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OGH vom 01.10.1986, 1Ob600/86

OGH vom 01.10.1986, 1Ob600/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Viorica M***, Firmengesellschafterin, Wien 23., Schmiedeckgasse 1, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Dr. Gunter Granner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei prot. Fa. Hans P***, Großhandel mit Mineralölen und Derivaten sowie der Betrieb von Christophorus-Tankstellen, Wien 1., Concordiaplatz 4, vertreten durch Dr. Walter Kausel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 200.000,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 16/86-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teil-Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 30 Cg 313/85-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Kaufvertrag vom , 4. Februar und erwarb die Klägerin von Susanne und Dr. Ladislaus A*** die Liegenschaft EZ 1592 KG Innere Stadt Wien, Grundstück 1063/3, Haus Neuer Markt 8. Am 8. November, traf sie mit der prot. Firma Hans P*** eine Vereinbarung, wonach der damals vorkaufsberechtigte Hans P*** zwar dem Verkauf zustimmt, der Firma Hans P*** aber von der Klägerin an der Liegenschaft ein Verkaufsrecht eingeräumt werde. Die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin unddes Vorkaufsrechtes der Firma Hans P*** erfolgte mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , TZ 6024/77. In COZ 5 wurde das Vorkaufsrecht allerdings nicht für die Fa. Hans P***, sondern für Hans P*** eingetragen. Hans P*** verstarb am , das Verlassenschaftsverfahren ist noch nicht beendet. Die Klägerin beantragte am unter Vorlage der Sterbeurkunde des Hans P*** die Löschung des zugunsten der Firma Hans P*** intabulierten Vorkaufsrechtes. Dieser Antrag wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien am , TZ 6412/84, bewilligt. Mit Kaufvertrag vom veräußerte die Klägerin die Liegenschaft EZ 1592 KG Innere Stadt an die Firma T*** Gesellschaft mbH um S 46 Mill. Nach § 2 Abs 2 des Vertrages wird der Kaufpreis mit der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin fällig. Am brachte die beklagte Partei zu TZ 8303/84 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien einen Rekurs gegen den Beschluß auf Löschung des Vorkaufsrechtes ein. Am beantragte die Firma T*** Gesellschaft mbH aufgrund des Kaufvertrages vom die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes. Nach einem Amtsvermerk des Grundbuchsrechtspflegers vom sollte nach Rücksprache mit dem Leiter der Grundbuchsabteilung mit der Erledigung dieses Gesuches bis zur Rekursentscheidung zugewartet werden. Nach einem Telefonat der Vertreter der Streitteile am hielt der Vertreter der Klägerin schriftlich fest, daß ihm die beklagte Partei angeboten habe, gegen Bezahlung einer Summe X auf das Vorkaufsrecht zu verzichten. Zur Rückziehung des Rekurses sei der Vertreter der beklagten Partei nicht bereit. Mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , 46 R 853/84, wurde dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge gegeben und der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom mit der Maßgabe bestätigt, daß die Löschung des Vorkaufsrechtes des Hans P*** bewilligt wird. Werde einem Einzelkaufmann ein Vorkaufsrecht unter seiner Firma eingeräumt, stehe dies selbstverständlich der Anwendbarkeit des § 1074 ABGB in bezug auf die Person des Einzelkaufmannes nicht entgegen. Entgegen der im Rekurs vertretenen Ansicht komme es daher nicht darauf an, daß die Einzelfirma des Hans P*** nicht erloschen sei und für die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens durch Rechtsanwalt Dr. Walter Kausel, vertreten werde, da die Übertragung des Vorkaufsrechtes auf die Erben des Einzelkaufmannes nach der zitierten Gesetzesbestimmung ausgeschlossen sei. Nach dem hier allein maßgebenden Wortlaut der Eintragung im Hauptbuch sei das fragliche Vorkaufsrecht nicht einer Firma, sondern Hans P*** mit der weiteren Bezeichnung des von ihm betriebenen Gewerbes zugestanden. Nach Rücklangen der Rekursentscheidung bewilligte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit Beschluß vom , TZ 8551/84, die begehrte Einverleibung der Firma T*** Gesellschaft mbH als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1592 KG Innere Stadt. Der Vollzug der Eintragung erfolgte am , der Beschluß über die Einverleibung wurde am ausgefertigt. Der Klägerin stand der Kaufpreis am zur Verfügung.

