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OGH vom 17.12.2012, 4Ob195/12y

OGH vom 17.12.2012, 4Ob195/12y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen M***** S*****, zuletzt wohnhaft *****, über den Revisionsrekurs der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 19, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 272/12s 14, womit infolge Rekurses der Republik Österreich der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom , GZ 2 A 485/11f 9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die im Übrigen als unangefochten unberührt bleiben, werden in Ansehung der Forderung der Republik Österreich auf Zahlung von Gerichtsgebühren nach TP 7 lit c Z 1 GGG (BG Innere Stadt Wien 59 P 83/11g) in Höhe von 258 EUR dahin abgeändert, dass

(a) diese Forderung als Masseforderung iSv § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 46 Z 2 IO festgestellt wird,

(b) der Nachlass nach Berichtigung der Verfahrenskosten (Gerichtskommissionsgebühr, Entschädigung des Verlassenschaftskurators, Gebühren des Sachverständigen) quotenmäßig zur teilweisen Berichtigung an Zahlungs statt folgender Masseforderungen überlassen wird:

- der Forderung der Republik Österreich auf Zahlung von Gerichtsgebühren nach TP 7 lit c Z 1 GGG (BG Innere Stadt Wien 59 P 83/11g) in Höhe von 258 EUR;

- der Forderung der R***** P***** wegen offener Miete nach dem Todestag in Höhe von 988,89 EUR.

Die dadurch erforderliche Änderung der Vollzugs und Auszahlungsanordnung obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Der Nachlass von M***** S***** ist bei Aktiven von 690,48 EUR und Passiven von 4.577,80 EUR mit 3.887,32 EUR überschuldet. An Forderungen wurden angemeldet:

Gebühren des Gerichtskommissärs 168,--

Entschädigung des Verlassenschaftskurators 122,88

Kosten des Sachverständigen 199,60

Offene Mieten nach dem Todestag 988,89

Gerichtsgebühr für die Prüfung der Schlussrechnung der Sachwalterin (TP 7 lit c Z 2 GGG) 258,--

Forderung der ehemaligen Sachwalterin 1.071,43

Forderung des Grünen Kreuzes 128,--

Forderung des Fonds Soziales Wien 1.582,86

Forderung des Magistrates der Stadt Wien 58,14

Das Erstgericht überließ den Nachlass den Gläubigern an Zahlungs statt, und zwar zunächst dem Gerichtskommissär, dem Verlassenschaftskurator und dem Sachverständigen in der jeweils angemeldeten Höhe zur vollständigen Berichtigung ihrer Forderungen (§ 154 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 46 Abs 1 Z 1 IO bzw § 154 Abs 2 Z 2 AußStrG) und mit dem Restbetrag von 200,08 EUR der Vermieterin zur teilweisen Berichtigung ihrer Masseforderung (§ 154 Abs 2 Z 1 AußStrG).

Gegen diese Entscheidung richtete sich ein Rekurs der Republik Österreich, die eine quotenmäßige Berichtigung ihrer Gebührenforderung mit der Forderung der Vermieterin anstrebte.

Das Rekursgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

Auch wenn die Bestätigung der Schlussrechnung zwangsläufig erst nach dem Tod der betroffenen Person erfolgen könne, betreffe sie ausschließlich das Sachwalterschaftsverfahren. Die in diesem Verfahren angefallene Pauschalgebühr sei daher nicht mit den Kosten eines Verlassenschaftskurators oder des Gerichtskommissärs gleichzusetzen. Die Bestätigung der Schlussrechnung erspare im Verlassenschaftsverfahren keinen Aufwand, da das Gericht keine inhaltliche Überprüfung vornehme. Ein unzweifelhafter Nutzen für das Verlassenschaftsverfahren liege daher nicht vor. Eine Privilegierung der Gerichtsgebühren für die Bestätigung der Schlussrechnung des Sachwalters habe der Gesetzgeber nicht angeordnet. Diese Gebühr sei daher eine allgemeine Forderung und erst nach den bevorrechteten Forderungen zu berichtigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Republik Österreich ist zulässig und berechtigt:

1. Streitpunkt im gegenständlichen Verfahren ist, in welchem Rang die Pauschalgebühr für die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung (TP 7 lit c Z 2 GGG) zu befriedigen ist. Bei der Frage des Befriedigungsrangs von Kosten handelt es sich nach nunmehr herrschender Rechtsprechung nicht um eine Entscheidung im Kostenpunkt (RIS Justiz RS0044267; RS0007399; vgl Zechner in Fasching/Konecny ² § 528 ZPO Rz 141; E. Kodek in Rechberger , ZPO³ § 528 Rz 38 jeweils mwN). Der Revisionsrekurs ist daher nicht nach § 62 Abs 2 AußStrG jedenfalls unzulässig.

2. Die Revisionsrekurswerberin ist rechtsmittellegitimiert, da jedem Verlassenschaftsgläubiger das Recht zusteht, die Überlassung an Zahlungs statt und damit auch die in diesem Beschluss erfolgte Art der Aufteilung der vorhandenen Aktiven unter mehreren Gläubigern zu bekämpfen (1 Ob 631/90 mwN; RIS Justiz RS0006659; RS0006604).

3. In der Sache hat der Oberste Gerichtshof in der ausführlich begründeten Entscheidung 10 Ob 21/12d ausgesprochen, dass die Gerichtsgebühr für die Bestätigung der Schlussrechnung des Sachwalters (TP 7 lit c Z 2 GGG) als Masseforderung iSv § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 46 Z 2 IO vorrangig zu berichtigen sei. Maßgebender Zeitpunkt für die Qualifikation einer Forderung als Masseforderung sei bei einer Überlassung an Zahlungs statt der Tod des Erblassers (RIS Justiz RS0013034; RS0007622 [T5]). Der die Gebührenpflicht auslösende Sachverhalt sei hier die Bestätigung der Schlussrechnung durch das Pflegschaftsgericht, die zwangsläufig nach diesem Zeitpunkt erfolge. Damit sei der Tatbestand von § 46 Z 2 IO erfüllt.

4. Der hier erkennende Senat hat sich dieser Auffassung bereits wiederholt angeschlossen (4 Ob 113/12i; 4 Ob 148/12m). Aus diesem Grund sind die Beschlüsse der Vorinstanzen, die im Übrigen unbekämpft geblieben sind, dahin abzuändern, dass die strittige Gebührenforderung als Masseforderung iSv § 154 Abs 2 Z 1 iVm § 46 Z 2 IO festgestellt und der Nachlass in diesem Umfang der Republik Österreich zur quotenmäßigen Berichtigung ihrer Forderung mit der weiteren Gläubigerin einer Masseforderung überlassen wird. Die Zuweisungen an den Gerichtskommissär, den Verlassenschaftskurator und den Sachverständigen bleiben davon unberührt.

5. Die Änderungen der Vollzugs- und Auszahlungsanordnung, die sich aus dieser Entscheidung ergeben, obliegen dem Erstgericht.