OGH vom 26.11.1996, 5Ob2343/96m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Ö*****, vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Österreichische Dentistenkammer, ***** vertreten durch Dr.Hans Pfersmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 46a Abs 4 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 41 R 1178/95d-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 48 Msch 31/95g-5, aufgehoben wurde, folgenden
Sachbeschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 27,50 (Barauslagen für Rekursbeantwortung) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin begehrte - nach vorausgegangem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - die Feststellung, daß der angemessene Hauptmietzins für das von der Antragsgegnerin im Hause *****, angemietete Geschäftslokal S 80.528,- zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer betrage und daß der gemäß § 46a Abs 4 MRG ab dem von der Antragsgegnerin zu zahlende Hauptmietzins S 13.560,91 zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten betrage, dies jeweils wertgesichert gemäß § 16 Abs 6 MRG.
Die Antragstellerin brachte im wesentlichen vor, sie sei Eigentümerin des Hauses in dem sich das Mietobjekt befinde. Ein schriftlicher Mietvertrag bestehe nicht, doch sei der mündliche Mietvertrag vor dem , nämlich zwischen 1935 und 1940 abgeschlossen worden, also zu einer Zeit, als eine freie Mietzinsvereinbarung nicht zulässig gewesen sei.
Bei der Antragsgegnerin hätten sich seit dem Abschluß des Mietvertrages infolge Änderungen in der Zusammensetzung der Hauptversammlung, des Vorstandes sowie wegen Wechsels des Präsidenten und Vizepräsidenten die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten im Sinne des § 12a Abs 3 MRG geändert.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrages, weil § 46a MRG nur für Geschäftsräumlichkeiten im Sinne des § 12a MRG gelte also wenn darin ein kaufmännisches Unternehmen im Sinne des § 1 HGB betrieben werde. Die Antragsgegnerin hingegen sei kein Unternehmen, keine juristische Person des Handelsrechtes und betreibe kein Handelsgeschäft im Sinne des § 1 HGB. Dem Wesen einer öffentlich-rechtlichen Berufsvertretung entspreche es, daß durch die Änderungen der Mitglieder keine Änderung ihres gesetzlichen Aufgabenkreises eintrete. Auch seien seit dem keine neuen Kammermitglieder hinzugekommen, weil durch das Dentistengesetz BGBl 1949/99 der Berufsstand der Dentisten auf den gesetzlichen Aussterbeetat gesetzt worden sei.
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin ab.
Das Erstgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Das Vorbringen der Antragstellerin sei unsubstantiell und daher letztlich unüberprüfbar geblieben. Die Antragstellerin habe keinerlei Vorbringen darüber erstattet, worin die Änderung der rechtlichen und insbesondere der wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten bestanden haben solle. Sie habe auch keinen genauen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses angeben können. Selbst wenn man davon ausgehe, daß durch den Wechsel der Mitglieder eine Veränderung der rechtlichen Einflußmöglichkeiten gegeben sei, so könne darin keinesfalls die Änderung der wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten gesehen werden. Zudem ergebe sich aus der Intention des Gesetzgebers, daß dieser durch die Bestimmungen des § 12a und des § 46a MRG die Gleichstellung von Geschäftsraummieten hinsichtlich der Unternehmensveräußerung erreichen wollte. Der Ausdruck "juristische Person" könne daher nicht so verstanden werden, daß damit auch öffentlich-rechtliche Körperschaften umfaßt seien.
Das Rekursgericht hob den Sachbeschluß des Erstgrichtes auf, trug diesem eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, daß § 12a Abs 3 MRG und § 46a Abs 4 MRG auch auf von Körperschaften öffentlichen Rechtes zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemietete Räumlichkeiten, nämlich ebenfalls Geschäftsräumlichkeiten, anzuwenden seien. Es erachtete demgemäß eine Ergänzung des Verfahrens zur Feststellung des angemessenen Mietzinses für erforderlich.