Die Klägerin begehrt den Zuspruch des Betrages von S 200.000 samt Anhang und die Feststellung, daß die beklagte Partei ihr für alle Schäden hafte, die ihr in Zukunft deshalb entstehen sollten, weil durch die Erhebung des Rekurses gegen den Beschluß auf Löschung des Vorkaufsrechtes die Fälligkeit des Kaufpreises statt am erst im Oktober 1984 eingetreten sei. Durch die Einbringung des Rekurses gegen den Beschluß auf Löschung des Vorkaufsrechtes habe die Verbücherung des Eigentumsrechtes der Firma T*** GesmbH nicht am , sondern erst am erfolgen können. Sinn der Bestimmung des § 2 Abs 2 des Kaufvertrages sei es gewesen, daß die Fälligkeit des Kaufpreises erst bei Vorliegen einer in ihrem Bestand ungefährdeten Einverleibung des Eigentumsrechtes eintreten solle. Der Rekurs sei entgegen der eindeutigen Gesetzeslage über das Wesen des Vorkaufsrechtes und der ständigen und gefestigten Rechtsprechung erhoben worden. Durch die Einbringung des Rekurses gegen die Löschung des Vorkaufsrechtes und die dadurch verursachte Verschiebung des Zeitpunktes für die Fälligkeit der Kaufpreisleistungen sei der Klägerin ein sehr erheblicher Schaden entstanden. Sie habe auch mit dem Eintritt weiterer Schäden aus diesem Verhalten der beklagten Partei in Zukunft zu rechnen. Die Klägerin habe für die intabulierten Schuldverbindlichkeiten Zinsen über den hinaus bis zum zahlen müssen. Von dem nach Schuldtilgung verbleibenden Restbetrag von 5,8 Mill. S seien ihr 14 % Zinsen aus der geplanten Veranlagung für denselben Zeitraum entgangen. Nach dem sei es infolge der Kursentwicklung für den US-Dollar und der Verschiebung des Zinsniveaus auf dem internationalen Kapitalmarkt nicht mehr möglich gewesen, zu Anschaffungskosten wie früher Wertschriften mit einem Ertrag von 14 % zu erwerben. Der weiterlaufende Zinsendienst und der Zinsentgang aus der Veranlagung des Restkaufpreises übersteige S 200.000. Ein Vertragsteil hafte dem anderen auch dafür, daß dann, wenn ein vertraglich begründetes Rechtsverhältnis erlösche, die Abwicklung, die sich nach der Gesetzeslage als erforderlich und notwendig erweise, ordnungsgemäß durchgeführt werde. Es handle sich um eine Nebenleistungspflicht aus dem Vertrag. Die beklagte Partei wäre daher grundsätzlich verpflichtet gewesen, an der Löschung des durch den Tod von Hans P*** gegenstandslos gewordenen Vorkaufsrechtes im Grundbuch mitzuwirken. Die beklagte Partei habe im Gegensatz hiezu durch aktive rechtswidrige Handlungen versucht, diese Löschung zu verhindern. Die beklagte Partei, deren Geschäftsführer über die Befähigung eines eingetragenen Rechtsanwaltes verfüge, habe mit Rücksicht auf die eindeutige Gesetzeslage und die Rechtsprechung wissen müssen, daß zwischen der beklagten Einzelfirma und Hans P*** kein Unterschied im Rechtssinne bestehe und ein Vorkaufsrecht als höchstpersönliches Recht mit dem Tod des Berechtigten erlösche. Die beklagte Partei habe den Rekurs in voller Kenntnis seiner Aussichtslosigkeit eingebracht. Der beklagten Partei habe es aber auch völlig klar und vollkommen bewußt sein müssen, daß durch die Erhebung eines derartigen Rekurses eine Schädigung der Klägerin eintreten werde. Die Klägerin habe nicht damit rechnen können, daß die beklagte Partei unter mißbräuchlicher Ausnützung einer ihr formal zugestandenen Rechtsstellung den Eintritt der Rechtskraft der Eigentumseinverleibung mutwillig in der Absicht hinausschieben und verzögern würde, um die Klägerin zu einer ungerechtfertigten Leistung zu verhalten. Die beklagte Partei habe von allem Anfang an wissen und erkennen müssen, daß ihr Rekurs gegen die Löschung des Vorkaufsrechtes aussichtslos sei. Dies begründe ihre Schadenersatzpflicht. Die beklagte Partei habe vor der Rekursentscheidung versucht, eine Einigung dahin zu erzielen, gegen Bezahlung einer Geldsumme auf ihr Vorkaufsrecht zu verzichten. Die rechtsmißbräuchliche Vorgangsweise der beklagten Partei habe den guten Sitten widersprochen.

