OGH vom 26.06.2007, 1Ob118/07w

OGH vom 26.06.2007, 1Ob118/07w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****-Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch die Rechtsanwälte Kreuzberger-Stranimaier-Köstner OEG in Bischofshofen, gegen die beklagte Partei E***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 36.245,27 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 2/07p-45, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 9 Cg 211/02h-37, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 24.000,-- samt 6 % Zinsen seit zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten."

Im Übrigen wird der angefochtene Aufhebungsbeschluss bestätigt. Die auf den bestätigenden Teil dieser Entscheidung entfallenden Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist als Handelsvertreterin im Textilgroßhandel tätig. Im Frühjahr 2000 vereinbarte sie mit einer deutschen AG, Kaufverträge über Sportbekleidung einer bestimmten Marke zu vermitteln. Dabei wurde festgelegt, dass die Ware nicht von der AG, sondern durch deren österreichische Tochtergesellschaft, die Beklagte, an österreichische Einzelhändler verkauft werden solle. Die Klägerin verkaufte die Ware daher namens der Beklagten, die (österreichischen) Kunden erhielten von der Beklagten ausgestellte Rechnungen, und die Klägerin verrechnete ihre Provisionen der Beklagten. Da die Beklagte über kein eigenes Personal verfügte, erfolgten die Warenauslieferung und die Bürotätigkeit (Fakturierung, Bearbeitung der Provisionsrechnungen der Klägerin) durch die AG. Diese Form der Geschäftsabwicklung wurde bis zum Konkurs der AG Anfang Februar 2002 gehandhabt. Ab diesem Zeitpunkt betrieb die Beklagte keinerlei Geschäftstätigkeit mehr. Weder dieser noch der AG verblieben Vorteile aus den Geschäftsbeziehungen zu den von der Klägerin zugeführten Kunden. Der Insolvenzverwalter der AG erzielte für den Verkauf „des Kundenstocks" an eine deutsche Gesellschaft kein wesentliches Entgelt für die Masse. Nach der Konkurseröffnung übernahm eine andere deutsche GmbH die Auslieferung der Ware an die Kunden. Sie wies die Klägerin an, ihre Provisionsrechnungen nunmehr an sie und nicht mehr an die Beklagte zu richten. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nach und erhielt ihre Provisionen für Februar und März 2002 auch bezahlt, dann jedoch nicht mehr, nachdem sich eine - bereits erwähnte - deutsche Gesellschaft unmittelbar nach Konkurseröffnung mit dem Insolvenzverwalter der AG darauf geeinigt hatte, deren „weltweite Markenrechte, alle offenen Aufträge und das gesamte Warenlager" zu kaufen. Da die deutsche GmbH die von der Klägerin im Herbst 2001 vermittelten Verträge ab Februar 2002 nicht problemlos erfüllen konnte und sich die österreichischen Kunden bei der Klägerin über die Lieferschwierigkeiten beschwerten, kündigte diese die Vertragsbeziehungen mit einem an den Verkaufsleiter der deutschen GmbH unter deren Geschäftsadresse gerichteten Schreiben vom zum auf. Die Klägerin verrechnete ihre Provisionen für Umsätze (= Lieferungen) in den Monaten April, Mai und Juni 2002 sowie für die erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der AG akquirierte Winterware 2002/2003 vorerst an die deutsche GmbH und erst später an die Beklagte, nachdem die deutsche GmbH die Zahlung abgelehnt hatte.