OGH vom 01.09.2021, 3Ob111/21a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Robert Morianz, Rechtsanwalt in Salzburg, und ihres Nebenintervenienten J*****, vertreten durch Dr. Josef Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei J*****, vertreten durch Loimer Scharzenberger-Preis Rechtsanwälte Partnerschaft in Salzburg, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 98/21x-21, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1. Eine Anscheinsvollmacht (= Vollmacht wegen Vertrauens auf den äußeren Tatbestand) setzt voraus, dass Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäfts zu erwecken. Der die Vertretungsmacht begründende Anschein hat dabei nicht vom Vertreter, sondern von einem Verhalten des Vertretenen oder eines vertretungsbefugten Organs auszugehen (4 Ob 236/17k mwN). Ob die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht oder Duldungsvollmacht vorliegen, richtet sich nach den Umständen des jeweils zu beurteilenden Falls, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RS0020145 [T15]).
[2] 1.2. Dass die Vorinstanzen das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht verneinten, begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil ein – von wem auch immer gesetzter – Anschein einer Vertretungsbefugnis des Nebenintervenienten für die klagende Liegenschaftseigentümerin schon in Hinblick darauf fehlt, dass der Nebenintervenient den Mietvertrag nicht etwa namens der Klägerin, sondern „als Stiftungsvorstand“ und damit für die Rechtsvorgängerin der Klägerin im Eigentum an der Liegenschaft unterfertigte.
[3] 2. Es trifft zwar zu, dass der Abschluss eines Mietvertrags durch einen Hausverwalter nach den Gewohnheiten des redlichen Verkehrs in direkter Stellvertretung für den Liegenschaftseigentümer erfolgt, auch wenn der Name des Vollmachtgebers im Vertrag nicht genannt ist (vgl RS0019660). Der Nebenintervenient war jedoch, obwohl er sich im Mietvertrag auch als „Hausverwalter“ bezeichnete, von seiner Ehegattin, der Geschäftsführerin der Klägerin, nicht mit der Hausverwaltung der Liegenschaft beauftragt und bevollmächtigt; vielmehr war ihm lediglich gestattet, die Liegenschaft zu bewohnen, wobei er im Gegenzug die Betriebskosten zu tragen und sich um das Haus zu kümmern hatte.
[4] 3. Ein vom (allfälligen) Recht des Nebenintervenienten abgeleitetes (Unter-)Bestandrecht des Beklagten muss schon daran scheitern, dass der Nebenintervenient den Mietvertrag mit dem Beklagten nicht im eigenen Namen schloss.
[5] 4. Die vom Beklagten behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen ebenfalls nicht vor. Mit den dazu erstatteten Ausführungen begehrt der Beklagte teils Feststellungen, die das Erstgericht (sinngemäß) ohnehin getroffen hat, teils fehlt zu begehrten Feststellungen ein entsprechendes erstinstanzliches Vorbringen des Beklagten und teils bekämpft der Beklagte – unzulässig – gegenteilige erstgerichtliche Feststellungen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00111.21A.0901.000 |
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Fundstelle(n):
RAAAD-34125