Die beklagte Partei wendete ein, das Vorkaufsrecht sei nicht Hans P***, sondern der Firma Hans P*** eingeräumt worden. Zwischen der verspäteten Einverleibung des Eigentumsrechtes der Firma T*** GesmbH und der Rekurserhebung durch die beklagte Partei bestehe kein Kausalzusammenhang. Die Verzögerung der Eigentumseinverleibung sei auf einen Gerichtsfehler zurückzuführen. Ein Schaden sei nicht eingetreten. Die Löschung des Vorkaufsrechtes hätte durch die Klägerin schon früher erfolgen oder mit der Verbücherung des Kaufvertrages verbunden werden können. Der Kaufpreis wäre unabhängig von der Rechtskraft der Einverleibung fällig gewesen. Auch ohne Rekurserhebung wäre die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Firma T*** GesmbH nicht bereits am erfolgt. Die Ansicht, daß ein einer Einzelfirma eingeräumtes Vorkaufsrecht nicht mit dem Tod des Firmeninhabers erlösche, werde von Demelius in ZBl. 1919, 491 vertreten. Das Erstgericht sprach mit Teil-Zwischenurteil aus, daß das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Durch die Rekurserhebung der beklagten Partei sei die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der Firma T*** GesmbH hinausgeschoben worden. Dies sei offenkundig mit dem Eintritt eines Schadens für die Klägerin verbunden gewesen. Das Verhalten der beklagten Partei sei für den Schadenseintritt kausal gewesen. Die beklagte Partei habe auch rechtswidrig gehandelt, ihr Rekurs habe nicht der eindeutigen Rechtslage entsprochen, weil auch ein von einer Firma erworbenes Vorkaufsrecht mit dem Tod des Einzelkaufmanns erlösche. Die beklagte Partei sei gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen, das rechtmäßige Löschungsbegehren nicht unnötig zu hindern; hiebei handle es sich um eine Nebenpflicht aus dem Vertrag über die Einräumung des Vorkaufsrechtes. Jedem Rechtskundigen müsse klar sein, daß einer Einzelfirma gemäß § 17 HGB keine Rechtspersönlichkeit zukomme. Der Rechtsstandpunkt der beklagten Partei widerspreche der österreichischen Rechtsordnung in außergewöhnlichem Maß. Die Unübertragbarkeit und Unvererblichkeit ergebe sich aus der zwingenden Vorschrift des § 1074 ABGB. Bei gehöriger Sorgfalt hätte die durch einen Rechtsanwalt vertretene beklagte Partei die klare Rechtslage erkennen und einen Rekurs als aussichtslos unterlassen müssen, weshalb sie fahrlässig gehandelt habe. Die beklagte Partei könne sich auch mit dem Hinweis auf die Ansicht von Demelius in ZBl. 1919, 491 nicht entschuldigen, da es sich hiebei um eine völlig vereinzelte, vor ca. 65 Jahren geäußerte und nicht näher begründete Auffassung gehandelt habe, auf die sich die beklagte Partei in ihrem Rekurs auch noch gar nicht bezogen hätte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß das Schadenersatzleistungsbegehren der Klägerin der beklagten Partei gegenüber dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Revision erklärte es für zulässig. Der Wortlaut des § 1074 ABGB sei eindeutig. Die zwingende Natur dieser Bestimmung sei stets bejaht worden. Gehe man aber davon aus, dann habe die anwaltlich vertretene beklagte Partei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Wohl sei der beklagten Partei zuzugeben, daß Prozeßführung an sich noch kein Verschulden sei. Über die Verzugszinsen hinaus