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OGH 06.07.2016, 7Ob117/16f

OGH 06.07.2016, 7Ob117/16f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. A* C*, 2. E* C*, 3. J* C*, 4. Z* C*, alle *, Mutter N* C*, vertreten durch Mag. Günter Novak-Kaiser Rechtsanwalt GmbH in Murau, Vater C* C*, vertreten durch Mag. Britta Schönhart-Loinig, Rechtsanwältin in Wien, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom , GZ 2 R 1/16w-73, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Murau vom , GZ 3 PS 102/14t-66, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht sprach aus, dass die Obsorge für die Minderjährigen dem Vater entzogen und zur Gänze der Mutter übertragen werde. Weiters wies es den Antrag des Vaters auf Durchsetzung der zwischen den Eltern am getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der Kontakte des Vaters zu den Minderjährigen durch Verhängung von Zwangsmitteln ab. Zuletzt konkretisierte es die Vereinbarung der Eltern hinsichtlich der Kontakte des Vaters zu den Minderjährigen. Der Beschluss wurde den jeweiligen Rechtsvertretern der Eltern zugestellt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters gegen die Übertragung der Obsorge an die Mutter und die Abweisung des Antrags auf Durchsetzung seines Kontaktrechts keine Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage erfolgte verfrüht:

Gemäß § 104 Abs 1 AußStrG können Minderjährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, im Verfahren über Pflege und Erziehung oder über die persönlichen Kontakte selbständig vor Gericht handeln. Die eigenständige Verfahrensfähigkeit in diesen Bereichen kommt dem Minderjährigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres uneingeschränkt zu und ermöglicht ihm, im Verfahren selbständig zu handeln. Der Minderjährige ist daher antragslegitimiert, kann zu Begehren der anderen Parteien oder zu den Verfahrensergebnissen Stellung nehmen und Rechtsmittel erheben oder Rekursbeantwortungen erstatten. Vollendet das Kind das 14. Lebensjahr während des Verfahrens, stehen ihm ab diesem Zeitpunkt die Verfahrensrechte gemäß § 104 AußStrG zu (9 Ob 82/15x mwN).

Die minderjährige A* ist am * und die minderjährige E* am * geboren. Sie sind damit – wie dargestellt – im gegenständlichen Verfahren selbständig verfahrensfähig und können auch selbst Rechtsmittel einbringen. Ihnen ist daher zunächst die Rekursentscheidung samt Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Nach Ablauf der Frist zur Einbringung eines außerordentlichen Revisionsrekurses wird der Akt erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. A* C*, geboren am * 1998, 2. E* C*, geboren am * 2011, 3. J* C*, geboren am * 2004, 4. Z* C*, geboren am * 2008, *, Mutter N* C*, vertreten durch Mag. Günter Novak-Kaiser Rechtsanwalt GmbH in Murau, Vater C* C*, vertreten durch Mag. Britta Schönhart-Loinig, Rechtsanwältin in Wien, wegen Obsorge über den Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 1/16w-73, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Murau vom , GZ 3 PS 102/14t-66, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, soweit sie den Antrag des Vaters auf Durchsetzung seines Kontaktrechts abweisen, bestätigt.

Im Übrigen, sohin im Umfang der Übertragung der Obsorge betreffend die Minderjährigen an die Mutter, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Minderjährigen sind die ehelichen Kinder von C* und N* C*.

2014 zogen die Eltern mit ihren Kindern von Belgien nach Österreich. Der Vater lebt mittlerweile wieder in Belgien, wohingegen die Mutter mit den Minderjährigen in Österreich geblieben ist. Zwischen den Eltern ist zu 1 C 28/14i des Bezirksgerichts Murau ein Ehescheidungsverfahren anhängig.

Am trafen die Eltern im vorliegenden Verfahren die Vereinbarung, dass ihnen (weiterhin) die gemeinsame Obsorge für die Kinder zukomme und deren hauptsächlicher Aufenthalt bei der Mutter sein solle. Weiters wurde das Kontaktrecht zwischen dem Vater und den Minderjährigen bis einschließlich der Weihnachtsferien 2015/2016 geregelt. Als Übergabeort der drei Minderjährigen E*, J* und Z* wurde jeweils ein (noch zu vereinbarender) Treffpunkt sowie als Übergabszeit mittags vereinbart. Es wurde festgehalten, dass es der Minderjährigen A* frei stehe, sich diesen Kontakten anzuschließen oder andere mit dem Vater zu vereinbaren. Die nachfolgenden Kontakttermine sollten von den Eltern einvernehmlich geregelt werden.

