [Call]).

Dass im vorliegenden Fall dem Verwalter eine Weisung der Mehrheit erteilt worden wäre, anders vorzugehen als dies festgestellt wurde, oder der Hausverwaltungsvertrag unüblicherweise eine Beschränkung hinsichtlich des Abschlusses eines Hausbesorgervertrags enthalten hätte, hat die Antragstellerin nicht einmal behauptet.

Damit erweist sich der vom Antragsgegner mit der Hausbesorgerin abgeschlossene Vertrag als im Rahmen seiner pflichtgemäßen Verwaltungsführung wirksam abgeschlossener Vertrag, aus dem der Eigentümergemeinschaft entsprechende Entgeltsverpflichtungen entstanden.

Ohne dass es auf die vom Rekursgericht aufgeworfenen Fragen ankäme, lässt sich daher rechtlich beurteilen, dass die behauptete Unrichtigkeit der Verwaltungsabrechnungen nicht vorliegt.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmung des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2007:0050OB00112.07T.0703.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAD-34531