habe der Gläubiger aber Anspruch auf Ersatz eines konkreten Schadens bei Absicht oder auffallender Sorglosigkeit - der Verschuldensgrad spiele hier infolge der Kaufmannseigenschaft der beklagten Partei keine Rolle - des Schuldners insbesondere bei auf Verzögerungsabsicht zurückgehende Prozeßführung. Schuldhafte Prozeßführung könne einen Schadenersatzanspruch des Prozeßgegners vornehmlich dann begründen, wenn die ablehnende Haltung aus unsachlichen Gründen eingenommen und keine Erkundigungen über die Rechtslage eingeholt worden seien, wenn also der Bestreitende bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können, daß der Prozeß für ihn aussichtslos sei. Wer bei gehöriger Aufmerksamkeit voraussehen könne, daß die Prozeßführung aussichtslos sei, werde ersatzpflichtig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist berechtigt. Die Bestimmung des § 1305 ABGB findet nach herrschender Ansicht nur auf materiellrechtliche Ansprüche, nicht aber auf Rechtspflegeansprüche Anwendung (JBl 1955, 278; SZ 14/293, Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1305; Ehrenzweig-Mayerhofer, Schuldrecht Allgemeiner Teil 3 270; Wolff in Klang 2 VI 69; Bydlinski, Schadenersatz wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen, JBl 1986, 627; Preslmayr, Schadenersatzpflicht im Falle unberechtigter Einwendungen Dritter im Verwaltungsverfahren, ÖJZ 1984, 554 f.). Die Inanspruchnahme verfahrensrechtlicher Möglichkeiten stellt also nicht schlechthin einen Rechtfertigungsgrund dar.

Wie Bydlinski aaO 626 ff, 631 jüngst unter Darstellung der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nachwies, wird in der Rechtsprechung ganz überwiegend anerkannt, daß bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit von Verfahrenshandlungen der auch sonst geltende materiell-rechtliche Maßstab anzulegen ist. Die Streitteile standen aufgrund der Vereinbarung über die Einräumung des Vorkaufsrechtes vom 8. November/ miteinander in vertraglichen Beziehungen. Durch rechtsgeschäftlichen Kontrakt wird die Einflußmöglichkeit jedes Teiles auf die Sphäre des anderen verstärkt und dessen Schutzbedürfnis erhöht. Jedes Schuldverhältnis begründet daher neben den Leistungspflichten auch Pflichten zu wechselseitiger Rücksichtnahme, kurz die Verpflichtung zu einem Verhalten, wie es unter redlich und loyal denkenden Geschäftspartnern erwartet werden kann (SZ 54/179; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Allgemeiner Teil 13 9). Da die Erfüllung, Durchführung und Abwicklung von Verträgen nach der Übung des redlichen Verkehrs und nach den über die Pflicht zur Wahrung der guten Sitten hinausgehenden Anforderungen von Treu und Glauben zu erfolgen hat (SZ 53/164; EvBl 1979/3;

Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Eccher, Schuldrecht Allgemeiner Teil 2 50; vgl. Rummel, ABGB, Rdz 30 zu § 859), hat jeder Vertragspartner, selbst nach Erfüllung der Hauptleistung oder deren Wegfall dafür zu sorgen, daß dem anderen Teil keine Nachteile entstehen (SZ 54/179). Er hat daher auch alles zu unterlassen, was die vertragsgemäßen Vorteile des Vertragspartners schmälern würde (Larenz aao 130 f.; Emmerich in Münchener Kommentar 2 Rz 177 vor § 275 BGB). Die Verletzung dieser "nachwirkenden" Vertragspflichten bedeutet eine