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OGH vom 20.12.2016, 4Ob195/16d

OGH vom 20.12.2016, 4Ob195/16d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Markenrechtssache der Antragstellerin B***** Corporation, *****, Tschechische Republik, vertreten durch Petsch Frosch Klein Arturo Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Antragsgegnerin A***** LLC, *****, USA, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Löschung der Marken AT 168.617, AT 168.618, AT 172.977, AT 173.622, über die außerordentliche Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 34 R 20/16k 3, mit dem der Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom , GZ Nm 157 160/1999 23, 24 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 1.831,50 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der nachstehenden Marken:

a) AT 168.617 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image001.jpg registriert für die Waren der Klasse 32 (Bier, Ale und Porter)

b) AT 168.618 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image002.jpg eingetragen für die Waren der Klasse 32 (Bier, Ale und Porter)

c) AT 172.977 (Priorität )

BUD

registriert für die Waren der Klassen 25 (Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen) und 32 (Biere) sowie

d) AT 173.622 (Priorität vom )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image003.jpg eingetragen für die Waren der Klassen 25 (Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen) und 32 (Bier).

Die Antragstellerin begehrte mit Antrag vom unter Berufung auf ihre älteren Marken (alle registriert für Bier bzw Biere der Warenklasse 32)

a) IR 159.859 (Priorität )

BUDVAR

b) IR 150.933 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image004.jpg c) IR 238.203 (Priorität )

BUDWEISER

d) IR 297.675 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image005.jpg e) IR 342.157 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image006.jpg f) IR 342.158 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image007.jpg g) IR 614.536 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image008.jpg h) IR 614.537 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image009.jpg i) IR 674.530 (Priorität )

/Dokumente/Justiz/JJT_20161220_OGH0002_0040OB00195_16D0000_000/image010.jpg

die gänzliche Löschung der Marken AT 168.617 und AT 168.618 sowie die teilweise Löschung der Marken AT 172.977 und AT 173.622 jeweils in Bezug auf die Waren der Klasse 32 (Bier). Sie stützte ihren Löschungsantrag unter anderem auf § 33 MSchG iVm § 4 Abs 1 Z 4 MSchG aF und den völkerrechtlichen Vertrag vom zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und sonstigen auf die Herkunft hinweisenden Bezeichnungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse samt Protokoll, BGBl 1981/75 (in der Folge: Abkommen). Nach dem Abkommen sei die Bezeichnung „Bud“ unabhängig davon geschützt, ob Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr bestehe.

Die Antragsgegnerin hielt dem Antrag entgegen, dass „Bud“ nie eine Herkunftsangabe, Ursprungsbezeichnung oder sonstige auf die Herkunft hinweisende Bezeichnung gewesen sei. Das Abkommen sehe darüber hinaus nur den Schutz der erfassten Bezeichnung vor unrechtmäßiger Benützung vor, biete jedoch keine Grundlage für die Löschung von Marken. Zudem habe die Tschechische Republik im Zuge des Beitritts zur Europäischen Union () die angebliche Herkunftsangabe „Bud“ im Beitrittsvertrag nicht gesichert.

Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts gab dem Löschungsantrag zur Gänze statt und verfügte die begehrte Löschung jeweils mit Wirkung zum Zeitpunkt ihrer Registrierung. Das Patentamt stützte sich auf § 33 MSchG iVm dem Abkommen und wies darauf hin, dass eine Registrierung der angegriffenen Marken bei richtiger Anwendung des Abkommens unterbleiben hätte müssen. Es komme nicht darauf an, ob das Abkommen durch den EU Beitritt der Tschechischen Republik noch gelte oder nicht, weil das Löschungserfordernis zum Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marken (1996 bzw 1997) zu beurteilen sei. Nach dem Abkommen sei ua die Bezeichnung „Bud“ ausschließlich tschechischen Erzeugnissen vorbehalten. Die Biere der Antragsgegnerin seien aber amerikanischer Provenienz.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Antragsgegnerin nicht Folge. Auch dieser Entscheidung liegt die Rechtsansicht zugrunde, dass bei der Löschung einer Marke aus dem Grund des § 33 Abs 1 MSchG auf den Prioritätszeitpunkt abzustellen sei. Von dieser Prämisse sei weder dann abzugehen, wenn spätere Rechtsänderungen oder die Änderung der Verkehrsauffassung eine spätere Eintragung nicht mehr zulassen würden, noch dann, wenn bei einem späteren Wegfall eines bisherigen Hindernisses die Eintragung nunmehr möglich wäre. Nach dem Abkommen sei die Eintragung der angegriffenen Marken unzulässig gewesen, was die Löschung nach sich ziehe. Die rechtswidrig eingetragenen Marken würden keinen Vertrauensschutz genießen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die konkrete Fragestellung in Bezug auf das Löschungsverfahren nach § 33 MSchG nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsam sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Antragsgegnerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits für die Rechtslage vor (4 Ob 13/00s) und nach (17 Ob 20/11g) dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik den Schutz der Bezeichnung „Bud“ nach dem Abkommen geprüft.