Das Rekursgericht begründete seine die Auslegung der §§ 12a Abs 3 und 46a Abs 4 MRG betreffende Rechtsmeinung wie folgt:
§ 46a MRG (§§ ohne besondere Bezeichnung seien in der Folge solche des MRG idF des 3. WÄG) regle den "Hauptmietzins bei bestehenden Mietverträgen über Geschäftsräumlichkeiten". Der Abs 4 dieser Bestimmung sehe für bestehende (vor dem geschlossene) Mietverträge über Geschäftsräumlichkeiten mit "juristischen Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes" eine sogenannte Fünfzehntelanhebung unter bestimmten Voraussetzungen vor.
Zu Unrecht gingen das Erstgericht und die Antragsgegnerin davon aus, daß unter "juristischen Personen" nur solche "des Handelsrechts" gemeint seien, daher § 46a Abs 4 auf eine Körperschaft öffentlichen Rechts nicht anwendbar sei.
Die besondere Nennung von "Personengesellschaften des Handelsrechts" im § 12a Abs 3 u. § 46a Abs 4 sei sinnvoll, weil Personengesellschaften, die ein Handelsgewerbe betreiben, wie zB die Offene Handelsgesellschaft oder die Kommanditgesellschaft, keine juristischen Personen seien, auch wenn sie eine eingeschränkte Rechtspersönlichkeit besäßen (Kastner/Doralt/Novotny, Gesellschaftsrecht5 84 u. 143). Der Bericht des Bautenausschusses (1268 BlgNR 18.GP, idF mit "AB" abgekürzt) biete außerdem einen eindeutigen Hinweis, daß mit dem Begriff "juristische Personen" nicht nur solche "des Handelsrechts" (was immer man darunter verstehen mag) gemeint seien, weil dort ausdrücklich auch von der Bestellung neuer Vereinsorgane (im Zusammenhang mit der Frage der Bedeutung eines Organwechsels) die Rede sei (AB 11).
Auch in der Literatur werde der Begriff "des Handelsrechts" lediglich auf die "Personengesellschaften" und nicht auf "juristische Personen" bezogen. Es seien somit grundsätzlich alle Arten von juristischen Personen den §§ 12a Abs 3 und 46a Abs 4 unterworfen (Schauer, Geschäftsraummiete und Unternehmensübertragung, GesRZ 1994, 12, 24; Ostheim, Unternehmensveräußerung und Mietzinserhöhung im 3. WÄG, WoBl 1993, 200, 209; Würth/Zingher, WohnR4 Anm 6 zu § 12a MRG).
Schwieriger ist im vorliegenden Fall die Frage nach dem Vorliegen des Tatbestandsmerkmales "Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3" (§ 46a Abs 4 Z 1) zu beantworten:
Nach dem Ministerialentwurf eines Bundeswohnrechtsgesetzes (idF mit "BWRG-Entw" abgekürzt) wäre gemäß § 112 Abs 4 BWRG-Entw für eine schrittweise Anhebung ("Fünfzehntelanhebung") des Hauptmietzinses eines bestehenden, von einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes geschlossenen Hauptmietvertrages über eine Geschäftsräumlichkeit lediglich Voraussetzung gewesen, daß der Hauptmietvertrag vor dem geschlossen worden und der Hauptmietzins niedriger sei als der angemessene Hauptmietzins gemäß § 45 Abs 1 BWRG-Entw.
§ 112 Abs 5 des BWRG-Entw habe weiters für alle bestehenden Hauptmietverträge über eine Geschäftsräumlichkeit (ohne Differenzierung, ob sie von einer natürlichen oder juristischen Person oder von einer Personenhandelsgesellschaft) geschlossen wurden, eine schrittweise Anhebung des Hauptmietzinses vorgesehen, wenn der Hauptmietvertrag zwischen dem und dem geschlossen wurde und bei Abschluß des Hauptmietvertrages auf Grund der damals geltenden Bestimmungen eine freie Vereinbarung des Hauptmietzinses nicht möglich war.
Das 3. WÄG ermögliche hingegen keine Mietzinsanhebung bei Hauptmietverträgen über eine Geschäftsräumlichkeit mit einer natürlichen Person bei Lebzeiten des Hauptmieters. Weiters mache es die in § 46a Abs 4 geregelte Fünfzehntelanhebung für Hauptmietverträge über Geschäftsräumlichkeiten mit juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften nun von bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen (ua von der entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten) abhängig.