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten insgesamt EUR 36.245,27 samt Zinsen. Ein Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG 1993 in Höhe von EUR 24.000,-- stehe ihr deshalb zu, weil sie das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund aufgekündigt habe. Der Anspruch bestehe ungeachtet konkreter Vorteile der Beklagten aus den zugeführten Kunden schon deshalb, weil die Beklagte offenkundig im Zusammenwirken mit der in Insolvenz befindlichen AG die Kundenadressen und laufenden Aufträge als wesentliche Vermögenswerte an Dritte transferiert habe, um dadurch die Ansprüche der Klägerin zu schmälern. Darüber hinaus seien Provisionsansprüche in Höhe von EUR 12.245,27 für die Monate April bis Juni 2002 sowie für die Winterware 2002/2003 offen. Vertragspartnerin der Klägerin sei ausschließlich die Beklagte gewesen, der sie die Aufträge vermittelt habe.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, sie habe seit Jahresende 2001, insbesondere wegen der Insolvenz ihrer Muttergesellschaft, keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfaltet. Der Masseverwalter der AG habe deren Aktiva einschließlich aller vorliegenden Aufträge veräußert. Diese Aufträge seien sodann von der Käuferin der Konkursmasse oder einer weiteren Gesellschaft bearbeitet worden. Der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters entstehe erst mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts, und zwar nachdem der Unternehmer das Geschäft ausgeführt und der Kunde bezahlt habe. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte weder die Geschäfte ausgeführt, noch Zahlungen seitens der Kunden erhalten. Der Beklagten lägen auch gar keine Provisionsabrechnungen vor, weshalb auch die Höhe der geforderten Provisionen bestritten werde und Fälligkeit nicht eingetreten sei. Da die Beklagte ihre Tätigkeit zur Gänze eingestellt habe und ihre Liquidation beabsichtigt sei, fehle es an weiterbestehenden Vorteilen im Sinn des § 24 Abs 1 Z 2 HVertrG, sodass schon deshalb ein Ausgleichsanspruch nicht bestehen könne. Die Klägerin habe zu diesem Anspruch im Übrigen auch kein ausreichendes und schlüssiges Vorbringen erstattet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Vorerst habe ein Rechtsverhältnis der Klägerin nur zu der AG bestanden, das nach Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen durch ein neues Vertragsverhältnis zur deutschen GmbH ersetzt worden sei. Die Klägerin sei ab Konkurseröffnung als Handelsvertreterin für diese deutsche GmbH tätig geworden, nachdem die Warenlieferungen erst nach der Konkurseröffnung erfolgt seien und nichts mit der Geschäftstätigkeit der AG bzw der Beklagten zu tun hätten. Ein Ausgleichsanspruch bestehe mangels beim Unternehmer verbliebener Vorteile nicht. Sowohl die AG als auch die Beklagte hätten ihre Geschäftstätigkeit mit der Konkurseröffnung beendet; einen Rechtsnachfolger gebe es nicht.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Ausgehend von den nach Beweiswiederholung teilweise ergänzten bzw abgeänderten Tatsachenfeststellungen sei kein Vertragsverhältnis mit der AG, sondern vielmehr ein Handelsvertretervertrag zwischen den Streitteilen zustandegekommen. Ein Scheingeschäft liege nicht vor; vielmehr sei diese Vertragsgestaltung von den Parteien effektiv gewollt worden und habe wahrscheinlich zollrechtliche, steuerliche und/oder finanztechnische Gründe gehabt. Die Beklagte sei für alle Kaufabschlüsse provisionspflichtig, die ihr seitens der Klägerin während aufrechter Vertragsbeziehung - also jedenfalls bis zum Konkurs der AG - vermittelt worden seien. Ob diese Bestellungen dann auch noch von ihr ausgeführt wurden, sei hingegen für einen Provisionsanspruch nicht ausschlaggebend. Dem Handelsvertreter gebühre die Provision auch dann, wenn der Unternehmer (aus von ihm zu vertretenden Gründen) von der Ausführung des Geschäfts Abstand nimmt oder zB die Ausführung jemand anderem