1.1 Der Entscheidung 4 Ob 13/00s lag ein Rechtsstreit vor dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik zugrunde, der ua die angegriffene Marke AT 168.618 und auch einige der streitgegenständlichen Marken der Antragstellerin betraf. Der Senat stellte klar, dass die Bezeichnung „Bud“ nach dem Abkommen und dem entsprechenden Durchführungsübereinkommen BGBl 1981/76 geschützt ist, dies unabhängig davon, ob Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr besteht. Österreich ist daher verpflichtet, die Bezeichnung „Bud“ zu schützen. Daran ändert auch der 1995 erfolgte EU Beitritt Österreichs nichts, weil das Abkommen vor dem Beitritt abgeschlossen wurde. Nach Art 307 EGV (nunmehr Art 351 Abs 1 AEUV) werden die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor dem oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren dritten Ländern andererseits geschlossen wurden, nicht berührt. Daraus folgt, dass die Rechte und Pflichten Österreichs aus den bilateralen Vereinbarungen mit der CSSR auch nach dem Beitritt Österreichs zur EU aufrecht geblieben sind.

1.2 In der Entscheidung 17 Ob 20/11g nahm der Oberste Gerichtshof auf die (wegen des EU Beitritts von Tschechien) seit dem geänderte Rechtslage Bezug. Unter Anknüpfung an die Rechtsprechung des – Bud I und Urteil vom , C-478/07 – Bud II) hielt er fest, dass aufgrund des abschließenden Charakters der in VO (EG) Nr 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vorgesehenen gemeinschaftlichen Schutzregelung mangels fristgerechter Anmeldung in Österreich kein Schutz der Bezeichnung „Bud“ als schlichte Herkunftsbezeichnung besteht, der im Weg eines bilateralen Vertrags auf einen anderen Mitgliedstaat erstreckt werden könnte.

1.3 Nach gesicherter Rechtsprechung war somit die Bezeichnung „Bud“ zum Eintragungs- bzw Prioritätszeitpunkt (1996 bzw 1997), nicht aber zum Zeitpunkt der Entscheidungen der Vorinstanzen (2014 bzw 2016) geschützt. Die Vorinstanzen haben schlüssig begründet, dass die vor dem EU-Beitritt Tschechiens erfolgte Eintragung der angegriffenen Marken wegen des Abkommens verweigert hätte werden müssen. Diese Schlussfolgerung wird von der Antragsgegnerin in ihrem Rechtsmittel nicht mehr in Zweifel gestellt. Die Revision vertritt aber die Rechtsansicht, dass bei einem auf § 33 MSchG gestützten Löschungsbegehren die zwischenzeitige Rechtsänderung relevant sei, die den Wegfall des Eintragungshindernisses zur Folge habe.

2. Die hier zu prüfende Bestimmung des § 33 MSchG lautet wie folgt:

§ 33. (1) Aus einem von Amts wegen wahrzunehmenden Grund kann die Löschung einer Marke von jedermann begehrt werden.

(2) Wird die Marke deshalb gelöscht, weil sie nicht hätte registriert werden dürfen, wirkt das Löschungserkenntnis auf den Beginn der Schutzdauer (§ 19 Abs. 1) zurück.

2.1 Die Vorinstanzen haben in erster Linie aus der in § 33 Abs 2 MSchG normierten Rückwirkung des Löschungserkenntnisses geschlossen, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Löschung ausschließlich darauf abzustellen ist, ob das Eintragungshindernis zum Prioritätszeitpunkt vorlag, nicht hingegen auch darauf, ob es im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch aufrecht besteht.

2.2 Diese Auslegung kann sich auf die Rechtsprechung des OPM in der Entscheidung zu Om 4/96 – TABASCO V (= Pbl 1997, 130) stützen. In dieser Entscheidung war das Löschungsbegehren einer im Jahr 1968 – somit Jahre vor dem EU-Beitritt Österreichs – eingetragenen Marke zu prüfen. Der OPM ging dabei von der Richtlinienwidrigkeit des im Anlassfall anzuwendenden § 4 Abs 2 MSchG aus. Nach der Entscheidung ist aber daraus für den Inhaber der angegriffenen Marke nichts zu gewinnen, „weil bei der Löschung einer Marke aus dem Grund des § 33 Abs 1 MSchG – also weil sie nicht hätte registriert werden dürfen – das Löschungserkenntnis auf den Beginn der Schutzdauer zurückwirkt (§ 33 Abs 2 MSchG). Die Löschungsfähigkeit ist daher nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Eintragung zu beurteilen“.

