OGH vom 23.05.2005, 3Ob113/05x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder und Dr. Josef Strasser, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, wider die verpflichtete Partei Daniela T*****, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, wegen 60.000 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , GZ 22 R 27/05k-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom , GZ 12 E 5503/04x-2, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden als weitere Exekutionskosten mit 1.818,72 EUR (darin 303,12 EUR Umsatzsteuer) bestimmt.
Text
Begründung:
Eine Bank erwirkte gegen die nunmehr Verpflichtete ein Versäumungsurteil, mit dem Letztere zur ungeteilten Hand mit anderen Personen zur Zahlung von 1,122.118,50 S sA und der Prozesskosten von 50.636,22 S verurteilt wurde.
Die nunmehr betreibende Partei, infolge Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der Titelgläubigerin, beantragte zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 60.000 EUR sA die Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294 EO durch Pfändung und Überweisung der Forderung der Verpflichteten aus einem Wertpapierkonto gegen die betreibende Partei. Dazu brachte sie unter Punkt 10 und 11 des formatierten Antrags vor:
„Forderung aus Wertpapierkonto gemäß dem Wertpapierplanbuch mit Bezeichnung CI-EURO-Government-BD, Kontonummer ..., lautend auf Frau ... [Verpflichtete] im Betrag von 52.000 EUR. Das Wertpapierplanbuch befindet sich bereits in der Gewahrsame der Drittschuldnerin bzw. der Filiale in ... . Es ist eine Pfändung des Buches nicht erforderlich, sondern nur die Übertragung der Rechte aus dem Wertpapierplanbuch."
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.
Das Gericht zweiter Instanz änderte über Rekurs der Verpflichteten diese Entscheidung dahin ab, dass es den Exekutionsantrag abwies.
Wie sich aus dem offenen [richtig] Firmenbuch ergebe, sei die betreibende Partei Rechtsnachfolgerin der Titelgläubigerin und daher zur Exekutionsführung legitimiert.
Allerdings könnten die behauptete Forderung bzw. die der Verpflichteten zustehenden Rechte nicht nach § 294 EO gepfändet werden. Zwar seien auch Forderungen gegenüber Kreditinstituten aus und im Zusammenhang mit Sparkonten nach dieser Norm zu pfänden. Anderes gelte aber nach § 296 EO für Forderungen aus indossablen Papieren sowie solchen, deren Geltendmachung sonst an den Besitz des über die Forderung errichteten Papiers gebunden ist. Bei diesen sei die Pfändung der verbrieften Forderung nur durch Wegnahme des Papiers und Hinterlegung bei Gericht zulässig. Das könnten Inhaber-, Order-, Rekta- oder qualifizierte Legitimationspapiere sein, nicht dagegen bloße Legitimationspapiere und reine Beweisurkunden.
Aus dem Vorbringen der betreibenden Bank ergebe sich, dass der Verpflichteten „offensichtlich" nicht eine Geldforderung aus einer Kontobeziehung zur Erstgenannten zustehe, sondern Rechte aus einem Wertpapierplanbuch. Da Rechte aus diesem übertragen (überwiesen) werden sollten, sei die Geltendmachung der behaupteten Forderung „offenbar" an den Besitz des über die Forderung errichteten Papiers gebunden. Somit sei der unschlüssige und auch keiner Verbesserung zu unterziehende Antrag abzuweisen.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil eine höchstgerichtliche Entscheidung zur Exekution von Forderungen aus Wertpapierplanbüchern nicht auffindbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig und berechtigt.
Die Zulässigkeit ergibt sich schon daraus, dass es bisher noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Frage gibt, wie bei Zweifeln über die Qualifikation einer Forderung (nach § 296 oder § 294 EO) vorzugehen ist.
Wie sich aus den Ausführungen der zweiten Instanz ableiten lässt, vertritt diese die Auffassung (arg. „offenbar"), im Zweifel müsse das Vorliegen eines Wertpapiers iSd § 296 EO angenommen und demzufolge ein nach § 294 EO gestellter Exekutionsantrag abgewiesen werden.