Der AB (10 f) zu §§ 12a und 46a laute:
"Ausgangspunkt der Neuregelung ist die Willenserklärung der Regierungsparteien im Arbeitsübereinkommen vom Dezember 1990, eine Gleichstellung von Geschäftsraummieten natürlicher Personen mit Geschäftsraummieten von juristischen Personen und Gesellschaften des Handelsrechtes hinsichtlich der Unternehmensveräußerung im weiteren Sinn zu erreichen. Dies geschieht, indem gesellschaftsrechtliche Gestaltungen, die eine Unternehmensveräußerung im engeren Sinn ersetzt und damit eine Mietzinserhöhung durch den Vermieter bisher ausgeschlossen haben, nunmehr durch eine generelle Regelung, daß entscheidende Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten, wie etwa eine Veräußerung der Mehrheitsanteile an einer Gesellschaft, der Veräußerung eines Unternehmens durch eine natürliche Person gleichgestellt werden. Zur Vermeidung sozialer Härten, vor allem im Bereich ertragsarmer Branchen und zur Sicherung der Nahversorgung, ist bei der Festsetzung des angemessenen Mietzinses auf die Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit und die damit verbundenen Ertragsmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen. Diese Grundsätze sind auch auf bestehende Mietverträge über Geschäftsräumlichkeiten im Fall des Eintritts anzuwenden."
Nach dem AB, der als Zweck der Regelung die Gleichstellung von "gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen" mit einer Unternehmensveräußerung einer natürlichen Person betone, könnte man meinen, daß eine Fünfzehntelanhebung bei bestehenden Mietverträgen mit einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft den Betrieb eines Unternehmens, eine wirtschaftliche Tätigkeit, im Mietobjekt voraussetzt.
Nach gängiger Definition ist ein Unternehmen jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger, wirtschaftlicher Tätigkeit, möge sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Wirtschaftlich tätig sei, wer wirtschaftlich werthafte Leistungen erbringe, also Leistungen, die für den Waren-, Güter- und Leistungsverkehr grundsätzlich nach Kosten- und Absatzüberlegungen bewertet werden. Das Unternehmen unterscheide sich nun von anderen Organisationen durch das Ziel, anderen wirtschaftlich werthafte Leistungen zu erbringen (Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 14 ff zu § 1 KSchG mwN).
§ 46a habe die Überschrift "Hauptmietzins bei bestehenden Mietverträgen über Geschäftsräumlichkeiten". Die Miete von "Geschäftsräumlichkeiten" (§ 1 Abs 1) setze nicht die Absicht voraus, dort eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Auch Tätigkeiten im öffentlichen Interesse oder Tätigkeiten, die humanitären, geistigen oder kulturellen Zwecken dienen, seien "geschäftliche" Tätigkeiten (Bernart in Korinek/Krejci, HdBzMRG 105; MietSlg 34.371; JBl 1990, 48 = WoBl 1989/73).
Einen weiteren Hinweis, daß § 46a Abs 4 nicht eingeschränkt sei auf Hauptmietverträge über Geschäftsräumlichkeiten, in denen ein Unternehmen betrieben wird, liefere auch der AB (11), der einen Organwechsel nicht als entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten ansehe und in diesem Zusammenhang auch den Verein erwähne, somit eine juristische Person, die vornehmlich ideelle Zwecke verfolge, auch wenn sie daneben wirtschaftlich tätig sein könne.
Man könnte nun einwenden, die Formulierung im § 46a Abs 4 "Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten" deute auf die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Mietobjekt hin. Der Begriff "wirtschaftlich" habe jedoch in diesem Zusammenhang eine andere Bedeutung. Er beziehe sich auf die Änderung der Einflußmöglichkeiten und sei etwa im Sinne von "tatsächlich" zu verstehen. Die entscheidende Änderung müsse nämlich kumulativ die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten betreffen. Eine bloß rechtliche Änderung, mit der eine wirtschaftliche nicht einhergehe (zB verhältniswahrende Spaltung; Anteilsübertragung auf einen Treuhänder, wenn der bisherige Gesellschafter die Stellung eines Treugebers übernimmt), könne nicht zum Anlaß für eine Mietzinsanhebung genommen werden (Tades/Stabentheiner, ÖJZ 1994/1A, 14; Ostheim, WoBl 1993, 210; Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung, 76 u. 90).