2.3 Neben dieser – wegen des Unionsrechtsbezugs besonders einschlägigen – Entscheidung vertrat der OPM auch in zahlreichen anderen Entscheidungen die Ansicht, dass bei der Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Eintragungsvoraussetzungen auf den Prioritätszeitpunkt abzustellen ist (vgl Om 3/72 – Eurowear = Pbl 1974, 121; Om 5/74 = Öbl 1981, 40; Om 3/82 = Pbl 1983, 139). Die gegenteilige Entscheidung Om 4/70 (= Öbl 1972, 147), auf die sich die Revision beruft, ist vereinzelt geblieben und wurde in späteren Entscheidungen des OPM ausdrücklich abgelehnt (zB Om 5/74; Om 3/82).

2.4 Die in ständiger Rechtsprechung des OPM vertretene Ansicht wurde auch vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom zu B 889/97 geteilt. Der Verfassungsgerichtshof trat dabei der Rechtsansicht nicht entgegen, wonach die Löschungs- bzw Eintragungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Marken nach der Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Eintragung zu beurteilen ist.

2.5 Diese Rechtsansicht hat auch Zustimmung im Schrifttum gefunden ( Grünzweig , Österreichisches Markenrecht I § 33 MSchG Rz 2).

3.1 Es besteht aufgrund des Wortlauts der Bestimmung des § 33 MSchG kein Anlass, von dieser Auslegung abzuweichen. Eine abschließende Präzisierung, ob es dabei auf den Zeitpunkt der Eintragung oder der Priorität ankommt, kann hier mangels Relevanz im Anlassfall unterbleiben.

3.1.1 Die Anordnung einer rückwirkenden Entscheidung soll gewährleisten, dass die damalige Nichtberücksichtigung eines Eintragungshindernisses nachträglich korrigiert werden kann. Die fehlerhafte Eintragung soll damit quasi folgenlos „aus der Welt geschafft werden“, was aber dann nicht möglich wäre, wenn zwischenzeitliche Rechtsänderungen Relevanz hätten. Schließlich ordnet § 33 Abs 2 1. Halbsatz MSchG deutlich an, dass die Marke deshalb gelöscht wird, weil sie nicht hätte registriert werden dürfen . Schon daraus lässt sich ableiten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers allein auf die ursprünglichen Eintragungsvoraussetzungen und nicht auch auf mittlerweilige Änderungen abzustellen ist, wäre doch sonst eine andere Formulierung – etwa im Sinne des § 50 dMarkenG (siehe unten) – naheliegender gewesen.

Diese Auslegung entspricht auch der zu Art 45 Abs 3 lit a MarkenRL 2015/2436 im Schrifttum vertretenen Ansicht. Nach dieser Regelung ist eine Marke für nichtig zu erklären, wenn sie entgegen den Erfordernissen des Art 4 MarkenRL eingetragen worden ist, was dahin verstanden wird, dass bezüglich des Vorliegens von Schutzhindernissen nur auf den Eintragungszeitpunkt abzustellen ist ( Kopacek in BeckOK MarkenR § 50 MarkenG Rz 4.2).

3.1.2 Das deutsche Recht regelt die Problematik insoweit differenziert, als nach § 50 Abs 2 dMarkenG in bestimmten Fällen „die Eintragung nur gelöscht werden [kann], wenn das Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht“. Gerade eine solche Formulierung fehlt in § 33 MSchG. Bezüglich § 50 Abs 2 dMarkenG wird im deutschen Schrifttum im Übrigen im Hinblick auf Art 45 Abs 3 lit a MarkenRL Anpassungsbedarf gesehen ( Kopacek in BeckOK MarkenR § 50 MarkenG Rz 4.2).

3.2 Neben der Wortinterpretation stützt auch eine systematische Interpretation das Ergebnis der Vorinstanzen, weil sich dieses mit dem Grundsatz der Priorität vereinbaren lässt.

3.2.1 Mit dem Tag der ordnungsgemäßen Anmeldung einer Marke erlangt der Anmelder das Recht der Priorität (§ 23 Abs 1 MSchG). Priorität ist der zeitliche Vorrang eines älteren Rechts vor einem jüngeren, später begründeten Recht. Sie ist von entscheidender Bedeutung für die Bestimmung der Rangordnung von einander gleichen oder ähnlichen Marken. Das Prioritätsprinzip ist grundlegend für die Berechtigung im Löschungsverfahren, für das Institut des Widerspruchs sowie für das Verletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten ( Lager-Süß in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 2 § 23 MSchG Rz 2).