A* befand sich wegen einer depressiven Symptomatik bei psychosozialer Belastungssituation mehrere Monate in stationärer Behandlung in einer Landesnervenklinik. Der im Unterbringungsverfahren beigezogene ärztliche Sachverständige erläuterte, dass bei ihr eine schwere juvenile Depression mit suizidaler Einengung vorlag.

E* ritzt sich die Unterarme. Am erfolgte dies derart stark, dass sie im Krankenhaus genäht werden musste. Teilweise ritzt sie auch die Oberarme. Seit Oktober 2014 befindet sie sich in psychologischer Behandlung.

J* befindet sich ebenfalls in psychotherapeutischer Behandlung.

Die Kommunikation der Eltern ist durch den Scheidungskonflikt nachhaltig belastet. Wichtige, die Kinder betreffende Dinge können sie nicht sachlich besprechen. Die Kinder leiden unter dieser Situation.

Der Vater brachte „in einem Pflegschaftsverfahren in Belgien“ vor, dass die Mutter die Kinder gegen seinen Willen nach Österreich verbracht habe.

Am beantragte die Mutter, ihr die alleinige Obsorge für die Minderjährigen zu übertragen. Dem Vater gelinge es nicht, die Minderjährigen aus dem Ehescheidungskonflikt herauszuhalten. Infolge seines 2010 erlittenen Schlaganfalls leide er an einer sogenannten Ermüdungserkrankung, die generell und im Zusammenhang mit seinem übermäßigen Alkoholkonsum zu unerträglichen Verhaltensweisen gegenüber der Mutter und den Kindern geführt habe. Aus diesem Grund befänden sich die Kinder in psychologischer Betreuung. Insgesamt sei das Verhalten des Vaters dem Wohl der Kinder und damit auch jeglichem Kontakt mit ihnen abträglich.

Der Vater beantragte die Abweisung des Obsorgeantrags der Mutter. Ihre Handlungen würden nicht dem Wohl der Töchter entsprechen. So verbiete sie ihnen jeglichen Kontakt mit ihm. Seit mehreren Monaten vereitle sie sein Kontaktrecht, weshalb auch beantragt werde, die Verletzung des vereinbarten Kontaktrechts durch das Zwangsmittel der Verhängung einer Geldstrafe zu ahnden. Die Mutter schaffe kein stabiles Umfeld für die Kinder.

Das Erstgericht übertrug die Obsorge für alle Minderjährigen der Mutter (Punkt 1. seiner Entscheidung). Den Antrag des Vaters „auf Durchsetzung der zwischen den Eltern am getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der Kontakte des Vaters zu den Minderjährigen“ wies es ab (Punkt 2.). Weiters konkretisierte es die Vereinbarung der Eltern vom hinsichtlich der Kontakte des Vaters zu den Minderjährigen dahingehend, dass es in dieser Vereinbarung anstelle „mittags“ und anstelle „vereinbarten Treffpunkt“ nunmehr „um 12:00 Uhr mittags“ und „am Wohnort der Minderjährigen“ zu lauten habe (Punkt 3.).

Die Kommunikation zwischen den Eltern sei durch das Scheidungsverfahren erschwert. Ihre Kooperationsbereitschaft sei deutlich reduziert. Die Kinder würden offensichtlich bereits derart unter dem elterlichen Konflikt leiden, dass es zu massiven psychischen Beeinträchtigungen gekommen und zu befürchten sei, dass weitere derartige Beeinträchtigungen auftreten würden. Im Sinne einer positiven Entwicklung der Kinder und zur Erhaltung der von ihnen benötigten Kontinuität sei daher die Obsorge der Mutter zu übertragen, was auch dem Willen der Minderjährigen entspreche.

Das Recht auf persönliche Kontakte könne nur dann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn sowohl die Besuchszeit als auch der Ort und die sonstigen Modalitäten der Besuchsausübung genau festgelegt seien. Die Kontaktrechtsvereinbarung der Eltern vom enthalte aber bezüglich der Uhrzeit („Mittags“) und des Übergabeorts („an einem vereinbarten Treffpunkt“) unkonkrete Formulierungen. Sie könne daher nicht als Grundlage eines Antrags auf Durchsetzung des Kontaktrechts dienen. Um die von den Eltern getroffene Kontaktregelung durchsetzbar zu machen, sei die im Spruch ersichtliche Konkretisierung vorzunehmen gewesen.