Der Kern der Regelung des § 46a Abs 4 liege somit in der Gleichstellung der Hauptmietverträge über Geschäftsräumlichkeiten von juristischen Personen mit jenen von natürlichen Personen. Seit dem 3. WÄG könne gemäß § 46a Abs 2 spätestens nach dem Tod des Hauptmieters einer Geschäftsräumlichkeit (im Fall der Gesamtrechtsnachfolge) der Hauptmietzins angehoben werden (Der Erwerb eines Unternehmens zB auf Grund eines Vermächtnisses, somit durch Einzelrechtsnachfolge, erfüllte schon gemäß § 12 Abs 3 MRG aF den Tatbestand der Unternehmensveräußerung, der den Vermieter zur Anhebung des Hauptmietzinses berechtigte; Würth/Zingher, Miet- und WohnR19, Rz 23 zu § 12 MRG mwN).
Da juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften nicht eines natürlichen Todes stürben, sei grundsätzlich auf den Wechsel der Mehrheit jener Personen abzustellen, die auf die Gesellschaft einen entscheidenden Einfluß ausüben können und denen das günstige Mietrecht zugute komme.
Zwar stellten § 12a Abs 3 und § 46a Abs 4 ihrem Wortlaut nach auf die entscheidende Änderung bloß der Einflußmöglichkeiten ("Machtwechsel") ab und nicht darauf, wer den Vorteil aus dem günstigen Mietrecht erziele. Grünwald (Unternehmensveräußerung und Änderung der Einflußmöglichkeiten, JBl 1995, 273, 280 f) zeige mit zutreffender Begründung auf, daß diese Formulierung, die bloß auf die Änderung der Einflußmöglichkeiten abstelle, mißglückt sei.
Durch die Neuregelungen im § 12a und § 46a MRG sollte der Schutz des Vermieters davor, daß ein anderer und nicht er selbst den wirtschaftlichen Vorteil aus der Verwertung des künftigen Mietrechtes erzielt, ausgedehnt werden, "indem gesellschaftsrechtliche Gestaltungen, die eine Unternehmensveräußerung im engeren Sinn ersetzt und damit eine Mietzinserhöhung durch den Vermieter bisher ausgeschlossen haben, nunmehr durch eine generelle Regelung .... der Veräußerung eines Unternehmens durch eine natürliche Person gleichgestellt werden" (AB 10 f). Danach sei es dem Gesetzgeber in erster Linie um die wirtschaftliche Verwertung des Unternehmens und damit verbunden des Mietrechts und nicht so sehr um die Änderung des bestimmenden Einflusses in der Gesellschaft gegangen. Das im § 12a Abs 3 geregelte typische Beispiel für eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten, die Veräußerung der Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft, bedeute in der Regel auch eine Neuzuordnung der Herrschafts- und Vermögensrechte. Daher sei die Auffassung Grünwalds zutreffend, daß es sachgerecht sei, Vermögensrechte (Gewinn- und Verlustbeteiligung) zumindest gleichwertig bei der Umschreibung des gesetzlichen Tatbestandes zu berücksichtigen, weil es in Wahrheit über diese Vermögensrechte zur Verwertung des günstigen Mietrechts kommen könne. Daher seien § 12a Abs 3 (und damit auch § 46a Abs 4, der, was die Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten anlangt, auf § 12a Abs 3 verweise) teleologisch zu reduzieren: Nur jene Fälle einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten seien tatbestandsmäßig, die auch "mit einer entscheidenden Änderung der Vermögensverhältnisse in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einhergehen". Der Umgehungstatbestand des § 12a Abs 3 Satz 3 diene daher vor allem dazu, jene Fälle zu erfassen, in denen es ohne eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten durch eine Neuzuordnung der Vermögensrechte zu einer wirtschaftlichen Verwertung des günstigen Mietrechts gekommen sei.
