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OGH vom 08.10.1996, 5Ob2325/96i

OGH vom 08.10.1996, 5Ob2325/96i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Hans Jürgen B*****, 2. Elfriede B*****, beide vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Eintragung eines Wohnrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches 01657 *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , AZ 46 R 771/96i, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom , TZ 2514/96, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Ob der Liegenschaft EZ ***** GB 01657 ***** ist im Gutsbestandsblatt das Assanierungsgebiet gemäß Verordnung vom , LGBlW 22, ersichtlich gemacht.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch der Antragsteller, aufgrund des beglaubigt unterfertigten Vertrages zur Einräumung eines Wohnrechts vom und des Staatsbürgerschaftsnachweises der Zweitantragstellerin ob der dem Erstantragsteller zur Gänze gehörenden Liegenschaft EZ ***** GB 01657 ***** die Eintragung eines Wohnrechtes an der Wohnung Nr. 8 zugunsten der Zweitantragstellerin zu bewilligen, ab. Es begründete seine Entscheidung damit, daß gemäß § 9 Abs 3 StadtErnG Rechtsgeschäfte, die zwischen Ehegatten abgeschlossen wurden, nicht genehmigungspflichtig seien. Nach § 31 Abs 3 leg cit dürften solche Verträge nur durchgeführt werden, wenn eine Bescheinigung der zuständigen Behörde vorgelegt werde. Dem Gesuch sei eine solche Urkunde nicht angeschlossen gewesen. Ein weiterer Abweisungsgrund bestehe darin, daß die Einschreiter die "Eintragung eines Wohnrechts" anstatt gemäß § 8 GBG die "Einverleibung des Wohnrechts" begehrt hätten. Überdies sei die Anschrift des Berechtigten nur beim Eigentümer im B-Blatt ersichtlich zu machen (§ 12 Abs 4 GUG). Das Gesuch entspreche daher auch nicht der Vorschrift des § 85 Abs 2 GBG.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs im Hinblick auf die klare Sach- und Rechtslage für nicht zulässig. Es führte im wesentlichen folgendes aus:

Dem Erstgericht sei einzuräumen, daß das Grundbuchsgesetz in § 8 die grundbücherlichen Eintragungen in Einverleibung, Vormerkungen und Anmerkungen unterscheide, doch sei gemäß § 12 Abs 1 GUG in Grundbuchseintragungen die Bezeichnung der Eintragung als Einverleibung, Anmerkung oder Ersichtlichmachung nicht (mehr) anzugeben; insoweit sei § 103 Abs 1 GBG derogiert worden, welcher vorgesehen habe, daß jede Eintragung auch die Bezeichnung ihrer Art zu entthalten habe. Gemäß § 98 GBG seien im Bewilligungsbeschluß die einzelnen Rechte mit den in das Hauptbuch einzutragenden Worten anzuführen, zu denen nach den obigen Ausführungen die Eintragungsart im Fall der Einverleibung nicht mehr gehöre (EvBl 1993/73). Wenn die Gesuchssteller daher die Bewilligung der "Eintragung eines Wohnrechtes" beantragt haben, entspreche dies der durch das GUG geschaffenen neuen Rechtslage. Zutreffend habe das Erstgericht jedoch darauf verwiesen, daß nur bei der Eintragung des Eigentümers und des Bauberechtigten auch deren Anschrift ersichtlich zu machen sei (§ 12 Abs 4 GUG). Beim Gesuch um Einverleibung des Wohnrechtes habe hingegen die Anführung der Anschrift der Berechtigten in der Eintragung - entgegen der Formulierung im Beschlußentwurf - zu entfallen.