Dem gegen die Übertragung der Obsorge an die Mutter und die Abweisung des Antrags auf Durchsetzung des Kontaktrechts gerichteten Rekurs des Vaters gab das Rekursgericht keine Folge. Die Übertragung der alleinigen Obsorge an die Mutter sei dem Kindeswohl entsprechend. Hinzu komme, dass der ernstliche Wille eines mündigen Kindes, dem anderen Elternteil die Obsorge zuzuweisen, einen wichtigen Grund für einen Obsorgewechsel darstellen könne. A* und E* hätten diese Altersgrenze bereits überschritten und sich für die Alleinobsorge ihrer Mutter ausgesprochen. Die beiden jüngeren Geschwister lebten mit ihren Schwestern gemeinsam bei der Mutter.

Zwangsmittel nach § 110 iVm § 79 Abs 2 AußStrG seien keine (Vergeltungs-)Strafen für die Missachtung einer gerichtlichen Verfügung, eines Vergleichs oder einer Vereinbarung bezüglich des Rechts auf persönliche Kontakte, sondern Beugemittel zur Erzwingung eines künftigen rechtskonformen Verhaltens. Sie hätten also den Zweck, einem Kontaktrecht in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen, soweit dies auch dem Wohl des Kindes entspreche. Das Recht auf persönliche Kontakte des Vaters mit den Kindern habe die Vereinbarung der Eltern vom nur bis einschließlich der Weihnachtsferien 2015/2016 geregelt. Die weiteren Kontakttermine seien laut dieser Vereinbarung einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Eltern vorbehalten. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung hätte die Verhängung der vom Vater beantragten Geldstrafe über die Mutter höchstens zur Erzwingung des Kontaktrechts in den genannten Weihnachtsferien, nicht aber zur Durchführung eines im dargestellten Sinn weiter in die Zukunft reichenden rechtskonformen Verhaltens dienen können. Die Abweisung des Antrags des Vaters sei gerechtfertigt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Mutter begehrt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben.

Die Minderjährigen A* und E* haben sich geäußert.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

1. Nach Art 8 Abs 1 EuEheKindVO sind für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Gericht bleibt auch dann zuständig, wenn das Kind während des Verfahrens seinen Aufenthalt verlegt (perpetuatio fori) (Pesendorfer in Fasching/Konecny² V/2 EuEheKindVO Art 8 Rz 4, 20).

1.2 Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Verfahren bezüglich der elterlichen Verantwortung für ein Kind wegen desselben Anspruchs anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist (Art 19 Abs 2 EuEheKindVO). Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zu Gunsten dieses Gerichts für unzuständig. In diesem Fall kann der Antragsteller, der den Antrag bei dem später angerufenen Gericht gestellt hat, diesen Antrag dem zuerst angerufenen Gericht vorlegen (Art 19 Abs 3 EuEheKindVO).

Art 19 EuEheKindVO dient der Verhinderung von Parallelverfahren und der dadurch bestehenden Gefahr divergierender Entscheidungen. Nach dem Grundsatz prior temporis wird in Art 19 der Vorrang des zuerst angerufenen Gerichts normiert (Simotta in Fasching/KonecnyV/2 Art 19 EuEheKindVO Rz 1 mzwN).

Das später angerufene Gericht hat daher zunächst zu prüfen, ob es selbst international zuständig ist. Ist es international unzuständig, hat es gemäß Art 17 EuEheKindVO die Klage mit Beschluss zurückzuweisen (Simotta aaO Art 19 EuEheKindVO Rz 38).

Hat das später angerufene – international zuständige – Gericht Grund zur Annahme, dass bezüglich der elterlichen Verantwortung für ein Kind ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat bereits anhängig ist, so hat es durch Befragung der Parteien zu ermitteln, ob und wann ein unter Art 1 Abs 1 EuEheKindVO fallendes Verfahren bereits anhängig geworden ist (Simotta aaO Art 19 EuEheKindVO Rz 37).

1.3 Das Erstgericht stellte fest, dass der Vater ein – nach wie vor anhängiges – Pflegschaftsverfahren in Belgien eingeleitet habe. Der konkrete Gegenstand dieses Verfahrens lässt sich weder den Feststellungen noch dem Akteninhalt entnehmen.