3.2.2 Auch das markenrechtliche Unionsrecht ist entscheidend durch das Prioritätsprinzip geprägt. Sowohl nach der UnionsmarkenVO 2015/2424 als auch nach der MarkenRL hat der Prioritätsgrundsatz, dem zufolge eine eingetragene ältere Marke Vorrang vor einer später eingetragenen Marke genießt, tragende Bedeutung (vgl etwa ErwGr 12, Art 9 Abs 2 und 4 oder Art 30 UMV bzw ErwGr 17, Art 10 Abs 4 MarkenRL).

3.2.3 Eine Abweisung des Löschungsbegehrens wegen einer mit geänderten Rechtslage hätte nicht nur zur Folge, dass die Marken der Antragsgegnerin registriert blieben; diesen bliebe damit auch der markenrechtliche Rang der Jahre 1996 bzw 1997 erhalten, obwohl in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Eintragung nicht vorlagen. Das markenrechtliche Prioritätsprinzip soll aber nur denjenigen Antragsteller schützen, der eintragungsfähige Marken früher angemeldet hat, es dient aber nicht dazu, dass eine zu Unrecht erfolgte Eintragung bei Wegfall des Eintragungshindernisses ex tunc saniert wird. Das hätte in Extremfällen (wie hier) zur Folge, dass dem Markeninhaber ein Rang zugebilligt würde, der Jahre vor dem Wegfall eines Eintragungshindernisses liegt.

3.2.4 Die von den Vorinstanzen zu § 33 MSchG vertretene Rechtsansicht lässt sich daher mit dem zuvor aufgezeigten Verständnis vom Prioritätsprinzip besser vereinbaren als die gegenteilige Interpretation der Antragsgegnerin.

3.3 Das „Ausblenden“ der durch den EU-Beitritt der Tschechischen Republik geänderten Rechtslage begegnet auch keinen unionsrechtlichen Bedenken. Neben der bereits oben erwähnten Bestimmung des Art 45 Abs 3 lit a MarkenRL ist dabei auch auf Art 5 Abs 6 MarkenRL hinzuweisen. Demnach kann etwa ein Mitgliedstaat auch vorsehen, dass die Eintragungshindernisse oder Nichtigkeitsgründe, die in diesem Mitgliedstaat vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der zur Umsetzung der Richtlinie 89/104/EWG erforderlichen Bestimmungen gegolten haben, abweichend von der MarkenRL auf Marken Anwendung zu finden haben, die vor diesem Zeitpunkt angemeldet worden sind (vgl auch Art 10 Abs 5 MarkenRL). Das Unionsrecht schließt somit die (weitere) Anwendung der durch einen EU-Beitritt gegenstandslos gewordenen Rechtslage nicht kategorisch aus.

3.4 Schließlich kann sich die im Rechtsmittel vertretene Rechtsansicht auch nicht auf eine verfassungs- und grundrechtskonforme Interpretation stützen. Im oben erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs wurden die bei der Prüfung eines Löschungsantrags anzuwendenden Rechtsvorschriften verfassungsrechtlich als unbedenklich qualifiziert. Der Verfassungsgerichtshof bejahte dabei eindeutig die Vereinbarkeit der auch von den Vorinstanzen vertretenen Ansicht mit dem im Rechtsmittel angeführten Grundrecht auf Eigentum. Die verfassungsrechtlichen Ausführungen der Antragsgegnerin bieten keinen Anlass, davon abzugehen.

4. Die Vorinstanzen haben dem Löschungsantrag somit zu Recht stattgegeben, weshalb der Revision nicht Folge zu geben war.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Umsatzsteuer für die anwaltlichen Leistungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Revisionsbeantwortung war nicht zuzusprechen, weil die Leistungen eines österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Unternehmer nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen (Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 651). Verzeichnet der österreichische Anwalt kommentarlos 20 % Umsatzsteuer, so wird im Zweifel nur die österreichische Umsatzsteuer angesprochen (§ 54 Abs 1 ZPO). Ist die Höhe des ausländischen Umsatzsteuersatzes nicht allgemein bekannt (hier: Tschechien), kann die zu entrichtende ausländische Umsatzsteuer nur zugesprochen werden, wenn Entsprechendes behauptet und bescheinigt wird (vgl RIS Justiz RS0114955). Letzteres war nicht der Fall.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00195.16D.1220.000