OGH vom 30.09.2002, 1Ob118/02p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Elias ***** H*****, infolge der außerordentlichen Revisionsrekurse des Vaters DI Rocco G*****, vertreten durch Dr. Heribert Kirchmayer, Rechtsanwalt in Hainburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 65/02w-28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 4 P 145/01f-24, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der außerordentliche Revisionsrekurs vom wird als verspätet zurückgewiesen.
2. Der außerordentliche Revisionsrekurs vom wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Zu 1.: Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Revisionsrekurswerber wirksam, nämlich zu Handen seines Bevollmächtigten, am zugestellt. Der am zur Post gegebene außerordentliche Revisionsrekurs wurde erst nach Ablauf der 14-tägigen Rechtsmittelfrist (§ 11 Abs 1 AußStrG) erhoben und ist daher als verspätet zurückzuweisen; ein Anwendungsfall des § 11 Abs 2 AußStrG liegt nicht vor.
Soweit die Eingabe weitere Anträge enthält, wird sich das Erstgericht mit ihnen zu befassen haben. Dabei wird dem Vater Gelegenheit zu geben sein, klarzustellen, inwieweit er mit seinem Antrag auf "Neuberechnung der Unterhaltszahlungen unter Einbeziehung der Anrechnung der Familienbeihilfe" eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung erreichen will. Weiters wird der Verfahrenshilfeantrag zu behandeln sein.
Zu 2.: In seiner (weitgehend inhaltsgleichen) als außerordentlicher Revisionsrekurs zu qualifizierenden Eingabe vom strebt der Vater ersichtlich eine Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin an, dass den (nunmehr geschiedenen) Eltern die gemeinschaftliche Obsorge zuerkannt werde; auf die übrigen Inhalte der Eingabe (Besuchsrecht, Unterhalt) ist schon deshalb nicht einzugehen, weil diese nicht Gegenstand des Rekursverfahrens waren; insoweit ist der Vater auf eine Antragstellung vor dem Erstgericht zu verweisen.
In seinem Rechtsmittel zeigt der Revisionsrekurswerber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG auf. § 177 Abs 3 ABGB (idF KindRÄG 2001) ordnet an, dass das Gericht die Vereinbarung der Eltern über die Obsorge - diese wurde anlässlich der Scheidung getroffen - zu genehmigen hat, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht.
Rechtliche Beurteilung
Vor allem übersieht der Vater, dass die gemeinsame Obsorge gemäß § 177 Abs 1 ABGB ("Obsorge beider Eltern") nach den klaren Anordnungen des Gesetzes in den §§ 177 und 177a ABGB stets eine entsprechende Vereinbarung der Eltern voraussetzt, aber nicht - auf Antrag eines Elternteils gegen den Widerstand des anderen - gerichtlich angeordnet werden kann (so auch Ferrari, Die Obsorge bei Trennung und Scheidung der Eltern nach dem KindRÄG 2001, in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts, 56 f). Da eine derartige Vereinbarung nicht vorliegt, kann der Antrag des Vaters, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Betrauung beider Eltern mit der Obsorge abzuändern, keinesfalls berechtigt sein.
Fundstelle(n):
KAAAD-34217