Das Erstgericht wird daher vorerst den Gegenstand und den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens in Belgien zu erheben haben. Sollte sich ergeben, dass die Frage der Obsorge Gegenstand des Verfahrens in Belgien ist, dann sind folgende Konstellationen denkbar: Sollte das entsprechende Verfahren schon vor dem Umzug der Kinder nach Österreich anhängig gewesen sein, dann wäre kraft perpetuatio fori die inländische Zuständigkeit nicht gegeben. Sollte das Verfahren in Belgien nach dem Umzug aber vor dem hier gegenständlichen Obsorgeantrag eingeleitet worden sein, dann müsste das Erstgericht das Verfahren aussetzen und abwarten, ob das belgische Gericht sich für zuständig erklärt. Sollte das hier gegenständliche Verfahren nach dem Umzug aber vor dem Verfahren in Belgien eingeleitet worden sein, ergäbe sich die Zuständigkeit des Erstgerichts.

Das Erstgericht wird daher für eine Aufklärung im aufgezeigten Sinn zu sorgen haben.

2. Lediglich der Vollständigkeit halber wird noch auf Folgendes hingewiesen:

2.1 Gemäß § 105 Abs 1 AußStrG hat das Gericht das Kind im Verfahren über Obsorge und Kontaktrecht persönlich zu hören. Kinder können auch mittelbar angehört werden, wenn sie das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn dies ihre Entwicklung oder ihr Gesundheitszustand erfordert oder wenn sonst eine Äußerung der ernsthaften und unbeeinflussten Meinung des Kindes nicht zu erwarten ist. Die Befragung soll vor allem auch dazu dienen, dem Gericht einen Eindruck von dem Kind zu verschaffen. Der Anhörung vor dem erkennenden Gericht ist daher grundsätzlich der Vorzug zu geben (RIS-Justiz RS0127159).

Das Erstgericht hat nur A* persönlich angehört. Eine persönliche Anhörung der 14-jährigen E* und der 11-jährigen J* ist ohne nähere Begründung unterblieben.

2.2 Obsorgeentscheidungen haben eine zukunftbezogene Rechtsgestaltung zum Inhalt. Sie können nur dann sachgerecht sein, wenn sie auf einer aktuellen, bis in die jüngste Gegenwart reichenden Tatsachengrundlage beruhen (RIS-Justiz RS0106312).

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei A* und E* schwere psychische Beeinträchtigungen vorliegen (suizidale Depression, Suizidversuch, Selbstverletzungen) und sich auch bereits J* in psychotherapeutischer Behandlung befindet, kritisiert der Vater in seinem Revisionsrekurs nicht ganz zu Unrecht das Unterbleiben der Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens zur Klärung der Ursachen und der daran anschließenden Frage, welche Obsorgeregelung dem Kindeswohl am ehesten entspricht.

3. In der Regel kommt der Frage, ob im Einzelfall eine Zwangsmaßnahme zu verhängen ist, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0008614 [T4]). Der mit einem Kontaktrechtstitel Belastete muss über die Abstandnahme von einer negativen Beeinflussung des Kindes hinaus alles ihm zumutbare unternehmen, um in aktiver Weise dem daraus Berechtigten den persönlichen Verkehr mit dem Kind selbst gegen dessen Willen zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0007336). Das Gericht hat – auf Antrag oder von Amts wegen – zur Durchsetzung von Kontaktrechtsregelungen denjenigen, der den Vollzug der Regelung vereitelt, durch die Verhängung angemessener Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG zur Einhaltung der Regelung zu bewegen. Voraussetzung der zwangsweisen Durchsetzung einer Kontaktrechtsregelung nach § 110 AußStrG ist, dass diese hinreichend bestimmt ist. Sie muss klar und eindeutig formuliert sein, dass sie zwangsweise durchgesetzt werden kann (RIS-Justiz RS0047955 [T8], RS0126099). Zweck der in § 79 Abs 2 AußStrG angeführten Maßnahmen ist es, nicht für die Vergangenheit zu bestrafen, sondern einem Kontaktrecht in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen (RIS-Justiz RS0007310 [T10]).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, das Kontaktrecht könne im Hinblick darauf, dass der Übergabeort im Vergleich völlig offengelassen sei, nicht zwangsweise durchgesetzt werden, entspricht der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, wogegen der Vater in seinem Revisionsrekurs keine stichhaltigen Argumente aufzuzeigen vermag.

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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
1 Generalabonnement
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:E116325
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAD-34466