positive Vertragsverletzung (Emmerich aaO), die bei schuldhaftem Verhalten schadenersatzpflichtig macht (Koziol-Welser 7 I 243). Die beklagte Partei war daher aufgrund des Vertrages über die Einräumung des Vorkaufsrechtes verpflichtet, nach Wegfall der vertraglichen Hauptleistung infolge Todes des Vorkaufsberechtigten die Löschung des Vorkaufsrechtes im Grundbuch nicht durch ungerechtfertigte Rechtsmittel zu verzögern. Auch bei Bedachtnahme auf die vertraglichen Pflichten der beklagten Partei der Klägerin gegenüber darf aber nicht unbeachtet bleiben, daß derjenige, der bei gehöriger Aufmerksamkeit seinem Rechtsstandpunkt zwar vielleicht nur geringe, aber immerhin doch noch vernünftigerweise beachtliche Chancen einräumen kann, in der Lage sein muß, die Zweifel durch Anrufung der Gerichte zu klären, wenn er darauf Wert legt; dazu sind die Gerichte da; nur wenn die konkrete Rechtslage bei Aufwendung der gehörigen Aufmerksamkeit selbst für die interessierte, gewiß nicht kühl objektive Sicht eines Betroffenen so klar ist, daß sein gegenteiliger Standpunkt schlechthin aussichtslos erscheinen muß, wird ein Verfahren mißbraucht, wenn seine Möglichkeiten in Anspruch genommen werden, obwohl in Wahrheit nichts Zweifelhaftes zu klären ist (Bydlinski in JBl 1986, 634). Der Schädiger haftet zwar für Fahrlässigkeit jeden Grades, aber nur, wenn er bei gehöriger Aufmerksamkeit (§ 1297 ABGB) hätte erkennen müssen, daß sein im Verfahren vertretener Standpunkt aussichtslos (nicht etwa bloß zweifelhaft) ist Bydlinski aaO 633, 635). Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung, wonach bei der Beurteilung, ob Prozeßführung und damit Verzögerung der Leistung entschuldbar ist, zugunsten des Bestreitenden ein milder Maßstab angelegt und vor allem berücksichtigt wird, daß das Recht jedes Staatsbürgers, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Gerichte in Anspruch nehmen zu können, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit für die Rechtsverteidigung belastet werden darf (SZ 57/128; SZ 51/172; JBl 1956, 526; 4 Ob 148,149/84). Eine Haftung tritt gar nicht ein, wenn der Schädiger nicht erkennen kann, daß die Anrufung des Gerichtes einem anderen von Nachteil sein kann. Beantragt der durch ein Vorkaufsrecht Belastete dessen Löschung, muß dem (vermeintlich) Berechtigten keineswegs klar sein, daß dem möglicherweise Löschungsberechtigten allein dadurch, daß er gegen die Löschung Rekurs erhebt, ein Schaden erwachsen kann. Für den Zeitpunkt der Rekurserhebung fehlt es im vorliegenden Fall nun schon an einer Behauptung der Klägerin, die beklagte Partei habe bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit erkennen können, daß die Klägerin, die durch 4 Jahre nach dem Tod Hans P*** mit der Löschung des Vorkaufsrechtes untätig geblieben war, jetzt einen Kaufvertrag abgeschlossen hatte, nach dessen Inhalt nicht nur dessen Verbücherung, sondern auch die Fälligkeit des Kaufpreises durch die Rekurserhebung hinausgeschoben werden könnte.

Bis zur Aufklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei über die möglichen nachteiligen Folgen aus der Erhebung des Rekurses gegen den Beschluß auf Löschung des Vorkaufsrechtes der beklagten Partei scheidet damit ein Schadenersatzanspruch der Klägerin überhaupt aus.