Bei der für die Mietzinserhöhung entscheidenden Änderung der Vermögensverhältnisse sei darauf abzustellen, ob der wirtschaftliche Nutzen, den das billige Mietrecht repräsentiere, durch die jeweilige(n) Transaktion(en) nunmehr mehrheitlich anderen Personen zukommt (Grünwald, JBl 1995, 282; Schauer stelle hingegen allein auf die Änderung der Person desjenigen Gesellschafters ab, der einen bestimmenden Einfluß ausüben kann, GesRZ 1994, 15 ff u. RdW 1994, 170 ff; für Reich-Rohrwig komme es letztlich auf den Wechsel derjenigen Person an, die die wirtschaftliche Nutznießerin des günstigen Mietrechtes sei, Mietzinserhöhung, 64 ff).
§ 46a Abs 4 sei auf die Antragsgegnerin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, anwendbar, auch wenn sie in den gemieteten Geschäftsräumen kein Unternehmen betreibe.
Die österreichische Dentistenkammer sei als Körperschaft öffentlichen Rechts berufen, die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der österreichischen Dentisten wahrzunehmen und zu fördern, die Erfüllung der Berufspflichten zu überwachen und für die Wahrung der Standesehre zu sorgen. Ihr Aufgabenkreis sei in § 19 DentistenG gesetzlich umschrieben. Die Hauptversammlung, ein Organ der Dentistenkammer, setze sich aus den wahlberechtigten Mitgliedern der Dentistenkammer zusammen. Ihr Wirkungskreis sei im § 26 Abs 6 DentistenG beispielhaft umschrieben. Dazu gehöre die Festsetzung der Satzung, der Geschäfts- und Beitragsordnung (mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder, § 26 Abs 4 DentistenG), die Genehmigung des Jahresvoranschlages und des Rechnungsabschlusses sowie die Beschlußfassung über die Rahmenverträge mit Sozialversicherungsträgern. Gemäß § 23 Abs 1 DentistenG wählten die Mitglieder den Vorstand, dessen Mitglieder aus ihrer Mitte den Präsidenten (der die Dentistenkammer nach außen vertritt und die Geschäftsführung nach Maßgabe der Geschäftsordnung leitet, § 29 Abs 1
u. 2 DentistenG) sowie den Vizepräsidenten.
Die Dentistenkammer hebe gemäß § 32 Abs 2 DentistenG zur Bestreitung ihrer Auslagen von ihren Mitgliedern Beiträge ein.
Seit Inkrafttreten des DentistenG (BGBl 1949/90) könne die Genehmigung zur Niederlassung als selbständiger Dentist nur dem erteilt werden, der seine Ausbildung vor dem begonnen habe (§§ 3 f u. 5 Abs 1 Z 1 DentistenG).
Es sei daher evident, daß die Zahl der Mitglieder in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen habe. Selbst bei Ausscheiden von Gesellschaftern (Mitgliedern) ohne Beitritt neuer Gesellschafter (Mitglieder) könne es einerseits zu einer entscheidenden Änderung der Einflußmöglichkeiten (Tades/ Stabentheiner ÖJZ 1994/1A, 14; Schauer GesRZ 1994, 22 u. RdW 1994, 172 aE), andererseits zu einer Änderung der Vermögensverhältnisse kommen. Die entscheidende Änderung müsse gemäß § 46a Abs 4 Z 1 iVm § 12a Abs 3 nicht auf einmal eintreten.
Nach dem Vorbringen der Antragstellerin sei das Bestandobjekt zwischen 1935 und 1940 gemietet worden. Selbst wenn man in der Errichtung der Dentistenkammer mit dem DentistenG BGBl 1949/90 keine entscheidende Änderung der Einflußmöglichkeiten gegenüber ihrer Rechtsvorgängerin sehe (vgl § 36 Abs 2 DentistenG), so sei auch auf Grund des langen Zeitraumes ab Abschluß des Mietvertrages davon auszugehen, daß die Mitglieder nunmehr mehrheitlich andere Personen seien als im Jahr 1940.