Dem ist nicht zu folgen. Völlig zutreffend hat das Rekursgericht die Voraussetzungen der Anwendung des § 296 EO dargestellt (s jüngst 1 Ob 190/04d mwN). Davon, dass nach den für die Exekutionsbewilligung maßgebenden Behauptungen im Antrag (RIS-Justiz RS0000031; Jakusch in Angst, EO § 3 Rz 15, 19; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 3 Rz 5, 15 je mwN) im Exekutionsantrag eine Spareinlage iSd §§ 31, 32 BWG vorläge, ging dieses Gericht offenbar ohnehin nicht aus. Es konnte aber auch keine andere Norm anführen, aus der hervorginge, dass es sich bei einem „Wertpapierplanbuch" um ein indossables Wertpapier oder eine Forderung handeln würde, deren Geltendmachung an den Besitz des Papiers gebunden wäre. Eine solch gesetzliche Regelung ist auch nicht ersichtlich.
Entgegen der Ansicht der zweiten Instanz ergibt sich jedoch aus dem im einseitigen Bewilligungsgverfahren die alleinige Grundlage der Entscheidung bildenden Vorbringen der betreibenden Partei - ohne dass es zu dieser Beurteilung auf die weitgehend dem Neuerungsverbot zuwiderlaufenden Ausführungen im Revisionsrekurs zum Rechtscharakter der zu pfänden beantragten Forderung ankäme - keineswegs, dass „offenbar" eine § 296 EO unterliegende Forderung vorliege. Dafür reicht bei der eindeutig begehrten Forderungsexekution mittels „Zweitverbots" (zu diesem siehe 3 Ob 191/94 = JBl 1996, 260 = RZ 1996/20 = RpflE 1996/16; Zechner, Forderungsexekution 216 f) der möglicherweise in Richtung § 296 EO deutbare Halbsatz über die Übertragung der Rechte aus dem Wertpapierplanbuch nicht aus. Daraus kann nicht gefolgert werden, die betreibende Partei behaupte das Vorliegen eines nur durch Wegnahme pfändbaren Wertpapiers. Es liegt der Fall ähnlich jenen, in denen der Oberste Gerichtshof schon wiederholt entschied, dass der Exekutionsantrag nur abzuweisen sei, wenn sich aus ihm selbst oder sonst aus den Akten des Bewilligungsgerichts das Nichtbestehen des Exekutionsobjekts ergebe (3 Ob 170/03a = RpflE 2003/117 mwN; RIS-Justiz RS0000085 T 2).
Sind somit - bis zur eindeutigen Widerlegung - die Angaben im Exekutionsantrag maßgebend, ist im Falle von Unklarheiten darüber, ob ein Wertpapier iSd § 296 EO in Exekution gezogen wird - soweit nicht ein Verbesserungsversuch Abhilfe schafft - die beantragte Exekution nach § 294 EO zu bewilligen, außer es stünde die Qualifikation der angeblichen Forderung des Verpflichteten als eine solche nach § 296 EO eindeutig fest.
Nach der zutreffenden, schon vom Rekursgericht zitierten herrschenden Lehre (Zechner aaO 257 mwN; Oberhammer in Angst, EO § 296 Rz 1; vgl auch Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 296, 297 Rz 6 und 21) bleibt ja die Erlassung eines Zahlungs- und Leistungsverbots nach § 294 EO bei Wertpapieren iSd § 294 EO ohne Wirkung (ebenso wie wenn die Forderung gar nicht bestünde: stRsp, zuletzt 3 Ob 309/04v mwN), weshalb unrichtige Angaben zur Forderung, die zur Wahl des falschen Exekutionsmittels führen, ohnehin zu Lasten der betreibenden Partei gehen.
Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung.
Die Kostenentscheidungen im Rechtsmittelverfahren beruhen auf § 78 EO iVm §§ 50, 40, 41 ZPO.