Im übrigen mußte die Frage, ob das einem Unternehmen eingeräumte Vorkaufsrecht mit dem Tod des Einzelkaufmannes zum Erlöschen kam, der beklagten Partei, deren Geschäftsführer Rechtsanwalt ist, zwar zweifelhaft, konnte ihr aber durchaus klärungswürdig erscheinen. Die Vorschrift des § 1074 ABGB, wonach das Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden kann, ist allerdings zwingender Natur (EvBl 1959/202; 5 Ob 646/80; Bydlinski in Klang 2 IV/2, 836 f; Feil, Angewandtes Grundbuchsrecht 135). Die Unvererblichkeit hat den Zweck, der im Vorkaufsrecht enthaltenen Beschränkung des freien Verkehrs eine zeitliche Grenze zu setzen (GlU 10.194; 5 Ob 646/80; Bydlinski in Klang aaO; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1074 und Rdz 3 zu § 1067; Ehrenzweig 2 II/1, 418 f.). Ungeachtet dieses Gesetzeszweckes herrscht aber nunmehr Einhelligkeit dahin, daß ein Vorkaufsrecht auch zugunsten einer juristischen Person eingeräumt werden kann. Das Vorkaufsrecht erlischt dann mit dem Untergang der juristischen Person (Bydlinski in Klang aaO 838; Aicher aaO Rdz 2 zu § 1074; aM noch Larcher in JBl 1883, 378). So wurde ein zugunsten einer "Nachbarschaft" einverleibtes Vorkaufsrecht als Vorkaufsrecht einer Agrargemeinschaft, somit einer juristischen Person, das unabhängig vom Tod der zum Zeitpunkt der Einräumung des Vorkaufsrechtes vorhanden gewesenen Mitglieder weiterbesteht, anerkannt, (EvBl 1958/273; Feil aaO 136); selbst ein zugunsten einer offenen Handelsgesellschaft eingeräumtes Vorkaufsrecht wird für verbücherungsfähig angesehen (LG für ZRS Wien ImmZ 1969, 239; Aicher aaO Rz 2 zu § 1074; Bydlinski in Klang aaO 838, der in FN 9 die Entscheidung nur insoweit kritisiert, als sie annimmt, daß ein Vorkaufsrecht nicht einmal mit der Liquidation der OHG erlösche). Liegt allerdings nur eine Personengesellschaft vor, der juristische Persönlichkeit nicht zukommt, so kommt es nur auf den am längsten Lebenden dieser Gemeinschaft an (Bydlinski in Klang aaO). Daß der unter seiner Firma zeichnende Einzelkaufmann das Vorkaufsrecht nur auf seine Lebensdauer erwirbt, ergibt sich nach Bydlinski in Klang aaO aus der zwingenden Vorschrift der Unvererblichkeit. Eine andere Frage könnte es aber sein, inwieweit dem Unternehmen, dessen Unternehmensträger ein Einzelkaufmann ist, als solchem eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, das Unternehmen daher nicht nur Rechtsobjekt, sondern Rechtssubjekt wäre. Nach herrschender Ansicht genießen zwar die dem Unternehmen zugeordneten subjektiven Rechte und Pflichten keine Rechtspersönlichkeit, diese Rechte werden vielmehr vom "Inhaber" als Unternehmensträger ausgeübt; es kann aber nicht übersehen werden, daß in der Rechtslehre von jeher auch immer wieder der Versuch unternommen wurde, in einem Unternehmen als solchem eine juristische Person zu erblicken (Karsten Schmidt, Handelsrecht 261 ff mwN; Raiser, das Unternehmen als Organisation 166 ff). Tatsächlich wird auch manchmal dem Unternehmen eine Sonderstellung eingeräumt; obwohl nach herrschender Ansicht das Unternehmen eine unkörperliche Sache ist (Koziol-Welser 7 II 15, FN 32), wird etwa im Schuldrecht (Gewährleistungsfrist) das Unternehmen als unbewegliche Sache behandelt (RZ 1935. 14; Koziol-Welser aaO 16; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 933). Die Ansicht von Demelius in ZBl. 1919, 491, der die Einräumung eines Vorkaufsrechtes zugunsten eines Unternehmens als zulässig ansieht und den Standpunkt vertritt, daß dann der Wechsel des Geschäftsinhabers durch Todesfall und Geschäftsveräußerung das Vorkaufsrecht unberührt läßt, wäre zutreffend, wenn das Unternehmen als wirtschaftliche und rechtliche Einheit als Rechtssubjekt gälte, sodaß es nicht auf die ihr zufällige juristische Organisationsform des Unternehmensträgers ankäme. Der erkennende Senat ist nicht der Auffassung, daß dieser Standpunkt so abwegig ist, daß seine Vertretung als aussichtslos erkennbar ist.