Der Mehrheit der Mitglieder der Dentistenkammer komme - auch wenn ihr Aufgabenkreis gesetzlich grob umschrieben sei und sie der staatlichen Aufsicht unterliege - eine entscheidende Einflußmöglichkeit zu, bestimme sie doch (mit einfacher Mehrheit) die Vorstandsmitglieder, die aus ihrer Mitte einen Präsidenten wählen, und entscheide über die Genehmigung des Jahresvoranschlages und des Rechnungsabschlusses sowie über Rahmenverträge mit den Sozialversicherungsträgern.
Der Wechsel der Mehrheit der Mitglieder bewirke aber nicht nur eine entscheidende Änderung der Einflußmöglichkeiten, sondern auch eine Neuzuordnung des wirtschaftlichen Vorteils, den das billige Mietrecht verschaffe, weil dieser Vorteil mehrheitlich anderen Personen zukomme. Der Vorteil bestehe darin, daß die Auslagen der Dentistenkammer, welche von den Beiträgen der Mitglieder zu bestreiten seien (§ 32 Abs 2 DentistenG), wegen des billigen Mietrechtes geringer seien und dementsprechend von den Mitgliedern ein niedrigerer Beitrag zu bezahlen sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu grundsätzlichen Fragen der Anwendung des § 46a Abs 4 MRG fehle.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, den antragsabweisenden Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Die Antragstellerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die in § 46a MRG enthaltenen Regelungen betreffend den Hauptmietzins bei bestehenden Mietverträgen über Geschäftsräumlichkeiten stellen (s Überschrift des II.Hauptstückes: "Bestimmungen über bestehende Mietverträge und Übergangsregelung") eine teilweise Verknüpfung der in § 12a MRG mit dem Tatbestand der Veräußerung oder Verpachtung eines Unternehmens verbundenen Rechtsfolgen mit bestimmten, jeweils näher umschriebenen schon bestehenden Mietverträgen dar. So nimmt die in dieser Rechtssache entscheidungswesentliche Bestimmung des § 46a Abs 4 MRG ausdrücklich auf § 12a Abs 3 MRG in der Weise Bezug, daß Voraussetzung für die Anhebung des Mietzinses für die von einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft des Handelsrechtes gemietete Geschäftsräumlichkeit auf den sogenannten angemessenen Hauptmietzins in 15 Jahresschritten ua eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten im Sinne des § 12a Abs 3 MRG ist. Die Bestimmungen des § 12a Abs 3 MRG knüpfen die in § 12a Abs 2 MRG genannten Rechtsfolgen (= Recht des Vermieters auf Mietzinsanhebung), die primär nur mit einer Unternehmensveräußerung iSd § 12a Abs 1 MRG verbunden sind, auch an die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft des Handelsrechtes. § 12a Abs 3 MRG ist eine Erweiterung des in § 12a Abs 1 MRG, der seiner Vorläuferbestimmung - § 12 Abs 3 MRG idF vor dem
3. WÄG - entspricht, normierten Grundtatbestandes: Mietrechtsübergang und Recht des Vermieters auf Mietzinsanhebung im Falle einer Veräußerung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens zur Fortführung durch den Erwerber. Diese Erweiterung des in § 12a Abs 1 MRG (entsprechend der Vorläuferbestimmung) normierten Grundtatbestandes wurde vorgenommen, um rechtlichen Umgehungskonstruktionen (Veräußerung von Gesellschaftsanteilen statt Unternehmensveräußerung) zu begegnen (Würth/Zingher, WohnR'94, 32 Anm 7 zu § 12a MRG), wie sich auch aus der in § 12a Abs 3 letzter Satz MRG angeordneten Beweislastumkehr ergibt. Nach der zu § 12 Abs 3 aF MRG ergangenen Rechtsprechung wurde nämlich im bloßen Gesellschafterwechsel keine Unternehmensveräußerung gesehen und in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich ausgesprochen, daß niemand verpflichtet ist, eine für einen anderen (dort: den Vermieter) günstige Vorgangsweise zu wählen (WoBl 1992, 59/46; WBl 1992, 79/63). Im Gegensatz zu dieser Rechtsprechung sollte es durch die Neuregelung nunmehr dem Mieter nicht mehr freistehen, eine für ihn günstigere Rechtsform für die wirtschaftlich beabsichtigte Unternehmensveräußerung zu wählen (s Würth/Zingher, WohnR'95, 32 Anm 7 zu § 12a MRG).