Hieraus sei für die Rekurswerber jedoch nichts zu gewinnen, weil der vom Erstgericht herangezogene weitere Abweisungsgrund gegeben sei. Die Rekurswerber würden übersehen, daß das vorliegende Rechtsgeschäft über die Einräumung eines Wohnrechtes nach den Bestimmungen des Stadterneuerungsgesetzes ohnehin nicht genehmigungspflichtig sei. Gemäß § 9 Abs 3 StadtErnG seien ua Rechtsgeschäfte, die zwischen Ehegatten abgeschlossen werden, nicht genehmigungspflichtig. Nach dem Inhalt des Vertrages zur Einräumung eines Wohnrechtes, Beilage ./A, räume der Erstantragsteller als bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft seiner Frau, der Zweitantragstellerin, auf Lebenszeit ein unbeschränktes unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung top Nr. 8 ein. Ein derartiges, zwischen Ehegatten abgeschlossenes Rechtsgeschäft bedürfe schon nach der zitierten Gesetzestelle keiner Genehmigung durch die zuständige Behörde. Sei aber ein Rechtsgeschäft gemäß § 9 Abs 3 leg cit nicht genehmigungspflichtig, so habe die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 31 Abs 1 letzter Satz leg cit dies dem Verkäufer über Antrag zu bescheinigen. Diese Besttimmung sei nicht nur auf Kaufverträge, sondern sinngemäß auch auf alle Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten, so auch auf Verträge zur Einräumung eines Wohnrechtes, anzuwenden. Gemäß § 31 Abs 3 Z 2 leg cit dürften Verträge über Rechtsgeschäfte gemäß § 9 grundbücherlich nur durchgeführt werden, wenn eine Bescheinigung gemäß Abs 1 letzter Satz vorliege. Zufolge der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 31 Abs 3 leg cit habe das Erstgericht sohin mit Recht mangels Vorlage der entsprechenden Bescheinigung der Bezirksverwaltungsbehörde das Grundbuchsgesuch abgewiesen. In die Prüfung, ob das vorliegende Rechtsgeschäft als Einräumung eines Fruchtgenußrechtes oder als Einräumung eines bloßen Wohnrechtes zu beurteilen sei, brauche aus diesen Gründen nicht eingetreten werden.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die begehrte Eintragung zu bewilligen.

Der Revisionsrekurs ist mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Einräumung eines Wohnrechtes unter die in § 9 (Abs 2) StadtErnG genannten Rechtsgeschäfte fällt, zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerber machen im wesentlichen geltend, eine Bescheinigung, daß das Rechtsgeschäft nicht bewilligungspflichtig sei, setze begrifflich voraus, daß das Rechtsgeschäft überhaupt unter den Katalog des § 9 Abs 2 StadtErnG falle. Bei einem Wohnrecht sei im Zweifel bloße Gebrauchsüberlassung anzunehmen. Ein Wohnrecht in Form einer Gebrauchsüberlassung, wie es im vorliegenden Fall eingeräumt worden sei, werde in § 9 Abs 2 leg cit nicht ausdrücklich erwähnt. Durch die Einräumung eines Wohnrechts zum eigenen Gebrauch könne der vom Gesetzgeber nicht gewünschte Spekulationseffekt nicht erzielt werden. Eine Lücke, die durch analoge Anwendung des § 9 Abs 2 leg cit zu füllen wäre, liege daher nicht vor. Sei aber die Einräumung eines Wohnrechtes zum eigenen Gebrauch nicht bewilligungspflichtig, so bestehe auch keine Pflicht zur Erbringung einer Bescheinigung, daß das einzelne Rechtsgeschäft nicht der Bewilligungspflicht unterliege.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs 2 StadtErnG bedarf die Übertragung des Eigentums, die Einräumung eines Baurechtes und eines Fruchtnießungsrechtes durch Rechtsgeschäft unter Lebenden einer Genehmigung nach dieser Gesetzesstelle. Gemäß § 9 Abs 3 leg cit sind nicht genehmigungspflichtig ua Rechtsgeschäfte, die zwischen Ehegatten abgeschlossen werden. Gemäß § 31 Abs 1 letzter Satz leg cit hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn ein Rechtsgeschäft gemäß § 9 Abs 3 nicht genehmigungspflichtig ist, dies dem Verkäufer über Antrag zu bescheinigen. Gemäß § 31 Abs 3 leg cit dürfen Verträge über Rechtsgeschäfte gemäß § 9 grundbücherlich nur durchgeführt werden, wenn 1. ein rechtskräftiger Bescheid über die Genehmigung des Rechtsgeschäftes, oder 2. eine Bescheinigung gemäß Abs 1 letzter Satz, oder 3. ein rechtskräftiger Bescheid im Sinne des § 29 Abs 2 oder im Sinne des § 2 Abs 2 vorliegt.