überlässt. Dass die Beklagte es zugelassen habe, dass die für sie akquirierten Aufträge von der deutschen GmbH ausgeführt wurden, ändere grundsätzlich nichts an ihrer Provisionszahlungspflicht. Es sei nicht einmal behauptet worden, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt alle Rechte und Pflichten der Beklagten aus dem Handelsvertretervertrag mit der Klägerin auf diese deutsche GmbH überbunden worden wären. Im fortzusetzenden Verfahren werde daher mit den Parteien zu erörtern und festzustellen sein, ob bzw inwieweit die den eingeklagten Provisionen zugrundeliegenden Aufträge von der Klägerin noch während aufrechter Vertragsbeziehung der Streitteile zustandegebracht wurden. Der Einwand, allfällige Provisionsansprüche seien mangels Abrechnung nicht fällig, sei nicht stichhaltig. Zum einen seien die Abrechnungen dem Beklagtenvertreter im September 2003 zwecks Weiterleitung an die Beklagte übermittelt worden, zum anderen erscheine dem Berufungsgericht die zum Werkvertrag entwickelte Rechtsprechung, wonach der auf fehlende oder mangelhafte Rechnungslegung gegründete Einwand der mangelnden Fälligkeit unbeachtlich werde, wenn die Rechnungsmängel im Zuge des über die Forderung geführten Rechtsstreits behoben werden, auch auf die Abrechnung von Provisionsansprüchen anwendbar, weshalb eine im Rahmen des Prozesses vorgenommene Abrechnung genüge. Grundvoraussetzung für einen Ausgleichsanspruch sei gemäß § 24 HVertrG eine Beendigung des Vertragsverhältnisses. Diese Voraussetzung sei nach dem beiderseitigen Prozessvorbringen erfüllt, wobei im fortgesetzten Verfahren zu klären und zu entscheiden sein werde, wann und wie der Vertrag tatsächlich aufgelöst worden ist. Dem Einwand der Beklagten, bereits angesichts der Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit fehle es an verbleibenden Vorteilen, könne nicht gefolgt werden, weil es nach der Regelung des § 24 Abs 1 Z 2 HVertrG darauf ankomme, ob der Unternehmer auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile „ziehen kann", womit es nicht auf tatsächlich erzielte, sondern auch auf potentiell erzielbare Vorteile des Geschäftsherrn ankomme. Dementsprechend schließe zB die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unternehmers nicht schlechthin aus, dass er auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile aus dem Kundenstock ziehen könne. Es werde auch die Rechtsmeinung vertreten, eine Betriebs- oder Produktionseinstellung stehe einem Ausgleichsanspruch nicht grundsätzlich entgegen, wenn der Unternehmer eine solche Konstellation ohne unternehmenspolitisch gerechtfertigten Grund herbeigeführt habe. Die Beklagte müsste im Sinne der sie in diesem Punkt treffenden Behauptungs- und Beweislast darlegen, dass die Betriebseinstellung weder willkürlich noch unvernünftig gewesen, sondern aus sachlichen Gründen erfolgt und es trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich gewesen sei, den Kundenstamm zu verwerten und auf diese Weise erhebliche Vorteile daraus zu ziehen. Die derzeitige Aktenlage vermittle eher den Eindruck, dass die Beklagte gar nichts in Richtung einer lukrativen Verwertung ihres Kundenstamms unternommen, sondern es tatenlos zugelassen habe, dass sich andere Gesellschaften diesen Kundenstamm zunutze gemacht hätten. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Judikatur zu den Rechtsfragen existiere, ob die Rechtsprechung betreffend das Fälligwerden des Werklohns durch Abrechnung (erst) im Prozess auch auf Provisionsforderungen übertragen werden kann sowie inwiefern eine Betriebseinstellung die Anspruchsvoraussetzungen des § 24 Abs 1 Z 2 HVertrG beseitige.