Aus der Gesetzessystematik des § 12a MRG, die durch die dargestellte Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung bestätigt wird, folgt, daß die Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in einer juristischen Person oder in einer Personengesellschaft des Handelsrechts nur dann die Rechtsfolgen einer Unternehmensveräußerung (§ 12a Abs 1 und 2 MRG) und demgemäß auch die des Mietzinsanhebungsrechtes des Vermieters nach § 46a Abs 4 MRG nach sich zieht, wenn der Hauptmieter im Mietgegenstand ein veräußerbares Unternehmen betreibt. Mögen auch die von Gebietskörperschaften oder - wie hier - einer Körperschaft öffentlichen Rechtes gemieteten Räume (im Gegensatz zu Wohnungen) Geschäftsräume sein und mag auch die an sich dem ideellen Bereich zuzuordnende, von der Antragsgegnerin kraft Gesetzes wahrzunehmende Vertretung der Interessen ihrer (Pflicht)Mitglieder als unternehmerische Tätigkeit im weiteren Sinn angesehen werden können - dies soll hier nicht näher untersucht werden -, so betreibt doch die Antragsgegnerin kein Unternehmen, das veräußert werden könnte. Dieser Mangel schließt die Verwirklichung des in § 12a Abs 1 MRG geregelten Tatbestandes und damit auch diejenige des § 12a Abs 3 MRG, der bloß die Umgehung des § 12a Abs 1 MRG verhindern soll, aus. Ist aber die Verwirklichung des Grundtatbestandes (hier: § 12a MRG) ausgeschlossen, so scheidet auch die Verwirklichung desjenigen Tatbestandes aus, der bloß die teilweise Ausdehnung der Rechtsfolgen der Unternehmensveräußerung auf bestimmte Fälle bestehender Mietverträge ohne Unternehmensveräußerung zum Gegenstand hat (hier: § 46a Abs 4 MRG).
Hat der Gesetzgeber das Recht des Vermieters auf Anhebung des Hauptmietzinses an die Unternehmensveräußerung oder an einen davon abgeleiteten Tatbestand geknüpft, so steht es dem Rechtsanwender nicht zu, diese Rechtsfolge auch mit anderen Sachverhalten zu verbinden, selbst wenn dies auf Grundlage bestimmter Wertungen, die aber letztlich im Gesetz keinen Niederschlag gefunden haben, für angebracht zu halten wäre, wie es zT in der Literatur (s Ausführungen des Rekursgerichtes) vertreten wird. Es darf nämlich nicht eines von mehreren Motiven des Gesetzes herangezogen, zum Gesetzesziel (schlechthin) gemacht und mit Hilfe von Analogie und teleologischer Reduktion durchgesetzt werden (vgl Würth in WoBl 1995, 73 [77]). Gerade im Bereich des Bestandrechtes ist diesbezüglich äußerste Vorsicht geboten, weil es im Zuge des Gesetzgebungsprozesses immer wieder zu Kompromissen zwischen Mieter- und Vermietervertretern kommt, die von unterschiedlichen Wertvorstellungen ausgehen und die nur unvollständig, noch dazu oft in verschiedenen Teilen des Gesetzes in Form eines Interessenausgleiches ihren Niederschlag finden (vgl Würth in WoBl 1990, 33 [34]; WoBl 1992, 79/63). Der Oberste Gerichtshof vermag daher den Erwägungen des Rekursgerichtes nicht zu folgen.
Es war daher der antragsabweisende Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm den §§ 40, 41 und 50 ZPO. Ein Zuspruch der für den Revisionsrekurs allein verzeichneten Rechtsanwaltskosten kommt mangels Erfüllung der hiefür in § 37 Abs 3 Z 19 MRG normierten Voraussetzungen nicht in Betracht.