§ 9 Abs 2 leg cit normiert also, welche Rechtsgeschäfte grundsätzlich genehmigungsbedürftig sind. In § 9 Abs 3 leg cit ist geregelt, wann solche Rechtsgeschäfte ausnahmsweise nicht genehmigungspflichtig sind. Die Rechtsmittelwerber haben daher richtig erkannt, daß die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 31 Abs 1 letzter Satz leg cit, ein Rechtsgeschäft sei gemäß § 9 Abs 3 nicht genehmigungspflichtig, voraussetzt, daß es sich überhaupt um ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 9 Abs 2 leg cit handelt. Die Frage, ob das vorliegende Rechtsgeschäft als - in § 9 Abs 2 leg cit genannte - Einräumung eines Fruchtgenußrechtes zu beurteilen ist, kann daher entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht auf sich beruhen.

Die Dienstbarkeit der Wohnung gemäß § 521 ABGB ist eine besondere Art entweder des Gebrauchsrechtes oder des Fruchtgenusses, je nachdem, ob Wohnräume nur zum persönlichen Bedarf oder ohne diese Einschränkung benützt werden dürfen (Petrasch in Rummel2 § 521 ABGB Rz 1; SZ 56/147; SZ 60/86; NZ 1993, 19 mwN). Ob ein Gebrauchsrecht oder eine Fruchtnießung der Wohnung vorliegt, ist eine Frage der Auslegung des Erwerbstitels; im Zweifel ist - bei Überlassung einer einzelnen Wohnung - ein bloßes Gebrauchsrecht anzunehmen (Petrasch aaO; SZ 57/155 = MietSlg 36/35 mwN).

Die dem Grundbuchsgericht hier vorgelegte Urkunde stellt nicht klar, welche Ausgestaltung des Wohnrechts die Parteien vereinbart haben (vgl SZ 60/86; NZ 1993, 19). Eine Einschränkung auf den persönlichen Bedarf der Zweitantragstellerin wurde nicht vorgenommen. Aus dem Umstand, daß die Wohnung derzeit als gemeinsame Ehewohnung der Antragsteller genützt wird, ergibt sich eine solche Einschränkung nicht zwingend. Gerade in dem im Rechtsmittel genannten Fall eines vorzeitigen Ablebens des Erstantragstellers versteht sich dies nicht von selbst. Ein Wohnungsgebrauchsrecht wäre nur dann "im Zweifel" anzunehmen, wenn die Zweifel auch nach Erforschung des Parteiwillens bestünden. Im Grundbuchsverfahren kommt etwa eine Vernehmung der Vertragspartner über ihre Absichten aber nicht in Frage. Nach der für das Grundbuchsgericht maßgeblichen Urkundenlage kann nun nicht ausgeschlossen werden, daß es sich beim der Zweitantragstellerin eingeräumten Wohnrecht um einen Fruchtgenuß handelt.

Damit fällt das Rechtsgeschäft aber als - mögliche - Einräumung eines Fruchtnießungsrechtes unter § 9 Abs 2 StadtErnG, weshalb es für die grundbücherliche Durchführung hier gemäß § 31 Abs 3 Z 2 leg cit einer Bescheinigung gemäß § 31 Abs 1 letzter Satz iVm § 9 Abs 3 leg cit bedurfte, wie die Vorinstanzen im Ergebnis richtig erkannt haben.

Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.