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin ist das Berufungsgericht zutreffend vom Zustandekommen eines Handelsvertretervertrags zwischen den Streitteilen ausgegangen. Dazu ist vorerst auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen, die vom erkennenden Senat gebilligt werden. Es war ersichtlich von den Beteiligten gewollt, dass die Beklagte die bei der AG bezogenen Waren in Österreich im eigenen Namen verkauft und sich dabei der Klägerin als Vermittlerin bedient. Die vorgesehene Abwicklung funktionierte nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen auch so lange ohne Probleme, bis die AG in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Auch wenn die Rekurswerberin darauf verweist, dass der gewählten rechtlichen Konstruktion „allenfalls steuerliche Gründe" zugrundelagen, so ist nicht erkennbar, warum eine von sämtlichen Beteiligten tatsächlich gewollte Abwicklung als Scheingeschäft qualifiziert werden sollte. Maßgeblich ist, dass den Vertretern der Klägerin vor dem Zustandekommen des Vertrags bekannt gegeben wurde, dass der Verkauf der von der AG produzierten Waren in Österreich durch die Beklagte erfolgen und die Klägerin für diese als Handelsvertreterin tätig sein sollte. Dass die Organe der Beklagten mit dem Vertragsabschluss nicht einverstanden gewesen wären, wurde nie behauptet. Abgesehen davon, dass der Begriff der „Briefkastenfirma" keinen nachvollziehbaren rechtlichen Gehalt hat, kommt es angesichts der vertraglichen Abreden der Beteiligten nicht darauf an, ob die Beklagte für ihre Geschäftstätigkeit über eigenes Personal verfügte oder ob ihr dieses von ihrer Muttergesellschaft zur Verfügung gestellt wurde. Zweifellos ist daher ein Handelsvertretervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zustandegekommen, der auch einige Zeit lang klaglos abgewickelt wurde.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann der geltend gemachte Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG daher nicht mit dem Argument abgelehnt werden, die Beklagte sei nicht Vertragspartnerin der Klägerin geworden. Das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs setzt aber unter anderem voraus, dass zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus den vom Handelsvertreter neu begründeten oder intensivierten Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann. An sich richtig hat das Berufungsgericht auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs verwiesen, nach der den Unternehmer die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass die ihm durch den Handelsvertreter geschaffenen Verdienstchancen im Einzelfall über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus keinen Bestand haben oder haben werden (RIS-Justiz RS0106003). Dieser Beweis ist der Beklagten jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gelungen. Die Klägerin behauptete, der Handelsvertretervertrag sei mit beendet worden. Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte seit Eröffnung des Konkurses über ihre Muttergesellschaft, die AG, im Februar 2002 keinerlei Tätigkeit mehr ausgeführt. Der Insolvenzverwalter der AG hat unmittelbar nach Konkurseröffnung deren weltweite Markenrechte, alle „offenen Aufträge" und das gesamte Warenlager an eine deutsche Gesellschaft verkauft und eine andere deutsche GmbH hat die Belieferung der von der Klägerin akquirierten bzw betreuten Kunden übernommen. Hatte nun aber die Beklagte als Unternehmerin zum Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrags gar keine vernünftige Möglichkeit mehr, die von ihr bisher vertriebenen Waren zu beschaffen und stellte sie aus diesem Grunde bereits einige Monate vorher ihre Geschäftstätigkeit vollständig ein, kann davon, dass im Sinne des § 24 Abs 1 Z 2 HVertrG zu erwarten wäre, dass der Unternehmer aus den Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen könnte, keine Rede sein. Ob die Klägerin gegenüber der deutschen GmbH, die den Vertrieb der betreffenden Ware in der Folge übernommen hat, oder allenfalls gegen die Konkursmasse der AG Ansprüche erheben könnte, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Da somit das Nichtbestehen eines Ausgleichsanspruchs gegen die Beklagte bereits abschließend beurteilt werden kann, ist insoweit in Stattgebung des Rekurses die erstgerichtliche abweisende Entscheidung - als Teilurteil - wiederherzustellen.