Die Klägerin brachte allerdings vor, die beklagte Partei habe vor der Rekursentscheidung versucht, eine Vereinbarung dahin zu erzielen, gegen Bezahlung einer Geldsumme auf das angeblich noch bestehende Vorkaufsrecht zu verzichten. Dieses Vorbringen ist dahin zu verstehen, daß es der beklagten Partei gar nicht um die Durchsetzung eines möglichen, wenn auch zweifelhaften Rechtsstandpunktes, sondern allein um der Sachlage nach nicht gerechtfertigte Vorteile ging. Das wäre insbesondere der Fall, wenn die beklagte Partei gar nicht die Absicht hatte, von dem einverleibten Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. So sehr es anzuerkennen ist, daß auch zweifelhafte Rechtsstandpunkte durchgekämpft werden dürfen, ohne daß man sogleich der Gefahr eines Schadenersatzanspruches ausgesetzt ist, so wenig gibt es eine Rechtfertigung dafür, solche Verfahrensschritte nur zur Erreichung unangemessener anderer Ziele hinnehmen zu müssen. Das Prozeßrecht kann nicht als Institution verstanden werden, schlauen und bedenkenlosen Rechtsgenossen die Möglichkeit zu verschaffen, die materiellen Rechte ihrer Partner zu durchkreuzen oder ohne sachliche Rechtfertigung eigene materielle Vorteile zu erzielen. Wer Verfahrenshandlungen nur setzt (oder auch Rekurse aufrechterhält), um auf die Gegenseite Druck auszuüben, mißbraucht das Verfahren und die Gerichte in sittenwidriger Weise, was Schadenersatzpflichten zur Folge haben muß (vgl Bydlinski in JBl 1986, 632). Ob sich die beklagte Partei so verhielt, steht allerdings nicht fest. Die Beweislast trifft aber den Geschädigten (SZ 57/128). Das Erstgericht stellte nun aber nur fest, daß der Sohn der Klägerin über ein Telefonat eine Aufzeichnung machte, deren Inhalt in der Folge wiedergegeben wird. Eine Feststellung, daß das Telefonat auch den im Vermerk des Sohnes festgehaltenen Verlauf nahm und die beklagte Partei mit dem Vorschlag einer Abschlagszahlung an die Klägerin herantrat, traf es nicht. Ginge man von der Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin aus, dürften zumindest ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch gegeben sein. Die beklagte Partei hätte dann selbst zu erkennen gegeben, ein ihr allenfalls weiterhin zustehendes Vorkaufsrecht nicht ausüben zu können oder zu wollen, und den Rekurs und die damit verbundene Verzögerung nur benützt, die Klägerin zu einer sachlich unberechtigten Leistung zu drängen. Ein solches Verhalten machte aber die beklagte Partei schadenersatzpflichtig.

Da von der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes ausgehend aufgrund der bisher vom Erstgericht getroffenen Feststellungen noch nicht endgültig beurteilt werden kann, ob und ab wann die beklagte Partei schadenersatzpflichtig ist, ist der Revision Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückzuverweisen. Wären Verschulden und Schadenseintritt zu bejahen, mangelte es nicht, wie in der Revision ausgeführt, an der adäquaten Kausalität. Ganz abgesehen davon, daß die Klägerin vorbrachte, die Fälligkeit des Kaufpreises wäre erst mit der Unanfechtbarkeit der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin eingetreten, hätte ein Rekurserfolg der beklagten Partei gemäß § 129 GBG zur Folge gehabt, daß die rekursgerichtliche Abweisung des Löschungsbegehrens anzumerken und die gelöschte Eintragung des Vorkaufsrechtes wiederherzustellen war (Feil, Grundbuchsgesetz 349). Da bei Bestehen eines verbücherten Vorkaufsrechtes der Erwerber nur dann als Eigentümer eingetragen werden darf, wenn urkundlich nachgewiesen ist, daß der Berechtigte trotz gehöriger Anbietung sein Recht nicht fristgerecht ausübt oder vorweg auf die Rechtsausübung verzichtet hat (SZ 49/46; SZ 23/230; SZ 7/17), hätte ein nach der Rekursentscheidung von der beklagten Partei gegen die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin erhobener Rekurs Erfolg haben müssen und damit die Fälligkeit der Kaufpreisforderung auf jeden Fall hinausgeschoben. Wenn das Grundbuchsgericht, um diese grundbuchsrechtlichen Verwicklungen zu vermeiden, mit der Beschlußfassung über das Einverleibungsgesuch bis zur Rücklangung der Rekursentscheidung zuwartete, kann darin nicht eine ganz außergewöhnliche Verkettung von Umständen, die zum Schadenseintritt führten, erblickt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.