Ausgehend von einem Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen ist der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu folgen, dass die Beklagte an sich für alle Kaufabschlüsse provisionspflichtig ist, die ihr von der Klägerin während aufrechter Vertragsbeziehung vermittelt wurden. Die unterlassene Ausführung der vermittelten Verträge ist gemäß § 9 Abs 1 Z 2 HVertrG ohne Bedeutung, weil danach der Anspruch auf Provision entsteht, wenn der Unternehmer nach dem Vertrag mit dem Dritten das Geschäft hätte ausführen sollen. Die Unmöglichkeit, sich die zu liefernden Waren (beim Produzenten) zu verschaffen, ist ein in die Sphäre des Unternehmers fallender Umstand, der den Provisionsanspruch nicht berührt (vgl auch § 9 Abs 3 Satz 1 HVertrG). Unerheblich ist auch, ob der Handelsvertreter dem Unternehmer seine Provisionsansprüche formell in Rechnung gestellt hat, sodass auch Erörterungen darüber, ob die Übermittlung derartiger Provisionsrechnungen an den Rechtsanwalt des Unternehmers ausreicht, unterbleiben können. Gemäß § 15 HVertrG wird der Anspruch auf Provision an dem Tag fällig, an dem nach der getroffenen Vereinbarung oder nach dem Gesetz die Abrechnung stattfinden soll. Nach § 14 Abs 1 HVertrG ist über Provisionsansprüche spätestens am letzten Tag des Monats, der auf das Quartal folgt, in dem der Provisionsanspruch entstanden ist, abzurechnen, und zwar vom Unternehmer (vgl Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht, 387 zur insoweit durch das HVertrG unveränderten früheren Rechtslage; Feil, Makler- und Handelsvertreterrecht, 192). Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin ihre Provisionsansprüche für die jeweiligen Monate, in denen die Lieferungen erfolgen sollten bzw - wenn auch durch die deutsche GmbH - erfolgt sind, sowie für die „Winterware 2002/2003" schon in der Klage aufgeschlüsselt hat, weshalb die Zustellung der Klage eine gehörige Einmahnung darstellt. Eine nähere Aufschlüsselung oder die Übermittlung einer nachvollziehbaren Abrechnung ist zur Herbeiführung der Fälligkeit nur in jenen Fällen erforderlich, in denen der Schuldner anders die Berechtigung der Ansprüche nicht überprüfen kann. Davon kann bei Provisionsansprüchen wie den hier geltend gemachten aber keine Rede sein, ist doch der Unternehmer regelmäßig darüber informiert, welche Verträge vom Handelsvertreter vermittelt wurden und welche Provisionsansprüche daraus jeweils resultieren. Dies gilt auch für die (pauschal) geltend gemachte Provision für „Winterware 2002/2003".

Die Beklagte hat die geltend gemachten Provisionsansprüche aber auch der Höhe nach bestritten, weshalb eine Verfahrensergänzung durch das Erstgericht jedenfalls unumgänglich ist, um den Inhalt der jeweils vermittelten Verträge festzustellen. Darüber hinaus wird sich das Erstgericht aber - allenfalls unter Verbreiterung der Tatsachengrundlage - auch mit der von der Beklagten schon im Verfahren erster Instanz aufgeworfenen Frage zu beschäftigen haben, ob das in der Folge zwischen der Klägerin und der deutschen GmbH begründete Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen diese GmbH die Zahlung von Provisionen für die ursprünglich der Beklagten vermittelten Verträge zugesagt hat, nach dem Willen der Vertragsparteien den Handelsvertretervertrag mit der Beklagten ersetzen sollte, oder ob die Erklärungen der deutschen GmbH bloß als (verbindliche) Zusage, den Provisionsverpflichtungen der Beklagten beizutreten, zu verstehen ist. Dabei wird es unter anderem darauf ankommen, welche Informationen die Vertreter der Klägerin zu den wirtschaftlichen Hintergründen der Lieferungseinstellung durch die Beklagte und der Übernahme der Händlertätigkeit in Österreich durch die deutsche GmbH erhalten haben. Im Zweifel wird nicht anzunehmen sein, dass die Klägerin auf die bereits gegenüber der Beklagten erworbenen Provisionsansprüche - durch Akzeptieren der deutschen GmbH als neuen Vertragspartner - verzichtet hat.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.